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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 04.11.2020, Az.: IV ZB 12/20
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte über den Bestand der Nachlassgegenstände
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.11.2020
Referenz: JurionRS 2020, 43959
Aktenzeichen: IV ZB 12/20
ECLI: ECLI:DE:BGH:2020:041120BIVZB12.20.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Bremen - 15.07.2019 - AZ: 4 O 584/15

OLG Bremen - 07.01.2020 - AZ: 2 U 123/19

Fundstellen:

ErbR 2021, 364

NJW-Spezial 2021, 7

ZErb 2021, 9-11

ZEV 2021, 62

BGH, 04.11.2020 - IV ZB 12/20

Redaktioneller Leitsatz:

Der zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Verurteilte ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die erteilte Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen und zu berichtigen. Dabei bedarf er - hier im Hinblick auf den Wert seiner Beschwer - für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung regelmäßig keiner erneuten anwaltlichen Beratung oder Begleitung. Das gilt insbesondere, wenn der Urteilsausspruch hinreichend bestimmt genug ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren nicht zu klären sind, und wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs Rechtskenntnisse insoweit nicht voraussetzt.

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Götz
am 4. November 2020
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 7. Januar 2020 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: bis 500 €

Gründe

1

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abgabe einer Versicherung an Eides statt geltend.

2

Die Parteien sind neben dem am Verfahren nicht beteiligten Bruder der Klägerin die Erben des verstorbenen Vaters der Klägerin, dessen Ehefrau die Beklagte war. Die Klägerin nahm die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskehrung von Erlösen aus dem Verkauf von Nachlassgegenständen sowie auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht verurteilte die Beklagte durch Teilurteil, u.a. Auskunft über den Bestand der Nachlassgegenstände, die sie zur Zeit des Erbfalls in ihrem Besitz hatte oder danach in Besitz genommen hat, deren Verbleib und die durch deren Verkauf erzielten Erlöse sowie über die aus den Nachlassgegenständen und den Erlösen gezogenen Nutzungen und Früchte zu erteilen und sämtliche über Nachlassgegenstände geschlossenen Verträge offenzulegen.

3

Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens erteilte sie mit Schreiben vom 21. September 2016 und vom 2. November 2017 Auskunft. Das Oberlandesgericht wies die Auskunftsklage daraufhin ab und begründete dies damit, dass die Klage bezüglich bestimmter Auskünfte von Anfang an unbegründet gewesen sei, während der Anspruch im Übrigen durch die von der Beklagten erteilten Auskünfte im Laufe des Rechtsstreits erfüllt worden sei.

4

Durch ein weiteres Teilurteil hat das Landgericht die Beklagte auf Antrag der Klägerin verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft gemäß Schreiben vom 21. September 2016 mit Ergänzung gemäß Schreiben vom 2. November 2017 an Eides statt zu versichern.

5

Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten verworfen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 420 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

6

II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist im Übrigen nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt die Beklagte nicht in ihren Verfahrensgrundrechten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip).

7

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige 600 € nicht. Dieser bemesse sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordere und der hier auf maximal 20 Stunden à 21 € zu schätzen sei.

8

Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich. Der Inhalt der abzugebenden eidesstattlichen Versicherung sei im Teilurteil des Landgerichts hinreichend bestimmt. Auch wenn es, wie die Beklagte einwende, um erhebliche Werte gehe, so führe dies nicht zur Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Zudem sei sie bereits im Ausku nftsverfahren anwaltlich vertreten gewesen, so dass keine Notwendigkeit für eine erneute anwaltliche Beratung bestanden habe.

9

2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

10

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Wert des Beschwerdegegenstandes im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten bemisst, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordert, sowie nach einem - hier nicht geltend gemachten - Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten (vgl. Senatsbeschluss vom 13. September 2017 - IV ZB 21/16, FamRZ 2017, 1954 Rn. 9 m.w.N.). Der zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Verurteilte ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die erteilte Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen und zu berichtigen. Dabei bedarf es für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung regelmäßig keiner erneuten anwaltlichen Beratung oder Begleitung (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2012 - XII ZB 620/11, FamRZ 2013, 105 Rn. 19). Die Einschaltung eines Rechtsanwalts kann dem verurteilten Beklagten aber dann nicht verwehrt werden, wenn der Urteilsausspruch nicht hinreichend bestimmt genug ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren zu klären sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs Rechtskenntnisse voraussetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 13. September 2017 aaO m.w.N.).

