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Bundesgerichtshof
Urt. v. 19.03.2019, Az.: XI ZR 280/17
Geltung der Geschäftstagsregelung bei der Frage der Unwiderruflichkeit eines Zahlungsauftrags; Zugang eines Zahlungsauftrags an einem Tag nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Zahlungsdienstleisters; Geschäftstag als der (volle) Kalendertag
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 19.03.2019
Referenz: JurionRS 2019, 16780
Aktenzeichen: XI ZR 280/17
ECLI: ECLI:DE:BGH:2019:190319UXIZR280.17.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG München II - 10.06.2016 - AZ: 11 O 3478/14 Fin

OLG München - 13.03.2017 - AZ: 19 U 2997/16

Fundstellen:

BGHZ 221, 282 - 300

BB 2019, 1281

BB 2019, 1419-1423

BKR 2019, 349-354

DB 2019, 1259-1264

EWiR 2019, 419

MDR 2019, 816-818

NJW 2019, 2469-2473

VersR 2019, 1301

VuR 2019, 354-355

WM 2019, 1017-1022

WuB 2019, 423-425

ZBB 2019, 269

ZInsO 2019, 1530-1536

ZIP 2019, 1060-1066

BGH, 19.03.2019 - XI ZR 280/17

Amtlicher Leitsatz:

  1. a)

    § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB schließt den Zugang eines Zahlungsauftrags an einem Tag, der nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Zahlungsdienstleisters kein Geschäftstag ist, nicht aus.

  2. b)

    Geschäftstag i.S.d. § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB ist der (volle) Kalendertag.

  3. c)

    Die Geschäftstagsregelung des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB gilt auch im Rahmen des § 675p Abs. 1 BGB bei der Frage der Unwiderruflichkeit eines Zahlungsauftrags.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. März 2017 in der Fassung des Beschlusses vom 21. März 2017 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Wiedergutschrift eines Zahlungsbetrags nach Widerruf eines von der beklagten Bank ausgeführten Überweisungsauftrags.

2

Der Kläger unterhält bei der Beklagten ein Girokonto. Für die Geschäftsbeziehung der Parteien galten in dem vorliegend maßgeblichen Zeitraum unter anderem die Besonderen Bedingungen der Beklagten zu Überweisungen mit Stand Februar 2014 sowie deren Preis- und Leistungsverzeichnis. Unter Abschnitt I. der Besonderen Bedingungen zu Überweisungen hieß es unter anderem wie folgt:

"4 Zugang des Überweisungsauftrags bei der Bank (1) Der Überweisungsauftrag wird wirksam, wenn er der Bank zugeht. Der Zugang erfolgt durch den Eingang des Auftrags in den dafür vorgesehenen Empfangsvorrichtungen der Bank (zum Beispiel mit Abgabe in den Geschäftsräumen oder Eingang auf dem Online-Banking-Server). (2) Fällt der Zeitpunkt des Eingangs des Überweisungsauftrags nach Absatz 1 Satz 2 nicht auf einen Geschäftstag der Bank gemäß "Preis- und Leistungsverzeichnis", so gilt der Überweisungsauftrag erst am darauf folgenden Geschäftstag als zugegangen. (3) Geht der Überweisungsauftrag nach dem an der Empfangsvorrichtung der Bank oder im "Preis- und Leistungsverzeichnis" angegebenen Annahmezeitpunkt ein, so gilt der Überweisungsauftrag im Hinblick auf die Bestimmung der Ausführungsfrist (siehe Nr. II 2.2) erst als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen.

5 Widerruf des Überweisungsauftrags

(1) Nach dem Zugang des Überweisungsauftrags bei der Bank (siehe Nr. I 4 Absätze 1 und 2) kann der Kunde diesen nicht mehr widerrufen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist ein Widerruf durch Erklärung gegenüber der Bank möglich.

(2) Haben Bank und Kunde einen bestimmten Termin für die Ausführung der Überweisung vereinbart (siehe Nummer II 2.2 Absatz 2), kann der Kunde die Überweisung beziehungsweise den Dauerauftrag (siehe Nummer I 1) bis zum Ende des vor dem vereinbarten Tag liegenden Geschäftstags der Bank widerrufen. Die Geschäftstage der Bank ergeben sich aus dem "Preis- und Leistungsverzeichnis". Nach dem rechtzeitigen Zugang des Widerrufs eines Dauerauftrags bei der Bank werden keine weiteren Überweisungen mehr aufgrund des bisherigen Dauerauftrags ausgeführt.

(3) Nach den in Absätzen 1 und 2 genannten Zeitpunkten kann der Überweisungsauftrag nur widerrufen werden, wenn Kunde und Bank dies vereinbart haben. Die Vereinbarung wird wirksam, wenn es der Bank gelingt, die Ausführung zu verhindern oder den Überweisungsbetrag zurück zu erlangen. Für die Bearbeitung eines solchen Widerrufs des Kunden berechnet die Bank das im "Preis- und Leistungsverzeichnis" ausgewiesene Entgelt."

3

Nummer 13.1. des Preis- und Leistungsverzeichnisses enthielt folgende Regelung:

"13.1. Geschäftstag

Geschäftstag ist jeder Tag, an dem die an der Ausführung eines Zahlungsvorgangs beteiligten Zahlungsdienstleister den für die Ausführung von Zahlungsvorgängen erforderlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Die Bank unterhält den für die Ausführung von Zahlungen erforderlichen Geschäftsbetrieb an allen Werktagen, mit Ausnahme von:

- Sonnabenden

- 24. und 31. Dezember

Die Geschäftstage können sich von den Öffnungszeiten der einzelnen Geschäftsstellen unterscheiden, die an der jeweiligen Geschäftsstelle ausgehängt sind."

