Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 25.08.1993, Az.: BVerwG 6 C 8/91
Anspruch einer Schülerin islamischen Glaubens auf Befreiung vom koedukativen Sportunterricht wegen religiösen Gewissenskonfliktes; Teilnahmepflicht am Sportunterricht aufgrund der allgemeinen Schulpflicht; Glaubensfreiheit im Verhältnis zum verfassungsrechtlichen Bildungsauftrag des Staates; Ausschluss von Mädchen von Unterrichtsveranstaltungen und sonstigen schulischen Veranstaltungen als Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung der Geschlechter; Gleichordnung der Rechte von Eltern und Schule in Bezug auf Bildung und Erziehung der Kinder; Schonender Ausgleich von widerstreitenden Rechtsgütern mit Verfassungsrang
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 25.08.1993
- Aktenzeichen
- BVerwG 6 C 8/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 13291
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Gelsenkirchen 26.06.1991 - 4 K 2015/90
- OVG Nordrhein-Westfalen - 15.11.1991 - AZ: 19 A 2198/91
Rechtsgrundlagen
- Art. 1 Abs. 1 GG
- Art. 1 Abs. 2 GG
- Art. 1 Abs. 3 GG
- Art. 2 Abs. 1 GG
- Art. 3 Abs. 1 GG
- Art. 3 Abs. 2 GG
- Art. 4 Abs. 1 GG
- Art. 4 Abs. 2 GG
- Art. 6 Abs. 2 GG
- Art. 7 Abs. 1 GG
- Art. 7 Abs. 2 GG
- Art. 7 Abs. 3 GG
- Art. 7 Abs. 4 GG
- Art. 7 Abs. 5 GG
- Art. 12 Abs. 1 GG
- Art. 20 Abs. 3 GG
- § 1 Abs. 2 Erstes Gesetz zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen - SchOG - vom 8. April 1952, GS NW S. 430/SGV.NW 223,
- § 1 Abs. 3 Erstes Gesetz zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen - SchOG - vom 8. April 1952, GS NW S. 430/SGV.NW 223,
- § 1 Abs. 5 Erstes Gesetz zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen - SchOG - vom 8. April 1952, GS NW S. 430/SGV.NW 223,
- § 1 Abs. 1 Allgemeine Schulordnung NW - ASchO - vom 8. November 1978, GV.NW S. 552/SGV.NW 223,
- § 8 Abs. 1 Allgemeine Schulordnung NW - ASchO - vom 8. November 1978, GV.NW S. 552/SGV.NW 223,
- § 11 Abs. 1 Allgemeine Schulordnung NW - ASchO - vom 8. November 1978, GV.NW S. 552/SGV.NW 223,
- § 11 Abs. 2 Allgemeine Schulordnung NW - ASchO - vom 8. November 1978, GV.NW S. 552/SGV.NW 223,
Fundstellen
- BVerwGE 94, 82 - 94
- DVBL 1994, 984 (Urteilsbesprechung von Ri BVerwG H.-P. Fissel)
- DVBl 1994, 163-168 (Volltext mit amtl. LS)
- DokBer A 1994, 47-48
- DÖV 1994, 383-385 (Volltext mit amtl. LS)
- InfAuslR 1994, 59-65 (Volltext mit amtl. LS)
- JuS 1995, 260-261 (Volltext mit red. LS)
- JuS 1993, XXII Heft 12 (Kurzinformation)
- KJ 1994, 500 (Urteilsbesprechung von H.-P. Fissel)
- KirchE 31, 328 - 340
- NJW 1994, 1889 (amtl. Leitsatz)
- NVwZ 1994, 578-581 (Volltext mit amtl. LS)
- RdJB 1994, 285-289
- VR 1994, 246-247
- ZAR 1994, 88 (red. Leitsatz)
- ZevKR 40, 493 - 503
Amtlicher Leitsatz
Führt ein vom Staat aufgrund seines Bildungs- und Erziehungsauftrags aus Art. 7 II GG im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht angebotener koedukativ erteilter Sportunterricht für eine zwölfjährige Schülerin islamischen Glaubens im Hinblick auf die Bekleidungsvorschriften des Korans, die sie als für sie verbindlich ansieht, zu einem Gewissenskonflikt, so folgt für sie aus Art. 4 I und II GG ein Anspruch auf Befreiung vom Sportunterricht, solange dieser nicht nach Geschlechtern getrennt angeboten wird.
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. August 1993
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Niehues und
die Richter Ernst, Dr. Seibert, Albers und Dr. Vogelgesang
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. November 1991 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 26. Juni 1991, soweit es die Klage abgewiesen hat, ferner der Bescheid des Beklagten vom 6. Dezember 1989 und der Widerspruchsbescheid vom 26. April 1990, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, werden aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin vom koedukativ erteilten Sportunterricht insgesamt zu befreien.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die 1977 geborene, bei Klageerhebung zwölfjährige Klägerin türkischer Staatsangehörigkeit, begehrt, aus Gründen ihres islamischen Glaubens vom koedukativ erteilten Sportunterricht befreit zu werden.
Sie besucht ein städtisches Gymnasium für Jungen und Mädchen in B. Ihr Vater beantragte mit Schreiben vom 4. November 1989 namens der "Familie B." beim Beklagten die Befreiung der Klägerin vom koedukativen Sportunterricht, weil ihr islamischer Glaube ihr verbiete, zusammen mit Jungen Sport zu treiben. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 6. Dezember 1989 die Befreiung ab, weil eine solche voraussetze, daß die Teilnahme an der fraglichen Unterrichtsveranstaltung für den betroffenen Schüler aus besonderen persönlichen Gründen unzumutbar sei; der Klägerin aber sei es selbst bei Beachtung der Bekleidungsvorschriften des Koran zumutbar, in weit geschnittener Kleidung am koedukativen Sportunterricht, gegebenenfalls mit Ausnahme des Schwimmunterrichts, teilzunehmen.
