Die Stadtsparkasse München hat ihren Kunden den Abschluss hochspekulativer Optionsgeschäfte empfohlen. Durch zwangsweise Auflösung dieser Geschäfte im Zusammenhang mit den Corona-bedingten Turbulenzen am Finanzmarkt sind Schäden in Millionenhöhe bei Kunden verursacht worden.
Nach Aussage mehrerer Kunden der Stadtsparkasse München und Mandanten der Kanzlei ROESSNER hat die Stadtsparkasse München mehrere Kundendepots Mitte März - teilweise innerhalb von nur zwei Stunden - „glattgestellt“, d.h. laufende Termingeschäfte ohne Auftrag der Kunden geschlossen. Nachforschungen ergaben, dass die betroffenen Kunden bei der Stadtsparkasse München ein Depot mit EUREX-Optionsgeschäften hatten. Der ursprüngliche Abschluss dieser Geschäfte erfolgte teilweise eigenständig, teilweise auf ausdrückliche Empfehlung von Mitarbeitern der Stadtsparkasse München. Die Stadtsparkasse München hat dies zunächst durch ihren Anwalt bestreiten lassen. Nun kann anhand der vorliegenden Emails der Berater der Stadtsparkasse München nachgewiesen werden, dass diese konkret den Abschluss empfohlen hatten.
So heißt es in einer Email eines Mitarbeiters der Stadtsparkasse München vom 27.02.2020: „Wir könnten wieder neue DAX-Optionen handeln.“ Damit schlug die Stadtsparkasse München sogar noch zu Beginn der Börsenturbulenzen im Zusammenhang mit der Corona-Krise in einer Zeit, als die Finanzmärkte hohe Kursschwankungen (und damit Risiken) zu verzeichnen hatten, hoch riskante Optionsgeschäfte vor. In einer weiteren Email vom 02.03.2020 schlug ein weiterer Mitarbeiter der Stadtsparkasse München vor: „Müssten evtl. den 12000 Put 03/2020 oder den Put 12000 06/2020 weiter schieben.“ Zu dieser Zeit kam es wegen der Corona-Pandemie an den Börsen mehr und mehr zu hohen Kurseinbrüchen. In einer weiteren Email vom 06.03.2020 berichtete der Mitarbeiter der Stadtsparkasse München dann sogar davon, eigenmächtig Abschlüsse für den Kunden vorgenommen zu haben: „Bin tätig geworden. Habe die 40 Kontrakte 12.000 PUT 03/2020 in den 09/2020 geschoben mit der Bandbreite 10.000 PUT und 13.100 CALL jeweils mit 40 Kontrakte.“ Mit weiterer Email vom 10.03.2020 hat der Mitarbeiter der Stadtsparkasse München für den Kunden weitere Geschäfte abgeschlossen und einseitig über die künftige Strategie entschieden: „Bin schon jetzt tätig geworden: Von den 50 Kontrakten 11800 Put 04/2020 habe ich 30 weitergeschoben auf 12/2020 in 9900 Put und 12500 Call. Die restlichen 20 Kontrakte 11800 Put April lassen wir vorerst.“
Die rechtliche Prüfung dieser Vorgänge stellt nach der Beurteilung der Kanzlei ROESSNER nicht nur eine Pflichtverletzung dar. Vielmehr werden konkret belegte Vorwürfe nicht nur von der Stadtsparkasse München, sondern auch von dem die Stadtsparkasse München vertretenden Rechtsanwalt in Abrede gestellt.
