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Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 19.11.2009, Az.: BVerwG 3 C 10.09
Zulässigkeit einer vom Zulassungsantrag abweichenden Dosierung in der Packungsbeilage für ein homöopathisches Arzneimittel; Auslegung einer bloßen Regelung mittels Auflage gem. § 28 Abs. 2 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) als konkludente Zulassungsbeschränkung i.R.d. Zulassungsantrages für ein homöopathisches Arzneimittel; Relevanz von nicht-pharmakologisch-toxikologischen Nebenwirkungen eines homöopathischen Arzneimittels für eine Beurteilung der Unbedenklichkeit des Arzneimittels
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 19.11.2009
Referenz: JurionRS 2009, 29757
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 10.09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Köln - 22.11.2006 - AZ: VG 24 K 8133/04

OVG Nordrhein-Westfalen - 11.02.2009 - AZ: 13 A 385/07

Fundstellen:

GewArch 2010, 223

GRUR-Prax 2010, 114

NVwZ-RR 2010, 320-323

PharmaR 2010, 192-196

StoffR 2010, 194

BVerwG, 19.11.2009 - BVerwG 3 C 10.09

Amtlicher Leitsatz:

Eine vom Zulassungsantrag abweichende Dosierung darf nur dann im Wege der Auflage für die Packungsbeilage verbindlich gemacht werden, wenn diese Dosierung in der Zulassungsentscheidung selbst enthalten ist. Eine bloße Regelung mittels Auflage nach § 28 Abs. 2 AMG kann nicht zugleich als eine konkludente Zulassungsbeschränkung verstanden werden.

Nebenwirkungen eines homöopathischen Arzneimittels sind für die Beurteilung der Unbedenklichkeit des Arzneimittels unabhängig davon relevant, ob sie auf einer pharmakologisch-toxikologischen Wirkung beruhen.

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert, Buchheister und Dr. Wysk
für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Februar 2009 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1

Die Klägerin ist Inhaberin der arzneimittelrechtlichen Zulassung für das apothekenpflichtige homöopathische Kombinationspräparat "Glonoinum Vertigo Hevert". Anwendungsgebiete sind unter anderem Beschwerden bei Hirngefäßverkalkung wie Schwindel und Kopfschmerzen. Im Verfahren über die Verlängerung der arzneimittelrechtlichen Zulassung (Nachzulassung) rügte die Beklagte mit Mängelschreiben vom 22. April 2002, dass nur für einzelne der verwendeten Wirkstoffe ein positiver Beitrag für das bezeichnete Anwendungsgebiet nachgewiesen sei. Außerdem bat sie darum, die Dosierungsangabe in der Gebrauchsinformation (Packungsbeilage) den Empfehlungen der Kommission D anzupassen oder den therapeutischen Nutzen einer höheren Dosierung zu belegen. Sie formulierte entsprechend der seinerzeit aktuellen Dosierungsempfehlung der Kommission D aus dem Jahr 1993 folgende Anleitung:

"Soweit nicht anders verordnet: Bei akuten Zuständen alle halbe bis ganze Stunde, höchstens 12mal täglich, je 5-10 Tropfen einnehmen. Bei chronischen Verlaufsformen 1-3 x täglich 5-10 Tropfen einnehmen."

2

Die Klägerin verringerte daraufhin die Zahl der Wirkstoffe und übernahm die im Mängelschreiben formulierte Dosierungsanleitung in die Antragsunterlagen, wobei sie die Angabe "5-10 Tropfen" jeweils in "10 Tropfen" änderte.

3

Mit Bescheid vom 22. Oktober 2004 verlängerte die Beklagte die Zulassung für das Arzneimittel und erteilte unter anderem eine auf § 28 Abs. 2 AMG gestützte Auflage zur Packungsbeilage. Sie lautet:

"A.2
Dosierung

Hier ist zu formulieren:

,Soweit nicht anders verordnet: Bei akuten Zuständen alle halbe bis ganze Stunde, höchstens 6 mal täglich, je 5 Tropfen einnehmen. Eine über 1 Woche hinausgehende Anwendung sollte nur nach Rücksprache mit einem homöopathisch erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker erfolgen. Bei chronischen Verlaufsformen 1-3 mal täglich je 5 Tropfen einnehmen. Bei Besserung der Beschwerden ist die Häufigkeit der Anwendung zu reduzieren.'"