Nach Zurückweisung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs hat die Klägerin im Mai 1990 Klage erhoben und diese wie folgt begründet: Ihren Anspruch auf Befreiung vom Sportunterricht leite sie aus der durch Art. 4 GG gewährleisteten Religionsfreiheit sowie dem an öffentlichen Schulen geltenden Toleranzgebot ab, die die Glaubensausübung des einzelnen ohne Rücksicht darauf schützten, ob seine Auffassung von sämtlichen Angehörigen seiner Religionsgemeinschaft geteilt werde. Sie bekenne sich zu den in der Bescheinigung des Islamischen Zentrums Aachen (Bilal-Moschee) e.V. vom 13. August 1990 zur Frage der Bekleidungsvorschriften im Islam formulierten Grundsätzen. Sie sehe keine Möglichkeit, in der danach für muslimische Frauen vorgeschriebenen Kleidung, die sie auch innerhalb und außerhalb der Schule mit Ausnahme des häuslichen Bereichs trage, am Sportunterricht teilzunehmen. Insbesondere lasse sich nicht verhindern, daß sie bei Turnübungen ihr Kopftuch verliere. Im übrigen werde an anderen Schulen die von ihr begehrte Befreiung stillschweigend gewährt.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, wie die Klägerin die Befreiung vom Schwimmunterricht erstrebt hatte, und sie im übrigen abgewiesen. Ihre hiergegen eingelegte Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet: Es gebe keine Bekleidung, die einerseits genügend Bewegungsfreiheit lasse und andererseits ihre Körperkonturen nicht abzeichne. Außerdem wäre sie gegenüber ihren Mitschülern diskriminiert, wenn sie im weit geschnittenen Trainingsanzug und mit durch Klammern befestigtem Kopftuch am Sportunterricht teilnähme. Ferner wäre sie etwa bei notwendiger Hilfestellung oder bei einzelnen Ballspielen Berührungen ihres Körpers durch Dritte ausgesetzt, die sie nach den Grundsätzen des Korans nicht dulden dürfe. Dies begründe einen Anspruch auf Befreiung vom koedukativen Sportunterricht.
Das Berufungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, außer vom Schwimmunterricht auch vom sonstigen koedukativen Sportunterricht befreit zu werden. Aufgrund der im Land Nordrhein-Westfalen angeordneten allgemeinen Schulpflicht sei sie verpflichtet, regelmäßig am Unterricht teilzunehmen; hierzu zähle auch der Sportunterricht. Zwar könne die Schulaufsichtsbehörde in Ausformung des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit den Schüler in einem besonderen Ausnahmefall vom Unterricht in einzelnen Fächern befreien; bei der Klägerin liege jedoch kein rechtfertigender "besonderer Ausnahmefall" in diesem Sinne vor. Bei ihr müsse das Recht der Glaubens- und Religionsausübungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 GG hinter den in Art. 7 Abs. 1 GG normierten staatlichen Bildungsauftrag zurücktreten, obwohl grundsätzlich auch ihre auf die Glaubensgrundsätze des Korans gestützte Bindung an bestimmte Bekleidungsvorschriften, und zwar auch im schulischen Bereich, geschützt sei. Eine Bewertung dieser Glaubenshaltung oder eine Überprüfung ihrer theologischen Richtigkeit etwa anhand der möglicherweise einschlägigen Stellen des Korans sei dem Staat und den staatlichen Gerichten verwehrt. Es komme auch nicht darauf an, ob die von der Klägerin aus dem Koran gewonnene Überzeugung, das Sich-Zeigen in Sportkleidung sei ihr ebenso verboten wie die Konfrontation mit der "Blöße" fremder Dritter bzw. die Berührung durch diese, im islamischen Raum allgemein oder nur von z.B. islamischen Fundamentalisten geteilt werde; denn selbst Außenseitern sei die ungestörte Entfaltung ihrer Persönlichkeit gemäß ihren subjektiven Glaubensüberzeugungen gestattet. Weiter müsse der Umstand außer Betracht bleiben, daß die islamische Kleiderordnung, die u.a. für Frauen die züchtige Bedeckung von Kopf, Haaren und Schultern vorschreibe, nach westlichen Beurteilungsmaßstäben einseitig zu Lasten der - heranwachsenden - Frauen gehe, die dadurch in der hiesigen Gesellschaft in eine Außenseiterrolle gedrängt werden könnten; denn der gesellschaftlichen Auswirkung der Glaubenshaltung komme hinsichtlich der Schutzfähigkeit einer subjektiven religiösen Überzeugung grundsätzlich keine Bedeutung zu. Dem Grundrecht der Klägerin aus Art. 4 GG stehe jedoch nach Art. 7 Abs. 1 GG ein verfassungsrechtlicher Bildungsauftrag des Staates im Bereich der Schulerziehung gegenüber. Der Staat könne daher in der Schule auch unabhängig vom Bestimmungsrecht des religionsmündigen Schülers eigene Erziehungsziele verfolgen. Die widerstreitenden Bestimmungen des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Art. 7 Abs. 1 GG seien unter Berücksichtigung des grundgesetzlichen Gebots der Toleranz zum Ausgleich zu bringen. Dabei falle die Abwägung zuungunsten der Klägerin aus, weil der Sportunterricht wegen seiner positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Schüler, die Entwicklung ihrer sportlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie im Hinblick auf die Einübung sozialen Verhaltens einen wichtigen Bestandteil des staatlichen Bildungsauftrages bilde. Anders als hinsichtlich der Befreiung vom Schwimmunterricht, bei dem die Religionsfreiheit der Klägerin deshalb Vorrang habe, weil sie dort keine zumutbare Möglichkeit habe, ihre "Blöße" im Sinne der Bekleidungsvorschriften des Korans fremden Dritten zu verbergen, könne sie beim sonstigen Sportunterricht einen weit geschnittenen Blouson aus festem Stoff mit Trainingshose tragen; die Bekleidung würde einerseits ihre Körperkonturen verdecken und andererseits die für sportliche Betätigungen notwendige Bewegungsfreiheit belassen, wobei sie die Haare durch ein sachgemäß befestigtes Tuch verdecken könne. Sollte die Klägerin befürchten, durch ihr Erscheinungsbild im Sportunterricht in eine Außenseiterrolle gedrängt zu werden, so müsse sie diese Beeinträchtigung als Folge ihrer konsequenten Religionsausübung hinnehmen. Soweit sie außerdem geltend mache, sie dürfe nach ihrer religiösen Überzeugung auch nicht mit der "Blöße" fremder Dritter konfrontiert werden, werde sie durch ihre Teilnahme am Sportunterricht im Vergleich zu ihrem ständigen Aufenthalt in der hiesigen säkularisierten, wertpluralistischen Gesellschaft, für den sie und ihre Eltern sich bewußt entschieden hätten, nicht zusätzlich belastet; denn zwischen der Sportbekleidung und der Bekleidung in der Schule und während der Freizeit bestünden bei Kindern und Jugendlichen - zumal im Sommer - keine nennenswerten Unterschiede. Auch ihr Vortrag, ihre Glaubenshaltung verbiete körperliche Berührungen durch fremde Dritte, wie sie bei einzelnen Mannschaftssportarten sowie bei der Hilfestellung unumgänglich seien, rechtfertige nicht die beantragte Befreiung vom sonstigen Sportunterricht, weil sich entsprechende Berührungen auch außerhalb des Sportunterrichts nicht vermeiden ließen. Im übrigen könne dann, wenn körperliche Berührungen durch Dritte zu befürchten seien, nötigenfalls unter Verantwortung des zuständigen Sportlehrers eine Befreiung von einzelnen Übungselementen erfolgen. Äußerstenfalls könne sie dem Zwang zur Teilnahme am koedukativen Sportunterricht durch einen Wechsel auf eine andere Schule, in der der Sportunterricht für Mädchen und Jungen getrennt erteilt werde, oder, wenn es an ihrem jetzigen Wohnort keine Schule mit getrenntem Sportunterricht geben sollte, durch einen ihr ebenfalls noch zumutbaren Ortswechsel innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausweichen.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Berufungsgerichts die von diesem zugelassene Revision eingelegt, mit der sie ihr Begehren auf vollständige Befreiung vom koedukativ erteilten Sportunterricht weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Das Bundesverwaltungsgericht habe im Jahre 1973 (BVerwGE 42, 128[BVerwG 17.04.1973 - VII C 38/70]) entschieden, daß Schüler vom Schulbesuch an Samstagen zu befreien seien, wenn ihre religiöse Überzeugung den Besuch der Schule an Samstagen verbiete; im Vergleich dazu sei eine Befreiung lediglich vom Sportunterricht geringfügig. Müßte sie am koedukativen Sportunterricht teilnehmen, so wäre sie letztlich zur Beendigung ihrer schulischen Ausbildung gezwungen, um die geschilderten Gewissenskonflikte zu vermeiden; das aber könne nicht die Konsequenz des staatlichen Bildungsauftrags sein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. November 1991 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 26. Juni 1991, soweit es die Klage abgewiesen hat, ferner den Bescheid des Beklagten vom 6. Dezember 1989 und den Widerspruchsbescheid vom 26. April 1990, soweit beide noch Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin insgesamt vom - koedukativ erteilten - Sportunterricht zu befreien.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er tritt dem Revisionsvorbringen entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Auch er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Bei dem Bemühen um einen möglichst schonenden Ausgleich müsse zugunsten des staatlichen Bildungsauftrags maßgeblich auch der Verfassungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GGüber die Gleichberechtigung von Männern und Frauen berücksichtigt werden, der im Interesse der wirklichen Emanzipation der Frauen kompensatorische Ausgleichsmaßnahmen zu ihren Gunsten insbesondere im Ausbildungsbereich erfordere; diesem Verfassungsprinzip sei die Schule besonders verpflichtet. Für die Entscheidung über eine Befreiung der Klägerin vom Sportunterricht komme es daher auch darauf an, inwieweit der Ausschluß von Mädchen von Unterrichts- und sonstigen schulischen Veranstaltungen der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung der Geschlechter entgegenstehe. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß an deutschen Schulen Kinder vieler Nationalitäten mit den unterschiedlichsten Religionen und kulturellen Wertvorstellungen, deren Prinzipien in nicht unerheblichem Umfang in Kollision zum allgemeinen Schulbetrieb stünden, unterrichtet würden, was zunehmend zu Abstinenzverhalten bzw. Anträgen auf Freistellung von Klassenfahrten, Veranstaltungen jeglicher Art, von der Sexualerziehung, vom Biologieunterricht usw. führe. Eine einseitige Gewichtung der religiösen Belange der Schüler und ihrer Eltern müsse deshalb zum völligen Zusammenbrechen des auf die gemeinsame Unterrichtung von Kindern verschiedener Nationalitäten und Religionen gerichteten schulischen Erziehungsauftrags führen.
II.
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Verpflichtung des Beklagten, die von der Klägerin begehrte vollständige Befreiung vom koedukativ erteilten Sportunterricht zu erteilen. Das Berufungsgericht hat dadurch Bundesrecht, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, verletzt, daß es einen entsprechenden Anspruch der Klägerin verneint hat.
Das Berufungsgericht ist in Auslegung und Anwendung von irrevisiblem Landesrecht davon ausgegangen, daß die Klägerin auch hinsichtlich der Teilnahme am Sportunterricht der allgemeinen Schulpflicht unterliege (Art. 8 Abs. 2 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen - LV - und § 8 Abs. 1 Satz 1 Allgemeine Schulordnung - ASchO -); ein "besonderer Ausnahmefall" i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 ASchO, der eine Befreiung vom Unterricht in einzelnen Fächern und somit auch eine Befreiung vom Sportunterricht rechtfertige, liege bei ihr angesichts der von ihr vorgebrachten religiösen Gründe zwar hinsichtlich der begehrten Befreiung vom Schwimmunterricht, nicht aber bezüglich einer Befreiung vom übrigen, koedukativ erteilten Sportunterricht vor. Mit dieser Rechtsauffassung hat das Berufungsgericht jedenfalls unter den konkreten Umständen des Falles der Klägerin die Reichweite der grundgesetzlichen Gewährleistung ihrer Glaubensfreiheit, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, verkannt, auf die sie ihren geltend gemachten Befreiungsanspruch gestützt hat und die auch bei der Anwendung von Landesrecht zu beachten ist. Zwar hat das Berufungsgericht zugunsten der Klägerin ihre Glaubensfreiheit sowie die Konsequenzen ihres Glaubens für ihre praktische Lebensgestaltung berücksichtigt; auch ist es zutreffend davon ausgegangen, daß ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Konflikt gerät mit dem gleichermaßen mit Verfassungsrang ausgestatteten staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag, Art. 7 Abs. 1 GG. Bei dem daraufhin gebotenen schonenden Ausgleich beider Rechtspositionen im Rahmen "praktischer Konkordanz" hätte es allerdings berücksichtigen müssen, daß die staatliche Schulverwaltung verpflichtet ist, alle ihr zu Gebote stehenden, zumutbaren organisatorischen Möglichkeiten auszuschöpfen, jedenfalls für Mädchen ab dem Alter der (zwölfjährigen) Klägerin einen nach Geschlechtern getrennten Sportunterricht einzurichten und anzubieten; dann aber, und nur dann, wenn die staatliche Schulverwaltung dieser Verpflichtung nicht nachkommt oder nicht nachkommen kann, ist der Konflikt in der Weise zu lösen, daß ein Anspruch auf Befreiung vom koedukativ erteilten Sportunterricht besteht. Letzteres ist bei der Klägerin der Fall. Dagegen ist es ihr - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - grundsätzlich nicht zumutbar, zwecks Vermeidung ihres Glaubenskonfliktes auf eine andere Schule ihres Wohnortes, an der der Sportunterricht nach Geschlechtern getrennt erteilt wird, auszuweichen oder gar den Wohnort zu wechseln. Dazu ist im einzelnen auszuführen:
Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht von Verfassung wegen "das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates" und somit in seiner Verantwortung. Dies entspricht der herausragenden Bedeutung des Schul- und Bildungswesens für die Gesellschaft sowie insbesondere für die Verwirklichung der vom Grundgesetz allen Bürgern gleichermaßen eingeräumten Grundrechte, hier insbesondere Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG; die dem Staat vorbehaltene Aufsicht über das gesamte Schulwesen gibt ihm die Möglichkeit, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Dabei umfaßt die in Art. 7 Abs. 1 GG statuierte staatliche Schulaufsicht die Befugnis zur Planung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Damit der Staat seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag - auch unabhängig von den Vorstellungen der betroffenen Eltern - wirksam und umfassend wahrnehmen kann, darf er eine allgemeine Schulpflicht einführen und die Möglichkeit einer Befreiung auf besonders begründete Ausnahmefälle beschränken (vgl. dazu BVerfGE 34, 165, 181 ff., 186 [BVerfG 06.12.1972 - 1 BvR 95/71] ff. und BVerwG, Beschluß vom 9. April 1975 - BVerwG 7 B 68.74 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 42 = DVBl 1975, 429 mit Nachweisen).