4

Der Kläger warf am 22. Februar 2014, einem Sonnabend, einen Überweisungsauftrag über 30.000 € zugunsten der Firma M. POLAND in den dafür vorgesehenen Sammelbehälter der - zu diesem Zeitpunkt geöffneten - Filiale der Beklagten in F. ein. Der Behälter wurde wie üblich am Ende der Öffnungszeit geleert und die Überweisungsträger per Post zu einer zentralen Sammelstelle in M. gesandt, wo diese am darauffolgenden Montag nach dem Einscannen bearbeitet wurden.

5

Noch am Nachmittag des 22. Februar 2014, allerdings erst nach Schließung der Filiale der Beklagten, wurden dem Kläger wirtschaftliche Probleme der Firma M. POLAND bekannt. Er bat deshalb seine Ehefrau, die als Innenbetriebsleiterin in der Filiale der Beklagten beschäftigt war, den Überweisungsauftrag am Montag noch vor Dienstbeginn sperren zu lassen. Er händigte ihr dafür einen handschriftlichen Zettel aus, auf dem er die Zahlungsempfängerin und die polnische Empfängerbank nebst IBAN notiert hatte. Den Überweisungsbetrag teilte er ihr lediglich mündlich mit.

6

Am Montag, dem 24. Februar 2014, gab die Ehefrau des Klägers die Weisung ihres Ehemanns noch vor Öffnung der Filiale um 9.00 Uhr ihrer Kollegin G. weiter. Diese nahm um 8.57 Uhr mit der für den Widerruf von Überweisungsaufträgen zuständigen sogenannten ... line, einer internen Hotline der Beklagten, telefonisch Verbindung auf, worauf ein dort tätiger Mitarbeiter eine Sperre für die Ausführung des Auftrags im System setzte. Die Überweisung wurde gleichwohl ausgeführt, weil in der Sperre ein Betrag von 20.000 € statt des tatsächlichen Überweisungsbetrages von 30.000 € aufgenommen worden war. Eine Erstattung des Betrages lehnte die polnische Empfängerbank in der Folgezeit ab. Über das Vermögen der Firma M. POLAND wurde später das Insolvenzverfahren eröffnet.

7

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Wiedergutschrift des Betrags von 30.000 € mit Wertstellung zum 24. Februar 2014 auf seinem Girokonto Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Abtretung der ihm zustehenden Rechte gegen die Firma M. POLAND , gegen den Insolvenzverwalter und gegen die polnische Empfängerbank. Ferner begehrt er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.564,26 € nebst Zinsen. Er ist der Auffassung, den Auftrag rechtzeitig widerrufen zu haben, weil seine Ehefrau Handlungsvollmacht für die Entgegennahme eines Widerrufs von Überweisungsaufträgen besessen habe und sein Zahlungsauftrag der Beklagten erst mit Öffnung der Filiale um 9.00 Uhr zugegangen sei. Seine Ehefrau und Frau G. hätten dem Mitarbeiter der ... line zudem den richtigen Überweisungsbetrag in Höhe von 30.000 € genannt.

8

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 20.000 € nebst anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen, während es die Anschlussberufung des Klägers, mit der er die Wiedergutschrift des restlichen Überweisungsbetrages von 10.000 € verlangt hat, zurückgewiesen hat.

9

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet.

I.

11

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

12

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung des Zahlungsbetrags oder auf Wiedergutschrift gemäß § 675u Satz 2 BGB nicht zu. Bei der von der Beklagten durchgeführten Überweisung habe es sich um einen autorisierten Zahlungsvorgang gehandelt, weil der Kläger seinen Zahlungsauftrag nicht rechtzeitig widerrufen habe.

13

Nach den Besonderen Bedingungen der Beklagten erfolge der Zugang des Zahlungsauftrags durch seinen Eingang in den dafür vorgesehenen Empfangsvorrichtungen der Bank. Soweit der Empfänger nach § 130 BGB zudem die Möglichkeit haben müsse, vom Inhalt der in seinen Machtbereich gelangten Willenserklärung Kenntnis zu nehmen, bestehe diese Möglichkeit nach der abschließenden Regelung des § 675n Abs. 1 BGB und den vereinbarten Besonderen Bedingungen nur an einem Geschäftstag der Beklagten. Da der 22. Februar 2014 nach dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten kein Geschäftstag gewesen sei, sei der Auftrag am darauffolgenden Montag, dem 24. Februar 2014, um 0.00 Uhr zugegangen. Der Geschäftstag entspreche dem Kalendertag und erstrecke sich von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr; auf die Öffnungs- oder Arbeitszeiten der ausführenden Stelle komme es nicht an. Hierfür sprächen die gesetzliche Definition in § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB sowie die mit der Zahlungsdiensterichtlinie verfolgten Ziele der Beschleunigung, Vereinheitlichung und Automatisierung der Zahlungsvorgänge. Der erst am 24. Februar 2014 um 8.57 Uhr der Beklagten zugegangene Widerruf sei infolgedessen verspätet gewesen.