4

Zur Begründung führte sie aus, die Dosierung entspreche der von der Kommission D am 12. Juni 2002 verabschiedeten und am 25. Juni 2003 überarbeiteten neuen Empfehlung für homöopathische Arzneimittel. Abweichende Dosierungen könnten per Änderungsanzeige mitgeteilt werden. Hierbei sei deren Unbedenklichkeit und Überlegenheit durch präparatespezifische Untersuchungen zu belegen.

5

Am 17. November 2004 hat die Klägerin Anfechtungsklage gegen die Auflage, hilfsweise Verpflichtungsklage auf Zulassung der beantragten Dosierung erhoben. Zur Begründung hat sie unter Vorlage verschiedener Studien und wissenschaftlicher Abhandlungen Einwände gegen die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D geltend gemacht sowie das Verfahren und die Zusammensetzung der Kommission bemängelt.

6

Die Beklagte hat die von der Kommission D empfohlene Verringerung der Dosierung verteidigt und dazu wissenschaftliche Stellungnahmen und die Niederschriften der Kommissionsberatungen vorgelegt.

7

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2006 abgewiesen. Die Auflage sei zwar nicht nach § 28 Abs. 2 AMG, wohl aber als Auflage nach § 105 Abs. 5a Satz 2 AMG zur Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit rechtmäßig. Sie beruhe auf der neuen Dosierungsempfehlung, die dazu diene, der Gefahr von Erstverschlimmerungen und dem Auftreten einer Arzneimittelprüfsymptomatik infolge zu hoher und zu häufiger Gaben homöopathischer Arzneimittel entgegenzuwirken.

8

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Auflage mit Urteil vom 11. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Nachzulassungsantrag hinsichtlich der beantragten Dosierung erneut zu entscheiden. Die Klage sei nicht als isolierte Anfechtungsklage gegen die Auflage, sondern nur in Verbindung mit einer Verpflichtungsklage auf Zulassung des Arzneimittels mit der beantragten Dosierung statthaft. Als wesentliches Element der Zulassung dürfe eine Dosierung für die Packungsbeilage nur vorgeschrieben werden, wenn sie in der Zulassungsentscheidung selbst enthalten sei. Die Auflage bedeute deshalb zugleich die konkludente Versagung der beantragten Dosierung. Bei einer alleinigen Aufhebung der angefochtenen Auflage bliebe außerdem ein unvollständiger Bescheid übrig. Die Klägerin habe einen Anspruch auf erneute Entscheidung über die beantragte Dosierung, weil insoweit kein Versagungsgrund vorliege. Die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D müsse außer Betracht bleiben. Sie genüge schon nicht den Anforderungen an eine sachverständige Feststellung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Um die Standarddosierung für eine ganze Therapierichtung zu ändern, müsse nachvollziehbar und begründet dargelegt werden, warum die wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Abkehr von früheren Erfahrungen erforderten. Daran fehle es, da der Kommissionsbeschluss nicht begründet sei. Zudem sei nicht erkennbar, dass die Empfehlung auf die Komplexmittelhomöopathie übertragbar sei. Außerdem verkenne die Kommission D wie die Beklagte, dass das angenommene Gefährdungspotential durch Erstverschlimmerungen und das Auftreten einer Arzneimittelprüfsymptomatik im Zulassungsverfahren nicht relevant sei. Das Arzneimittelgesetz erfasse als Risiken und schädliche Wirkungen nur die pharmakologisch-toxikologischen Wirkungen eines Arzneimittels. Zudem sei ein Zusammenhang zwischen Dosis und etwaigen Risiken nicht plausibel. Eine Gefährdung durch das zugelassene Medikament sei nicht erkennbar. Die Klägerin könne sich auf die Aufbereitungsmonographien und die Dosierungsempfehlung aus dem Jahr 1993 stützen, die eine hinreichende Bewertung des Arzneimittels ermöglichten. Die Sache sei wegen der unzureichenden Klärung der maßgeblichen Dosierungsfragen nicht spruchreif, so dass die Beklagte unter Aufhebung der Auflage zur Neubescheidung zu verpflichten sei.

