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Bundesgerichtshof
Urt. v. 21.06.2016, Az.: X ZR 42/15
Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit wegen der Prozesskosten bei der Inanspruchnahme wegen einer Patentverletzung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 21.06.2016
Referenz: JurionRS 2016, 22377
Aktenzeichen: X ZR 42/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:210616UXZR42.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Düsseldorf - 25.02.2015 - AZ: I-2 U 55/14

BGH, 21.06.2016 - X ZR 42/15

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Dr. Bacher, die Richterin Schuster, den Richter Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Februar 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin, die die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch nimmt, Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten hat.

2

Die Klägerin ist Tochter einer US-amerikanischen Muttergesellschaft mit Sitz in Reno (Nevada) und im irischen Handelsregister als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach irischem Recht eingetragen. Im Jahr 2012 verkaufte die Muttergesellschaft das operative Geschäft der Klägerin. Im Jahr darauf erwarb sie ein etwa 1000 Schutzrechte umfassendes Patentportfolio, das sie im Februar 2014 auf die Klägerin übertrug. Diese ist seither mit der Verwaltung, Lizenzierung und - soweit erforderlich - klageweisen Durchsetzung des Patentportfolios, zu dem auch das Klagepatent gehört, in Europa und Korea betraut.

3

Als satzungsmäßiger Sitz der Klägerin ist die Adresse einer Rechtsanwaltskanzlei in Dublin registriert. Als Geschäftssitz hat die Klägerin vor dem Landgericht eine hiervon abweichende Adresse in Dublin angegeben, wo sie ein Büro bei einem Office-Dienstleister angemietet hatte, der für die Mieter Lieferungen und Postsendungen annimmt. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Klägerin einen Mietvertrag über Geschäftsräume unter der im Urteilsrubrum angegebenen Adresse in Dublin abgeschlossen.

4

Das vertretungsberechtigte Organ der Klägerin (board of directors) besteht aus den Geschäftsführern S. S. und P. R. . Der Geschäftsführer S. arbeitet hauptsächlich in einem in seiner Privatwohnung in Turku (Finnland) eingerichteten Büro. Er ist gleichzeitig Vizepräsident der Muttergesellschaft der Klägerin und bei dieser für den Bereich Lizenzen und Standards zuständig. Der Geschäftsführer R. , der seinen Wohnsitz in Dublin hat und seit dem 24. Juni 2014 bei der Klägerin beschäftigt ist, war für diese zunächst als unternehmensinterner Rechtsberater (legal counsel) tätig. Ende 2014 wurde er anstelle des bisherigen zweiten Geschäftsführers der Klägerin E. V. , der als in Reno ansässiges Mitglied des Vorstands der Muttergesellschaft bei der Klägerin tatsächlich keine Geschäftsführungsaufgaben wahrgenommen hatte, zum Geschäftsführer (director) der Klägerin bestellt. Seit August 2014 beschäftigt die Klägerin in Dublin außerdem eine Buchhalterin.

5

Das Landgericht hat den Antrag der Beklagten, der Klägerin die Leistung einer Prozesskostensicherheit aufzugeben, mit Zwischenurteil zurückgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

