Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 12.08.2005, Az.: 2 BvR 1404/04
"Nachbesserung" des bereits vollzogenen Durchsuchungsbeschlusses durch Ergänzungen des Sachverhalts durch die aufgrund der Zurückverweisung erneut mit der Sache befassten Gerichte; Heilung eines verfassungsgerichtlich festgestellten Begründungsdefizits der Durchsuchungsanordnung von den Fachgerichten durch eine nachgeschobene Ergänzung; Feststellung der Beweismitteltauglichkeit der sichergestellten Gegenstände von Berufsgeheimnisträgern
Bibliographie
- Gericht
- BVerfG
- Datum
- 12.08.2005
- Aktenzeichen
- 2 BvR 1404/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 36902
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Itzehoe - 09.02.2004 - AZ: 64 Gs 207/04
- AG Itzehoe - 20.02.2004 - AZ: 64 Gs 278/04
- AG Itzehoe - 21.04.2004 - AZ: 64 Gs 1174/03
- LG Itzehoe - 06.05.2004 - AZ: 9 Qs 61/04 II
- LG Itzehoe - 06.05.2004 - AZ: 9 Qs 62/04 II
- LG Itzehoe - 19.05.2004 - AZ: 9 Qs 74/04 II
- LG Itzehoe - 26.05.2004 - AZ: 9 Qs 76/04 II
- LG Itzehoe - 14.06.2004 AZ: 9 Qs 61/04 II
- LG Itzehoe - 14.06.2004 AZ: 9 Qs 62/04 II
- LG Itzehoe - 14.06.2004 9 Qs 74/04 II
- LG Itzehoe - 14.06.2004 - AZ: 9 Qs 76/04 II
- nachfolgend
- BVerfG - 29.11.2005 - AZ: 2 BvR 1404/04
Rechtsgrundlagen
Verfahrensgegenstand
Verfassungsbeschwerde des Herrn T...
[...]
a) die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe
vom 14. Juni 2004 und 26. Mai 2004 - 9 Qs 76/04 II -,
b) die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe
vom 14. Juni 2004 und 6. Mai 2004 - 9 Qs 61/04 II -,
c) die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe
vom 14. Juni 2004 und 6. Mai 2004 - 9 Qs 62/04 II -,
d) die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe
vom 14. Juni 2004 und 19. Mai 2004 - 9 Qs 74/04 II -,
e) die Beschlüsse des Amtsgerichts Itzehoe
vom 21. April 2004 - 64 Gs 1174/03 -,
f) den Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe
vom 20. Februar 2004 - 64 Gs 278/04 -,
g) den Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe
vom 9. Februar 2004 - 64 Gs 207/04 -
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss als Grundlage eines schwerwiegenden Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen dient unter anderem dazu, die Durchführung der Eingriffsmaßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten. Dazu muss der Beschluss insbesondere den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Der Betroffene soll hierdurch in den Stand versetzt werden, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten.
- 2.
Eine gerichtliche Entscheidung, wie sie die Anordnung einer Durchsuchung darstellt, muss auf sachlich zureichenden, plausiblen Gründen beruhen, sodass ihr Ergebnis bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken verständlich ist.
- 3.
Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt.
In Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe - wie beispielsweise der Wohnungsdurchsuchung auf Grund richterlicher Anordnung -, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Rechtsordnung vorgesehenen Instanz kaum erlangen kann, gebietet es effektiver Grundrechtsschutz, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden, wenn auch nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen. - 4.
Zu den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer Durchsuchung gehört regelmäßig eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende richterliche Anordnung.
Dass für andere Beurteiler ein unter Umständen konkretisierbarer und dem ursprünglichen Beschluss gegebenenfalls zugrunde liegender Verdacht aus den Akten entnehmbar sein mag, kann den Ermittlungsrichter nicht der Mitteilung und Bewertung des aus seiner Sicht maßgeblichen Verdachts entheben. - 5.
Der mit der Begrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses bezweckte Schutz, dem Beschwerdeführer von vornherein eine Kontrolle der Durchsuchung zu ermöglichen, liefe leer, wenn es ausreichend wäre, dass eine Durchsuchungsanordnung verfassungsrechtlichen Anforderungen möglicherweise hätte genügen können.
- 6.