9

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des Arzneimittelgesetzes (AMG). Das Berufungsgericht habe zu Unrecht den Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG verneint. Die von der Klägerin beantragte Dosierung sei nach dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht ausreichend geprüft worden. Als Bindeglied zwischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit habe die Dosierung wesentliche Bedeutung für die Zulassung. Anstelle von Studien könne für Altarzneimittel anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG, insbesondere Aufbereitungsmonographien und Empfehlungen der Kommission D, vorgelegt werden. Hier habe die Kommission D eine deutlich niedrigere Dosierung empfohlen als die frühere Aufbereitungskommission. Wenn die Klägerin von dieser sachverständigen Einschätzung abweichen wolle, müsse sie präparatespezifische Erkenntnisse für die Überlegenheit der beantragten Dosierung vorlegen. Der vom Berufungsgericht erhobene Einwand einer mangelnden Begründung der neuen Dosierungsempfehlung verkenne deren Charakter. Es handele sich um die Bekanntgabe des Ergebnisses wissenschaftlicher Beratungen, das ebenso wie die Dosierungsempfehlung aus dem Jahr 1993 und alle anderen Feststellungen in den Aufbereitungsmonographien nicht im Einzelnen begründet werde. Um die Empfehlung transparent zu machen, habe sie - die Beklagte - die Beratungsniederschriften vorgelegt und anhand von wissenschaftlichen Stellungnahmen aus der Fachliteratur die in der Homöopathie geltenden Prinzipien der Dosierung dargestellt. Damit hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen. Es habe auch den Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG und den Begriff der schädlichen Wirkungen unrichtig ausgelegt, wenn es annehme, dass damit nur pharmakologisch-toxikologische Risiken gemeint seien. Vielmehr genüge der begründete Verdacht, dass mit höheren Dosen die Gefahr einer Erstverschlimmerung und einer Arzneimittelprüfsymptomatik steige. Zwar lägen dazu keine präparatespezifischen Erkenntnisse vor; aus den Erfahrungen in der Homöopathie ergebe sich jedoch, dass zu hohe und zu häufige Gaben allgemein zu solchen unerwünschten Wirkungen führen könnten.

10

Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil. Die neue Dosierungsempfehlung sei ohne Rechtsgrundlage zustande gekommen. Als Aufbereitungskommission sei die Kommission D befugt gewesen, ihre Monographien durch eine allgemeine Dosierungsempfehlung zu ergänzen. Mit der Beendigung der Aufbereitungstätigkeit sei diese Befugnis entfallen, nicht aber die Bindungskraft der bereits veröffentlichten Erkenntnisse. Eine nachträgliche Änderung bedeute einen Eingriff in die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmer, für die keine gesetzliche Grundlage existiere. Jedenfalls stelle eine Änderung hohe Begründungsanforderungen, um den durch die Aufbereitungsergebnisse geschaffenen Vertrauenstatbestand zu überwinden. Eine solche Begründung enthalte die neue Dosierungsempfehlung nicht. Sie weiche allein aufgrund einer Neubewertung der bekannten Daten von der früheren Richtlinie ab, die sich auf die langjährigen Erfahrungen der Homöopathie stützen könne. Zudem berücksichtige sie die Besonderheiten der Komplexmitteltherapie nicht. Die von der Beklagten angeführten Arzneimittelwirkungen seien keine Risiken im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Das Gesetz gehe vielmehr davon aus, dass eine Dosisreduktion bei homöopathischen Mitteln aus Risikogründen nicht erforderlich sei.

II

11

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, weil es auf einem unzutreffenden Verständnis der arzneimittelrechtlichen Auflagenbefugnis nach § 28 Abs. 2 AMG und der Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 AMG beruht. Ob die Klage Erfolg hat, kann ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden. Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

12

1.

Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft. Nach der Rechtsprechung des Senats können Auflagen nach § 28 Abs. 2 AMG mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. Ob die Klage zur isolierten Aufhebung führt, hängt davon ab, ob die Zulassung ohne die Auflage sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 3 C 39.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 48).

13

Die Klägerin wendet sich gegen eine Auflage nach § 28 Abs. 2 AMG (i.V.m. § 105 Abs. 5a Satz 2 1. Alt. AMG). Das ergibt sich aus der von der Behörde gewählten Bezeichnung der Auflage, ferner aus ihrem Inhalt, der einen bestimmten Text der Packungsbeilage vorgibt, sowie aus der gesamten Gestaltung des Bescheids, der einerseits die Nachzulassungsentscheidung mit bestimmten Angaben zur Identität des zugelassenen Arzneimittels und andererseits bestimmte Auflagen, unter anderem die hier streitige zur Packungsbeilage, enthält.