Zu dem staatlichen Gestaltungsbereich gehört nicht nur die organisatorische Gliederung der Schule, sondern auch die inhaltliche Festlegung der Ausbildungsgänge und der Unterrichtsziele; der Staat kann daher in der Schule grundsätzlich unabhängig von den Vorstellungen und Wünschen der Eltern eigene Erziehungsziele verfolgen, der Auftrag der Schule zur Bildung und Erziehung der Kinder ist dem Elternrecht nicht nach-, sondern gleichgeordnet (BVerfGE 47, 46, 71 ff. - Sexualerziehung - im Anschluß an BVerfGE 34, 165, 181 ff. [BVerfG 06.12.1972 - 1 BvR 95/71] - obligatorische Förderstufe -). Aus diesem Grund ist der Staat beispielsweise befugt, auf der Grundlage einer entsprechenden Entscheidung des Gesetzgebers ohne Zustimmung der betroffenen Eltern Sexualerziehung in der Schule durchzuführen; diese muß dann allerdings für die verschiedenen Wertvorstellungen auf diesem Gebiet offen sein und allgemein Rücksicht nehmen auf das natürliche Erziehungsrecht der Eltern und auf deren religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, soweit diese für das Gebiet der Sexualität von Bedeutung sind (BVerfGE 47, 46, Leitsätze 1 bis 5 und S. 69 ff.).
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die staatliche Befugnis, die Ausbildungsgänge und Unterrichtsziele festzulegen, auch für den Sportunterricht gilt; dem Staat steht es daher frei, als Inhalt und Ziel des Sportunterrichts nicht allein die Förderung der Gesundheit der Schüler sowie die Entwicklung von sportlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten, sondern zusätzlich z.B. die Einübung sozialen Verhaltens anzustreben und derart den Sportunterricht inhaltlich anzureichern und aufzuwerten. Derartige Bildungs- und Erziehungsziele enthält beispielhaft das sog. Zweite Aktionsprogramm für den Schulsport, das auf übereinstimmenden Beschlüssen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, des Deutschen Sportbundes und der kommunalen Spitzenverbände beruht und am 17. April 1985 der Öffentlichkeit übergeben wurde ("Zweites Aktionsprogramm für den Schulsport", Sammlung der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister, Nr. 80. 1). Danach soll der Schulsport als Handlungsraum, der Spontanität ebenso erfordere wie planerisches Denken, Durchsetzungsvermögen wie Sensibilität, Leistungsstärke des einzelnen wie Solidarität mit Schwächeren, dazu dienen, Probleme im Sozialverhalten zu verringern und jene Spannungen positiv wirksam werden zu lassen, die aus unterschiedlichen Begabungen, Neigungen und Temperamenten resultieren (a.a.O. unter 2.); in diesem Rahmen seien die kulturelle Identität und die unterschiedliche Sozialisation von Kindern ausländischer Herkunft nachdrücklich zu beachten (a.a.O. unter 3.1). Unter inhaltlichen und organisatorischen Aspekten sei bei dem im Rahmen der Schulpflicht erteilten Sportunterricht u.a. insbesondere zu berücksichtigen, daß "koedukativer Unterricht möglich (ist), wenn er pädagogisch, sportfachlich und schulorganisatorisch vertretbar ist" (a.a.O. unter 3.2). Wie der zweite Halbsatz erkennen läßt, wird ein koedukativer Sportunterricht also nicht voraussetzungslos für möglich oder gar empfehlenswert gehalten. Die genannten Vorgaben hat z.B. das Land Berlin durch Rundschreiben zur Organisation des Sportunterrichts vom 4. Juli 1986 (abgedruckt in Mayer/Jaksch/Will, Berliner Recht für Schule und Lehrer, 3. Auflage November 1990, Bd. 2 Nr. 3451.1) mit der Maßgabe umgesetzt, daß koedukativer Unterricht nur dann möglich sei, wenn er pädagogisch und sportfachlich vertretbar sei; das sei denkbar, wenn das Bewegungsverhalten, die allgemeine Entwicklung und die Leistungsfähigkeit in der Übungsgruppe weitgehend übereinstimmten; diese Ausgangssituation sei im Klassenverband in der Regel nicht gegeben. Bei der Organisation des Sportunterrichts müsse die unterschiedliche Entwicklung von Jungen und Mädchen berücksichtigt werden; dementsprechend sei der Sportunterricht in der Regel möglichst ab Klasse 5, in jedem Falle ab Klasse 7 für Jungen und Mädchen getrennt zu erteilen; dazu seien entsprechende Übungsgruppen aus Parallelklassen zu bilden. Soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Situation im Land Nordrhein-Westfalen auf § 1 Abs. 3 des Schulordnungsgesetzes - SchOG - sowie z.B. auf die Verwaltungsvorschrift "Sport" (BASS 13-32 Nr. 3-1/3.2 Anlage 2) verwiesen hat, sind diese Vorschriften in bezug auf die speziell mit dem Sportunterricht verfolgten erzieherischen Ziele allerdings unergiebig.