14

Zwischen den Parteien sei auch nicht gemäß § 675p Abs. 4 Satz 1 BGB vereinbart worden, die Überweisung nicht auszuführen. Dem stehe schon Nr. 5 Abs. 3 Satz 2 der Besonderen Bedingungen für Überweisungen entgegen, wonach eine solche Vereinbarung nur dann wirksam werde, wenn es der Bank gelinge, die Ausführung zu verhindern oder den Überweisungsbetrag zurückzuerlangen. Die Regelung in den Besonderen Bedingungen der Beklagten verstoße nicht gegen § 675e Abs. 1 BGB, weil sie das in § 675p BGB normierte Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht einschränke. Der Verbraucher trage lediglich das Risiko, das er durch Erteilung des nicht widerruflichen Überweisungsauftrags übernommen habe.

II.

15

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Widerruf des Klägers die Beklagte erst nach Zugang des Zahlungsauftrags erreicht hat und der Zahlungsauftrag damit nicht mehr wirksam widerrufen worden ist (§ 675p Abs. 1 BGB). Eine abweichende Vereinbarung nach § 675p Abs. 4 BGB ist zwischen den Parteien nicht geschlossen worden. Maßgeblich sind vorliegend die Vorschriften der §§ 675c ff. BGB in der bis zum 12. Januar 2018 geltenden Fassung.

16

1. Der Widerruf des Klägers ist der Beklagten am Morgen des 24. Februar 2014 zugegangen, als seine Ehefrau seine Widerrufserklärung an ihre Kollegin G. weitergeleitet hat.

17

Dabei hat die Ehefrau des Klägers als dessen Erklärungsbotin und nicht - was der Kläger zunächst gemeint hat - als Empfangsbotin der Beklagten gehandelt. Sie hat eine von ihm abgegebene Willenserklärung übermittelt und stand im Lager des Klägers. Dies ergibt sich daraus, dass die Ehefrau des Klägers die entsprechende Bitte ihres Ehemanns nicht selbst umgesetzt hat, sondern zuständigkeitshalber an ihre Kollegin G. weitergegeben hat, so dass sie damit nach außen als Erklärungsbotin des Klägers aufgetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1954 - II ZR 63/53, BGHZ 12, 327, 334). Davon ging letztlich auch der Kläger aus. Anderenfalls hätte für ihn kein Anlass bestanden, seine Ehefrau zu bitten, den Überweisungsauftrag am darauffolgenden Montag sperren zu lassen.

18

Entgegen der Auffassung der Revision war die Ehefrau des Klägers deshalb erst recht nicht Empfangsvertreterin der Beklagten, so dass sein Widerruf der Beklagten gemäß § 164 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BGB bereits am 22. Februar 2014 zugegangen wäre. Soweit sich die Revision darauf beruft, dass die Ehefrau des Klägers als Filialleiterin Handlungsvollmacht gehabt habe, erstreckt sich eine solche Vollmacht nach § 54 Abs. 1 HGB nur auf Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen (BGH, Urteil vom 25. März 2015 - VIII ZR 125/14, WM 2015, 1580 Rn. 47). Dazu zählt nicht die Entgegennahme von rechtsgeschäftlichen Erklärungen außerhalb des zugewiesenen Arbeitsplatzes und außerhalb der für die Mitarbeiter vorgesehenen Arbeitszeiten, soweit nicht - wie hier nicht - ausnahmsweise ein Kundengespräch ausdrücklich andernorts vereinbart worden ist.

19

2. Der danach der Beklagten am 24. Februar 2014 kurz vor 9.00 Uhr zugegangene Widerruf des Zahlungsauftrags war nach § 675p Abs. 1 BGB verspätet. Der Zahlungsauftrag des Klägers war der Beklagten gemäß § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB bereits am 22. Februar 2014 zugegangen. Die Regelung des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB hat den Zugangszeitpunkt lediglich auf den 24. Februar 2014, 0.00 Uhr, verschoben, nicht aber - wie der Kläger meint - auf den Zeitpunkt, an dem die Filiale in F. am 24. Februar 2014 für ihre Kunden öffnete, also auf 9.00 Uhr.

20

a) Gemäß § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB wird der Zahlungsauftrag wirksam, wenn er dem Zahlungsdienstleister zugeht.

21

aa) Wie der Begriff des Zugangs im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist, ist umstritten. Nach der herrschenden Auffassung im Schrifttum setzt der Zugang gemäß den zu § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Grundsätzen zu Erklärungen unter Abwesenden voraus, dass der Zahlungsauftrag so in den Machtbereich des Zahlungsdienstleisters gelangt, dass unter normalen Verhältnissen damit zu rechnen ist, er könne vom Inhalt der Erklärung Kenntnis erlangen (MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 2, 11; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearbeitung 2012, § 675n Rn. 4 f.; Soergel/Werner, BGB, 13. Aufl., § 675n Rn. 2; Schwintowski in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 675n Rn. 2; Erman/Graf von Westphalen, BGB, 15. Aufl., § 675n Rn. 2 und § 675p Rn. 2; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 675n Rn. 2; PWW/Fehrenbacher, BGB, 13. Aufl., § 675n Rn. 3; Jauernig/Berger, 17. Aufl., § 675n Rn. 1; Schmieder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 49 Rn. 15; Langenbucher in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl., § 675n Rn. 3). Nimmt der Zahlungsdienstleister tatsächlich früher vom Zahlungsauftrag Kenntnis, so liegt darin zugleich der Zugang (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 130 Rn. 5; Reichold in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 130 Rn. 8; Schwintowski aaO; aA Langenbucher aaO § 675n Rn. 4).