14

Eine inhaltliche Beschränkung der Zulassung des Arzneimittels ist mit der Auflage weder ausdrücklich noch konkludent verbunden. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass wesentliche Merkmale eines Arzneimittels nicht allein dadurch verbindlich gemacht werden können, dass die Zulassungsbehörde im Wege einer Auflage einen entsprechenden Text für die Packungsbeilage vorschreibt; vielmehr muss die Regelung in der Zulassungsentscheidung selbst enthalten sein (vgl. - zu einer Gegenanzeige, die eine ganze Personengruppe von der Anwendung des Arzneimittels ausschließt - Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O.). Aus dieser rechtlichen Notwendigkeit folgt aber nicht, dass eine bloße Regelung mittels Auflage nach § 28 Abs. 2 AMG zugleich eine konkludente Zulassungsbeschränkung darstellt. Vielmehr muss die Zulassungsentscheidung eindeutig erkennen lassen, unter welchen materiellen Voraussetzungen das Arzneimittel zugelassen ist. Hier ist die Zulassung durch den Bescheid vom 22. Oktober 2004 "auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen und der Angaben des Antragstellers" erteilt worden. Das entspricht § 25 Abs. 5 Satz 1 AMG, wonach die Zulassung aufgrund der Prüfung der eingereichten Unterlagen erteilt wird. Das heißt, dass sich der Gegenstand der Zulassung aus den Antragsunterlagen ergibt, denen auch Angaben über die Dosierung beigefügt werden müssen (§ 22 Abs. 1 Nr. 10 AMG), es sei denn, in der Zulassungsentscheidung werden abweichende Regelungen getroffen. Dementsprechend ist hier die von der Klägerin in ihrem Antrag angegebene Dosierung zugelassen worden, die der Empfehlung der Kommission D aus dem Jahr 1993 folgt. Die von der Klägerin angegriffene Auflage und der als Anlage 3 dem Bescheid beigefügte Mustertext können daran nichts ändern, weil beides nur die Packungsbeilage betrifft. Besonders deutlich wird dies für den Fall, dass die Auflage anderweitig aufgehoben oder wegfallen würde. In der Konsequenz der Auffassung des Berufungsgerichts würde dann eine Zulassungsbeschränkung fortbestehen, ohne dass dies in dem Inhalt des Bescheides seinen Ausdruck fände. Das zeigt, dass die Annahme einer konkludenten Zulassungsbeschränkung nicht tragfähig ist.

15

Der isolierten Anfechtung der Auflage steht ferner nicht entgegen, dass im Erfolgsfall ein unvollständiger Bescheid verbliebe. Die Zulassung wäre auch ohne die Auflage zur Packungsbeilage eine vollständige Entscheidung über die Nachzulassung des Arzneimittels. Würde die Auflage aufgehoben, so wäre die beantragte und zugelassene Dosierung für die Packungsbeilage maßgeblich.

16

2.

Die angefochtene Auflage ist rechtswidrig. Eine vom Zulassungsantrag abweichende Dosierung darf nur dann im Wege der Auflage für die Packungsbeilage verbindlich gemacht werden, wenn diese Dosierung in der Zulassungsentscheidung selbst enthalten ist. Insoweit gilt für die Dosierung nichts anderes als für eine zusätzliche Gegenanzeige (s. dazu Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O.).

17

Das folgt aus der Bedeutung der Dosierung für die Zulassung. Sie ist das Bindeglied zwischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels. Ohne eine bestimmte Dosierung können weder die für die Zulassungsentscheidung maßgebliche Wirksamkeit des Arzneimittels (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG) noch seine Unbedenklichkeit (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG) beurteilt werden. Der Katalog des § 22 Abs. 1 AMG, der die für eine Zulassung notwendigen und die Identität des zuzulassenden Arzneimittels beschreibenden Angaben auflistet, nennt daher in Nr. 10 auch die Dosierung. Fehlt diese Angabe, lässt sich insbesondere nicht prüfen, ob das Verbot, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen (§ 5 Abs. 1 AMG), eingehalten wird. Bedenklich sind solche Arzneimittel, bei denen der Verdacht besteht, dass sie bei "bestimmungsgemäßem Gebrauch" schädliche Wirkungen haben. Das entscheidet sich in erster Linie auf der Grundlage der Dosierungs- und Anwendungsvorgaben des Arzneimittels. Das Berufungsgericht ist deshalb in der Sache zutreffend davon ausgegangen, dass die Dosierung untrennbar mit der Zulassung des Arzneimittels verknüpft ist.

