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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 19.09.2013, Az.: III ZR 46/13
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch einen Testamentsvollstrecker i. Zshg. mit der Beteilligung des Erblassers an einem Filmfonds
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 19.09.2013
Referenz: JurionRS 2013, 45970
Aktenzeichen: III ZR 46/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Frankfurt am Main - 09.12.2011 - AZ: 2-14 O 236/10

OLG Frankfurt am Main - 14.12.2012 - AZ: 7 U 19/12

BGH, 19.09.2013 - III ZR 46/13

Redaktioneller Leitsatz:

§ 51a WPO a.F. findet - gegebenenfalls nach Maßgabe des § 139b Abs. 1 WPO - in Übergangsfällen auf Schadensersatzansprüche gegen einen Wirtschaftsprüfer wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten aus einem Mittelverwendungskontrollvertrag Anwendung. Ansprüche eines Kapitalanlegers gegen einen Wirtschaftsprüfer verjähren daher in 5 Jahren seit Zeichnung der Kapitalanlage.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2012 gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Hinweisbeschlusses.

Gründe

I.

1

Der Kläger macht als Testamentsvollstrecker für den Nachlass der zwischenzeitlich verstorbenen, vormaligen Klägerin gegen die beklagte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Filmfonds geltend. Die Erblasserin zeichnete am 14. Dezember 2000, am 12. Dezember 2001 und am 11. September 2002 Beteiligungen an dem geschlossenen Medienfonds MBP - mbH & Co. KG (nachfolgend MBP KG II) über insgesamt 204.516,76 € zuzüglich Agio. Die Beteiligungen wurden von einer Treuhandgesellschaft gehalten.

2

Die Anlagen wurden anhand eines Emissionsprospekts vertrieben, aus dem sich unter anderem die Mittelverwendungskontrolle durch eine international tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergab. Diese Aufgabe übernahm die Beklagte. Der Mittelverwendungskontrollvertrag war mit der Fondsgesellschaft und der Treuhänderin abgeschlossenen worden. Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft des Fonds war R. M. .

3

Der zwischen der Fondsgesellschaft MBP KG II, der Treuhänderin und der Beklagten geschlossene Mittelverwendungskontrollvertrag war in dem Emissionsprospekt abgedruckt. § 4 des Vertrags enthielt für den Mittelverwendungskontrolleur detaillierte Regelungen zu den Voraussetzungen der Mittelbereitstellung und -freigabe. Die Bestimmung lautete auszugsweise:

"5.1
Die Freigabe der auf einem Produktionskonto verfügbaren Produktionsmittel zur Zahlung von Produktionskosten zur Herstellung von Kino- und Fernsehfilmen darf nur erfolgen, wenn eine fällige Forderung gegen die MBP KG II aufgrund eines Co-Produktions- oder eines Auftragsproduktionsvertrages besteht. ...
6. Die Freigabe der ersten Rate darf nur erfolgen, wenn
a) die MBP KG II folgende Unterlagen übergeben hat:
aa) unterzeichneter Vertrag über eine unechte Auftragsproduktion sowie abgeschlossener Co-Produktionsvertrag;
ab) Nachweis einer Fertigstellungsgarantie durch Vorlage entsprechender Unterlagen oder Bestätigungserklärungen oder eines Letter of Commitment einer Completion Bond Gesellschaft;
ac) Vorlage von Kopien der Versicherungspolicen der abgeschlossenen Ausfall-, Negativ- bzw. Datenträgerversicherung; ... 11.1 Der Mittelverwendungskontrolleur kann nach pflichtgemäßem Ermessen fällige Beträge für Produktionen auch auszahlen, wenn für die fälligen Beträge ein oder mehrere Nachweise nach diesem Vertrag noch nicht vorliegen und die Auszahlung erforderlich ist und/oder dazu dient, die Einstellung der Produktion und/oder finanzielle Schäden von der MBP KG II und/oder ihren Gesellschaftern abzuwenden.

11.2 Dem Mittelverwendungskontrolleur ist vor Auszahlung eine schriftliche Erklärung des Co-Produzenten der MBP KG II oder des unechten Auftragsproduzenten vorzulegen, die den Eintritt entscheidungsrelevanter Tatsachen i.S.v. § 4 Ziff. 11.1 dieses Vertrages darlegt. Diese Erklärung ist vom Mittelverwendungskontrolleur auf Plausibilität zu prüfen, im übrigen gilt § 3 Ziff. 6 dieses Vertrages."

4

Der Kläger hat behauptet, Mitarbeiter der Beklagten hätten sich an "roadshows" genannten Werbeveranstaltungen für den Fonds beteiligt, die an Vermittler, Finanzdienstleister und Großanleger gerichtet gewesen seien. Bei diesen Veranstaltungen habe der Mitarbeiter B. über die Rolle der Beklagten aufgeklärt und dabei im Zusammenhang mit der Frage des Vertrauensvorschusses beziehungsweise der Sicherung der Verwendung der eingezahlten Gelder betont, dass die Beklagte insbesondere durch die begleitende Ausgabenkontrolle als zweite Säule die wirtschaftliche Seite des Projekts übernehme. Ebenso wie das wirtschaftliche Konzept mit der Beklagten entwickelt worden sei, werde die Durchführung so geschehen, dass ohne Begleitung der Beklagten keine Dispositionen getroffen würden. Diese Informationen könnten an etwaige Anleger weitergegeben werden.

