Bundessozialgericht
Beschl. v. 07.03.2025, Az.: B 8 SO 29/24 BH
Beanspruchung der Zustimmung zur Anmietung einer bereits bezogenen Wohnung; Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH
Bibliographie
- Gericht
- BSG
- Datum
- 07.03.2025
- Aktenzeichen
- B 8 SO 29/24 BH
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 14187
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:BSG:2025:070325BB8SO2924BH0
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Dortmund - 08.11.2018 - AZ: S 62 SO 199/17
- LSG Nordrhein-Westfalen - 25.04.2024 - AZ: L 9 SO 45/23 ZVW
Rechtsgrundlagen
Redaktioneller Leitsatz
Eine Klage auf Erteilung einer Zusicherung für höhere Leistungen für Bedarfe der Unterkunft wird nach Durchführung des Wohnungswechsels unzulässig.
Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 7. März 2025 durch die Vorsitzende Richterin Krauß sowie die Richter Prof. Dr. Luik und Stäbler
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Kläger, ihnen zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. April 2024 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Anmietung einer Wohnung, in die sie bereits eingezogen sind, sowie höhere Leistungen für Bedarfe der Unterkunft.
Die Kläger beziehen (ergänzend zu einer Altersrente des Klägers) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Sie erhoben zunächst Anfang 2017 wegen der Höhe der Leistungen für den Zeitraum Oktober 2016 bis September 2017 (Bewilligungsbescheid vom 28.9.2016; Widerspruchsbescheid vom 14.12.2016) Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund. Ihr gesonderter Antrag auf Zustimmung zur Anmietung einer neuen Wohnung sowie auf Übernahme von Umzugskosten blieb erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 1.12.2016; Widerspruchsbescheid des Hochsauerlandkreises vom 24.2.2017; Urteil des SG vom 8.11.2018; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Nordrhein-Westfalen vom 16.09.2021). Das zuletzt genannte Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen (Beschluss vom 6.10.2022). Das LSG hat nach Zurückverweisung Ablehnungsgesuche als unbegründet zurückgewiesen, und zwar sowohl soweit sie gegen den Berichterstatter (Beschluss vom 12.9.2023) als auch gegen die Mitberichterstatterin (Beschluss vom 17.7.2023) als auch gegen den Vorsitzenden (Beschluss vom 17.11.2023) gerichtet waren. Es hat die Berufung der Kläger sodann nach mündlicher Verhandlung, zu der die Kläger nicht erschienen sind, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die erneut gestellten Ablehnungsgesuche seien rechtsmissbräuchlich und unzulässig, sodass der Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung entscheiden könne. Die Klage sei unzulässig, soweit höhere Leistungen für Unterkunftsbedarfe geltend gemacht würden, weil der angefochtene Bescheid hierüber keine Regelung treffe, sondern dies in den (anderweitig streitbefangenen) Bewilligungsbescheiden erfolgt sei. Die Klage sei im Übrigen nach dem Umzug in die neue Wohnung unzulässig geworden, weil sich der ablehnende Bescheid damit erledigt habe (Urteil vom 25.4.2024).
Die Kläger haben beim Bundessozialgericht beantragt, ihnen für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Sie machen eine Befangenheit der Mitglieder des Senats, Willkür sowie Gehörsverletzung geltend.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> i.V.m. § 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Die Entscheidung des LSG entspricht der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BSG, wonach eine Klage auf Erteilung einer Zusicherung nach Durchführung des Wohnungswechsels unzulässig wird (vgl BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - FEVS 63, 109). Ebenso wenig stellen sich Fragen grundsätzlicher Bedeutung zur "Sperrwirkung" einer früher eingegangenen Klage wegen sog "doppelter Rechtshängigkeit" (vgl nur BSG vom 15.11.2012 - B 8 SO 22/10 R - RdNr 12 f - FEVS 64, 486). Aus den vorstehenden Gründen ist auch eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht ersichtlich.