8

Die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Klägerin, Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten, seien nicht gegeben. Nachdem die gesetzliche Regelung hierfür an den gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers anknüpfe, komme es dementsprechend bei einer juristischen Person wie der Klägerin auf den Sitz des Unternehmens an. Prozesskostensicherheit sei danach nur zu leisten, wenn sich der Sitz des klagenden Unternehmens nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) befinde, wobei nicht der satzungsmäßige, sondern der tatsächliche Verwaltungssitz maßgebend sei. Dieser sei an dem Ort anzunehmen, an dem zum einen die Möglichkeit für Zustellungen an den Kläger gegeben sei und zum anderen der geschäftsführende Entscheidungsträger des Klägers tätig werde. Die Existenz einer zustellungsfähigen Anschrift in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens sei eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Annahme eines Verwaltungssitzes in einem dieser Staaten. Auch wenn die Prozesskostensicherheit nicht davor schütze, dass der Vollstreckungszugriff mangels werthaltiger Vollstreckungsobjekte des Klägers scheitere, verknüpfe das Gesetz - in einer rein typisierenden Betrachtung - mit dem tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung doch die angenommene Anwesenheit von Vermögenswerten, die dem obsiegenden Beklagten bei der Realisierung seines Kostenerstattungsanspruchs als Vollstreckungsobjekt dienen könnten. Ließe man bereits eine Zustellmöglichkeit für die Annahme eines Verwaltungssitzes ausreichen, wäre nicht einmal die theoretische Aussicht auf ein Zugriffsobjekt für eine Zwangsvollstreckung in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum gegeben und der Beklagte wäre von vorneherein auf eine Zwangsvollstreckung außerhalb Europas angewiesen. Umgekehrt könne ein Verwaltungssitz auch nicht an der Wirkungsstätte des Geschäftsführers angenommen werden, wenn dort keine Zustellmöglichkeit bestehe, so wenn der Geschäftsführer beispielsweise in seiner privaten Unterkunft ein Büro unterhalte. Fielen der Ort der Zustellmöglichkeit und der Tätigkeitsort des geschäftsführenden Entscheidungsträgers auseinander, lasse sich kein tatsächlicher Verwaltungssitz ausmachen. In diesem Fall sei der Kläger, auch wenn sich beide Orte in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum befänden, ebenso zur Leistung von Prozesskostensicherheit verpflichtet, wie wenn er seinen Verwaltungssitz in einem Drittstaat hätte. Seien mehrere Geschäftsführer vorhanden, die das operative Geschäft gemeinschaftlich oder arbeitsteilig erledigten, genüge es, wenn der Tätigkeitsort nur eines von ihnen mit dem Zustellungsort zusammenfalle. Dadurch sei dem Zweck der Prozesskostensicherheit gedient, weil zu erwarten sei, dass sich dort, wo auch nur einer von mehreren Geschäftsführern residiere und die Voraussetzungen für eine Zustellmöglichkeit gegeben seien, typischerweise Vermögenswerte befänden, die als Vollstreckungsobjekte für den Beklagten taugten. Unerheblich sei, welches Gewicht die Beiträge des am Zustellungsort residierenden Geschäftsführers im Vergleich zu denen eines oder mehrerer weiterer Mitgeschäftsführer hätten; es genüge, dass der Geschäftsführer am Zustellungsort überhaupt in das operative Geschäft des Klägers verantwortlich eingebunden sei.

9

Die Klägerin habe ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Dublin, weil dort Zustellungen an die Klägerin wirksam vorgenommen werden könnten und - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - der Mitgeschäftsführer R. an diesem Ort das operative Geschäft der Klägerin verantwortlich und weisungsfrei betreibe.

10

II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO für eine Verpflichtung der Klägerin zur Leistung von Prozesskostensicherheit nicht vorliegen.

11

1. Nach dieser Bestimmung müssen Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit leisten. Bei einer juristischen Person wie der Klägerin richtet sich - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Verpflichtung zur Leistung von Prozesskostensicherheit dementsprechend danach, ob sich der Sitz des Unternehmens in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens befindet.

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2. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob es für die Verpflichtung zur Prozesskostensicherheit, wie das Berufungsgericht angenommen hat, nicht auf den satzungsmäßigen, sondern auf den tatsächlichen Verwaltungssitz ankommt. Denn sowohl als satzungsmäßiger wie auch als tatsächlicher Verwaltungssitz der Klägerin kommt nur ein Ort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union in Betracht.