5

Tatsächlich habe die Beklagte jedoch entgegen dem im Prospekt vermittelten Eindruck und im Widerspruch zum Gesamtkonzept der Anlage regelmäßig von § 4 Nr. 11.1 des Mittelverwendungskontrollvertrags Gebrauch gemacht und zudem die in § 4 Nr. 11.2 vorgesehenen Voraussetzungen missachtet. Ferner hat der Kläger eine unterbliebene beziehungsweise fehlerhafte Ermessensausübung durch die Beklagte behauptet. Hätte die Erblasserin hiervon Kenntnis gehabt, hätte sie die Anlagen nicht getätigt.

6

Das Landgericht hat die auf Ersatz des Zeichnungsschadens der Erblasserin gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

II.

7

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und das Rechtsmittel ungeachtet der von den Parteien mit unterschiedlicher Zielrichtung erörterten Frage, ob es unbeschränkt zugelassen worden ist, im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg hat.

8

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine auf bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung beruhende Forderung des Klägers sei jedenfalls verjährt, da die dafür maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist vor Klageerhebung abgelaufen sei. Dessen ungeachtet sei die Beklagte auch nicht prospektverantwortlich. Deshalb bestünden Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn schon dem Grunde nach nicht.

9

Forderungen aus uneigentlicher Prospekthaftung schieden ebenfalls aus. Solche Ansprüche bestünden gegen den, der bei Vertragsverhandlungen als künftiger Vertragspartner, Vertreter, Sachwalter oder Garant unter Benutzung eines mangelhaften Prospekts persönliches Vertrauen in Anspruch genommen habe. Die Beklagte habe mit den Anlegern keine Vertragsverhandlungen geführt; bis zu deren Beitritt habe sie mit Anlageinteressenten keinen Verhandlungskontakt aufgenommen. Soweit der Kläger auf die Beteiligung von Mitarbeitern der Beklagten an "road-shows" hinweise, handle es sich um allgemeine Werbeveranstaltungen unter hauptsächlicher Beteiligung von Vermittlern, nicht aber um konkrete Vertragsverhandlungen mit einzelnen Anlegern. Die Erblasserin habe auch nicht bei einer solchen Werbeveranstaltung von dem Fonds erfahren.

10

Ansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher, durch den Mittelverwendungskontrollvertrag begründeter Aufklärungspflichten seien jedenfalls verjährt. Zwar komme eine Haftung wegen Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten der Anleger in Betracht. Es gelte jedoch zu Gunsten der Beklagten die fünfjährige Verjährungsfrist des § 51a WPO a.F. Diese Vorschrift sei einschlägig, weil die Tätigkeit als Mittelverwendungskontrolleur, wie sie vorliegend ausgestaltet sei, zum Berufsbild des Wirtschaftsprüfers gehöre. Anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Sekundärverjährung, weil diese Grundsätze hier nicht anzuwenden seien.

11

Deliktische Ansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 13 sowie § 266 StGB; § 826 BGB), die der Verjährung nach § 51a WPO a.F. nicht unterlägen, bestünden nicht.

12

Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf die Frage, ob die Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers als Mittelverwendungskontrolleur der fünfjährigen Verjährung des § 51a WPO a.F. unterliegt, zugelassen.

13

2. a) Ein Revisionszulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht mehr. Die vom Berufungsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zutreffend als noch ungeklärt angesehene Rechtsfrage ist mittlerweile durch die Senatsurteile vom 11. April 2013 (III ZR 79/12, WM 2013, 1016; III ZR 80/12, [...]) - zum Nachteil des Klägers - entschieden. Nach diesen Urteilen, die dieselbe Beklagte sowie unter anderem denselben Fonds und denselben Mittelverwendungskontrollvertrag wie im vorliegenden Verfahren betrafen, findet § 51a WPO a.F. - gegebenenfalls nach Maßgabe des § 139b Abs. 1 WPO - auf Schadensersatzansprüche gegen einen Wirtschaftsprüfer wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten aus einem Mittelverwendungskontrollvertrag Anwendung (III ZR 79/12 aaO Rn. 22 ff; III ZR 80/12 aaO Rn. 20 ff). Wegen der Begründung wird auf diese Entscheidungen Bezug genommen.

14

Sonstige Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

15

b) Die Revision des Klägers hat, nachdem über die Anwendbarkeit des § 51a WPO a.F. zu seinem Nachteil entschieden wurde, keine Aussicht auf Erfolg.