18

Die Bedeutung der Dosierung für die Zulassungsentscheidung wird nicht dadurch gemindert, dass eine Änderung der Angaben nach § 11 AMG über die Dosierung keine neue Zulassung erfordert, sondern im Anzeigeverfahren erfolgen kann (§ 29 Abs. 2a Nr. 1 AMG). Auch Änderungen der Dosierung werfen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Zulassungsfrage erneut auf. Der Zulassungsinhaber muss Änderungen der im Zulassungsverfahren gemachten Angaben nach § 22 AMG, also auch Änderungen der Dosierung, unverzüglich mitteilen (§ 29 Abs. 1 AMG). Die Regelung des § 29 Abs. 2a AMG bewirkt lediglich eine Verfahrenserleichterung, indem kein neues Zulassungsverfahren, sondern nur die Einholung einer Zustimmung erforderlich ist. Dieser Umstand - der im Übrigen ebenso auf Angaben zu Anwendungsgebieten und eine Einschränkung von Gegenanzeigen zutrifft (vgl. § 29 Abs. 2a Nr. 1 AMG) - ändert aber nichts daran, dass die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit als wesentliche Zulassungsvoraussetzungen nur im Hinblick auf die konkrete Dosierung beurteilt werden können. Die Dosierung muss deshalb in der Zulassungsentscheidung selbst festgelegt werden und kann nicht in eine Nebenbestimmung zum Text der Packungsbeilage verlagert werden. Das gilt zumal dann, wenn die beantragte Dosierung - wie hier - durch die Zulassungsentscheidung eine wesentliche Änderung erfahren soll.

19

Die von der Beklagten in Anspruch genommene Befugnis nach § 28 Abs. 2 AMG (hier i.V.m. § 105 Abs. 5a Satz 2 1. Alt. AMG) ist dementsprechend begrenzt. Die Vorschrift ermächtigt zu Auflagen, die den Text der Packungsbeilage betreffen. Sie dient dem Zweck, eine Übereinstimmung der dortigen Angaben mit dem zugelassenen Arzneimittel zu gewährleisten. Da durch den Bescheid die beantragte Dosierung zugelassen ist, könnte über § 28 Abs. 2 AMG nur diese Dosierung für die Packungsbeilage vorgegeben werden.

20

§ 28 Abs. 1 Satz 1 AMG vermittelt keine weitergehende Befugnis. Die Arzneimittelzulassung ist eine gebundene Entscheidung, die nur bei Vorliegen der im Gesetz vorgesehenen Gründe versagt werden darf. Damit wäre eine gesetzlich nicht konkretisierte Auflagenbefugnis unvereinbar (Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O. Rn. 26). Die notwendige Konkretisierung ergibt sich aus den Regelungen in § 28 Abs. 2 ff. AMG, die hier nicht eingreifen.

21

Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Befugnis nach § 105 Abs. 5a Satz 2 2. Alt. AMG bietet ebenfalls keine taugliche Rechtsgrundlage. Die Auflagen zur Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels betreffen Anordnungen zur Beseitigung von Mängeln des Arzneimittels. Der Gesetzgeber hat dieses Auflagenverfahren eingeführt, um das Nachzulassungsverfahren bei nicht gravierenden Mängeln, die absehbarerweise behoben und bis dahin hingenommen werden können, zu beschleunigen (vgl. BTDrucks 12/7572 S. 7). Solche Qualitätsauflagen hat die Beklagte auch in dem hier in Rede stehenden Bescheid erlassen und ausdrücklich als solche bezeichnet. Bei der hier angefochtenen Auflage geht es jedoch nicht um einen Mangel des Arzneimittels, dessen Behebung die Klägerin innerhalb einer bestimmten Frist nachzuweisen hätte. Ihr ist insbesondere nicht aufgegeben worden, weiteres wissenschaftliches Erkenntnismaterial zur Unbedenklichkeit der beantragten Dosierung vorzulegen, sondern vielmehr, den Text der Packungsbeilage in bestimmter Weise zu fassen.

22

Ob ein Rückgriff auf § 36 Abs. 1 2. Alt. VwVfG im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren in Betracht kommt, kann hier unentschieden bleiben. Da die wesentlichen Zulassungsvoraussetzungen in der Zulassung selbst geregelt werden müssen, scheidet § 36 Abs. 1 VwVfG jedenfalls insoweit aus.

23

3.

