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Bundessozialgericht
Beschl. v. 15.04.2025, Az.: B 4 AS 60/24 B

Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde

Bibliographie

Gericht
BSG
Datum
15.04.2025
Aktenzeichen
B 4 AS 60/24 B
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2025, 14357
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:BSG:2025:150425BB4AS6024B0

Verfahrensgang

vorgehend
SG Berlin - 29.06.2022 - AZ: S 142 AS 1842/20 WA
LSG Berlin-Brandenburg - 25.04.2024 - AZ: L 5 AS 848/22

Redaktioneller Leitsatz

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. Deshalb muss in der Beschwerdebegründung in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG und gegebenenfalls der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes und des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat am 15. April 2025 durch den Richter Dr. Mecke als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Harich und Dr. Burkiczak
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. April 2024 vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seine Prozessbevollmächtigte beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

1. Der Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) ist abzulehnen.

2

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die vom Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angegriffenen Entscheidung des LSG nicht erfolgreich sein kann. Der Kläger hat PKH für eine von einer beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten bereits eingelegte und bis zum Ablauf der Begründungsfrist am 22.8.2024 bereits begründete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt. Die Revision wäre daher nur zuzulassen, wenn mit dieser Beschwerde einer der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Zulassungsgründe in der gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG vorgeschriebenen Form dargelegt oder bezeichnet wäre. Eine solche Erfolgsaussicht besteht hier nicht, weil die Beschwerde unzulässig ist (dazu unter 2.).

3

Mit der Ablehnung des Antrags auf PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs 1 ZPO).

4

2. Die unabhängig vom Antrag auf PKH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5

a) Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 - juris RdNr 6; BSG vom 28.2.2022 - B 7/14 AS 325/21 B - juris RdNr 2 mwN).

6

b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger misst den Fragen grundsätzliche Bedeutung zu,

"ob die Redewendungen im Tenor zu Nr. 3 des Urteils des BVerfG vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09) 'nach Maßgabe der Urteilsgründe' und der Tenor zu Nr. 1 des Beschlusses des BVerfG vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12) 'nach Maßgabe der Gründe', eine Bindung von Behörden und Gerichten im Sinne des § 31 Absatz 1 des BVerfGG darstellt und im Sinne des § 31 Absatz 2 des BVerfGG Gesetzeskraft entfaltet" und

"inwieweit die Maßgaben aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2023 (Az.: 1 BvL 10/12) in ihrer Gesamtheit als bindend anzusehen sind und welche spezifischen Anforderungen an die Prüfung und Umsetzung dieser Maßgaben durch die Gerichte und Behörden gestellt werden müssen".

7

Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit eine oder mehrere hinreichend konkrete Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen hat. Jedenfalls hat er - die Qualität als Rechtsfrage jeweils unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.

8

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 - juris RdNr 7; BSG vom 18.9.2024 - B 12 BA 17/24 B - juris RdNr 8). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG und ggf der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes (vgl BSG vom 15.12.2023 - B 4 AS 66/23 B - juris RdNr 7 mwN) und des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (stRspr; vgl zB BSG vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 8; BSG vom 17.6.2019 - B 5 R 61/19 B - juris RdNr 9; BSG vom 14.5.2024 - B 8 SO 10/23 B - juris RdNr 9). Vorliegend fehlt in der Beschwerdebegründung jedwede Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Frage der in § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz angeordneten Bindungswirkung und Gesetzeskraft von Entscheidungen dieses Gerichts (vgl zur Bindungswirkung zB BVerfG vom 11.12.2018 - 2 BvL 4/11, 2 BvL 5/11, 2 BvL 4/13 - BVerfGE 150, 204 [BVerfG 11.12.2018 - 2 BvE 1/18] RdNr 70; BVerfG <Kammer> vom 20.5.2021 - 2 BvR 2595/16 - juris RdNr 16 mwN; vgl zur Gesetzeskraft zB BVerfG vom 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 - juris RdNr 60; BVerfG <Kammer> vom 27.6.2014 - 2 BvR 429/12 - juris RdNr 18).

9

Zudem hat der Kläger die Klärungsfähigkeit der von ihm formulierten Fragen nicht dargelegt. Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, welche Tatsachen vom LSG im angegriffenen Urteil in Bezug auf die Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs des Klägers festgestellt worden sind. Ohne die Angabe der vom LSG festgestellten Tatsachen ist der Senat jedoch nicht in der Lage, wie erforderlich, allein aufgrund der Beschwerdebegründung die Entscheidungserheblichkeit einer Rechtsfrage zu beurteilen (vgl nur BSG vom 29.7.2019 - B 13 R 250/18 B - juris RdNr 13; BSG vom 4.6.2024 - B 11 AL 8/24 B - juris RdNr 3, jeweils mwN).

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.