Bei der Wahrnehmung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Bildungs- und Erziehungsauftrags sowie speziell bei der Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht zu diesem Zweck muß der Staat die - gleichrangigen - Grundrechte von Eltern und Schülern beachten; dies sind vor allem Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht sind, sowie Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, der die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses schützt und die ungestörte Religionsausübung gewährleistet. Der hohe Rang der Religionsfreiheit im Rahmen der Organisation von Bildung und Erziehung seitens des Staates aufgrund seiner Verantwortung für das gesamte Schulwesen kommt außerdem zum Ausdruck in der detaillierten Regelung des Religionsunterrichts im Rahmen der staatlichen Schule, Art. 7 Abs. 2 und 3 GG, sowie in der Privatschulgarantie unter besonderer Hervorhebung der privaten Bekenntnisschulen und ihrer Privilegierung hinsichtlich der Zulassung privater Volksschulen, Art. 7 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG (vgl. dazu Urteil des Senatsvom 19. Februar 1992 - BVerwG 6 C 3.91 - BVerwGE 90, 1 ff.).
Die Klägerin hat sich zur Begründung ihres geltend gemachten Anspruchs auf vollständige Befreiung vom koedukativen Sportunterricht auf ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, berufen. Insoweit hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß auch Anhänger des Islam sich auf dieses Grundrecht berufen können, daß der Schutz der aus dem Koran gewonnenen Überzeugung nicht davon abhängt, ob sie im islamischen Raum allgemein oder nur von Strenggläubigen geteilt wird, und daß zu der geschützten Religionsausübung auch Äußerungen der religiösen Überzeugung wie die Beachtung von religiös begründeten Bekleidungsvorschriften gehören, solange sich derartige Äußerungen "im Rahmen gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen der heutigen Kulturvölker halten" (BVerfGE 24, 236, 246 [BVerfG 16.10.1968 - 1 BvR 241/66]) [BVerfG 16.10.1968 - 1 BvR 241/66].
Ebenfalls zutreffend ist das Berufungsgericht, davon ausgegangen, daß denjenigen, der unter Berufung auf sein Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die Befreiung von einer vom Staat durch Gesetz allen auferlegten Pflicht - hier von der allgemeinen Schulpflicht hinsichtlich des Sportunterrichts - begehrt, die Darlegungslast dafür trifft, daß er durch verbindliche Ge- oder Verbote seines Glaubens gehindert ist, der gesetzlichen Pflicht zu genügen, und daß er in einen Gewissenskonflikt gestürzt würde, wenn er entgegen den Ge- oder Verboten seines Glaubens die gesetzliche Pflicht erfüllen müßte. Es hat sich nämlich nicht darauf beschränkt, entsprechende verbale Behauptungen der Klägerin entgegenzunehmen, sondern es hat zusätzlich tatsächliche Feststellungen darüber getroffen, daß die Klägerin die von ihr als für sie verbindlich bezeichneten Bekleidungsvorschriften des Korans, wie sie sie versteht, in ihrem täglichen Leben konsequent beachtet und z.B. in der Öffentlichkeit sowie insbesondere auch im Schulunterricht ein Kopftuch sowie weite Kleider trägt. In diesem Zusammenhang hat es sich mit dem konkreten Inhalt der in der Bescheinigung des Islamischen Zentrums Aachen vom 13. August 1990 beschriebenen Bekleidungsregeln, auf die die Klägerin - unter Hinweis auf die zugrundeliegende Sure 24, Vers 31, des Korans - sich berufen hatte, auseinandergesetzt und das Vorbringen der Klägerin im Sinne einer Ernsthaftigkeitskontrolle an diesen Bekleidungsregeln gemessen. Auf diese Weise hat es ausreichend sichergestellt, daß nicht schon die bloße - nicht ernsthafte, möglicherweise aus anderen Gründen vorgeschobene - Berufung auf behauptete Glaubensinhalte und Glaubensgebote, sondern erst die konkrete, substantiierte und objektiv nachvollziehbare Darlegung eines Gewissenskonfliktes als Konsequenz aus dem Zwang, der eigenen Glaubensüberzeugung zuwiderzuhandeln, geeignet ist, einen möglichen Anspruch auf Befreiung von einer konkret entgegenstehenden, grundsätzlich für alle geltenden Pflicht unter der Voraussetzung zu begründen, daß der Zwang zur Befolgung dieser Pflicht die Glaubensfreiheit verletzen würde.
Nach dem Text der bezeichneten Sure sollen gläubige Frauen ihre Blicke niederschlagen, ihre Scham hüten und ihre Reize nicht zur Schau tragen, es sei denn, was außen ist, und sie sollen ihren Schleier über ihren Busen schlagen und ihre Reize nur ihren Ehegatten, Vätern, Brüdern, Söhnen und anderen nahen männlichen Verwandten sowie Frauen und auch Kindern, welche die Blöße der Frauen nicht beachten, zeigen. Insoweit hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, daß sie dieses Glaubensgebot in dem Sinne verstehe, daß es Mädchen ihres Alters eine entsprechende Verhüllung ihres Körpers auch im Sportunterricht vorschreibe, wenn dieser in Gegenwart von Jungen stattfinde; dabei müsse sie immer befürchten, auch bei weit geschnittener Kleidung die Konturen ihres Körpers zu zeigen oder ihr Kopftuch zu verlieren und derart die Gebote ihres Glaubens zu verletzen; das mache ihr die Teilnahme am Sportunterricht zusammen mit Jungen unzumutbar. Auch dürfe sie Jungen mit zweckentsprechend knapp geschnittener oder enganliegender Sportkleidung bei ihren Übungen nicht zusehen und müsse körperliche Berührungen mit Jungen vermeiden, was ihr jedoch in einem gemeinsamen Sportunterricht mit Jungen nicht möglich sei. Da die Klägerin diese für sie verbindlichen Vorschriften aus ihrem Glauben herleitet, genießt sie insoweit den Schutz des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG.