Die Aufhebung der Auflage setzt neben ihrer Rechtswidrigkeit voraus, dass die Nachzulassung des Arzneimittels ohne die Auflage rechtmäßigerweise Bestand haben könnte. Diese Rechtmäßigkeitsprüfung ist allerdings thematisch beschränkt auf den Gegenstand der Auflage, also die Dosierung des Arzneimittels; denn nur sie ist zwischen den Beteiligten im Streit. Ob die Zulassung des Arzneimittels ohne eine Reduzierung der beantragten Dosis hätte erteilt werden dürfen, erfordert jedoch weitere Tatsachenfeststellungen, die der Senat nicht selbst treffen kann.

24

Das Berufungsgericht hat Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 AMG verneint, weil die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D nicht zu berücksichtigen und deshalb weiterhin von der Empfehlung aus dem Jahr 1993 auszugehen sei, der die beantragte Dosierung entspreche. Diese Argumentation überzeugt nicht.

25

a)

Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kommission D ein sachverständig besetztes Gremium ist, dessen Äußerungen den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand auf dem Gebiet der Homöopathie wiedergeben. Den von der Kommission D aufgestellten Kriterien und Empfehlungen liegt besonderes Erfahrungswissen zugrunde; ihnen kommt die Qualität antizipierter Sachverständigengutachten zu (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 53 Rn. 16; Beschluss vom 8. Januar 2007 - BVerwG 3 B 16.06 - PharmR 2007, 159). Als solche zählen die Stellungnahmen der Kommission D zu dem anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG. Das gilt nicht nur in Bezug auf die frühere Aufbereitungskommission (vgl. § 25 Abs. 7 AMG in der Fassung des Gesetzes vom 24. August 1976, BGBl. I S. 2483, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Februar 1983, BGBl. I S. 169), sondern auch für die seit der Änderung des § 25 Abs. 7 AMG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 9. August 1994 (BGBl. I S. 2071) tätige Zulassungskommission (so bereits Urteil vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 16).

26

Einer über § 25 Abs. 7 AMG hinausgehenden normativen Regelung der Kommissionstätigkeit bedarf es nicht. Die Legitimationsanforderungen an ein sachverständiges Gremium hängen vom Grad der Verbindlichkeit seiner Beschlüsse ab. Je stärker die Bindungskraft ist, die der Gesetzgeber den Erkenntnissen eines solchen Gremiums beimisst, umso höher müssen die normativen Anforderungen an die Zusammensetzung, das Verfahren und die Entscheidungsfindung sein. Für die Stellung, die die Kommission D im Zulassungsverfahren einnimmt, bedarf es keiner weitergehenden gesetzlichen Verankerung. Ihre Beschlüsse greifen nicht in Rechtspositionen der Zulassungsantragsteller ein. Sie entscheidet nicht über Zulassungsanträge, sondern bietet lediglich Entscheidungshilfen für die zuständige Bundesoberbehörde, die an die Stellungnahmen der Kommission D nicht gebunden ist (§ 25 Abs. 7 Satz 4 AMG). Ebenso sind die Erkenntnisse der Kommission D im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einer inhaltlichen Kontrolle nicht entzogen (vgl. Beschluss vom 8. Januar 2007 a.a.O. Rn. 7, 9; Urteil vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 29, 32). Mit der von der Klägerin angeführten früheren Transparenzkommission, die ohne jede gesetzliche Grundlage wettbewerbsrelevante Preisübersichten veröffentlichte (vgl. dazu Urteil vom 18. April 1985 - BVerwG 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 = Buchholz 418.32 AMG Nr. 11), ist die Kommission D unter keinem Aspekt vergleichbar.

27

Die durch § 25 Abs. 7 AMG erfolgte Zuweisung von Beteiligungsrechten in den jeweiligen Zulassungsverfahren hindert die Kommission D nicht daran, zu übergreifenden Aspekten, die für eine Vielzahl von Fällen Bedeutung haben, allgemeine Empfehlungen auszusprechen. Für den pharmazeutischen Unternehmer macht es keinen Unterschied, ob zu einer bestimmten Frage, etwa der Dosierung homöopathischer Arzneimittel, in jedem Zulassungsverfahren, in dem die Frage Bedeutung gewinnt, eine gesonderte, inhaltlich gleichlautende Empfehlung der Kommission D eingeholt oder auf eine entsprechende allgemeine Empfehlung zurückgegriffen wird. Dass die Kommission D dabei auch von früheren Feststellungen in den Aufbereitungsmonographien abweichen darf, steht außer Zweifel. Sachverständige Erkenntnisse sind nicht unabänderlich, sondern können (und müssen) bei besserer Erkenntnis ersetzt werden. Auch davon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

28

b)

Zu Unrecht hat es aber angenommen, die Empfehlung der Kommission D zur Dosierung homöopathischer Arzneimittel vom 12. Juni 2002/25. Juni 2003 sei als sachverständige Äußerung von vornherein nicht verwertbar, weil ihr eine nähere Begründung fehle.

