Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 19.10.2023, Az.: BVerwG 6 AV 2.23
Ablehnung eines Antrags auf Akteneinsicht durch Übersendung der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten an seine Wohnanschrift im Zusammenhang einer Klage gegen einen Rundfunkgebührenbescheid
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 19.10.2023
Referenz: JurionRS 2023, 42914
Aktenzeichen: BVerwG 6 AV 2.23
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2023:191023B6AV2.23.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Sachsen - 05.07.2023 - AZ: 5 A 1421/18

Rechtsgrundlagen:

§ 13 RBStV

§ 100 Abs. 3 S. 3 VwGO

BVerwG, 19.10.2023 - BVerwG 6 AV 2.23

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Oktober 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Tegethoff und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Akteneinsicht durch Übersendung der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten an seine Wohnanschrift wird abgelehnt.

Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juli 2023 wird abgelehnt.

Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen die Beiordnung von Rechtsanwalt R. (Leipzig) für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Rundfunkbeitragsbescheid.

2

Das Verwaltungsgericht wies seine Klage mit Urteil vom 25. September 2018 ab. Auf seinen Antrag hat ihm das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2021 einen Notanwalt beigeordnet und mit weiterem Beschluss vom 14. November 2022 Rechtsanwalt R. aus Leipzig als beigeordneten Prozessbevollmächtigten ausgewählt. Mit Beschluss vom 26. Januar 2023 hat das Oberverwaltungsgericht dem Kläger Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen gewährt und die Berufung zugelassen.

3

Nach Verzicht der Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers im schriftlichen Verfahren mit Urteil vom 5. Juli 2023 zurückgewiesen; es hat die Revision nicht zugelassen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 7. Juli 2023 zugestellt.

4

Mit beim Oberverwaltungsgericht am 28. Juli 2023 eingegangenem Schreiben hat der Kläger die Beiordnung von Rechtsanwalt R. abgelehnt und beantragt, ihm einen Rechtsanwalt für eine Beschwerde gegen die Beiordnung beizuordnen.

5

Auf seine Bitte um Akteneinsicht wurde ihm vom Oberverwaltungsgericht mit Schreiben vom 31. Juli 2023 mitgeteilt, dass er nach vorheriger Terminabsprache auf der Geschäftsstelle Einsicht in die Gerichtsakte und in die Beiakten des Beklagten nehmen könne.

6

Auf gerichtliche Hinweisschreiben vom 31. Juli und 1. August 2023 übersandte der Kläger mehrere Schreiben, in denen verschiedene Rechtsanwälte eine Übernahme seines Mandats abgelehnt hatten.

7

Der Kläger stellte sinngemäß einen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juli 2023 (Schreiben vom 7. August 2023). Er wies darauf hin, dass ihm eine Akteneinsicht in Bautzen nicht möglich sei und bat um Übersendung der Akten an seine Wohnanschrift, da er auf Unterstützung aus seinem persönlichen Umfeld angewiesen sei.

8

Mit Beschluss vom 17. August 2023 lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag, dem Kläger einen Rechtsanwalt für die Begründung der Berufung beizuordnen, ab. Dafür bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da eine ergänzende Berufungsbegründung nach Abschluss des Berufungsverfahrens durch das Urteil vom 5. Juli 2023 nicht mehr berücksichtigt werden könne.

II

9

1. Der Antrag des Klägers auf Übersendung der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten an seine Wohnanschrift wird abgelehnt. Diese Form der Akteneinsicht sieht § 100 Abs. 3 Satz 3 VwGO nur für die in § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3 - 6 VwGO genannten Personen vor, zu denen der Kläger nicht zählt.

10

2. Die Anträge des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts sowohl für die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde, über den das Bundesverwaltungsgericht entscheidet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. März 2017 - 2 B 4.17 - Buchholz 303 § 78b ZPO Nr. 5 Rn. 7 und vom 7. Juli 2023 - 6 B 42.23 - juris Rn. 1), als auch einer Beschwerde gegen die Beiordnung von Rechtsanwalt R. haben keinen Erfolg.

11

Nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b Abs. 1 ZPO ist einem Verfahrensbeteiligten auf dessen Antrag hin in einem dem Vertretungszwang unterliegenden Verfahren durch Beschluss für den Rechtszug ein Rechtsanwalt zur Wahrung seiner Rechte beizuordnen, wenn er keinen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Für die Beurteilung, ob eine Rechtsverfolgung i. S. d. § 78b Abs. 1 ZPO aussichtslos erscheint, ist das Bundesverwaltungsgericht nicht auf ein etwaiges Vorbringen des Antragstellers beschränkt, sondern hat nach Lage der Akten zu prüfen, ob ein Revisionszulassungsgrund ernsthaft in Betracht kommt (BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2022 - 2 B 28.22 - juris Rn. 6 f.).

12

a) Ob der nicht postulationsfähige Kläger mit Blick auf die dem Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO unterliegende Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde hinreichende Bemühungen um eine Mandatsübernahme belegt hat, kann dahinstehen. Denn seine Rechtsverteidigung gegen das Berufungsurteil vom 5. Juli 2023 erscheint auch unter Einbeziehung seines bisherigen Vorbringens aussichtslos. Gründe, aus denen die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen ist, sind nicht zu erkennen.

13

Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2018 (1 BvR 1675/16 u. a. - BVerfGE 149, 222) entschieden, dass der Rundfunkbeitrag im privaten Bereich - mit der hier nicht vorliegenden Ausnahme einer Erhebung für Zweitwohnungen - mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die vom Berufungsgericht ausführlich behandelte Frage, ob die Regelungen zum generellen Datenabgleich mit den Meldebehörden (§ 14 Abs. 9 und 9a sowie § 11 Abs. 4 RBStV a. F.) gegen das landesverfassungsrechtliche Zitiergebot des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Art. 33 der Sächsischen Verfassung verstoßen und sich daraus ein Verwertungsverbot für die Ermittlung von Beitragsschuldnern ergeben kann, würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn die Normen der Sächsischen Verfassung gehören gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nicht zum Prüfungsmaßstab des Bundesverwaltungsgerichts als Revisionsgericht. Daran ändert auch die in § 13 RBStV vorgesehene Revisibilität des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags als solchem nichts. Mit Blick auf den Prüfungsmaßstab des revisiblen Rechts sind Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder eine Abweichung des Berufungsgerichts von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ersichtlich. Dem Berufungsgericht ist auch kein zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führender Verfahrensfehler unterlaufen.

14

b) Die beabsichtigte Rechtsverteidigung gegen die Auswahl des für das Berufungsverfahren beigeordneten Prozessbevollmächtigten ist aussichtslos. Denn die Verwaltungsgerichtsordnung sieht kein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 17. August 2023 vor, in dem der Antrag des Klägers abgelehnt worden ist, ihm einen (anderen) Prozessbevollmächtigten für die (weitere) Begründung der Berufung beizuordnen (§ 152 Abs. 1 VwGO). Auf die Unanfechtbarkeit ist der Kläger in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 17. August 2023 auch ausdrücklich hingewiesen worden.

Prof. Dr. Kraft

Dr. Tegethoff

Dr. Gamp

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.