Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 31.07.2023, Az.: BVerwG 8 B 2.23
Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 31.07.2023
Referenz: JurionRS 2023, 32401
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 2.23
ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2023:310723B8B2.23.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Potsdam - 08.11.2022 - AZ: 11 K 1470/21

BVerwG, 31.07.2023 - BVerwG 8 B 2.23

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Juli 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller und Dr. Meister
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. November 2022 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Mit Urteil des Militärtribunals der 11. Garde-Panzerdivision der Roten Armee vom 28. September 1946 wurde der Vater der Klägerin zum Tode verurteilt und am 18. Oktober 1946 hingerichtet. Das Urteil sah als Nebenstrafe die Beschlagnahme seines Eigentums zugunsten des Staates vor. Der zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb gehörende Grundbesitz wurde auf Aufforderung eines Majors der Roten Armee vom 5. April 1947 im Zuge der Bodenreform aufgeteilt. Mit Beschluss des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 16. August 1994 wurde das Urteil vom 28. September 1946 aufgehoben und das Verfahren gegen den Vater der Klägerin wegen fehlender Beweise für seine Schuld eingestellt. Den daraufhin von seiner Witwe gestellten Restitutionsantrag lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen des Landes Brandenburg mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21. Dezember 2007 ab. Die Rückgabe des landwirtschaftlichen Betriebes sei nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG ausgeschlossen, weil dieser auf besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden sei. Es liege auch kein Fall des § 1 Abs. 7 VermG vor. Den vorgelegten Unterlagen könne nicht entnommen werden, dass auch die Vermögenseinziehung mit Beschluss des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 16. August 1994 aufgehoben worden sei. Im Dezember 2019 beantragte die Klägerin die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung ihres Vaters. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15. Juni 2021 ab. Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. November 2022 abgewiesen, weil der Anwendungsbereich des verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwRehaG nicht eröffnet sei. Die Revision gegen seinen Gerichtsbescheid hat es nicht zugelassen.

2

Die auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Er ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2017 - 8 B 56.16 - juris Rn. 5).

3

Diese Anforderungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin bezeichnet keinen in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1999 - 7 C 9.98 - (BVerwGE 108, 315) enthaltenen tragenden Rechtssatz von dem der angegriffene Gerichtsbescheid abweicht. Der Hinweis der Beschwerde auf den letzten Absatz dieser Entscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1999 - 7 C 9.98 - BVerwGE 108, 315 <325>) kann die Divergenzrüge schon deswegen nicht stützen, weil dieser Absatz lediglich die Entscheidung nicht tragende Erwägungen enthält.

4

Die Beschwerde arbeitet auch keinen Rechtssatz in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 2012 - 8 C 1.11 - heraus, von dem die angefochtene Entscheidung abweichen könnte. Der Hinweis auf die Ausführungen des zitierten Urteils zu den Voraussetzungen für die Unterbrechung des besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhangs (vgl. BVerwG vom 7. März 2012 - 8 C 1.11 - Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 45 Rn. 20) nimmt zwar einen diese Entscheidung tragenden Rechtssatz in Bezug. Die Beschwerde zeigt aber nicht auf, dass die angefochtene Entscheidung in Anwendung derselben Rechtsvorschrift einen diesem Rechtssatz widersprechenden, sie tragenden Rechtssatz aufgestellt hätte. Der angegriffene Gerichtsbescheid beruht allein auf einer Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwRehaG. Auf diese Vorschrift geht die angebliche Divergenzentscheidung nicht ein.

5

Die Beschwerdebegründung führt schließlich nicht auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ihr lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass die in dem zitierten Urteil vom 25. Februar 1999 - 7 C 9.98 - (BVerwGE 108, 315 <325>) offengelassene Rechtsfrage für den angefochtenen Gerichtsbescheid entscheidungserheblich war und dass diese Rechtsfrage darüber hinaus in dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre. Sie betrifft Fallkonstellationen, in denen die Besatzungsmacht den Vorwurf erhob, eine Person sei Kriegsverbrecher oder Naziaktivist gewesen, und anschließend von deutschen Behörden in einem weiteren Schritt wegen dieses Vorwurfs die Enteignung dieser Person beschlossen wurde. Einen solchen Sachverhalt hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Es ist vielmehr davon ausgegangen, dass die Enteignung des Vaters der Klägerin bereits mit Urteil des sowjetischen Militärtribunals vom 28. September 1946 als Nebenstrafe verhängt worden war und dass der Vollzug dieser Nebenstrafe durch die Besatzungsmacht selbst mit einer Anweisung vom 5. April 1947 gesteuert wurde.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dr. Held-Daab

Dr. Seegmüller

Dr. Meister

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.