Durch die Sicherstellung des Datenbestands einer Rechtsanwaltskanzlei werden rechtlich besonders geschützte Daten erfasst und neben dem beschwerdeführenden Rechtsanwalt eine Vielzahl Nichtbeschuldigter von dem Eingriff betroffen. Die Gewinnung überschießender und vertraulicher, für das Verfahren aber bedeutungsloser Informationen muss im Rahmen des Vertretbaren vermieden werden.
- 7.
Nicht jeder Fehler bei einer Durchsuchung führt dazu, dass die auf Grund einer rechtswidrigen - gegebenenfalls verfassungswidrigen - Durchsuchung erlangten Beweismittel nicht beschlagnahmt werden dürften. Zu berücksichtigen ist, dass der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten nach dem Grundgesetz eine hohe Bedeutung zukommt.
- 8.
Mit Blick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der von einem überschießenden Datenzugriff mitbetroffenen Vertrauensverhältnisse bedarf der eingriffsintensive Zugriff auf Datenträger - insbesondere von Rechtsanwälten als Berufsgeheimnisträgern - im jeweiligen Einzelfall in besonderer Weise einer regulierenden Beschränkung.
In dem Verfahren
...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
denVizepräsidenten Hassemer,
die Richterin Osterloh und
den Richter Mellinghoff
gemäß § 93c in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 12. August 2005
einstimmig beschlossen:
Tenor:
Der auf die Durchsuchung bezogene Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 21. April 2004 - 64 Gs 1174/03 - sowie die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe vom 26. Mai 2004 und vom 14. Juni 2004 - 9 Qs 76/04 II - verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 13 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Landgericht Itzehoe zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Land Schleswig-Holstein hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zur Hälfte zu erstatten.
Gründe
A.
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine strafprozessuale Durchsuchung sowie gerichtliche Beschlagnahmebestätigungen in einem gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue geführten Ermittlungsverfahren.
Die Strafvorwürfe stehen in einem Zusammenhang mit der Erschließung und dem Vertrieb eines im Eigentum der Stadt G. stehenden Baugebiets. Die Stadt G. hat hierfür mit der Firma F. GmbH vertragliche Vereinbarungen getroffen. Der Beschwerdeführer ist Gesellschafter und Bevollmächtigter der Firma F. GmbH.
Die Verfassungsbeschwerde schließt sich unmittelbar an eine vorangegangene Verfassungsbeschwerde an (2 BvR 27/04). Mit Beschluss vom 8. März 2004 hatte die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (vgl. NJW 2004, S. 1517 ff.) hinsichtlich der ursprünglichen Durchsuchungsanordnung eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Grundrechten aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt. Soweit die Sicherstellung von Beweismitteln betroffen war, wurde die Verfassungsbeschwerde mangels Erschöpfung des Rechtswegs nicht zur Entscheidung angenommen. Mit der Verfassungsbeschwerde greift der Beschwerdeführer erneut die Durchsuchung (1.) sowie die Beschlagnahme (2.) betreffende Beschlüsse in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren an.
1.
a)
Mit Beschluss vom 21. April 2004 wurden vom Amtsgericht Itzehoe seine im Verfassungsbeschwerde-Verfahren 2 BvR 27/04 aufgehobenen Durchsuchungsbeschlüsse "unter Berücksichtigung der in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. März 2004 enthaltenen Ausführungen und Vorgaben ergänzt und neu erlassen". Das Amtsgericht Itzehoe nahm auf die Begründung der von der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts aufgehobenen Beschlüsse Bezug und vertrat die Auffassung, dass bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Beschlüsse - zwischenzeitlich erhärtete - zureichende tatsächliche Anhaltspunkte hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe des Beschwerdeführers zur Untreue des beschuldigten Bürgermeisters der Stadt G. vorgelegen hätten. In den Beschlussgründen erläuterte das Amtsgericht Itzehoe den strafrechtlichen Sachverhalt hinsichtlich der Haupttat und der Beihilfehandlung des Beschwerdeführers.
b)
Eine hiergegen erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers verwarf das Landgericht Itzehoe mit Beschluss vom 26. Mai 2004 als unbegründet. Zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung hätten die gemäß § 103 StPO (richtig: § 102 StPO) erforderlichen Voraussetzungen vorgelegen. Eine Gegenvorstellung des Beschwerdeführers blieb ohne Erfolg (Beschluss des Landgerichts Itzehoe vom 14. Juni 2004).