22

Abweichend hierzu wird vereinzelt vertreten, dass der Begriff des Zugangs in § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB richtlinienkonform auszulegen sei. Angelehnt an Art. 64 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. EU 2007 Nr. L 319 S. 1; im Folgenden: ZDRL 2007), der durch Art. 78 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. EU 2015 Nr. L 337 S. 35; im Folgenden: ZDRL 2015) keine wesentliche Änderung erfahren hat, sei lediglich der Eingang des Auftrags bei dem Zahlungsdienstleister erforderlich (Schinkels in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., Kapitel 16 Rn. 38, 42). Diesem Verständnis entspricht die Regelung in Abschnitt I. Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 der Besonderen Bedingungen der Beklagten, wonach der Zugang durch den Eingang des Auftrags in den dafür vorgesehenen Empfangsvorrichtungen des Zahlungsdienstleisters erfolgt, ohne dass es auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme ankommt (vgl. Schürmann in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 39).

23

bb) Einer Entscheidung dieses Meinungsstreits bedarf es nicht, weil nach allen Ansichten der Zahlungsauftrag des Klägers der Beklagten am Sonnabend, dem 22. Februar 2014, im Sinne des § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB zugegangen ist. Der Kläger hat seinen Zahlungsauftrag während der Öffnungszeit der Filiale in F. in den von der Beklagten dafür bereitgestellten Sammelbehälter für Überweisungen eingeworfen, der regelmäßig nach Schließung der Filiale geleert wurde. Der Auftrag befand sich damit nicht nur in dem Macht- und Empfangsbereich der Beklagten, sondern wurde an diesem Tag als solcher auch tatsächlich in Empfang genommen, als die Mitarbeiter der Beklagten aus dem Sammelbehälter den Überweisungsauftrag des Klägers entnahmen und ihn zum Zwecke der Weiterbearbeitung an die Niederlassung in M. sandten. Ein Zugang liegt danach sowohl bei Anwendung des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB als auch bei Zugrundelegung der Besonderen Bedingungen der Beklagten, die sich an Art. 64 Abs. 1 Satz 1 ZDRL 2007 orientieren, am Sonnabend vor.

24

b) Anders als das Berufungsgericht meint, schließen weder § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB noch die Regelung in Abschnitt I. Nr. 4 Abs. 2 der Besonderen Bedingungen der Beklagten den Zugang des Zahlungsauftrags an einem Tag aus, der nicht Geschäftstag ist. Sowohl der tatsächliche Eingang in den Empfangsvorrichtungen des Zahlungsdienstleisters als auch ein Zugang nach den Grundsätzen des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB sind unabhängig davon zu bejahen, ob zu dem danach maßgeblichen Zeitpunkt auch eine Ausführung des Zahlungsauftrags erfolgen kann. Insbesondere die Möglichkeit der Kenntnisnahme setzt - was der vorliegende Fall zeigt - nicht den für die abschließende Bearbeitung des Bankgeschäfts erforderlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB voraus.

25

aa) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB ("Fällt der Zeitpunkt des Zugangs nicht auf einen Geschäftstag..."), der gerade voraussetzt, dass ein Zugang an einem Tag stattgefunden hat, der nach der Organisation der Bank kein Geschäftstag ist (vgl. Erman/Graf von Westphalen, BGB, 15. Aufl., § 675n Rn. 3). Danach bestimmt die Norm (allein) für einen nicht an einem Geschäftstag erfolgten Zugang einen vom tatsächlichen "Zugangszeitpunkt" (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 107) abweichenden maßgeblichen Zeitpunkt für die aus dem Zugang resultierenden Rechtsfolgen. Sie regelt dagegen nicht den Zeitpunkt, an welchem nur mit einer Kenntnisnahme des Zahlungsauftrags durch den Empfänger zu rechnen ist (so aber Staudinger/Omlor, BGB, Neubearbeitung 2012, § 675n Rn. 6; Schmieder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 49 Rn. 15, 15a; PWW/Fehrenbacher, BGB, 13. Aufl., § 675n Rn. 3), und enthält auch keine abschließende gesetzliche Regelung zur Möglichkeit der Kenntnisnahme durch den Zahlungsdienstleister als Erklärungsempfänger (so aber Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 675n Rn. 3).

26

bb) Nur eine wortlautgetreue Auslegung des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB steht zudem in Einklang mit Art. 64 Abs. 1 ZDRL 2007, der durch § 675n Abs. 1 BGB in deutsches Recht umgesetzt worden ist (BT-Drucks.16/11643 S. 107). Gemäß Art. 64 Abs. 1 Satz 1 ZDRL 2007 galt als Zeitpunkt des Eingangs der Zeitpunkt, zu dem der Zahlungsauftrag beim Zahlungsdienstleister des Zahlers einging. Für den Fall, dass der Zeitpunkt des Eingangs nicht auf einen Geschäftstag des Zahlungsdienstleisters fiel, bestimmte Art. 64 Abs. 1 Satz 2 ZDRL 2007, dass der Zahlungsauftrag "so behandelt" werde, als sei er am darauffolgenden Geschäftstag eingegangen. Dies setzt aber voraus, dass der tatsächliche Eingang eines Zahlungsauftrags auch an einem Tag erfolgen kann, der kein Geschäftstag ist.