Diesem Grundrecht der Klägerin auf Respektierung ihres Glaubens steht zwar der dem Beklagten obliegende staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag, Art. 7 Abs. 1 GG, kraft dessen er an der von der Klägerin besuchten öffentlichen Schule im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht einen gemeinsamen Sportunterricht für Jungen und Mädchen eingerichtet hat, prinzipiell gleichgeordnet gegenüber. Dieser Konflikt kann bei einer Abwägung aller zu berücksichtigenden Gesichtspunkte aber in der Weise zu einem schonenden Ausgleich (vgl. dazu BVerfGE 41, 65, 78 [BVerfG 17.12.1975 - 1 BvR 428/69] und 52, 223, 251 f.) gebracht werden, daß der Klägerin ein Anspruch auf vollständige Befreiung vom Sportunterricht (nur) für den Fall zugestanden wird, daß der Sportunterricht vom Beklagten für Mädchen ihres Alters ausschließlich in der Form eines gemeinsamen (koedukativen) Unterrichts für Mädchen und Jungen angeboten wird. Das ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen:
Der aus Art. 7 Abs. 1 GG folgende Erziehungsauftrag des Staates wird in bezug auf den hier allein interessierenden Sportunterricht dann nicht durch die gebotene Rücksichtnahme auf die Glaubensfreiheit der Klägerin in Frage gestellt, wenn der Staat dem Anliegen der Klägerin schon mit den ihm zu Gebote stehenden organisatorischen Mitteln in vertretbarer Weise Rechnung tragen kann. Das ist ihm in der Weise möglich, daß er anstelle eines koedukativ erteilten Sportunterrichts, der den von der Klägerin dargelegten Glaubenskonflikt zur Folge hat, einen nach Geschlechtern getrennten Sportunterricht anbietet. Dadurch wird die Erfüllung des ihm obliegenden Erziehungsauftrags weder insgesamt noch auch nur in bezug auf die Erteilung von Sportunterricht ernsthaft gefährdet. Das hat allerdings zur Folge, daß dann, wenn er von dieser organisatorischen Möglichkeit keinen Gebrauch macht, er sich gegenüber dem Verlangen der Klägerin nach Befreiung allein vom koedukativ erteilten Sportunterricht nicht auf den Vorrang seines Erziehungsauftrags berufen kann. Deshalb hat im Hinblick darauf, daß der Beklagte an der von der Klägerin besuchten Schule einen nach Geschlechtern getrennten Sportunterricht jedenfalls für Schülerinnen und Schüler ab der Altersstufe der (zwölfjährigen) Klägerin einführen könnte und dies im wesentlichen wegen organisatorischer Schwierigkeiten nicht tut, bei Abwägung aller Aspekte mit dem Ziel der Herbeiführung eines schonenden Ausgleichs die Glaubensfreiheit der Klägerin den Vorrang.
Soweit der Beklagte sich für seine Auffassung, eine vollständige Befreiung der Klägerin vom koedukativen Sportunterricht sei mit seinem Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht zu vereinbaren, zusätzlich darauf beruft, daß er mit der Einrichtung eines für Mädchen und Jungen gemeinsamen Sportunterrichts auch gewichtige erzieherische Ziele verfolge, hat er nicht darzulegen vermocht, daß und warum diese Ziele angesichts einer Vielzahl von anderen Fächern gerade einen gemeinsamen Sportunterricht, und zwar auch noch für Schülerinnen und Schüler der Altersstufe der Klägerin, erfordern. Zweifel hinsichtlich des erzieherischen Wertes eines solchen gemeinsamen Sportunterrichts ergeben sich insoweit insbesondere bei einem Vergleich mit den Bildungs- und Erziehungszielen des bereits angeführten "Zweiten Aktionsprogramms für den Schulsport" aus dem Jahre 1985, das auf übereinstimmenden Beschlüssen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, des Deutschen Sportbundes sowie der kommunalen Spitzenverbände beruht und sich deshalb auf fachlich fundierte Einschätzungen und Wertungen gründet. Danach soll bei dem im Rahmen der Schulpflicht erteilten Sportunterricht u.a. insbesondere berücksichtigt werden, daß "koedukativer Unterricht möglich (ist), wenn er pädagogisch, sportfachlich und schulorganisatorisch vertretbar ist"; in diesem Zusammenhang seien die kulturelle Identität und die unterschiedliche Sozialisation von Kindern ausländischer Herkunft nachdrücklich zu beachten. Wenn etwa das Land Berlin diese oben im einzelnen wiedergegebenen Grundsätze in der Weise umgesetzt hat, daß Sportunterricht in der Regel ab der Klasse 5, in jedem Falle aber ab der Klasse 7 für Mädchen und Jungen getrennt zu erteilen sei, so zeigt dies, daß die Auffassung des Beklagten, auch bei dieser Altersstufe sei ein koedukativer Sportunterricht pädagogisch wertvoll oder gar unverzichtbar, zumindest eingehender Begründung bedurft hätte. In Ermangelung einer solchen Begründung kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, daß der vom Beklagten in der von der Klägerin besuchten Schule im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht erteilte koedukative Sportunterricht einen so hohen pädagogischen Stellenwert besitzt, daß die von der Klägerin vorgebrachten, durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubensgründe dahinter zurücktreten müßten.
Ein Anspruch der Klägerin auf vollständige Befreiung vom koedukativen Sportunterricht, d.h. vom Sportunterricht, solange der Beklagte diesen nicht nach Geschlechtern getrennt anbietet, wäre nach alledem nur dann nicht gegeben, wenn ihr Glaubenskonflikt, dessentwegen sie ihre Befreiung begehrt, mit weniger weitreichenden Maßnahmen vermieden werden könnte; das ist indessen nicht der Fall. Das Berufungsgericht ist zwar der Auffassung, es reiche aus, daß der Beklagte der Klägerin angeboten habe, mit entsprechend weitgeschnittener Kleidung, die ihren Körper ausreichend verhülle, sowie mit einem Kopftuch am Sportunterricht teilzunehmen und sie erforderlichenfalls im Einzelfall von solchen sportlichen Übungen zu befreien, bei denen diese Kleidung eine Verletzungsgefahr begründen könnte. Mit dieser Auffassung hat das Berufungsgericht der Klägerin indessen eine nicht nur unerhebliche und ihr nicht ohne weiteres zumutbare Beschränkung ihrer Glaubensfreiheit abverlangt und damit ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG nicht hinreichend Rechnung getragen. Die Klägerin weist nämlich mit Recht darauf hin, daß auch eine weitgeschnittene Kleidung sie nicht ausreichend vor dem Konflikt mit den für sie verbindlichen Glaubenssätzen schütze; denn sie müsse immer befürchten, daß auch bei einer solchen Bekleidung die Konturen ihres Körpers sichtbar würden und sie möglicherweise ihr Kopftuch verliere, was ihr die Teilnahme am Sportunterricht zur Qual mache; außerdem würden dadurch ihr verbotene körperliche Berührungen mit Jungen nicht ausgeschlossen, und schließlich sei sie gezwungen, den entweder mit zweckentsprechend knapp geschnittener oder enganliegender Sportkleidung bekleideten Jungen bei ihren Übungen zuzusehen, was ihr ebenfalls verboten sei.