2.
a)
Am 15. Oktober 2003 war der Durchsuchungsbeschluss vom 18. September 2003 in den Kanzleiräumen des Beschwerdeführers vollzogen worden. Nachdem die Staatsanwaltschaft Kiel am 9. Januar 2004 die Durchsicht der sichergestellten Gegenstände vorgenommen hatte, bestätigte das Amtsgericht Itzehoe am 9. Februar 2004 die Beschlagnahme einer "in den Büroräumen des Beschwerdeführers sichergestellte(n) CD" und eines im weiteren Verfahrensfortgang wieder an den Beschwerdeführer herausgegebenen Sicherungsbands, auf welchem sich die Daten der Kanzlei des Beschwerdeführers befanden. Am 20. Februar 2004 bestätigte das Amtsgericht Itzehoe die Beschlagnahme weiterer Asservate. Am 21. April 2004 bestätigte das Amtsgericht Itzehoe erneut unter anderem die Beschlagnahme "der sichergestellten CD und des Sicherungsbandes". Auf der CD seien nur solche Daten gespeichert worden, die verfahrensrelevante Stichworte enthalten hätten. Das Datensicherungsband enthalte eine vollständige Kopie des Servers der Rechtsanwaltskanzlei. Dieses werde jedoch nicht ausgewertet. Es diene alleine einem etwaigen Herkunftsnachweis auf der CD befindlicher Daten.
b)
Gegen diese Beschlüsse erhob der Beschwerdeführer Beschwerden. Für die Beschlagnahme der CD und des Sicherungsbandes hätte es gemäß eines die Sicherstellung betreffenden vorangegangenen Beschlusses der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2004 (2 BvR 27/04) einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedurft. Das Bundesverfassungsgericht habe auch darauf hingewiesen, dass ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliegen müsse. Das Amtsgericht Itzehoe habe sich in den Beschlüssen vom 9. Februar 2004 und vom 20. Februar 2004 mit diesen Umständen nicht auseinandergesetzt. Entgegen dem amtsgerichtlichen Beschluss vom 21. April 2004 sei eine ausreichende Filterung der auf der CD befindlichen Daten nicht vorgenommen worden. Der Richter hätte zumindest stichpunktartig die Verfahrensrelevanz der auf der CD befindlichen Daten überprüfen müssen.
c)
aa)
Das Landgericht Itzehoe verwarf die Beschwerden mit im Wesentlichen inhaltsgleichen Beschlüssen vom 6. Mai 2004 und vom 19. Mai 2004 als unbegründet. Das Landgericht vertrat unter Berücksichtigung des Sachzusammenhangs und des Akteninhalts die Auffassung, dass gegen den Beschwerdeführer der Anfangsverdacht einer Beihilfe zur Untreue bestehe. Soweit die CD betroffen sei, seien lediglich beweisgeeignete Dateien mit den Stichwörtern "L.", "T." und "F." beschlagnahmt worden. Von dem beschlagnahmten Sicherungsband, das für den Herkunftsnachweis der Dateien geeignet sei, werde inhaltlich keine Kenntnis genommen. Die übrigen beschlagnahmten Gegenstände könnten unter anderem Aufschlüsse über die Gesamtkosten der Erschließungsmaßnahme bzw. über die Beziehungen zwischen den Beschuldigten geben.
bb)
Hiergegen erhobene Gegenvorstellungen blieben ohne Erfolg (Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe vom 14. Juni 2004).
II.
1.
Mit der Verfassungsbeschwerde vom 14. Juni 2004 wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Durchsuchungsbeschluss sowie die Beschlagnahmebeschlüsse, soweit hiervon nicht das zwischenzeitlich herausgegebene Sicherungsband betroffen war. Mit nachgereichtem Schreiben vom 10. November 2004 wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass die auf dem herausgegebenen Sicherungsband gespeicherten Daten auf eine Festplatte der Staatsanwaltschaft kopiert worden seien. Dieser Umstand sei ihm erst nachträglich bekannt geworden.
Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3, Art. 12, Art. 13, Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). Es fehle ein ihn betreffender Anfangsverdacht einer Straftat sowie die Darlegung einer von ihm begangenen Tathandlung. Die gerichtliche Überprüfung der beschlagnahmten Gegenstände sei unterblieben. Die Beschlagnahme von Datenbeständen bei Berufsgeheimnisträgern werfe zudem verfassungsrechtlich noch nicht geklärte Fragen auf. Das Erfordernis einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung eines derart schwer wiegenden Eingriffs sei nicht beachtet worden. Es sei zudem zu beanstanden, dass vor einer auf die Durchsicht der Unterlagen bezogenen gerichtlichen Entscheidung über die Beschlagnahme entschieden worden sei. Im Übrigen rügt der Beschwerdeführer die Unverhältnismäßigkeit der Beschlagnahme, da die entscheidungserheblichen Verträge und Vorgänge der Staatsanwaltschaft bereits zur Verfügung gestanden hätten.