27

Dies ergibt sich schließlich auch aus einer systematischen Auslegung der in § 675n Abs. 1 BGB getroffenen Regelungen. In Umsetzung des Art. 64 Abs. 1 Satz 3 ZDRL 2007 ermöglicht § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB dem Zahlungsdienstleister eine Verlegung des Eingangszeitpunkts für Zahlungsaufträge, die nach einem bestimmten Zeitpunkt nahe am Ende eines Geschäftstags eingehen. Danach kann der Zahlungsdienstleister festlegen, dass solche Zahlungsaufträge als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen gelten. Der tatsächliche Zugang des Auftrags - hier am Ende eines Geschäftstags - wird hierdurch nicht in Frage gestellt. Ganz im Gegenteil setzt die Anwendbarkeit der Vorschrift voraus, dass der Zahlungsauftrag dem Zahlungsdienstleister am Geschäftstag zugegangen ist, um aufgrund der Festlegung des Zahlungsdienstleisters hinsichtlich der Frist des § 675s Abs. 1 BGB erst am darauf folgenden Geschäftstag "als zugegangen zu gelten". Es bedürfte - jedenfalls bei Zugrundelegung des nach herrschender Ansicht geltenden Zugangsbegriffs des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB - ansonsten nicht dieser Regelung. Dass im Rahmen des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB zwischen dem Zeitpunkt des Zugangs und einer Verschiebung dieses Zeitpunkts ebenso zu unterscheiden ist, ist nach der Gesetzessystematik geboten.

28

Die Ersetzung der Zahlungsdiensterichtlinie 2007 durch die Zahlungsdiensterichtlinie 2015 hat daran nichts geändert. Art. 78 Abs. 1 Satz 3 ZDRL 2015 bestimmt entsprechend Art. 64 Abs. 1 Satz 2 ZDRL 2007 und dem bei der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie 2015 unverändert gebliebenen § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der Zahlungsauftrag als am darauf folgenden Geschäftstag eingegangen "gilt", wenn der "Zeitpunkt des Eingangs" nicht auf einen Geschäftstag fällt. Art. 78 Abs. 1 Satz 4 ZDRL 2015 gibt dem Zahlungsdienstleister weiterhin die Möglichkeit festzulegen, dass Zahlungsaufträge, die nach einem bestimmten Zeitpunkt nahe dem Ende des Geschäftstages "eingehen", als am darauf folgenden Geschäftstag eingegangen "gelten".

29

cc) Sowohl § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB als auch § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB erfordern damit für die Verlegung des grundsätzlich nach § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB zu bestimmenden Zeitpunkts des Zugangs, dass letzterer - entweder an einem "Nicht-Geschäftstag" (§ 675n Abs. 1 Satz 2 BGB) oder an einem Geschäftstag (§ 675n Abs. 1 Satz 3 BGB) - bereits erfolgt ist. Ein unterschiedliches Verständnis lassen Wortlaut und Systematik dieser Vorschriften, auch unter Berücksichtigung von Art. 64 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZDRL 2007 und Art. 78 Abs. 1 Satz 3 und 4 ZDRL 2015, nicht zu. Dass eine Kenntnisnahme bei Zugrundelegung eines sich nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB richtenden Zugangs in aller Regel nur an Geschäftstagen zu erwarten und der Anwendungsbereich des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB damit begrenzt ist, steht dem nicht entgegen (vgl. MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675n Rn. 11; MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 20; aA BeckOK BGB/Schmalenbach, 49. Edition, § 675n Rn. 4).

30

c) Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Zeitpunkt des Zugangs des Zahlungsauftrags vom 22. Februar 2014 gemäß § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB auf den darauffolgenden Geschäftstag, d.h. den 24. Februar 2014, verlegt ist, weil der 22. Februar 2014 - ein Sonnabend - kein Geschäftstag der Beklagten war. Die Regelung gilt - was die Beklagte in Abschnitt I. Nr. 5 Abs. 1 i.V.m. Nr. 4 Abs. 1 und 2 ihrer Besonderen Bedingungen übernommen hat - auch für den Fall, dass der Zeitpunkt des Zugangs des Auftrags im Rahmen des § 675p Abs. 1 BGB zu bestimmen ist.

31

aa) § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB enthält im Gegensatz zu § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB nicht die Einschränkung, dass die Verschiebung des Zugangszeitpunkts auf den darauf folgenden Geschäftstag nur für die Zwecke einer bestimmten Vorschrift (§ 675s Abs. 1 BGB) gilt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB ausnahmslos Anwendung findet, soweit der Zeitpunkt des Zugangs des Zahlungsauftrags - wie in § 675p Abs. 1 BGB - für den Zahlungsdienstnutzer oder Zahlungsdienstleister Rechtsfolgen auslöst (im Ergebnis ebenso MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 9, 44 und § 675p Rn. 12; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 675p Rn. 2; PWW/Fehrenbacher, BGB, 13. Aufl., § 675p Rn. 2; Schmieder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 5. Aufl., § 49 Rn. 15a).