29

Die Verantwortung für die Zulassungsentscheidung trägt allein die Behörde. Es ist an ihr, das Vorliegen eines Versagungsgrundes darzutun und im Zweifelsfalle zu beweisen (Urteil vom 14. Oktober 1993 - BVerwG 3 C 21.91 - BVerwGE 94, 215 <218> = Buchholz 418.32 AMG Nr. 25 S. 35). Hierzu kann sie sich auch auf solche Einschätzungen der Kommission D stützen, für die diese selbst keine oder lediglich eine allgemein gehaltene Begründung mitgeteilt hat. Allein hierdurch wird auch nicht ausgeschlossen, dass die Einschätzung der Kommission D den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergibt und deshalb besondere Autorität genießt. Soweit allerdings der Zulassungsantragsteller eine solche Einschätzung substantiiert in Zweifel zieht, ist es Sache der Behörde, für diese selbst Gründe anzuführen. Dabei sind die Anforderungen an die Substantiierung von Zweifeln umso geringer, je weniger die Einschätzung durch die Kommission D selbst nachvollziehbar begründet ist; fehlt jede Begründung, so genügt bereits, dass anderslautende wissenschaftliche Erkenntnisse angeführt werden. In gleichem Maße intensiviert sich die Pflicht der Behörde, eine fehlende oder unzulängliche Begründung selbst zu ergänzen. Dabei muss die Behörde auch darlegen, dass die Einschätzung der Kommission D den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergibt, will sie sich die damit verbundene besondere Autorität dienlich machen. Dies gilt zumal dann, wenn die Kommission D von früheren eigenen Feststellungen abweicht; hier bedarf der Darlegung, dass dies aufgrund besserer Erkenntnisse geschieht.

30

Da die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D selbst keine Begründung enthält, konnte die Klägerin sie bereits dadurch in Zweifel ziehen, dass sie auf die abweichende Dosierungsempfehlung der Aufbereitungskommission verwiesen und verschiedene Studien und Abhandlungen vorgelegt hat, die die Notwendigkeit einer geringeren Dosierung anders beurteilen. Es ist deshalb an der Beklagten, die sich auf die neue Dosierungsempfehlung stützt, sie nachvollziehbar zu begründen. Diesen Weg ist die Beklagte hier gegangen. Sie hat in den Tatsacheninstanzen die Beratungsprotokolle der Kommission D und der maßgeblichen Arbeitsgruppe sowie Fachliteratur vorgelegt und auf dieser Grundlage versucht darzulegen, dass die beauflagte Dosierung dem Selbstverständnis und den Erfahrungen der Homöopathie entspricht. Das Verwaltungsgericht hat sich mit Recht in der Pflicht gesehen, diese Darlegungen und die fachlichen Einwände der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht zu würdigen. Ebenso hätte sich das Berufungsgericht inhaltlich mit den fachlichen Argumenten auseinandersetzen müssen.

31

c)

Auch die weiteren Erwägungen, aufgrund derer das Berufungsgericht die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D und die sie stützenden Darlegungen der Beklagten außer Betracht gelassen hat, greifen nicht.

32

aa)

Die mit der Verringerung der Dosierung beabsichtigte Minderung der Gefahr von Erstverschlimmerungen und des Auftretens einer Arzneimittelprüfsymptomatik sind im gesetzlichen Genehmigungsverfahren keineswegs irrelevant. Das Arzneimittelgesetz dient u.a. dem Zweck, für die Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen (§ 1 AMG); es verbietet daher bedenkliche Arzneimittel, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (§ 5 AMG). Dieser Verdacht begründet zugleich den Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG (in der hier maßgeblichen Bekanntmachung der Neufassung vom 11. Dezember 1998, BGBl. I S. 3586), der jede Art von Nebenwirkungen erfasst (vgl. dazu Urteil vom 14. Oktober 1993 a.a.O. S. 220 bzw. S. 36). Darunter sind die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen zu verstehen (§ 4 Abs. 13 AMG), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische Wirkungen, sondern jedwede unerwünschte Folge einschließlich der hier in Rede stehenden Erstverschlimmerungen und des Auftretens einer Arzneimittelprüfsymptomatik. Die Pflicht zur Berücksichtigung der Besonderheiten und Erfahrungen der Homöopathie (§ 105 Abs. 4f Satz 2, § 25 Abs. 2 Satz 4 AMG) schließt selbstverständlich ein, auch ihre spezifischen Risiken zu berücksichtigen. Dass ein gewisses Maß an Erstverschlimmerungen nach der Wirkungsweise homöopathischer Arzneimittel unvermeidbar und sogar gewünscht sein mag, kann daran nichts ändern. Der neuen Empfehlung liegt die Annahme zugrunde, dass eine geringere Dosierung die Gefahr übermäßiger oder unkontrollierter Erstverschlimmerungen reduziert, ohne die Wirksamkeit des Arzneimittels wesentlich zu schmälern.