2.
Das Land Schleswig-Holstein hat mit Schreiben des Ministeriums für Justiz, Frauen, Jugend und Familie vom 23. September 2004 zur Verfassungsbeschwerde Stellung genommen. Der Beschwerdeführer hat hierauf mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 repliziert. Von einer weiteren inhaltlichen Stellungnahme hat das Land Schleswig-Holstein abgesehen.
B.
Soweit die Anordnung der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschwerdeführers betroffen ist, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 19 Abs. 4 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Danach ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer begründenden Sinne offensichtlich begründet (vgl. I.). Soweit das Kopieren der Kanzleidaten auf einen Datenträger der Staatsanwaltschaft sowie die gerichtlichen Beschlagnahmebestätigungen betroffen sind, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat insoweit keine Aussicht auf Erfolg (vgl. II.).
I.
Der auf die Durchsuchung bezogene Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 21. April 2004 - 64 Gs 1174/03 - sowie die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe vom 26. Mai 2004 und vom 14. Juni 2004 - 9 Qs 76/04 II - verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.
1.
Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss als Grundlage eines schwerwiegenden Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen dient unter anderem dazu, die Durchführung der Eingriffsmaßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 103, 142 <151>). Dazu muss der Beschluss insbesondere den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Der Betroffene soll hierdurch in den Stand versetzt werden, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 42, 212<221>; 103, 142 <151 f.>). Eine gerichtliche Entscheidung, wie sie die Anordnung einer Durchsuchung darstellt, muss zudem auf sachlich zureichenden, plausiblen Gründen beruhen, sodass ihr Ergebnis bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken verständlich ist (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 1994 - 2 BvR 396/94 -, NJW 1994, S. 2079). Da die ursprünglichen - auf die am 15. Oktober 2003 vollzogene Durchsuchung bezogenen - Beschlüsse diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht Rechnung getragen hatten, wurden sie im vorangegangenen Verfassungsbeschwerde- Verfahren aufgehoben (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. März 2004 - 2 BvR 27/04 -, NJW 2004, S. 1517 ff.).
2.
Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr).
Der Bürger hat einen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle in allen Instanzen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 96, 27 <39>; stRspr). In Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe - wie beispielsweise der Wohnungsdurchsuchung auf Grund richterlicher Anordnung -, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Rechtsordnung vorgesehenen Instanz kaum erlangen kann, gebietet es effektiver Grundrechtsschutz, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden, wenn auch nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>).
3.
Der auf die Durchsuchung bezogene Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 21. April 2004 sowie die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe vom 26. Mai 2004 und vom 14. Juni 2004 haben diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht Rechnung getragen.
a)
Die nach der Zurückverweisung erneut mit der Sache befassten Gerichte haben den zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogenen Durchsuchungsbeschluss durch Ergänzungen des Sachverhalts "nachgebessert". Dadurch haben sie den im vorangegangenen Verfassungsbeschwerde-Verfahren festgestellten Verfassungsverstoß perpetuiert. Zu den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer Durchsuchung gehört regelmäßig eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende richterliche Anordnung (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats desBundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2000 - 2 BvR 2212/99 -, NStZ 2000, S. 601).
b)
Das verfassungsgerichtlich festgestellte Begründungsdefizit der Durchsuchungsanordnung konnte von den Fachgerichten nicht durch eine nachgeschobene Ergänzung als im Ergebnis unbeachtlich behandelt werden. Die Fachgerichte haben daher ihre Rechtsschutzaufgabe verletzt. Dies gilt ungeachtet dessen, ob der ergänzte Sachverhalt von Verfassungs wegen die auf konkreten Tatsachen beruhende Annahme eines Anfangsverdachts gegen den Beschwerdeführer zum maßgeblichen Zeitpunkt des ursprünglichen Durchsuchungsbeschlusses gerechtfertigt hätte. Dass für andere Beurteiler ein unter Umständen konkretisierbarer und dem ursprünglichen Beschluss gegebenenfalls zugrunde liegender Verdacht aus den Akten entnehmbar sein mag, kann den Ermittlungsrichter nicht der Mitteilung und Bewertung des aus seiner Sicht maßgeblichen Verdachts entheben (vgl. Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2002 - 2 BvR 1619/00 -, NJW 2002, S. 1941 <1942> und vom 8. April 2004 - 2 BvR 1821/03 - <[...]>).