Wenn das Berufungsgericht demgegenüber meint, daß die Klägerin aufgrund ihrer Entscheidung, hier in Deutschland zu leben, auch außerhalb des Sportunterrichts in vielerlei Situationen des täglichen Lebens körperliche Berührungen mit anderen Menschen sowie den Anblick leichtbekleideter Jungen und Männer nicht vermeiden könne und ihr deshalb dergleichen auch im schulischen Sportunterricht zumutbar sei, verkennt es, daß die Klägerin - wie sie auch vorträgt - in ihrem selbstbestimmten Privatleben solchen Situationen weitgehend ausweichen kann. Dies ist ihr jedoch, wenn sie aufgrund der allgemeinen Schulpflicht gezwungen ist, am koedukativen Sportunterricht teilzunehmen, nicht möglich. Vor einem solchen staatlichen Zwang sowie einem daraus entstehenden Glaubenskonflikt aber soll das Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gerade schützen. Im übrigen verkennt der Beklagte, daß sein Angebot an die Klägerin, mit weit geschnittener Kleidung und Kopftuch am Sportunterricht teilzunehmen und sie erforderlichenfalls von der Teilnahme an einzelnen Übungen zu befreien, für sie im Verhältnis zu den anderen Schülern mit erheblichen Nachteilen verbunden ist, die den Wert des Sportunterrichts jedenfalls für sie entsprechend mindern. Immer dann nämlich, wenn z.B. im Hinblick auf eine anstehende Benotung von Leistungen die Schülerinnen und Schüler die ihnen mögliche Bestleistung erbringen wollen und sollen und hierfür größtmögliche Bewegungsfreiheit benötigen, ist die Klägerin infolge ihrer nicht zweckentsprechenden Kleidung gegenüber den anderen Schülern im Nachteil, ohne daß dies, wie der Beklagte meint, durch eine "entsprechend bessere" Benotung sachgerecht ausgeglichen werden könnte. Entsprechendes gilt dann, wenn die Klägerin infolge einer ihr im Einzelfall gewährten Befreiung von Übungen gehindert ist, die ihr mögliche Leistung zu erbringen, so daß sie auch in diesem Fall nicht sachgerecht benotet werden könnte.
Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang gemeint hat, bei einer vollständigen Befreiung vom Sportunterricht gerate die Klägerin in eine Außenseiterrolle, was er als mit seinen schulischen Bildungs- und Erziehungszielen unvereinbar verhindern müsse, hat die Revision zutreffend darauf hingewiesen, daß die Klägerin nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht weniger in eine Außenseiterrolle gedrängt wird, wenn sie gezwungen wird, mit einer nicht zweckentsprechenden Kleidung am Sportunterricht teilzunehmen und außerdem im Einzelfall die Befreiung von bestimmten Übungen zu erbitten, und zwar jeweils mit dem Zwang zu entsprechender individueller Darlegung ihres Glaubenskonfliktes. Auch dürften die vom Beklagten befürchteten Schwierigkeiten, aus der Sicht seines Bildungs- und Erziehungsauftrages den anderen Schülern seine Entscheidung zu erklären und verständlich zu machen, im Falle einer vollständigen Befreiung der Klägerin vom koedukativen Sportunterricht nicht größer sein als dann, wenn ihr das Tragen weit geschnittener Kleidung gestattet und sie außerdem von einzelnen Übungen befreit wird, zumal die Entscheidung in beiden Fällen auf denselben Glaubensgründen beruhen würde. Im übrigen ist insoweit auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner "Schulgebets-Entscheidung" (BVerfGE 52, 223, 250 ff.) hinzuweisen, wonach
"eine Diskriminierung der nicht am Schulgebet teilnehmenden Schüler dadurch in aller Regel (wird) ausgeschlossen werden können, daß die Lehrkräfte entsprechend dem Erziehungsziel der Schule auf alle Schüler im Hinblick auf die Gebote der gegenseitigen Achtung von Überzeugungen, der Duldsamkeit und der Toleranz einwirken";
die bei Berücksichtigung des grundgesetzlichen Toleranzgebots seitens aller Beteiligten, in erster Linie der Lehrer und Eltern aller Schüler einer Klasse, aber auch der Schüler selbst sichtbare Bemühung, Recht und Empfindungen des jeweils Andersdenkenden so wenig wie möglich zu beeinträchtigen, schließe es in der Regel aus, daß ein am Gebet nicht teilnehmender Schüler in eine Außenseiterrolle gerate (a.a.O. S. 248 ff., 251/52). Bezogen auf die Nichtteilnahme am Sportunterricht aus Glaubensgründen kann letztlich nichts anderes gelten.
Nach alledem vermag das Angebot des Beklagten, die Klägerin dürfe weit geschnittene Sportkleidung tragen und könne im Einzelfall von Übungen befreit werden, ihren Glaubenskonflikt nicht in zumutbarer Weise zu vermeiden. Dann aber ist diese weniger weitreichende Maßnahme auch nicht geeignet, einen "schonenden Ausgleich" herbeizuführen, so daß allein eine vollständige Befreiung der Klägerin vom Sportunterricht, solange dieser koedukativ erteilt wird, dem Grundrecht ihrer Glaubensfreiheit hinreichend Rechnung trägt.
Die Befürchtungen des Beklagten sowie des Oberbundesanwalts, daß die Befreiung der Klägerin vom koedukativen Sportunterricht aus Gründen ihres islamischen Glaubens zu unangemessenen Weiterungen auch hinsichtlich anderer Unterrichtsfächer sowie sonstiger Schulveranstaltungen führen könnte, sind angesichts der gegebenen Rechtslage nicht begründet. Wie eingangs ausgeführt wurde, unterliegt der mit Verfassungsrang, Art. 7 Abs. 1 GG, ausgestattete staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag grundsätzlich keinen Einschränkungen. Ist im Einzelfall wegen eines konkret entgegenstehenden Grundrechts ausnahmsweise eine Einschränkung geboten, wie dies hier hinsichtlich eines für Jungen und Mädchen im Alter der Klägerin koedukativ erteilten Sportunterrichts der Fall ist, so läßt dies nicht auf Weiterungen schließen. Da Ausnahmen auf das für den Grundrechtsschutz unerläßliche Maß beschränkt bleiben müssen, sind andere Einschränkungen des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags in Form einer Befreiung einzelner Schüler vom Unterricht in aller Regel auch nicht aus Gründen der Glaubensfreiheit zu rechtfertigen. Dies gilt nach der bereits angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts selbst für die Einführung eines obligatorischen Sexualkundeunterrichts (vgl. BVerfGE 47, 46, 69 ff.); denn obwohl es davon ausgeht, daß die individuelle Sexualerziehung in erster Linie zu dem natürlichen Erziehungsrecht der Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 GG gehört, hat es dessenungeachtet ausdrücklich die Berechtigung des Staates anerkannt, aufgrund seines Bildungs- und Erziehungsauftrags aus Art. 7 Abs. 1 GG Sexualerziehung in der Schule durchzuführen. Dabei stellen die von ihm aufgestellten Maßstäbe der Offenheit für verschiedene Wertvorstellungen, der Rücksichtnahme auf das natürliche Erziehungsrecht der Eltern und deren religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen sicher, daß insbesondere jeder Versuch einer Indoktrinierung der Schüler als unzulässig abgewehrt werden kann. Ähnlich hat das Bundesverfassungsgericht in seiner "Schulgebets-Entscheidung" (BVerfGE 52, 223, 245 ff.) argumentiert und betont, daß ein Schulgebet, das von einzelnen Schülern oder/und Eltern abgelehnt wird, deshalb nicht etwa von vornherein unzulässig sei, sondern daß ein Ausgleich unter Berücksichtigung des Toleranzgebots gesucht werden müsse; in einer freiheitlichen Rechts- und Gesellschaftsordnung stelle es ein Recht jedes einzelnen dar, über die Teilnahme an einer religiösen Übung in völliger Freiheit zu entscheiden, wobei weder die Teilnahme noch die Nichtteilnahme einer Wertung in irgendeiner Form unterliege (a.a.O. S. 250). Bei Anlegung dieses Maßstabs, der allen Beteiligten ein erhebliches Maß an Toleranz abverlangt, kann die Befreiung eines Schülers von Teilen des Unterrichts aus Glaubensgründen, wie die Klägerin sie begehrt, nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indessen - wie dargelegt - vor.
