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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 13.12.2023, Az.: BVerwG 11 B 1.23
Darlegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache für ein Beschwerdeverfahren; Vorübergehende Nutzungsdauer der Erdgasfernleitung
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 13.12.2023
Referenz: JurionRS 2023, 48466
Aktenzeichen: BVerwG 11 B 1.23
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2023:131223B11B1.23.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Nordrhein-Westfalen - 09.08.2023 - AZ: 21 D 53/19.AK

BVerwG, 13.12.2023 - BVerwG 11 B 1.23

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Dezember 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Külpmann und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Emmenegger sowie Dr. Wiedmann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. August 2023 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

2

Grundsätzlich bedeutsam i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4).

3

Der Beschwerde lässt sich - bei wohlwollender Auslegung - entnehmen, dass sie im Rahmen der auf eine Aufhebung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klage die Voraussetzungen eines auf Art. 14 GG gestützten Löschungs- und Rückbauanspruchs für den Fall einer endgültigen Betriebseinstellung des Vorhabens klären lassen möchte, wenn dessen Nutzungsdauer technisch bedingt beschränkt ist und die Enteignung durch Belastung mit einem dinglichen Recht erfolgt.

4

1. Die Frage kann schon deswegen nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Hat das vorinstanzliche Gericht seine Entscheidung mehrfach selbständig tragend begründet, muss die Beschwerde für jede der Begründungen einen selbständigen Zulassungsgrund vortragen. Die Beschwerde ist nur begründet, wenn ein Zulassungsgrund für jeden der entscheidungstragenden Gründe dargelegt und gegeben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 B 38.16 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 3). Daran fehlt es.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil selbständig tragend darauf abgestellt, dass der Kläger allein eine auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Anfechtungsklage erhoben hat, ein Abwägungsfehler in Bezug auf den genannten Löschungs- und Rückbauanspruch aber allenfalls zu einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine entsprechende Nebenbestimmung führen könnte und der Kläger eine solche nicht zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemacht hat (vgl. UA S. 35). Einen Grund für die Zulassung der Revision hat die Beschwerde insoweit nicht geltend gemacht. Sie hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Kläger nicht darum geht, eine planergänzende Auflage zu erreichen.

6

2. Im Übrigen legt die Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht entsprechend den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dar.

7

Um die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache i. S. v. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. März 2017 - 4 B 8.17 - juris Rn. 2). Es genügt nicht, darauf hinzuweisen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht zu einer Frage noch nicht geäußert hat. Vielmehr ist darzulegen, dass die Antwort, die die Vorinstanz gegeben hat, mindestens zu Bedenken Anlass gibt und es deshalb im Interesse der Rechtssicherheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer revisionsgerichtlichen Klärung bedarf. Das zwingt zu einer Auseinandersetzung mit der Lösung und der Argumentation im angefochtenen Urteil (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. März 1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825, vom 31. Januar 2013 - 4 BN 29.12 - BRS 81 Nr. 48 Rn. 3 und vom 15. Mai 2013 - 4 BN 1.13 - juris Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.

8

Die Beschwerde legt die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage nicht dar. Eine technisch bedingt nur vorübergehende Nutzungsdauer der Erdgasfernleitung hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt (vgl. UA S. 37 und S. 38). Eine solche bloß vorübergehende Nutzungsdauer zeigt die Beschwerde auch nicht mit ihren pauschalen Hinweisen auf die Verordnung über Gashochdruckleitungen (Gashochdruckleitungsverordnung - GasHDrLtgV - vom 18. Mai 2011, BGBl. I, S. 928, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Mai 2019 - BGBl. I S. 706) sowie auf nicht näher benannte Vorschriften auf, welche den Stand der Technik definieren. Vielmehr geht der Kläger selbst davon aus, dass ein etwaiger Rückbau lediglich "irgendwann in einem unbestimmten Zeitpunkt stattfinden könnte".

9

Ebenso wenig hat die Beschwerde dargelegt, aus welchen Gründen es verfassungsrechtlich geboten ist, bei einem Vorhaben, das sowohl verwirklicht als auch benötigt wird und dessen spätere Betriebseinstellung nicht absehbar ist (vgl. UA S. 38), zwischen dem partiellen Entzug einer Eigentumsposition in Form der Belastung mit einem dinglichen Recht und dem gänzlichen Entzug zu differenzieren. Sie setzt sich mit der insofern maßgeblichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 1993 - 7 B 180.93 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 284 S. 78 f. sowie Urteile vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 751 und vom 20. Januar 2021 - 4 A 4.19 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 12 Rn. 43) nicht auseinander und zeigt nicht auf, dass diese der Korrektur bzw. Fortbildung bedürfen könnte. Sie lässt ferner eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts vermissen (vgl. UA S. 37 ff.), die sich mit der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses und einer daraus folgenden Belastung des Eigentums mit einem dinglichen Recht als Gegenstand der Enteignung i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EEG NRW befassen.

10

Schließlich fehlen Ausführungen zu der Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Vorhabenträgerin für den Fall der endgültigen Betriebseinstellung der Erdgasfernleitung bei berechtigtem Interesse des Grundstückseigentümers die Löschung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sowie den lokalen Rückbau der Erdgasfernleitung zugesichert hat und der streitbefangene Planfeststellungsbeschluss diese zur Einhaltung der abgegebenen Zusicherungen auf eigene Kosten verpflichtet (vgl. UA S. 39 f.).

11

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Külpmann

Dr. Emmenegger

Dr. Wiedmann

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