c)
Die Fachgerichte hatten, nachdem die Verfassungswidrigkeit der vollzogenen Durchsuchungsanordnung festgestellt worden war, nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Eine Heilung des vollzogenen Durchsuchungsbeschlusses kam nicht in Betracht. Der mit der Begrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses bezweckte Schutz, dem Beschwerdeführer von vornherein eine Kontrolle der Durchsuchung zu ermöglichen, liefe leer, wenn es entsprechend der fachgerichtlichen Auffassung ausreichend wäre, dass eine Durchsuchungsanordnung verfassungsrechtlichen Anforderungen möglicherweise hätte genügen können (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Mai 2000 - 2 BvR 2212/99 -, NStZ 2000, S. 601). Der Schutzzweck der Durchsuchungsanordnung konnte zu einem späteren Zeitpunkt - anders als bei der regelmäßig nicht zwingend notwendigen Angabe von Indiztatsachen und Beweisgrundlagen (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Februar 2003 - 2 BvR 1286/02 -, BVerfGK 1, 51 <52>) - nicht mehr erreicht werden.
II.
Soweit die Sicherstellung der gesamten Kanzleidaten (vgl. 1.) sowie die gerichtlichen Beschlagnahmebestätigungen (vgl. 2.) betroffen sind, ist die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat insoweit keine Aussicht auf Erfolg.
1.
Soweit die Sicherstellung der gesamten Kanzleidaten betroffen ist, ergibt sich aus dem nachgereichten Schreiben des Beschwerdeführers vom 10. November 2004, dass in der Sache nicht die von der ursprünglichen Verfassungsbeschwerde ausdrücklich ausgenommene Sicherstellung des bereits herausgegebenen Sicherungsbandes angegriffen wird. Insoweit wäre die Verfassungsbeschwerde wegen Ablaufs der gesetzlichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG auch verfristet und daher schon aus diesem Grund unzulässig. Vielmehr richtet sich die Verfassungsbeschwerde insoweit dagegen, dass die Ermittlungsbehörden die Daten - trotz der zwischenzeitlichen Herausgabe des Sicherungsbandes - auf einen eigenen Datenträger kopiert und den Beschwerdeführer hiervon nicht in Kenntnis gesetzt hatten. Insoweit hat der Beschwerdeführer jedoch noch nicht den der Verfassungsbeschwerde vorrangigen fachgerichtlichen Rechtsweg erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Der Beschwerdeführer muss sich zunächst an die Fachgerichte wenden, um die von ihm begehrte Datenherausgabe oder Datenlöschung zu erwirken. Die mit nachgereichtem Schreiben vom 10. November 2004 erweiterte Verfassungsbeschwerde ist daher derzeit unzulässig. Die Fachgerichte werden insoweit für den Fall ihrer Befassung mit der Angelegenheit zu beachten haben, dass durch die Sicherstellung des Datenbestands einer Rechtsanwaltskanzlei rechtlich besonders geschützte Daten erfasst werden und neben dem Beschwerdeführer eine Vielzahl Nichtbeschuldigter von dem Eingriff betroffen sind. Die Gewinnung überschießender und vertraulicher, für das Verfahren aber bedeutungsloser Informationen muss im Rahmen des Vertretbaren vermieden werden (vgl. Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 -, NJW 2005, S. 1917 <1921>).
2.
Soweit die gerichtlichen Beschlagnahmebestätigungen betroffen sind, hat der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte nicht aufgezeigt.
a)
Gegen die fachgerichtliche, auf kriminalistischen Erfahrungen beruhende Annahme eines für die vorliegende strafprozessuale Maßnahme vorausgesetzten Anfangsverdachts - hier der Beihilfe zur Untreue - ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern. Das Bundesverfassungsgericht kann nur eingreifen, wenn die Fachgerichte spezifisches Verfassungsrecht verletzt haben.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die fachgerichtliche Verdachtsannahme auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts des Beschwerdeführers beruht hat (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 95, 96 <128>). Das Landgericht Itzehoe hat auf der Grundlage tatsächlicher und gerichtlich gewürdigter Anhaltspunkte in verfassungsrechtlich beanstandungsfreier Weise begründet, weswegen es möglich ist, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Straftat begangen haben könnte. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens wird jedenfalls nicht erkennbar, dass die von der Bewertung des Beschwerdeführers abweichende gerichtliche Würdigung auf sachfremden Erwägungen beruht hätte.