33

Nichts anderes folgt aus der vom Berufungsgericht im Rahmen des Verpflichtungsbegehrens zugrunde gelegten Neufassung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG (Gesetz vom 29. August 2005, BGBl. I S. 2570), wonach die Zulassung bei einem ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis zu versagen ist. Als Risiko bezeichnet das Gesetz jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit des Patienten (§ 4 Abs. 27 Buchst. a AMG in der Fassung des vg. Gesetzes). Darunter fallen auch die unerwünschten schädlichen Folgen homöopathischer Arzneimittel.

34

Die vom Berufungsgericht angeführten Vorschriften für registrierte Arzneimittel (§ 11 Abs. 3 i.V.m. § 10 Abs. 4 AMG) erlauben keine Rückschlüsse auf zulassungspflichtige Arzneimittel, bei denen eine Dosierung angegeben werden muss. Dass sich bei registrierten Arzneimitteln die Unbedenklichkeit aus einer angemessen hohen Verdünnung ergeben kann (§ 38 Abs. 2 Satz 3 AMG), führt schon deshalb nicht weiter, weil tatsächliche Feststellungen dazu fehlen, ob das in Rede stehende Arzneimittel einen angemessen hohen Verdünnungsgrad aufweist, um bei der beantragten Dosierung unbedenklich zu sein.

35

bb)

Das Berufungsgericht hat schließlich bemängelt, dass die Beklagte nur allgemeine Erkenntnisse dargelegt habe, anstatt konkrete Gefährdungen durch das in Rede stehende Arzneimittel aufzuzeigen. Die Darlegungen der Beklagten nehmen aber für sich in Anspruch, den Erfahrungen und dem Selbstverständnis der Homöopathie zu entsprechen, wonach durch eine Reduzierung der Dosierung homöopathischer Arzneimittel die Gefahr eines Auftretens der besagten Nebenwirkungen generell gemindert werde. Wenn diese Einschätzung zutrifft, muss sie im Zulassungsverfahren berücksichtigt werden. Ein Risiko im Sinne des Arzneimittelgesetzes erfordert ebenso wie der Begriff der bedenklichen Arzneimittel nicht die sichere Erwartung von schädlichen Nebenwirkungen, sondern nur den begründeten Verdacht, es könne vermehrt zu solchen Nebenwirkungen kommen. Ein solcher Verdacht besteht schon dann, wenn ernstzunehmende Erkenntnisse einen solchen Schluss nahelegen (vgl. Urteil vom 26. April 2007 - BVerwG 3 C 36.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 46 Rn. 27).

36

4.

Das Berufungsgericht wird sich somit inhaltlich mit der neuen Dosierungsempfehlung der Kommission D anhand der vorgelegten wissenschaftlichen Erkenntnisse und nötigenfalls durch Einholung von Sachverständigengutachten auseinandersetzen müssen. Dabei wird es maßgeblich darauf ankommen, ob die Annahme zutrifft, dass nach den Erfahrungen in der Homöopathie durch die empfohlene Verminderung der Dosierung die Gefahr spezifischer Nebenwirkungen allgemein verringert werden kann, ohne den Nutzen wesentlich zu beeinträchtigen, und ob dies auch für die Komplexmitteltherapie gilt. Bestätigt sich die Bewertung des Verwaltungsgerichts, fehlt es jedenfalls an der Unbedenklichkeit des Arzneimittels in der beantragten Dosierung (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG). Dieser Versagungsgrund stünde einer Aufhebung der Auflage wie auch einem Erfolg der hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage entgegen. Andernfalls müsste die Anfechtungsklage Erfolg haben.

Kley
Liebler
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Buchheister
Dr. Wysk

Verkündet am 19. November 2009

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