Es ist auch nicht erkennbar, dass ein zugelassener Rechtsanwalt mit Erfolg einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend machen könnte. Für das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds (vgl § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 547 Nr 1 ZPO) ist nichts ersichtlich; insbesondere wird eine Verletzung des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz <GG>) nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Bevollmächtigter erfolgreich die fehlerhafte Behandlung der von den Klägern angebrachten Ablehnungsgesuche rügen könnte. Das LSG konnte trotz der zuletzt erneut angebrachten Ablehnungsgesuche in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung entscheiden, weil diese Gesuche aus den von ihm dargelegten Gründen rechtsmissbräuchlich und deshalb offensichtlich unzulässig waren (vgl hierzu Bundesverfassungsgericht <BVerfG> vom 19.6.2012 - 2 BvR 1397/09 - BVerfGE 131, 239, 252 f = NVwZ 2012, 1304; BVerfG vom 2.6.2005 - 2 BvR 625/01 ua = BVerfGK 5, 269, 280 f; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 60 RdNr 10d mwN). Im Übrigen wären Rügen, die sich gegen eine unanfechtbare Vorentscheidung richten, in einem Beschwerdeverfahren grundsätzlich ausgeschlossen (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 557 Abs 2 ZPO). Die erfolgreiche Rüge eines Besetzungsmangel iS des § 547 Nr 1 ZPO kommt nach Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs nur dann in Betracht, wenn an der Entscheidung ein erfolglos abgelehnter Richter mitgewirkt hat und die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs willkürlich war (zuletzt etwa BVerfG vom 21.11.2018 - 1 BvR 436/17 - NJW 2019, 505 RdNr 19 mwN). Dies ist nicht der Fall.
Es ergeben sich - entgegen der Behauptungen der Kläger - keine Anhaltspunkte für eine willkürliche Zurückweisung der Ablehnungsgesuche mit Beschlüssen vom 12.9.2023, vom 17.7.2023 und vom 17.11.2023. Eine von den Klägern sinngemäß behauptete Vorbefassung (§ 60 Abs 1 SGG i.V.m. § 41 Nr 6 ZPO) des Berichterstatters liegt nicht vor; an der angefochtenen Entscheidung des SG hat er nicht mitgewirkt (zur Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 41 Nr 6 ZPO vgl BGH vom 18.1.2017 - XII ZB 602/15 - NJW-RR 2017, 454 RdNr 12). Im Übrigen ist eine (vermeintlich) fehlerhafte Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit (hier eine Entscheidung aus dem Jahr 2014) kein geeigneter Grund für eine Ablehnung, es sei denn, diese Entscheidung beruht auf Willkür oder auf Verfahrensfehlern, die auf Voreingenommenheit schließen lassen (vgl BSG vom 1.6.2015 - B 10 ÜG 2/15 C - RdNr 10; BSG vom 19.1.2010 - B 11 AL 13/09 C - SozR 4-1500 § 60 Nr 7 RdNr 13, jeweils mwN), wofür vorliegend keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Auch die Annahme der Kläger, das Präsidium des LSG habe Einfluss auf die Senatsbesetzung genommen, um ihnen zu schaden, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Die Ausführungen des LSG beruhen auf gefestigter Rechtsprechung des BSG und lassen an keiner Stelle erkennen, dass die Richter mit ihrer Rechtsauffassung in irgendeiner Weise die gebotene Distanz und Neutralität haben vermissen lassen (vgl etwa BSG vom 13.12.2022 - B 12 KR 14/22 B - RdNr 8 mwN). Allein die (von der Auffassung der Kläger abweichende) Rechtsauffassung der Richterinnen und Richter rechtfertigt keine Besorgnis der Befangenheit (vgl nur BSG vom 29.2.2024 - B 8 SO 20/22 B - RdNr 12).
Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG ist nicht ersichtlich. Das LSG durfte in Abwesenheit der Kläger aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil sie ordnungsgemäß in der Terminmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden waren. Zudem war ihnen ungeachtet der Nichtanordnung ihres persönlichen Erscheinens antragsgemäß zugesichert worden, dass Fahrtkosten und bei Nachweis der gesundheitlichen Notwendigkeit auch Taxikosten übernommen würden.
Mit der Ablehnung der Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG i.V.m. § 121 Abs 1 ZPO).