16

aa) Ansprüche wegen Verletzung von gegenüber den Anlegern bestehenden Pflichten der Beklagten aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag sind dementsprechend verjährt. Wie das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet ausgeführt hat, war die fünfjährige Verjährungsfrist des § 51a WPO a.F. vor Klageerhebung abgelaufen.

17

bb) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den in Betracht gezogenen Forderungen des Klägers aus Prospekthaftung im engeren Sinn beziehungsweise aus einer Garantenstellung nimmt die Revision hin. Sie sind rechtlich auch nicht zu beanstanden.

18

cc) Entgegen der Ansicht der Revision scheiden Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinn (in der Diktion des Berufungsurteils: aus uneigentlicher Prospekthaftung, so auch z.B. Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 311 Rn. 71) ebenfalls aus. Anders als bei der Prospekthaftung im engeren Sinn genügt nicht das durch den Prospekt vermittelte typisierte Vertrauen des Anlegers in die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben. Erforderlich ist vielmehr die Inanspruchnahme eines darüber hinaus gehenden persönlichen Vertrauens (z.B.: Senatsurteile vom 11. April 2013 - III ZR 79/12 aaO Rn. 34 und III ZR 80/12 aaO Rn. 32; Senatsbeschluss vom 25. Juni 2009 - III ZR 222/08, [...] Rn. 8; BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - XI ZR 41/03, NJW-RR 2005, 23, 25 f). Dies setzt voraus, dass der Betreffende entweder an den Vertragsverhandlungen selbst beteiligt ist oder im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit einem Anspruch auf Vertrauen hervortritt (Senatsbeschluss vom 25. Juni 2009 und BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 jeweils aaO mwN). Die Erblasserin stand nicht im persönlichen Kontakt mit Vertretern der Beklagten. Allerdings setzt die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens nicht stets voraus, dass der Betreffende die Verhandlungen selbst führt. Es genügt, dass er diese von einem anderen für sich führen lässt und dem Vertragspartner gegenüber als die Person erscheint, von deren Entscheidung der Abschluss des Vertrags abhängt (BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 aaO). Jedoch hat das Berufungsgericht in aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung das Vorliegen einer solchen Fallgestaltung verneint. Seine Beurteilung, die Beteiligung von Mitarbeitern der Beklagten an den sogenannten "road-shows" genüge für die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nicht, liegt auf der Hand und wird auch unter erneuter Berücksichtigung des von der Revision insoweit angeführten Sachvortrags in den Vorinstanzen nicht in Frage gestellt. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Anlagevermittler aufgrund der "roadshows" gegenüber den Anlageinteressenten die Bedeutung und die Vertrauenswürdigkeit der Beklagten im Anlagemodell über die im Prospekt enthaltenen Aussagen hinaus herausstellten und dies insbesondere auch gegenüber der Erblasserin erfolgt ist.

19

Auf die weitere Frage, ob die Ansprüche aus einer Prospekthaftung im weiteren Sinn ebenfalls der Verjährungsfrist des § 51a WPO a.F. unterlagen - wofür der von der Revision hervorgehobene Umstand sprechen dürfte, dass das (vermeintlich bestehende) besondere persönliche Vertrauen gerade an die dem Berufsbild des Wirtschaftsprüfers zuzuordnende Tätigkeit der Beklagten als Mittelverwendungskontrolleur anknüpft (vgl. auch BGH, Urteil vom 11. März 1987 - IVa ZR 290/85, BGHZ 100, 132, 135) - kommt es für die Entscheidung nicht mehr an.

20

dd) Entgegen der Ansicht der Revision greifen auch die Grundsätze der Sekundärhaftung nicht zulasten der Beklagten ein (vgl. Senatsurteile vom 11. April 2013 - III ZR 79/12 aaO Rn. 31 und III ZR 80/12 aaO Rn. 29).

21

ee) Ansprüche auf deliktischer Grundlage (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 264a, 27, §§ 263, 13, § 266 StGB und §§ 31, 831 BGB; § 826 BGB) scheiden - wie auch die Revision nicht verkennt - ebenfalls aus. Zwar ist, wie der Senat in seinen Urteilen vom 11. April 2013 ausgeführt hat (III ZR 79/12 aaO Rn. 36 ff; III ZR 80/12 aaO Rn. 34 ff), im Ausgangspunkt eine Haftung der Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 264a, 27 StGB und §§ 826, 830 BGB in Betracht zu ziehen, weil Mitarbeiter der Beklagten, für deren Handlungen sie gemäß § 31 oder § 831 BGB einzustehen hat, an deliktischen Handlungen des R. M. teilgenommen haben könnten. Die Vorinstanz hat jedoch den dafür erforderlichen Vorsatz der Mitarbeiter der Beklagten mit aus Rechtsgründen nicht zu bemängelnden Erwägungen verneint (siehe hierzu auch Senatsbeschluss vom heutigen Tag III ZR 283/12).

Schlick

Herrmann

Tombrink

Remmert

Reiter

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