Gelten die in § 25 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä geregelten Ausnahmen vom Gebot der persönlichen Leistungserbringung auch für die Laborärzte?

Gesundheit Arzthaftung
17.10.2015236 Mal gelesen
§ 25 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä regelt Ausnahmen von dem Gebot der persönlichen Leistungserbringung mit der Möglichkeit, bestimmte laboratoriumsmedizinische Untersuchungen bei Laborgemeinschaften zu beziehen. Dieses gilt nur für die den Patienten unmittelbar behandelnden Ärzte. Fraglich ist, ob diese Ausnahmen auch für Ärzte gilt, die als Laborärzte bereits selbst Empfänger einer Überweisung zur Durchführung der Laborleistungen sind.


Der Wortlaut des § 25 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä ist insoweit nicht eindeutig. Eine ausdrückliche Regelung dahin, dass die dort geregelten Ausnahmen vom Gebot der persönlichen Leistungserbringung nicht für Laborärzte gelten würden, enthält die Vorschrift nicht. Laborgemeinschaften sind nach dem Verständnis des BMV-Ä Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten, welche dem Zweck dienen, laboratoriumsmedizinische Analysen des Abschnittes 32.2 EBM-Ä regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte zu erbringen. Diese Definition knüpft an die Praxis von Ärzten an, für die Durchführung von Laboratoriumsuntersuchungen Laborgemeinschaften zu gründen, um die Untersuchungen nicht in der eigenen Praxis durchführen zu müssen, sondern in gemeinsam von mehreren Ärzten genutzten Räumen mit gemeinsam benutzten Geräten. Dementsprechend sind solche Laborgemeinschaften in der Regel von Ärzten mit unmittelbaren Patientenkontakt und jedenfalls nicht von Laborärzten gegründet worden, da letztere selbst über die erforderlichen Räume und Einrichtungen zur effizienten Erbringung von Laboruntersuchungen verfügten. Schließlich handelt es sich bei der Erbringung von Laborleistungen um den Kern der Aufgabe von Laborärzten, der deshalb typischerweise von diesen erbracht wird.
Dass § 25 Abs 3 BMV-Ä die Möglichkeit zum Bezug von Befunden aus Laborgemeinschaften nicht auf Laborärzte ohne unmittelbaren Patientenkontakt erstreckt, wird durch die - mit der Einführung der sog Direktabrechnung zum 1.10.2008 in Kraft getretenen - Erläuterungen zu Muster 10A der Vordruckvereinbarung bestätigt. Während Überweisungen im Regelfall unter Verwendung des Überweisungsscheins nach Musters 6 der Vordruckvereinbarung vorgenommen werden, wird für Laboratoriumsuntersuchungen als Auftragsleistungen die Verwendung eines besonderen Überweisungsscheins (Muster 10) vorgeschrieben. In Abgrenzung dazu ist für die Anforderung von Laboratoriumsuntersuchungen bei Laborgemeinschaften Muster 10A zu verwenden. Nach den Erläuterungen sowohl zu Muster 10 als auch zu Muster 10A darf der Überweisungs- bzw Anforderungsschein nur ausgestellt werden, wenn dem überweisenden (Muster 10) bzw dem anfordernden (Muster 10A) Arzt im betreffenden Quartal eine gültige Krankenversicherungskarte vorgelegt worden ist. Ausnahmen sind zulässig, wenn zB die zu veranlassenden Maßnahmen dringend erforderlich sind oder dem anfordernden Vertragsarzt die Kassenzugehörigkeit zweifelsfrei bekannt ist. Für die Überweisung mit Muster 10 ist außerdem ausdrücklich geregelt, dass der eine Auftragsleistung ausführende Arzt berechtigt ist, Teile dieses Auftrages, die er selbst nicht erbringen kann, durch "Weiterüberweisung" von einem anderen Arzt erbringen zu lassen. In diesem Fall hat er ebenfalls einen Überweisungsschein für Laboratoriumsuntersuchungen als Auftragsleistung auszustellen und ua die betreffenden Angaben zu machen, insbesondere die Angaben des Erstveranlassers zu übernehmen. Daraus folgt, dass die (nochmalige) Vorlage der Krankenversicherungskarte im Falle der Weiterüberweisung mit Muster 10 nicht erforderlich ist. Eine entsprechende Regelung zur Weiterüberweisung ist in den Erläuterungen zu Muster 10A nicht vorgesehen, sodass es insoweit bei dem Grundsatz bleibt, dass der Anforderungsschein für Laboratoriumsuntersuchungen nur ausgestellt werden darf, wenn dem anfordernden Vertragsarzt im betreffenden Quartal eine gültige Krankenversicherungskarte vorgelegt worden ist.
Für den Ausschluss von Laborärzten ohne unmittelbaren Patientenkontakt von der Möglichkeit zur Beauftragung von Laborgemeinschaften sprechen neben den vorgefundenen Strukturen, an die die Partner der Bundesmantelverträge anknüpfen durften, weitere sachliche Gründe: Anders als andere Arztgruppen, bei denen Laborleistungen nur einen kleinen Teil des Leistungsspektrums ausmachen, könnten Laborärzte seit der Einführung der Direktabrechnung über die Inanspruchnahme unterschiedlicher Laborgemeinschaften für einen großen Teil der von Ihnen erbrachten Leistungen Einfluss darauf nehmen, gegenüber welcher KÄV die Abrechnung zu erfolgen hat. Auf diese Weise könnte zB auf voneinander abweichende Vergütungsregelungen in verschiedenen KÄV-Bezirken reagiert werden. Wegen des in der Regel fehlenden unmittelbaren Patientenkontakts und der Möglichkeit, Laborproben mit verhältnismäßig geringem Aufwand in großer Zahl zu versenden, bestehen in diesem Bereich erfahrungsgemäß besonders weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten bei der Leistungserbringung. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Partner der Bundesmantelverträge im Interesse der Transparenz und - damit verbunden - einer wirtschaftlichen Leistungserbringung (vgl § 2 Abs 1 Satz 1, § 70 Abs 1, § 72 Abs 2 SGB V) die Ausnahmen vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung für Laborgemeinschaften eng fassen und dementsprechend davon absehen, Laborärzte in diese Ausnahmeregelung einzubeziehen.