b)
Im Übrigen führt nicht jeder Fehler bei einer Durchsuchung dazu, dass die auf Grund einer rechtswidrigen - und hier verfassungswidrigen - Durchsuchung erlangten Beweismittel nicht beschlagnahmt werden dürften. Zu berücksichtigen ist, dass der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten nach dem Grundgesetz eine hohe Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 100, 313 <388>). Ein Überwiegen rechtlich geschützter Interessen des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Die Verfassungswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung beruhte auf einem Begründungsdefizit. Anhaltspunkte für schwerwiegende, bewusste oder willkürliche Verfahrensverstöße sind insoweit nicht ersichtlich (zu einem hieraus resultierenden Beweisverwertungsverbot vgl. Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 -, NJW 2005, S. 1917 <1923>).
c)
Die Feststellung der Beweismitteltauglichkeit der sichergestellten Gegenstände ist vornehmlich eine Aufgabe der Fachgerichte. Der Beschwerdeführer greift die Eignung der beschlagnahmten Gegenstände als Beweismittel im vorliegenden Verfahren nicht in hinreichend substantiierter Weise an. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die gerichtlichen Beschlagnahmebestätigungen auf sachfremden Erwägungen beruht hätten. Die Verfahrensrelevanz der auf der beschlagnahmten CD nach verfahrensbezogenen Kriterien (Suchwörtern) gespeicherten Daten wird vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Hinsichtlich weiterer beschlagnahmter Asservate hat der Beschwerdeführer dargelegt, dass teilweise kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem verfahrensrelevanten Baugebiet T. bestehen soll. Der Beschwerdeführer hat sich jedoch nicht damit auseinandergesetzt, dass die beschlagnahmten Unterlagen gleichwohl und entsprechend den gerichtlichen Erwägungen von mittelbarer und damit ebenfalls verfahrenserheblicher Bedeutung für den relevanten Strafvorwurf sein könnten.
d)
Mit Blick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der von einem überschießenden Datenzugriff mitbetroffenen Vertrauensverhältnisse bedarf der eingriffsintensive Zugriff auf Datenträger - insbesondere von Rechtsanwälten als Berufsgeheimnisträgern - im jeweiligen Einzelfall in besonderer Weise einer regulierenden Beschränkung (vgl. Beschluss des Zweiten Senats desBundesverfassungsgerichts vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 -, NJW 2005, S. 1917 <1920>). Die angegriffenen Beschlüsse sind auch unter diesem Gesichtspunkt von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Die Staatsanwaltschaft Kiel hat am 9. Januar 2004 zur Feststellung der Verfahrensrelevanz die sichergestellten Gegenstände durchgesehen; der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers hat von einer Teilnahme abgesehen. Eine Zuordnung der Daten nach ihrer Verfahrensrelevanz war mit Hilfe geeigneter, den konkreten Strafvorwurf betreffender Suchbegriffe vorgenommen worden (vgl. Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 -, NJW 2005, S. 1917 <1921>). Auf dieser Grundlage kann nicht festgestellt werden, dass verfahrensfremde Daten in unverhältnismäßiger Weise gesichert worden seien.
e)
Die pauschale Behauptung des Beschwerdeführers, wonach sämtliche entscheidungserheblichen Vorgänge der Staatsanwaltschaft bereits zur Verfügung gestanden hätten, kann vom Bundesverfassungsgericht nicht überprüft werden. Ein hinreichend substantiierter Sachvortrag hätte sich unter anderem damit befassen müssen, welche Unterlagen oder Daten im Einzelnen bereits vorgelegen haben und welche Unterlagen oder Daten mangels Beweisrelevanz nicht entscheidungserheblich sind. Dabei wäre von Bedeutung, dass der Beschwerdeführer eine fachgerichtliche, nicht auf sachfremden Erwägungen beruhende Entscheidung über die Beweisrelevanz der Gegenstände oder Daten nicht durch eine eigene Wertung zu ersetzen vermag.
III.
Die Sache ist, soweit die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist, an das Landgericht Itzehoe, welches insoweit nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat, zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Osterloh
Mellinghoff