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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 22.11.2017, Az.: RiZ 2/16
Besorgnis der Befangenheit eines Richters aufgrund von Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters (hier: dienstliche Bekanntschaft)
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 22.11.2017
Referenz: JurionRS 2017, 27337
Aktenzeichen: RiZ 2/16
ECLI: ECLI:DE:BGH:2017:221117BRIZ2.16.0

Verfahrensgegenstand:

Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht

BGH, 22.11.2017 - RiZ 2/16

Redaktioneller Leitsatz:

Befangenheit ist zu besorgen, wenn aus der Sicht eines Verfahrensbeteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Eine Bekanntschaft oder lockere Freundschaft des Richters zu einem Verfahrensbeteiligten stellt allerdings regelmäßig noch keine für eine Besorgnis der Befangenheit ausreichende besondere persönliche Beziehung dar.

Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat am 22. November 2017 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Mayen, den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Karczewski, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges, den Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Schneider und den Richter am Bundesfinanzhof Dr. Geserich
beschlossen:

Tenor:

Die Erklärung des Vorsitzenden Richters am Bundesfinanzhof Prof. Dr. J. vom 14. September 2017 rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, Richterin am Bundesfinanzhof, hat in einem bei dem Senat anhängigen Prüfungsverfahren die nichtständige Beisitzerin, Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof Prof. Dr. J. , wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

2

Der nach dem Geschäftsverteilungsplan als ihr erster Vertreter zur Mitwirkung an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufene Vorsitzende Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. J. hat angezeigt, er sei seit vielen Jahren mit der Antragstellerin befreundet. Er sei mit ihr zusammen Anfang der neunziger Jahre im Bundesministerium der Finanzen tätig gewesen. Die Antragstellerin und er hätten in zwei verschiedenen Abteilungen gearbeitet und gelegentlich an Sitzungen im Bundesministerium der Finanzen oder an Arbeitsgruppensitzungen in Brüssel teilgenommen, da ihrer beider Zuständigkeit die Steuerharmonisierung betroffen habe. Seit dieser Tätigkeit verbinde die Antragstellerin und ihn nicht nur eine dienstliche Bekanntschaft, sondern auch eine gewisse Freundschaft, wobei sie seit dem Jahr 2005 Kollegen am Bundesfinanzhof seien. Eine besondere persönliche Beziehung, die über eine eher lockere Freundschaft - mit dienstlich veranlassten Begegnungen und seltenen gemeinsamen Essen - hinausgehe, bestehe zwischen der Antragstellerin und ihm jedoch nicht.

II.

3

Die in der Erklärung mitgeteilten Gründe, über die der Senat zunächst und unter Beteiligung des zweiten Vertreters von Vorsitzender Richterin am Bundesfinanzhof Prof. Dr. J. entscheidet (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334 [ Rn. 12] und Beschluss vom 25. April 2014 - 1 StR 13/13, Rn. 37, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 59, 205; BVerwG, Beschluss vom 15. März 2017 - 2 WD 13/16, Rn. 5 f.; MünchKommZPO/Stackmann, 5. Aufl., § 45 Rn. 6), rechtfertigen nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. e, § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 54 Abs. 1 VwGO, §§ 48, 42 Abs. 2 ZPO nicht die Besorgnis der Befangenheit.

4

Befangenheit ist zu besorgen, wenn aus der Sicht eines Verfahrensbeteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Besondere persönliche Beziehungen des Richters zu einem Verfahrensbeteiligten können geeignet sein, ein solches Misstrauen eines Verfahrensbeteiligten in die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Bekanntschaft oder lockere Freundschaft stellt allerdings regelmäßig noch keine für eine Besorgnis der Befangenheit ausreichende besondere persönliche Beziehung dar (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2015 - RiZ(R) 1/15, - RiZ(R) 2/15 und - RiZ(R) 3/15, jeweils Rn. 3 mwN).

5

Die von Vorsitzendem Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. J. angezeigten Umstände begründen die Besorgnis der Befangenheit nicht, weil danach eine über eine lockere Freundschaft hinausreichende persönliche Beziehung zur Antragstellerin nicht besteht.

Mayen

Karczewski

Menges

Schneider

Geserich

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