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a) Ob im Rahmen des § 110 Abs. 1 ZPO auf den satzungsmäßigen Sitz oder auf den tatsächlichen Verwaltungssitz abzustellen ist, ist vom Bundesgerichtshof bisher offen gelassen worden. In den zu beurteilenden Fällen war die Frage nicht entscheidungserheblich, weil sich entweder sowohl der satzungsmäßige Sitz als auch der Verwaltungssitz des Klägers in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union befanden (BGH, Urteil vom 1. Juli 2002 - II ZR 380/00, BGHZ 151, 204, 208 f.) oder die als Unternehmenssitz in Betracht kommenden Orte sämtlich in Drittstaaten belegen waren (BGH, Zwischenurteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148, 149).

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b) Auch im Streitfall kann diese Frage offen bleiben, da die Klägerin in keinem denkbaren Fall zur Leistung von Prozesskostensicherheit verpflichtet ist. Stellt man auf den satzungsmäßigen Sitz ab, kann von der Klägerin Prozesskostensicherheit nicht verlangt werden, weil dieser in Dublin und damit in einem Unionsmitgliedstaat liegt. Sieht man den Verwaltungssitz als maßgeblich an, ist eine Pflicht der Klägerin zur Leistung von Prozesskostensicherheit ebenfalls zu verneinen, da ein Verwaltungssitz außerhalb der Europäischen Union im Streitfall nicht in Betracht kommt.

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aa) Maßgebend dafür, wo eine Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat, ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGH, Urteil vom 21. März 1986 - V ZR 10/85, BGHZ 97, 269, 272; Beschluss vom 10. März 2009 - VIII ZB 105/07, NJW 2009, 1610).

16

bb) Im Streitfall liegen alle entscheidenden Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verwaltungssitzes im Bereich der Europäischen Union.

17

(1) Die Klägerin hat die Führung ihrer Geschäfte zwei Geschäftsführern übertragen, wobei der Geschäftsführer S. seine Tätigkeit vornehmlich in Turku ausübt und der Geschäftsführer R. in Dublin tätig ist. Die Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin wird danach ausschließlich in Irland und Finnland und damit in Mitgliedstaaten der Europäischen Union wahrgenommen, so dass unabhängig davon, wie das Verhältnis und die Beiträge der Geschäftsführer S. und R. zueinander zu bewerten sind, die Klägerin jedenfalls keinen Verwaltungssitz außerhalb der Union hat.

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(2) Zustellungen an die Klägerin können zumindest in ihren Büroräumen in Dublin und damit ebenfalls in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union vorgenommen werden.

19

cc) Unter diesen Umständen ist es weder - wie die Revision meint - erforderlich, zunächst den Schwerpunkt der Geschäftsführertätigkeit festzustellen und danach den effektiven Verwaltungssitz der Klägerin zu bestimmen, noch kommt es - wie das Berufungsgericht angenommen hat - darauf an, ob die Zustellungsmöglichkeit gerade an dem Ort besteht, an dem ein geschäftsführender Entscheidungsträger der Klägerin seine Tätigkeit ausübt. Dementsprechend spielt auch weder eine Rolle, wie die Beiträge der beiden Geschäftsführer der Klägerin im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, noch, ob am Tätigkeitsort des Geschäftsführers S. in Turku die Möglichkeit besteht, der Klägerin Schriftstücke zuzustellen.

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(1) Sinn und Zweck der Prozesskostensicherheit ist es, den obsiegenden Beklagten vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seines Kostenerstattungsanspruchs zu bewahren, die typischerweise bei einer Vollstreckung außerhalb der Europäischen Union oder des Gebietes der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und damit außerhalb der Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-VO) bzw. der für vor dem 10. Januar 2015 eingeleitete Verfahren noch maßgeblichen Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel-I-VO) und des Luganer Übereinkommens auftreten (vgl. BT-Drucks. 13/10871 S. 17). Dieser Zweck wird nicht gefährdet, wenn Unternehmenssitz und Zustellmöglichkeit nicht an einem Ort zusammenkommen, sondern sich an unterschiedlichen Orten innerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums befinden, sei es in unterschiedlichen Mitglied- oder Vertragsstaaten oder an unterschiedlichen Orten innerhalb desselben Staates. Dementsprechend kommt es auch dann, wenn - wie im Streitfall - die Geschäftsführung von mehreren Geschäftsführern an unterschiedlichen Orten wahrgenommen wird, nicht darauf an, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen, solange sich sämtliche Tätigkeitsorte der Geschäftsführer in der Union oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums befinden.