32

Dies ist auch sachlich geboten. Wird durch § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB der Zeitpunkt des Zugangs und damit der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Auftrags auf den darauf folgenden Geschäftstag verschoben, entspricht es dem Grundgedanken des § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der Zahlungsdienstnutzer in diesem Fall bis zum hinausgeschobenen Zeitpunkt den Auftrag widerrufen kann. Wird mit der Bearbeitung des Auftrags vor seinem Wirksamwerden begonnen, obliegt es dem Zahlungsdienstleister sicherzustellen, dass er eine ihm bis zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB zugegangene gegenteilige Weisung des Zahlungsdienstnutzers noch beachtet. § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB verlegt den Zeitpunkt des Zugangs demgegenüber ausschließlich für die Rechtsfolgen aus § 675s Abs. 1 BGB; die weiteren mit dem Wirksamwerden des Auftrags ausgelösten Rechtsfolgen wie etwa der Ausschluss der Widerruflichkeit nach § 675p Abs. 1 BGB werden nicht berührt. Vielmehr ermöglicht es § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB dem Zahlungsdienstleister, Aufträge, die nach Ablauf der täglichen Annahmefrist zugehen, schon auszuführen, ohne sie am darauffolgenden Geschäftstag nochmals mit bis dahin zugehenden Widerrufserklärungen abgleichen zu müssen (MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675p Rn. 12; vgl. Schmieder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 5. Aufl., § 49 Rn. 15a).

33

bb) Soweit teilweise abweichend vertreten wird, dass sich der Zugang des Zahlungsauftrags im Rahmen des § 675p Abs. 1 BGB ausschließlich nach § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB richtet, um den Zahlungsdienstleister nach dem "tatsächlichen Zugang" oder nach dem "Eingang" des Auftrags vor ansonsten eventuell erforderlichen manuellen Eingriffen in den Bearbeitungsprozess zu schützen (so MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675p Rn. 7; BeckOGK/Zahrte, Stand 1. Januar 2019, § 675p Rn. 19; Soergel/Werner, BGB, 13. Aufl., § 675p Rn. 2, 10; Erman/Graf von Westphalen, BGB, 15. Aufl., § 675p Rn. 2; Langenbucher in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl., § 675p Rn. 4), wird die Systematik des § 675n Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht hinreichend beachtet. Diese Ansichten lassen zudem unberücksichtigt, dass ein erheblicher organisatorischer Aufwand für die Überprüfung von Zahlungsaufträgen, die an einem Tag, der nicht Geschäftstag ist, zugegangen sind, schon deshalb nicht besteht, weil ein Abgleich nur mit den bis zum Beginn des darauffolgenden Geschäftstags nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zugegangenen Widerrufserklärungen vorzunehmen ist. Durch das Erfordernis des Zugangs des Widerrufs ist sichergestellt, dass der Zahlungsdienstleister die Möglichkeit zur Kenntnisnahme vom Widerruf hat, bevor der Zahlungsauftrag in den für seine endgültige Ausführung erforderlichen Geschäftsbetrieb gelangt.

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d) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Berufungsgericht den Geschäftstag als Kalendertag angesehen hat, so dass der Zahlungsauftrag des Klägers gemäß § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB am Montag, den 24. Februar 2014, um 0.00 Uhr als zugegangen gilt.

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aa) Geschäftstag ist gemäß § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB jeder Tag, an dem der an der Ausführung eines Zahlungsvorgangs beteiligte Zahlungsdienstleister den für die Ausführung von Zahlungsvorgängen erforderlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Der Umfang des erforderlichen Geschäftsbetriebs richtet sich nach den Anforderungen des jeweils in Rede stehenden Zahlungsvorgangs, dessen Ausführung erfolgen können muss. Entscheidend ist, dass der Zahlungsdienstleister an dem jeweiligen Tag die für die Ausführung des einzelnen Zahlungsauftrags erforderlichen sachlichen und personellen Vorkehrungen bereithält und damit die konkrete Ausführung des Zahlungsauftrags ermöglicht (Senatsurteil vom 17. Oktober 2017 - XI ZR 419/15, BGHZ 216, 184 Rn. 23 mwN).

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Die Beklagte hat in Erfüllung ihrer Informationspflicht nach Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EGBGB in Nummer 13.1. ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses als Geschäftstag die Tage bestimmt, an denen sie den für die Ausführung eines Zahlungsvorgangs erforderlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Sie hat weiter mitgeteilt, dass sie den für die Ausführung von Zahlungen erforderlichen Geschäftsbetrieb an allen Werktagen, mit Ausnahme von Sonnabenden und dem 24. und 31. Dezember unterhält. Als Werktag gilt im allgemeinen Sprachgebrauch jeder Tag, der nicht Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist. Der Werktag ist - wie die Regelungen der §§ 187 ff. BGB und insbesondere des § 193 BGB zeigen - nicht auf die Arbeits- oder übliche Geschäftszeit (vgl. dazu § 358 HGB) beschränkt. Entsprechend den Grundsätzen der § 187 Abs. 1, § 188 BGB beginnt er um 0.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr. Insoweit hat die Beklagte in Nummer 13.1. ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses - was sich im Umkehrschluss auch aus dem Hinweis auf die von den Geschäftstagen abweichenden Öffnungszeiten ergibt - als Geschäftstag den (vollen) Kalendertag bestimmt. Dies entspricht der Regelung des § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB.

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bb) Der gegenteiligen Auffassung, wonach sich der Geschäftstag nicht tageweise bestimmt, sondern nur der Zeitraum innerhalb eines Kalendertags erfasst sein soll, in dem die für das Bankgeschäft jeweils zuständige Stelle des Zahlungsdienstleisters den Geschäftsbetrieb unterhält (so BeckOK BGB/Schmalenbach, 49. Edition, § 675n Rn. 6; MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 26, 41; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearbeitung 2012, § 675n Rn. 10; Soergel/Werner, BGB, 13. Aufl., § 675n Rn. 2), steht bereits der Wortlaut des § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB entgegen. Geschäftstag ist - in Umsetzung des Art. 4 Nr. 27 ZDRL 2007 wie auch des Art. 4 Nr. 37 ZDRL 2015 - danach jeder "Tag", an dem der Zahlungsdienstleister den für die Ausführung von Zahlungsvorgängen erforderlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Danach wird der Geschäftstag gerade nicht auf die Zeiten beschränkt, in denen die Zahlungsvorgänge abhängig von den Öffnungszeiten der Filiale oder sonstiger zur Ausführung der Aufträge eingerichteter Stellen der Bank tatsächlich bearbeitet werden.