Im übrigen verweist der Senat in diesem Zusammenhang auf sein Urteil zu den Voraussetzungen für die Genehmigung der Errichtung einer privaten Grundschule als Bekenntnisschulevom 19. Februar 1992 - BVerwG 6 C 3.91 - BVerwGE 90, 1. Dort hat er näher dargelegt, daß zum Mindeststandard an Erziehungszielen, die der Staat kraft seiner Verantwortung für das gesamte Schulwesen den öffentlichen Schulen vorschreiben und deren Verfolgung und Erreichung er im Wege der Schulaufsicht überwachen muß, jedenfalls die Grundrechte des Grundgesetzes gehören, die gemäß Art. 1 Abs. 3 GG jegliche staatliche Gewalt unmittelbar binden. Dazu zählt beispielsweise auch Art. 3 Abs. 2 GG, wonach Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Jedenfalls an diesen Mindeststandard an Erziehungszielen, aber auch an sonstige, vom Staat für die öffentlichen Schulen vorgeschriebene Erziehungsziele sind auch Privatschulen und selbst private Bekenntnisschulen gebunden, die als Ersatz für entsprechende öffentliche Schulen errichtet werden; denn gemäß Art. 7 Abs. 4 GG bedürfen sie der staatlichen Genehmigung, die u.a. nur dann erteilt werden darf, wenn sie in ihren Lehrzielen, zu denen auch die Erziehungsziele zählen, "nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen"; auch unterliegen sie insoweit der staatlichen Schulaufsicht. Auf diese Weise stellt das Bundesverfassungsrecht sicher, daß z.B. auch Schülerinnen islamischen Glaubens sowohl an öffentlichen als auch an privaten Schulen im Rahmen des vom Staat verantworteten Schulunterrichts uneingeschränkt in den Genuß der Grundrechte einschließlich des Art. 3 Abs. 2 GG gelangen und überdies befähigt werden, ihre Grundrechte auch tatsächlich wahrzunehmen.
Weiterungen für andere Unterrichtsfächer und sonstige Schulveranstaltungen sind nicht zu befürchten, weil es allein die dargelegten Besonderheiten des Faches Sport sind, die aus Glaubensgründen einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung vom Unterricht in eben diesem Fach begründen; bei allen anderen Fächern sind diese Besonderheiten nicht gegeben. Soweit der Oberbundesanwalt im Fall der Nichtteilnahme der Klägerin am Sportunterricht die Gefahr einer Beeinträchtigung der Gleichberechtigung von Schülerinnen und Schülern sieht, ist darauf hinzuweisen, daß der Senat eine Befreiung der Klägerin allein vom koedukativen Sportunterricht für geboten hält. Für die Entscheidung der Frage, ob ein koedukativer Sportunterricht der Emanzipation von Schülerinnen der Altersstufe der Klägerin eher förderlich ist als ein nach Geschlechtern getrennter Sportunterricht, läßt sich aber weder aus Art. 3 Abs. 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, noch aus dem Gebot der Gleichberechtigung von Männern und Frauen, Art. 3 Abs. 2 GG, etwas herleiten. Im übrigen ist nicht zu befürchten, daß durch die Befreiung allein vom koedukativen Sportunterricht die Integration ausländischer Schülerinnen in Frage gestellt wird. Sie nehmen am gesamten sonstigen Unterricht teil. Auch werden sie durch die Befreiung vom Sportunterricht - wie oben dargelegt - nicht stärker in eine Außenseiterrolle gedrängt, als wenn sie gezwungen wären, in unpassender Kleidung und somit in einer augenfälligen Sonderrolle daran teilzunehmen.
Da nach alledem das Berufungsurteil - das einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung vom koedukativ erteilten Sportunterricht verneint hat - Bundesrecht, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, verletzt, ist es auf die Revision der Klägerin aufzuheben, ebenso das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit es die Klage abgewiesen hat, sowie die ablehnenden Bescheide des Beklagten, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens waren; außerdem ist, da die Sache spruchreif ist, der Beklagte zu verpflichten, die Klägerin vom - koedukativ erteilten - Sportunterricht zu befreien.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren gemäß § 13 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG sowie unter Hinweis auf den von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog (vgl. DVBl 1991, 1239, Sachgebiet Schulrecht) auf 6 000 DM festgesetzt.
Die vom Bevollmächtigten der Klägerin hervorgehobene elementare Bedeutung des Verfahrens für das Leben der Klägerin sowie die geltend gemachte Schwierigkeit der Materie im Hinblick auf die Berücksichtigung des Korans sind keine hinreichenden Gründe, von dem bei solchen Verfahren regelmäßig anzusetzenden Streitwert abzuweichen. Der angeführte Streitwertkatalog sieht für Verfahren, in denen es - wie bei der Klägerin - um Fragen der Schulpflicht geht, 5 000 DM und für Verfahren, in denen die Beteiligten um die Aufnahme in eine bestimmte Schule oder Schulform streiten - etwa um die Möglichkeit eines dort angebotenen, nach Geschlechtern getrennten Sportunterrichts zu erhalten -, 6 000 DM vor. Unter diesen Umständen stellt der Betrag von 6 000 DM, der im übrigen auch dem Auffangstreitwert entspricht, die Obergrenze dar.