Die Ausübung der Bowtech-Methode ist nicht nur Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten

Gesundheit Arzthaftung
26.01.20092126 Mal gelesen

Die Bowtech-Methode ist eine ganzheitliche Methode der Körperarbeit, die risikolos beim Menschen jeden Alters und jeder Konstitution angewendet werden kann. Dabei wird auf der Hautoberfläche ein sanfter Druck erzeugt. Der Bowtech-Practitioner (Anwender) setzt mit Daumen und Fingern einzelne rollende Griffe, die keine Schmerzen verursachen. Diese Griffe sind genau definiert und werden auf dem Rücken und bestimmten anderen Körperregionen ausgeführt.
 

Der als Masseur tätige Kläger hat ein Diplom zum Bowtech-Practitioner erworben. Er bot in seinen Praxisräumen Bowtech an. Der Landkreis Ammerland versagte dem Kläger mit der Anordnung einer sofortigen Vollziehung die gewerbliche Ausübung der Bowtech-Methode und begründete sein Verbot mit einem Verstoß gegen § 11 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und gegen § 1 Abs. 1 und 2 des  Heilpraktikergesetzes. Hiernach ist die Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis verboten und nur dem approbierten Arzt oder dem Heilpraktiker mit Erlaubnis vorbehalten. Der Landkreis Ammerland stützte seine Untersagungsverfügung auf einen Vergleich der Bowtech-Methode mit der Fußreflexzonentherapie, die eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde darstellt.  
 

Das Verwaltungsgericht Oldenburg (Az.: 7 A 2011/08) ließ sich vom Kläger die Tätigkeit als Bowtech-Practitioner genau beschreiben. Nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage entschied das Gericht noch in der öffentlichen Sitzung am 04.12.2008, dass die Anwendung der Bowtech-Methode keine zulassungspflichtige Ausübung der Heilkunde ist und deshalb nicht nur Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten ist.
Bowtech ist mit der Fußreflexzonentherapie nicht zu vergleichen. Bei der Fußreflexzonentherapie spiegeln sich die Organe und Muskelgruppen in den zu behandelnden Reflexzonen wieder. Durch gezielte Einwirkung wird die betroffene Region therapiert. Hingegen will die Bowtech-Methode einen ganzkörperlichen Entspannungszustand erreichen, durch den die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert werden sollen. Eine gezielte therapeutische Einwirkung findet dabei nicht statt. 
Die behördliche Untersagung der Bowtech-Methode bei Personen, die weder eine Approbation noch eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz besitzen, ist mit neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mehr vereinbar.Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Grundsatzurteil vom 02.03.2004 (BVerfG, 1 BvR 784/03) klargestellt, dass ärztliche Fachkenntnisse für die Aktivierung von Selbstheilungskräften nicht erforderlich sind, wenn die Behandlung unabhängig von etwaigen Diagnosen erfolgt. Der Landkreis Ammerland nahm seine Untersagungsverfügung in der öffentlichen Sitzung am 04.12.2008 zurück.

Das Gericht hat dem Kläger die zulassungsfreie Ausübung als Bowtech-Practitioner unter folgenden Auflagen anerkannt:  
Der Kläger muss mündlich vor Beginn jeder Anwendung im Einzelfall und durch eine formularmäßige Einwilligungserklärung darauf hinweisen, dass die Bowtech-Methode die Diagnose und/oder Behandlung eines Arztes oder Heilpraktikers nicht ersetzt und bei ihrer Anwendung keine medizinischen Diagnosen, Behandlungen oder Ratschläge erfolgen. Gleichermaßen ist dieser schriftliche Hinweis gut sichtbar auf der Webseite und auf einem Schild im Eingangsbereich der Praxis des Klägers anzubringen.

 

Hannover, im Januar 2009

 

Rechtsanwältin Jana Staudte
Fachanwältin für Medizinrecht
Web: www.ra-staudte.de
E-Mail: info@ra-staudte.de