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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 30.06.2021, Az.: IV ZB 5/21
Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung einer Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.06.2021
Referenz: JurionRS 2021, 29932
Aktenzeichen: IV ZB 5/21
ECLI: ECLI:DE:BGH:2021:300621BIVZB5.21.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Regensburg - 09.12.2019 - AZ: 10 C 372/19

LG Regensburg - 07.12.2020 - AZ: 22 S 19/20

Rechtsgrundlage:

§ 574 Abs. 2 ZPO

BGH, 30.06.2021 - IV ZB 5/21

Redaktioneller Leitsatz:

Es ist geklärt, dass die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil weder auf die angebliche Unzulässigkeit der Klage noch auf Verfahrensrügen oder auf Sachvortrag gegen den Klageanspruch gestützt werden kann. Vielmehr unterliegt ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung nur insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Eine zulässige Berufung setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden ist.

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Bommel
am 30. Juni 2021
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Regensburg - 2. Zivilkammer - vom 7. Dezember 2020 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: 2.809,29 €

Gründe

1

I. Der Beklagte wendet sich gegen die Verwerfung seiner Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil.

2

Das Amtsgericht hat der Klage durch ein Versäumnisurteil stattgegeben. Nachdem der Beklagte im Verhandlungstermin nicht erschienen war, hat das Amtsgericht seinen Einspruch durch zweites Versäumnisurteil verworfen. Dagegen hat der Beklagte am 20. Januar 2020 fristgerecht Berufung eingelegt, die er innerhalb der verlängerten Begründungsfrist mit Schreiben vom 18. März 2020 begründet hat. Zugleich hat er einen Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden der zuständigen Berufungskammer gestellt, den das Landgericht mit Beschluss vom 18. Juni 2020 zurückgewiesen hat.

3

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil könne nur damit begründet werden, dass kein Fall der schuldhaften Säumnis vorgelegen habe; derartige Gründe habe der Beklagte nicht dargelegt.

4

Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

5

II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist im Übrigen nicht zulässig, denn die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (Senatsbeschluss vom 20. Februar 2008 - IV ZB 14/07, NJW-RR 2008, 889 Rn. 3 m.w.N.), sind nicht erfüllt. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten nicht in seinen Verfahrensgrundrechten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) sowie auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

6

1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

7

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil nicht auf die angebliche Unzulässigkeit der Klage gestützt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 21. November 2018 - IV ZB 4/18, juris Rn. 14). Das Erfordernis einer erneuten Entscheidung über diese Rechtsfrage ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Rechtsbeschwerdevorbringens.

8

2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).

9

a) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Beklagte seine Berufung nicht ordnungsgemäß begründet hat.

10

Das Berufungsgericht hat nicht, wie die Rechtsbeschwerde rügt, den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs oder auf effektiven Rechtsschutz dadurch verletzt, dass es dessen verfahrens- und materiell-rechtlichen Einwände gegen das amtsgerichtliche Urteil übergangen hätte. Es hat vielmehr rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Beklagtenvortrag zur Begründung der Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil nicht geeignet war. Ein (zweites) Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung nur insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Eine zulässige Berufung setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (Senatsbeschluss vom 21. November 2018 - IV ZB 4/18, juris Rn. 10 m.w.N.). Danach konnte der Beklagte seine Berufung weder mit Verfahrensrügen gegen eine behauptete Gehörsverletzung und eine unterbliebene Verfahrensaussetzung durch das Amtsgericht noch mit Sachvortrag gegen den Klageanspruch begründen. Dieser Vortrag war nicht geeignet, seine Säumnis zu entschuldigen.

11

Den Beklagtenvortrag zur angeblichen Befangenheit des Vorsitzenden Richters der Berufungskammer hat das Berufungsgericht dagegen bei der Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs berücksichtigt.

12

b) Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Beklagten auch nicht dadurch in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, dass der von ihm erfolglos abgelehnte Vorsitzende der Berufungskammer an der Entscheidung mitgewirkt hat. Die Mitwirkung eines Richters an einem früheren Verfahren, das denselben oder einen vergleichbaren Sachverhalt betraf, ist grundsätzlich nicht geeignet, eine Befangenheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 2011 - II ZB 2/10, NJW 2011, 1358 Rn. 24). Umstände, aus denen sich eine Ausnahme von diesem Grundsatz ergeben könnte, sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Mayen

Prof. Dr. Karczewski

Dr. Brockmöller

Dr. Bußmann

Dr. Bommel

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