Gesetzliche Krankenversicherung muss ihrem Versicherten die privatärztlich abgerechneten Kosten für medizinisch notwendige Operation erstatten

Gesundheit Arzthaftung
14.05.2013810 Mal gelesen
Urteil des SG Heilbronn vom 19.03.2013; S 11 KR 1878/11

Der Kläger ist bei der beklagten IKK krankenversichert und ließ sich Im November 2010 ließ h am Kniegelenk operieren. Hierbei wurde ihm nicht, wie sonst üblich, eine körpereigene Sehne, sondern eine Spendersehne eingesetzt. Diese selten angewandte Technik war aufgrund der Komplexität der Schädigung notwendig - auch nach Auffassung des Medizinischen Dienstes der IKK. Vor der OP vereinbarte der Kläger mit der Klinik eine privatärztliche Behandlung durch den operierenden Chefarzt, der als einziger solche Operationen durchführt und die Durchführung der OP vom Abschluss eines privatärztlichen Behandlungsvertrages abhängig machte.

 

Vor der OP hatte die IKK dem Kläger durch Bescheid erklärt, keine "Mehrkosten für die Spendersehne" zu übernehmen.

 

Die IKK zahlte der Klinik für die OP eine Fallpauschale in Höhe von rund 3.300€. Die privatärztliche Chefarztrechnung über rund 1.350€ beglich der Kläger und verlangte Erstattung von der IKK. Die Krankenkasse machte geltend, die vom Chefarzt in Rechnung gestellte Leistung habe sie der Klinik bereits als Fallpauschale gezahlt.

 

Das Sozialgericht verurteilt die IKK, dem Kläger die Chefarztrechnung zu erstatten, da der Kläger von Anfang unmissverständlich habe erkennen lassen, dass es ihm um die volle Kostenübernahme der OP ohne "Eigenbeteiligung" für irgendwelche "Mehrkosten" gegangen sei. Dem habe die IKK zu Unrecht nicht entsprochen.

Der Kläger habe völlig zurecht die vollständige Chefarztrechnung erstattet verlangt. Die OP sei nicht teilbar zwischen privatärztlich abzurechnenden "Mehrkosten für die Spendersehne" und einer über die Fallpauschale abzurechnenden "Standard-OP ohne Verwendung einer Spendersehne". Die Rekonstruktion des linken Kreuzbandes habe nämlich ohne Einsatz einer Spendersehne gar nicht durchgeführt werden können. Nicht zu entscheiden hatte das Gericht, ob die Klinik hier,  dieselbe Leistung doppelt abgerechnet hat (einmal als Fallpauschale, ein weiteres Mal als privatärztliche Behandlung).

 

Die für den Fall hier ausschlaggebenden gesetzlichen Vorschriften lauten wie folgt:

 

§ 13 Abs. 3 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB 5):

 

Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. (.)

 

§ 39 Abs. 1 SGB 5:

 

(.) Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (.), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist (.). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (...).

 



Wichtig ist, dass Sie als  Versicherter bevor Sie die ärztliche Behandlung durchführen lassen, Ihre Krankenkasse ausreichend über die medizinisch notwendige Massnahme informiert haben!

 

Wir beraten Sie hierzu gerne!

 

Julia Fellmer

Fachanwältin für Medizinrecht, Düsseldorf

www.tondorfboehm.de