11

b) Ausgehend davon hat das Berufungsgericht den Wert der Beschwer der Beklagten ohne - vom Rechtsbeschwerdegericht allein nachprüfbare (vgl. Senatsbeschluss vom 13. September 201 7 - IV ZB 21/16, FamRZ 2017, 1954 Rn. 10 m.w.N.) - Ermessensfehler auf 420 € festgesetzt.

12

aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beklagte zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung keiner anwaltlichen Beratung bedurfte.

13

(1) Der Tenor des landgerichtlichen Urteils ist hinreichend bestimmt, da von der Beklagten danach nur eine eindeutig bezeichnete Erklärung gefordert wird, nämlich die Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der durch Schreiben vom 21. September 2016 und 2. November 2017 erteilten Auskünfte. Für die Vollstreckbarkeit ist es nicht erforderlich, dass der Inhalt dieser Auskünfte im Einzelnen im Titel wiedergegeben wird (vgl. Senatsbeschluss vom 9. September 2020 - IV ZB 15/20, juris Rn. 4). Es genügt, dass sich aus dem Urteil zweifelsfrei ergibt, welche Auskünfte gemeint sind. Dem steht es auch nicht entgegen, dass die Beklagte in diesen Auskünften auf andere Unterlagen, die teils den Auskunftsschreiben beilagen und teils darin genau bezeichnet waren, Bezug genommen hat.

14

Entgegen der Ansicht der Beschwerde ergibt sich auch aus der Abweisung der Auskunftsklage in der Berufungsinstanz keine Unklarheit des Tenors zur eidesstattlichen Versicherung, der die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei deren Abgabe erforderlich machen könnte. Die bereits vor der Entscheidung über den Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfolgte Abweisung der Auskunftsklage ist ohne Bedeutung für den Urteilstenor und den Inhalt der abzugebenden Versicherung. Soweit die Entscheidung über die Auskunftsklage, die das Berufungsgericht teilweise für von Anfang an unbegründet gehalten hat, Einfluss auf den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hätte haben müssen, wäre dies Gegenstand des Erkenntnisverfahrens gewesen und betrifft nicht die Vollstreckung des Urteils.

15

(2) Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei keinen Anlass für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erkannt . Entgegen der Ansicht der Beschwerde folgt ein solcher Anlass nicht aus dem Umstand, dass - so die Beklagte - die Zugehörigkeit von Gegenständen zum Nachlass zwischen den Parteien streitig sei und bereits Strafanzeigen gestellt worden seien. Daher hat das Berufungsgericht insoweit auch keinen entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergangen. Für die Prüfung und Bestätigung der Richtigkeit ihrer Auskünfte bedurfte die Beklagte auch unter Berücksichtigung dieser Einwände keines Rechtsrates mehr. Die Frage, welche Gegenstände zum Nachlass gehören, konnte allein sie selbst, nicht aber ein hinzugezogener Anwalt beurteilen. Ihre Auskunft bezog sich allein auf körperliche Gegenstände , nicht auf das Unternehmensvermögen, das laut Beschwerde Gegenstand eines anderen Rechtsstreits ist.

16

bb) Damit war für die Beschwer der Beklagten nur der Aufwand an Zeit und Kosten zu berücksichtigen, den sie selbst für die Prüfung der erteilten Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit sowie die notwendige Ergänzung und Berichtigung hätte erbringen müssen. Diesen Aufwand hat das Berufungsgericht mit 420 € bemessen. Dass ihm hierbei Ermessensfehler unterlaufen wären, ist weder von der Beschwerde dargelegt noch sonst ersichtlich.

Mayen

Prof. Dr. Karczewski

Dr. Brockmöller

Dr. Bußmann

Dr. Götz

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