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cc) Aus den Gesetzesmaterialien zu § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB folgt nichts anderes. Zwar wird in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu dieser Regelung erörtert, welche mit dem Zahlungsempfänger in Kontakt tretende Stelle des Zahlungsdienstleisters den Geschäftsbetrieb unterhalten oder "Geschäftszeiten" anbieten muss, damit ein Geschäftstag im Sinne des § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB vorliegt (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 107 f.). Der Geschäftstag sollte dadurch, dass bei der Bestimmung der maßgeblich beteiligten organisatorischen Stelle ein konkret-individueller Maßstab angelegt wird, aber nicht auf die jeweiligen Öffnungs- und Geschäftszeiten dieser Stelle begrenzt werden. Ziel des Gesetzgebers war es lediglich zu gewährleisten, dass regionale Besonderheiten (nicht-bundesweite Feiertage, Brauchtumstage wie Karneval u.a.) berücksichtigt, mithin gegebenenfalls unterschiedliche Geschäftstage als solche für ein- und denselben Zahlungsdienstleister ausgewiesen werden können (MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 32 f.; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 675n Rn. 4).

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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien zu § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB, wonach das "Ende des Geschäftstags" so zu verstehen sei, dass auf die "üblichen Schließungszeiten für den physischen Publikumsverkehr" abgestellt werden könne (BT-Drucks. 16/11643 S. 107; vgl. dazu auch BeckOK BGB/Schmalenbach, 49. Edition, § 675n Rn. 5; MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 26, 41; MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675n Rn. 15). Mit der in § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB verwendeten Formulierung "nahe am Ende des Geschäftstages" mag im Falle von beleghaften Zahlungsaufträgen verbunden sein, dass sich der Annahmeschluss für diese Zahlungen, die sogenannte Cut-off-Zeit, an den üblichen Arbeitszeiten der die Aufträge entgegennehmenden Filiale orientiert. Indem der Zahlungsdienstleister den Zeitpunkt vor Schließung der Filiale legt, kann er die bei der Filiale bis dahin eingehenden beleghaften Zahlungsaufträge tatsächlich noch am selben Geschäftstag ausführen. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass "je nach Zahlungsdienst bei ein und demselben Zahlungsdienstleister ein unterschiedlich langer Geschäftstag" (BeckOK BGB/Schmalenbach, 49. Edition, § 675n Rn. 6) vorliegt. § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB ermöglicht es - auch nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 16/11643 S. 107 f.) - allein, im Hinblick auf die einzuhaltende Ausführungsfrist des § 675s Abs. 1 BGB, das "nahe Ende" eines stets bis 24.00 Uhr dauernden Geschäftstages nach den Besonderheiten des für das jeweilige Bankgeschäft vorzuhaltenden Geschäftsbetriebs zu regeln. Im Zahlungsverkehr über das Internet oder über Terminals in Automatenfilialen, die 24 Stunden geöffnet sind, haben sich die Cut-off-Zeiten demzufolge daran auszurichten, wann dort die erforderlichen sachlichen oder personellen Vorkehrungen bereitgehalten werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 2017 - XI ZR 419/15, BGHZ 216, 184 Rn. 23 ff. mwN).

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dd) Schließlich lassen auch die weiteren Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinien sowie die entsprechend umgesetzten nationalen Normen, die den Begriff des Geschäftstags verwenden, keine abweichende Auslegung zu. Dort wird ausnahmslos der Geschäftstag als (voller) Kalendertag verstanden. Dass ausgerechnet in § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB, der für den Geschäftstag eine Legaldefinition enthält, etwas anderes gemeint sein soll, ist aus Gründen der Gesetzessystematik fernliegend.

41

So ordnet in Umsetzung des Art. 69 Abs. 1 ZDRL 2007 (nunmehr Art. 83 Abs. 1 ZDRL 2015) § 675s Abs. 1 Satz 1 BGB an, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, spätestens am Ende des folgenden Geschäftstags dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wird. Die Wendung "Ende des folgenden Geschäftstags" meint erkennbar nicht das Ende des Arbeitstages einer beteiligten Stelle des Zahlungsdienstleisters, sondern das Ende des Kalendertages, an dem der erforderliche Geschäftsbetrieb für die Ausführung des Zahlungsvorgangs unterhalten worden ist.

