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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 31.05.2022, Az.: 1 StR 133/22
Einstellung der bei dem sexuellen Missbrauch der zehnjährigen Tochter angefertigten Bilddateien und Videodateien in den Privatchat einer Person als Drittbesitzverschaffung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 31.05.2022
Referenz: JurionRS 2022, 25429
Aktenzeichen: 1 StR 133/22
ECLI: ECLI:DE:BGH:2022:310522B1STR133.22.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Baden-Baden - 03.12.2021 - AZ: 3 KLs 101 Js 16792/20 jug.

Rechtsgrundlage:

§ 184b Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB i.d.F.v. 03.03.2020

Verfahrensgegenstand:

Sexueller Missbrauch von Kindern u.a.

BGH, 31.05.2022 - 1 StR 133/22

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1.a) auf dessen Antrag - am 31. Mai 2022 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO entsprechend beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 3. Dezember 2021

    1. a)

      im Schuldspruch in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Drittbesitzverschaffung kinderpornografischer Schriften, schuldig ist, und

    2. b)

      im Strafausspruch in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

  2. 2.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  3. 3.

    Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Verbreitung kinderpornografischer Schriften, wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften in acht Fällen und wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Darüber hinaus hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Der Angeklagte wendet sich mit seiner mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründeten Revision gegen seine Verurteilung. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es aus den Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts stellte der Angeklagte die von ihm in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe bei dem sexuellen Missbrauch seiner zehnjährigen Tochter angefertigten Bild- und Videodateien in den ausschließlich mit dem anderweit verfolgten R. geführten "Privatchat" ein, so dass nur dieser - anders als bei den "Gruppenchats" in den Fällen II. 4. bis 11. der Urteilsgründe - Zugriff auf die Dateien erhielt und sie abspeicherte, anstatt sie, wie vom Angeklagten erbeten, nach dem Betrachten wieder zu löschen. Da sich aus den Urteilsgründen nicht ergibt, dass der Angeklagte in diesen drei Fällen mit einer Weitergabe an einen nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis rechnete (zur Definition des "Verbreitens" z.B. BGH, Urteil vom 24. März 1999 - 3 StR 240/98 Rn. 13 mwN), hat sich der Angeklagte nicht einer Verbreitung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB idF vom 3. März 2020, sondern einer Drittbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB idF vom 3. März 2020 schuldig gemacht. Deshalb war - wie auch vom Generalbundesanwalt beantragt - entsprechend zu tenorieren (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2020 - 1 StR 234/20 Rn. 3) und der Schuldspruch insoweit zu korrigieren. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

3

2. Der Rechtsfehler in der Tenorierung führt zur Aufhebung der drei Einzelstrafaussprüche in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe und der Gesamtstrafe. Das Landgericht hat die unzutreffende rechtliche Bezeichnung in seiner Tenorierung im Rahmen der rechtlichen Würdigung wiederholt und in beiden Fällen in der Liste der angewendeten Vorschriften neben § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB auch § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB genannt. Deshalb vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Höhe der Einzelstrafen hiervon beeinflusst worden ist, auch wenn die Strafkammer die Strafen zutreffend dem schwereren Strafrahmen des § 176 StGB entnommen hat; denn dem Verbreiten kinderpornografischen Materials an eine unbestimmte Vielzahl von Personen und nicht nur an eine einzelne Person, kommt grundsätzlich ein höherer Schuldgehalt zu, auch wenn § 184b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB denselben Strafrahmen aufweisen.

4

3. Eine Aufhebung der Feststellungen ist nicht veranlasst, weil sich der Rechtsfehler des Landgerichts in einer rechtlich unzutreffenden Bewertung der rechtsfehlerfrei festgestellten Tatsachen erschöpft (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.

Raum

Jäger

Fischer

Bär

Leplow

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