Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 12.09.2023, Az.: BVerwG 8 B 10.23
Zurückweisung eines Beschwerde einer Erbengemeinschaf hinsichtlich des Antrags auf Wiederaufgreifen eines Verwaltungsverfahrens nach dem Vermögensgesetz hinsichtlich der Rückübertragung eines Grundstücks
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 12.09.2023
Referenz: JurionRS 2023, 42910
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 10.23
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2023:120923B8B10.23.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Berlin - 08.12.2022 - AZ: 29 K 131/20

BVerwG, 12.09.2023 - BVerwG 8 B 10.23

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. September 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller und
Dr. Naumann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Dezember 2022 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Kläger begehren das Wiederaufgreifen eines Verwaltungsverfahrens nach dem Vermögensgesetz. Sie sind die gemeinschaftlichen Erben der H. A., die nach dem Tode ihres Ehemanns am 20. September 1947 als alleinige Eigentümerin des Grundstücks Berlin-Mitte, L./P. eingetragen wurde. Auf der Grundlage der §§ 1, 8 des Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vom 8. Februar 1949 wurde das Grundstück in die sogenannte Liste 3, Teil A Nr. 192 eingetragen und in Volkseigentum überführt. Ein Widerspruch der H. A., den sie im Wesentlichen mit ihrer nazifeindlichen Gesinnung und jener ihres Ehemanns begründete, wurde vom Magistrat von Groß-Berlin zurückgewiesen.

2

Am 24. September 1990 beantragte die Erbengemeinschaft die Rückübertragung unter anderem des Eigentums an dem hier verfahrensgegenständlichen Grundstück. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 17. September 1996 ab, weil die Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt sei. Der Antrag auf Restitution werde daher als Antrag nach dem Ausgleichsleistungsgesetz gewertet. Ein Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Mit Bescheid vom 8. Januar 2015 stellte der Beklagte eine Bemessungsgrundlage für die Entschädigung unter anderem des Grundstücks fest; mit Bescheid vom 25. März 2015 setzte das Bundesausgleichsamt die Entschädigung fest.

3

Am 3. Oktober 2019 beantragte die Erbengemeinschaft die Aufhebung der vorgenannten Bescheide. Zur Begründung trug sie unter Vorlage von Beweismitteln vor, das nationalsozialistische Regime habe ihre Rechtsvorgänger schon in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 faktisch enteignet. Es habe das Hotel immer intensiver zu eigenen Zwecken genutzt. Im Übrigen treffe die Annahme nicht zu, dass Restitutionsausschluss für Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage und Wiedervereinigung verknüpft gewesen seien. Der Beklagte lehnte den Antrag ab; es fehle schon ein Grund für das Wiederaufgreifen. Jedenfalls sei kein verfolgungsbedingter Vermögensverlust in der Zeit von 1933 bis 1945 eingetreten. Die hiergegen eingelegte Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

4

Die Beschwerde der Kläger, die eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend macht, hat keinen Erfolg.

5

Die Kläger legen keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Dazu hätten sie eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwerfen müssen, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme. Das leistet die Beschwerdebegründung nicht. Eine ausdrückliche Rechtsfrage formuliert sie nicht. Das Vorbringen führt auch nicht sinngemäß auf eine solche Grundsatzfrage. Das Vorbringen unter "1. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Vermögensverlusts i. S. d. § 1 Abs. 6 VermG 'faktische Enteignung'" erschöpft sich im Wesentlichen in der Behauptung, die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der faktischen Enteignung seien auf den vorliegenden Fall falsch angewendet worden. Der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe bei der Anwendung des § 1 Abs. 6 VermG gemäß Art. 3 Abs. 1 GG von einem "Sonderfall" ausgehen müssen, legt zudem Tatsachen zugrunde, die das Verwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Das Vorbringen unter "2. Grundsatzentscheidung zur Übertragung/Erlösauskehr" kritisiert die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des Restitutionsausschlusses in § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG, ohne aber erneuten oder weiteren Klärungsbedarf aufzuzeigen. Der Vortrag, bei einer späteren Veräußerung des Vermögensgegenstands handele der Staat rechtswidrig und werde durch diese Vorschrift nicht geschützt, geht an dem im angegriffenen Urteil erläuterten Sinn und Zweck dieses Restitutionsausschlusses vorbei, ohne sich damit auseinanderzusetzen.

6

Der gerügte Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzt, dass es in der mündlichen Verhandlung nicht auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes des Staates hingewiesen hat. Dieser war nach seiner insoweit maßgeblichen, sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergebenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen haben die Kläger mit der Beschwerde nicht vorgetragen, was sie im Falle eines solchen Hinweises Entscheidungserhebliches vorgebracht hätten. Dies wäre jedoch zur Darlegung eines Verfahrensfehlers, auf dem das Urteil beruhen kann, erforderlich gewesen.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dr. Held-Daab

Dr. Seegmüller

Dr. Naumann

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.