42

Weiter können nach § 675s Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB in Umsetzung des Art. 68 Abs. 2 Satz 2, Art. 69 Abs. 1 Satz 3 ZDRL 2007 (nunmehr Art. 82 Abs. 2 Satz 2, Art. 83 Abs. 1 Satz 2 ZDRL 2015) der Zahler und der Zahlungsdienstleister eine Frist von maximal vier Geschäftstagen vereinbaren oder die Frist für in Papierform ausgelöste Zahlungsvorgänge um einen weiteren Geschäftstag verlängern. Eine Frist bezeichnet einen Zeitraum, innerhalb dessen oder nach dem ein bestimmtes Ereignis eintreten oder eine bestimmte Handlung - hier die Ausführung des Zahlungsvorgangs - vorgenommen werden soll. Würde Geschäftstag mit dem Zeitraum gleichgesetzt, in dem der Zahlungsdienstleister tatsächlich einen Geschäftsbetrieb zur Ausführung des jeweiligen Zahlungsvorgangs vorhält, müsste konsequenterweise nur diese Zeit zu einer zeitlichen Verlängerung führen. Ein solches Verständnis legen die Vorschriften indes nicht zugrunde. Sie stellen entsprechend §§ 187 f., 190 BGB auf eine tageweise Verlängerung, jeweils mit Ablauf des Tages um 24.00 Uhr, ab, nicht aber auf die Verlängerung eines Zeitraumes um jeweils weitere gleich lange Zeiträume.

43

Auch § 675x Abs. 5 BGB (vgl. Art. 63 Abs. 2 ZDRL 2007, Art. 77 Abs. 2 ZDRL 2015), wonach eine Verpflichtung zur Erstattung oder Mitteilung der Ablehnung "innerhalb von zehn Geschäftstagen" nach Erhalt eines Erstattungsverlangens besteht, setzt volle Kalendertage voraus. Es liegt fern, eine Zahlung oder ablehnende Mitteilung nur während der Öffnungs- oder Arbeitszeiten der nach § 675n Abs. 1 Satz 4 BGB zu bestimmenden Stelle vorzusehen. Entsprechendes gilt für § 675t Abs. 1 Satz 2 BGB (Art. 73 Abs. 1 ZDRL 2007 bzw. Art. 87 Abs. 1 ZDRL 2015); das Wertstellungsdatum kann nur durch einen Kalendertag angegeben werden, nicht aber durch einen zeitlich eingegrenzten Zeitraum.

44

ee) Praktische Erwägungen gebieten die Beschränkung des Geschäftstages auf die Geschäftszeiten der den Auftrag entgegennehmenden oder bearbeitenden Stelle nicht. Der Zahlungsdienstleister ist nach den Zahlungsdiensterichtlinien verpflichtet, die Zahlungsaufträge schnell und effektiv zu erledigen. Dementsprechend sind ihm mit Art. 69 ZDRL 2007, Art. 83 ZDRL 2015, § 675s Abs. 1 BGB strenge Ausführungsfristen vorgegeben worden. Der Zahlungsbetrag soll regelmäßig spätestens am Ende des auf den Zugangszeitpunkt des Zahlungsauftrags folgenden Geschäftstags beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingehen. Ob diese Ausführungsfristen eingehalten werden können, ist aber davon unabhängig, zu welcher Tageszeit eines Geschäftstages die Bank ein Zahlungsauftrag erreicht. Bei einem Zu- oder Eingang des Zahlungsauftrags an einem Tag, der nicht Geschäftstag der Bank ist, hilft § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB. Für den Eingang von Zahlungsaufträgen kurz vor Geschäftsschluss eröffnet das Gesetz dem Zahlungsdienstleister die Möglichkeit einer Cut-off-Regelung gemäß § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB.

45

ff) Der Senat kann die Frage, welchen Zeitraum der Geschäftstag erfasst, ohne Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV selbst entscheiden. Zwar setzt § 675n Abs. 1 BGB die Vorgaben des Art. 4 Nr. 27 ZDRL 2007 (nunmehr Art. 4 Nr. 37 ZDRL 2015) sowie Art. 64 Abs. 1 ZDRL 2007 (nunmehr Art. 78 Abs. 1 ZDRL 2015) in deutsches Recht um. Einer Vorlage bedarf es aber dann nicht, sofern die richtige Auslegung und die Reichweite des Unionsrechts derart offenkundig sind, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (Senatsurteile vom 22. Mai 2012 - XI ZR 290/11, BGHZ 193, 238 Rn. 33, vom 27. November 2012 - XI ZR 439/11, BGHZ 195, 375 Rn. 27 ff., vom 17. Dezember 2013 - XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 Rn. 20 und vom 12. September 2017 - XI ZR 590/15, WM 2017, 2013 Rn. 36 mwN). Dies ist hier - wie dargelegt - aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Art. 4 Nr. 27 ZDRL 2007 sowie der Regelungssystematik und des Regelungszwecks des Art. 64 Abs. 1 ZDRL 2007 der Fall.

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3. Zwischen den Parteien wurde - was das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - auch keine wirksame Vereinbarung mit dem Inhalt getroffen, dass der Kläger nach Zugang des Überweisungsauftrags noch zum Widerruf berechtigt sein sollte. Eine solche Vereinbarung setzt voraus, dass der Bank von ihrem Kunden - wie auch das Verhalten der Beklagten zeigt - nicht nur der richtige Zahlungsempfänger und die richtige Empfängerbank, sondern auch der richtige Überweisungsbetrag genannt werden. Dies war hier nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts nicht der Fall. Für die Vereinbarung nur eines Teilwiderrufs fehlt es bereits deswegen an einem entsprechenden Erklärungswillen beider Parteien, weil das Zahlungsdiensterecht grundsätzlich von einer Vollerstattung ausgeht (vgl. § 675u Satz 2, § 675x Abs. 5 Satz 1, § 675y Abs. 1 Satz 1 BGB).

Ellenberger

Grüneberg

Maihold

Menges

Derstadt

Von Rechts wegen

Verkündet am: 19. März 2019

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