Zur Honorierung der Notfallbehandlung in der Ambulanz des Krankenhausträgers durch die Kassenärztliche Vereinigung

Gesundheit Arzthaftung
13.08.2014505 Mal gelesen
Fest steht, dass die Notfallbehandlungen in den Ambulanzen von Krankenhäusern nicht schlechter vergütet werden dürfen als die vertragsärztlichen Leistungen in organisierten Notfalldiensten. Außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten vertragsärztlicher Praxen leisten die Notfallambulanzen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung; in diesen Zeiten ist ihr Versorgungsangebot nicht in dem Sinne subsidiär, dass die Versicherten in Notfällen die nicht schlechter vergütet werden dürfen als die vertragsärztlichen Leistungen in organisierten Notfalldiensten. Außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten vertragsärztlicher Praxen leisten die Notfallambulanzen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung; in diesen Zeiten ist ihr Versorgungsangebot nicht in dem Sinne subsidiär, dass die Versicherten in Notfällen die Krankenhausambulanzen nur aufsuchen dürfen, wenn sie eine Einrichtung des organisierten vertragsärztlichen Notdienstes nicht in zumutbarer Zeit erreichen können. Damit steht die Regelung in Teil 9, II 1.2. Nr 4 EBM-Ä nicht in Widerspruch. Diese begrenzt die Abrechnungsberechtigung der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Institute und Krankenhäuser auf "sofortige Maßnahmen" und macht sie davon abhängig, dass die Versorgung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder aufgrund der Umstände nicht vertretbar ist. Die letztgenannte Wendung kann im Hinblick auf die Berechtigung der Versicherten, in Notfällen auch "andere Ärzte" in Anspruch zu nehmen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V), nicht so verstanden werden, dass außerhalb der Zeiten regulärer vertragsärztlicher Sprechstunden die Berechnung einer Notfallbehandlung durch ein Krankenhaus davon abhängt, dass ein Vertragsarzt oder eine vertragsärztliche Notfallpraxis nicht in zumutbarer Zeit oder mit vertretbarem Aufwand aufgesucht werden konnten. Mit entsprechenden Ermittlungen wären die Mitarbeiterinnen der Notfallambulanzen gerade zur Nachtzeit oder an Sonn- und Feiertagen überfordert, abgesehen davon, dass vielfach - etwa bei alkoholisierten Patienten - verlässliche Auskünfte kaum zu erhalten wären. Wenn das bislang vielfach kaum koordinierte Nebeneinander von vertragsärztlich organisiertem Notfalldienst (§ 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V) und faktisch dominierender Inanspruchnahme der Notfallambulanzen der Krankenhäuser geordnet werden soll, müssen u. a. die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert werden. Ebenfall steht fest, dass die Notfallbehandlungen in Krankenhäusern nicht schlechter als die entsprechenden Leistungen der Vertragsärzte im organisierten Notfalldienst honoriert werden dürfen. Dem Gleichbehandlungsgebot tragen die Positionen der Nrn. 01210 bis 01218 EBM-Ä, soweit sie hier vom Krankenhausträger abgerechnet worden sind, hinreichend Rechnung. Vertragsärzte im organisierten Notfalldienst und Krankenhäuser können neben den Gebührenverordnungspositionen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Notfallversorgung stehen (Teil 9, II 1.2. Nr 1 EBM-Ä), (nur) die ausdrücklich aufgeführten Leistungen abrechnen; die Punktzahlen unterscheiden sich der Höhe nach nicht. Soweit der Krankenhausträger die Gleichstellung seiner Notfallleistungen mit den vertragsärztlichen Leistungen begehrt, die nicht im organisierten Notfalldienst erbracht werden, besteht dafür keine Grundlage. Der Krankenhausträger hat keinen Anspruch, dass die Leistungen in seiner Notfallambulanz ua nach den Gebührenordnungspositionen 01100 bzw 01101 EBM-Ä