Mit Email vom 17.03.2020 forderte dann eine weitere Mitarbeiterin der Stadtsparkasse den Kunden auf, binnen 4 Stunden Sicherheiten in Höhe von EUR 2,6 Mio. zu leisten. Weder wurde der Marktwert der Optionsgeschäfte mitgeteilt noch der zugrunde gelegte „Margin“-Rahmen. Der geforderte Betrag erschien daher rein willkürlich, so dass der Kunde diesen Betrag nicht leistete. In der Folge stellte die Stadtsparkasse München die Optionsgeschäfte am 18.03.2020 zwangsweise glatt. Dem Kunden war hierdurch ein Millionenschaden entstanden. Dabei erwirtschaftete die Stadtsparkasse München durch diese Maßnahmen allein an den drei Geschäften am 27.02., 06.03. und 10.03. bzw. deren Glattstellung am 18.03.2020 Provisionen zu Lasten des Kunden in Höhe von rund EUR 11.500.
Einen ähnlich unzureichenden „Margin Call“ erhielt eine weitere Kundin der Stadtsparkasse München am 16.03.2020 um 12:20 Uhr. Es erfolgte eine nicht ausreichend betragsmäßig bezifferte Aufforderung, binnen 130 Minuten die für ihr Depot vorhandenen Sicherheiten zu verstärken. Die Mitarbeiterin der Sparkasse legitimierte sich nicht einmal ausreichend als Mitarbeiterin der Stadtsparkasse München und erklärte trotz mehrmaliger Nachfragen nicht, wie sich die vorhandenen Sicherheiten zu den aktuell drohenden Verlusten verhalten und in welcher Form und Höhe eine Nachbesicherung bzw. eine Verstärkung von Sicherheiten zu erbringen sei. Damit korrespondierend war der Kundin auch nicht klar, in welcher Höhe von ihr zu diesem Zeitpunkt gestellte Sicherheiten „ausgeschöpft“ waren. Am 16.03.2020 ab ca. 15:30 Uhr stellte die Sparkasse auch dieses Depot zwangsweise glatt, indem sie sämtliche Positionen veräußerte. Auch hierdurch ist ein weiterer Millionenschaden entstanden.
Ausweislich der „Kundenangaben für Geschäfte in Finanzinstrumenten“ vom 22.05.2014 waren bei dem zu beratenen Kunden im Bereich „Optionsscheine/Optionen/Futures, Termingeschäfte“ keine Kenntnisse vorhanden. Die erforderlichen Kenntnisse wurden auch nicht vermittelt. Weder in den „Kundenangaben für Geschäfte in Finanzinstrumenten“ noch in den Kontoverträgen ist eine Vermittlung dokumentiert. Erfahrungen für den Bereich „Optionsscheine/Optionen/Futures, Termingeschäfte“ waren ausweislich der „Kundenangaben“ ebenfalls nicht vorhanden. Der Verkauf von Put-Optionen mit der Höhe nach unbegrenzten Verlustrisiken (Stillhalter-Risiko) war für den dokumentierten Anlagezweck „Vermögensoptimierung Ziel: positive Rendite vor Steuer und Inflation“ nicht geeignet. Der Anlagezweck „Kurzfristige Gewinnerzielung (Spekulation)“ wurde ausdrücklich nicht vermerkt. Die Risikobereitschaft wurde mit „keine Informationen vorhanden“ vermerkt. Es erfolgte keine Klassifizierung in eine der angeführten 5 Risikoklassen. Ohne Ermittlung der Risikobereitschaft durfte schon keine Anlageempfehlung durch die Stadtsparkasse München erteilt werden. Der Kunde wurde ausweislich des Vermerks auch nicht darauf aufmerksam gemacht, dass aufgrund fehlender Angaben eine Prüfung der Angemessenheit nicht vorgenommen werden kann. Ohne eine Klassifizierung in die höchste Risikostufe 5 hätten die Optionsgeschäfte nicht empfohlen werden dürfen.
Die Stadtsparkasse München wird daher derzeit wegen fehlerhafter Anlageberatung, Falschempfehlung, unzureichender Aufklärung und unzureichender Margin Calls in Anspruch genommen.
ROESSNER Rechtsanwälte ist seit über 40 Jahren im Bank- und Kapitalmarktrecht tätig und vertritt dabei ausschließlich die Interessen geschädigter Anleger, Unternehmen und Kommunen.
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