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(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten erfordert der Wortlaut des § 110 Abs. 1 ZPO keine andere Beurteilung. Zwar ist dort vom gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rede. Angesichts des Zwecks des § 110 Abs. 1 ZPO, den Beklagten vor den Schwierigkeiten einer Vollstreckung in einem Drittstaat zu bewahren, ist dies jedoch nicht dahin zu verstehen, dass alle relevanten Anknüpfungspunkte in einem einzigen Mitgliedstaat gegeben sein müssten. Entscheidend ist vielmehr, dass sich Unternehmenssitz und Zustellmöglichkeit auf dem Gebiet der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums befinden und kein Ort in einem Drittstaat als möglicher Unternehmenssitz in Betracht kommt.

22

III. Als in den Rechtsmittelinstanzen unterlegene Partei hat die Beklagte nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht davon abgesehen hat, die Kosten des Berufungsverfahrens in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.

23

1. Nach § 97 Abs. 2 ZPO hat die obsiegende Partei die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen, wenn sie aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt hat, das sie schon in der ersten Instanz hätte geltend machen können. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift kommt - wie auch die Revision nicht in Frage stellt - nicht in Betracht, da die Veränderung in der Geschäftsleitung der Klägerin, die dieser nach der Begründung des Berufungsurteils zum Erfolg verholfen hat, erst im Berufungsverfahren eingetreten ist und daher im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht vorgetragen werden konnte.

24

2. Aber auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheidet entgegen der Auffassung der Revision aus.

25

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bringt § 97 Abs. 2 ZPO einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck und ist daher entsprechend anwendbar, wenn eine Partei erst in der Rechtsmittelinstanz infolge eines in der Rechtsmittelinstanz eingetretenen Umstands obsiegt, der nicht dem Bereich der Gegenpartei, sondern ihrem Bereich zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1959 - IV ZR 103/59, BGHZ 31, 342, 350).

26

b) Für einen Umstand in diesem Sinne genügt jedoch nicht jedes tatsächliche Geschehen, das sich im Einflussbereich einer Partei ereignet. § 97 Abs. 2 ZPO liegt vielmehr der Gedanke zugrunde, dass derjenige mit den Kosten des Rechtsmittelverfahrens belastet werden soll, der ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel unter Verstoß gegen seine Prozessförderungspflicht verspätet geltend macht und damit den Prozess nachlässig führt (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2005 - VIII ZR 174/04, NJW-RR 2005, 866, 867). In dem Fall, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1959 (BGHZ 31, 342) zugrunde lag, konnte der Umstand, der zum Obsiegen des Klägers in der Rechtsmittelinstanz führte (Beitritt des Staatsanwalts als Streitgenosse), nur eintreten, weil der Kläger zuvor die Frist zur Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes seiner Frau versäumt hatte und nach der damaligen Rechtslage dadurch erst die Voraussetzung dafür entstanden war, dass der Staatsanwalt dem Verfahren beitreten und seinerseits das Anfechtungsrecht ausüben konnte.

27

c) Im Streitfall kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, den Prozess nachlässig geführt zu haben. Aus der Prozessförderungspflicht einer Partei lassen sich keine Anforderungen an die personelle Besetzung ihres Vertretungsorgans ableiten. Im Übrigen wäre es der Beklagten unbenommen gewesen, nach dem Wechsel in der Geschäftsführung der Klägerin den Zwischenstreit über die Prozesskostensicherheit für erledigt zu erklären.

Meier-Beck

Bacher

Schuster

Deichfuß

Kober-Dehm

Von Rechts wegen

Verkündet am: 21. Juni 2016

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