vergütet werden. Diese Leistungspositionen gelten die besonderen Leistungen eines Vertragsarztes ab, der seine Patienten außerhalb einer Inanspruchnahme im organisierten Notfalldienst, aber gleichwohl außerhalb seiner regulären Sprechstundenzeiten behandelt. Dafür erhält der Arzt Zuschläge zu den regulären Leistungsvergütungen, und er ist im Rahmen der Versorgung seiner Patienten außerhalb der regulären Sprechstunden nicht auf die Erbringung der spezifischen Notfallbehandlungen im Sinne der Akutversorgung beschränkt. In einer Krankenhausambulanz dürfen weder reguläre vertragsärztliche Behandlungen durchgeführt werden, die dem Umfang und der Ausrichtung nach über eine Notfallversorgung hinausgehen, noch darf das Krankenhaus regulär Sprechstunden anbieten. Schon deshalb scheidet die Abrechnung der sog "Unzeitzuschläge" für die Leistungen im Krankenhaus zur Notfallversorgung von vornherein aus. Schließlich kommt die Anwendung der Positionen 01100 und 01101 EBM-Ä auf die Notfallleistungen des Krankenhausträgers aus systematischen Gründen nicht in Frage. Die Leistungspositionen 01210 bis 01218 EBM-Ä regeln die Vergütung von Notfallbehandlungen - abgesehen von spezifischen diagnostischen oder therapeutischen Leistungen - abschließend und sperren deshalb den Durchgriff auf die Unzeitpositionen der Gebührenordnungspositionen 01100 und 01101. Auch die Berechnung der chirurgischen Grundpauschalen (Nr 07210-07212 EBM-Ä) ist im organisierten vertragsärztlichen Notfalldienst wie bei der Inanspruchnahme von Krankenhausambulanzen zur Notfallbehandlung ausgeschlossen. Das ergibt sich nicht nur aus der Regelung in Teil 9, II 1.2 Nr 2 EBM-Ä, sondern auch aus dem begrenzten Behandlungsspektrum im Rahmen der Notfallversorgung. Die Pauschalen in den einzelnen fachärztlichen Bereichen decken den typischen Behandlungsbedarf für die reguläre vertragsärztliche Versorgung eines Versicherten im gesamten Quartal ab und passen deshalb von vornherein nicht für die punktuelle Notfallversorgung. Wie oben dargestellt, dürfen Krankenhäuser abgesehen von der in § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V angesprochenen Notfallbehandlung und abgesehen von ggf erteilten besonderen Ermächtigungen keine vertragsärztlichen Leistungen erbringen. Es liegt deshalb nicht auf der Hand, dass Krankenhäuser Notfallbehandlungen ohne Einschränkung auch für Zeiten erbringen und abrechnen dürfen, in denen die vertragsärztlichen Praxen (auch) für die Versorgung akuter Gesundheitsstörungen zur Verfügung stehen, wie es offenbar weithin praktiziert wird. Jedenfalls darf hinsichtlich des Punktwertes für die Vergütung von Notfallbehandlungen in Krankenhäusern danach differenziert werden, ob die Behandlung zu Zeiten durchgeführt worden ist, in der die Vertragsärzte die betroffenen Patienten versorgen können. Mit dem gesetzlich vorgegebenen Vorrang der Vertragsärzte im Rahmen der ambulanten ärztlichen Versorgung ist die faktische Eröffnung eines zweiten Versorgungsweges in den Krankenhausambulanzen unvereinbar. Allein der Wunsch eines Versicherten nach einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus verbunden mit der Geltendmachung akuten Behandlungsbedarfs stellt zu Zeiten regulärer vertragsärztlichen Sprechstunden keinen "Notfall" im Sinne des § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V dar, der allein den Krankenhäusern den Zugang zur ambulanten Versorgung der Versicherten eröffnet. Nicht die Anwendung der spezifischen Regelungen des EBM-Ä für vertragsärztliche Behandlungen zur Unzeit und für die fachärztliche Versorgung in einem Quartal auf die Krankenhausambulanzen, sondern deren Beschränkung auf tatsächliche Akutversorgung zur den sprechstundenfreien Zeiten entsprechen der gegenwärtigen Gesetzeslage.