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Bundesgerichtshof
Urt. v. 26.11.2012, Az.: AnwZ (Brfg) 53/11
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 26.11.2012
Referenz: JurionRS 2012, 30103
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 53/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AGH Baden-Württemberg - 06.09.2011 - AZ: AGH 11/10 (II)

Verfahrensgegenstand:

Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft

BGH, 26.11.2012 - AnwZ (Brfg) 53/11

Redaktioneller Leitsatz:

Ein in Vermögensverfall geratener Rechtsanwalt, der seine Wiederzulassung begehrt, hat seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzutun und zu belegen. Insbesondere muss er eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen vorlegen und im Einzelnen konkret und nachvollziehbar vortragen, ob Forderungen zwischenzeitlich getilgt worden sind oder in welcher Weise er die bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen gedenkt.

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Prof. Dr. König, die Richterin Dr. Fetzer sowie den Rechtsanwalt Dr. Wüllrich und die Rechtsanwältin Dr. Hauger

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 6. September 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft. Er war von 1982 bis 1987 als Rechtsanwalt zugelassen. Im Oktober 1987 wurde die Zulassung wegen Verletzung der Residenzpflicht widerrufen, im Juli 1996 neu erteilt, bevor sie mit durch den Anwaltsgerichtshof Baden-Württemberg am 7. März 1998 bestätigtem Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 1997 wegen Vermögensverfalls abermals widerrufen wurde.

2

Den Antrag des Klägers vom 21. August 2009 auf erneute Zulassung zur Rechtsanwaltschaft hat die Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2010 abgelehnt und seinen Widerspruch mit Bescheid vom 3. August 2010 zurückgewiesen. Die hierauf erhobene Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers.

Entscheidungsgründe

3

Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger ist durch die Ablehnung seiner Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht in seinen Rechten verletzt (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 113 Abs. 5 VwGO).

4

1. Nach § 7 Nr. 9 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn der Bewerber sich in Vermögensverfall befindet. Ein solcher wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bewerbers eröffnet oder dieser in das vom Insolvenzgericht (§ 26 Abs. 2 InsO) oder vom Vollstreckungsgericht (§ 915 ZPO) zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Eine derartige Vermutung besteht im Streitfall nicht mehr.

5

2. Im Hinblick auf den durch den Anwaltsgerichtshof Baden-Württemberg rechtskräftig bestätigten Zulassungswiderruf aus dem Jahr 1997 obliegt dem Kläger aber - was an diesen auch eingedenk der seit dem Zulassungswiderruf verstrichenen Zeit keine unzumutbaren Anforderungen stellt - unabhängig von den Vermutungstatbeständen des § 7 Nr. 9 BRAO die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es ihm infolge zwischenzeitlich eingetretener Umstände gelungen ist, den 1997 eingetretenen Vermögensverfall zu beseitigen. Infolgedessen hat er nun darzulegen und nachzuweisen, dass sich die Sachlage verändert hat, es ihm also gelungen ist, den Vermögensverfall (nachhaltig) zu beseitigen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Dezember 2007 - AnwZ (B) 1/07, [...] Rn. 8, 3; vom 9. Dezember 1996 - AnwZ (B) 35/96, NJW-RR 1997, 1558 m.w.N., und vom 10. Oktober 2011 - AnwZ (BrfG) 10/10, [...] Rn. 26). Hierfür ist zunächst erforderlich, dass der Kläger, der seine Wiederzulassung erstrebt, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend dartut und belegt. Insbesondere muss er eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen vorlegen und im Einzelnen konkret und nachvollziehbar vortragen, ob Forderungen zwischenzeitlich getilgt worden sind oder in welcher Weise er die bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen gedenkt; zudem setzt eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse voraus, dass er über die Begleichung der aufgelaufenen Schulden oder ihre geordnete Rückführung hinaus nachweislich erreicht, dass dauerhaft keine neuen Schulden entstehen, deren ordnungsgemäße Begleichung nicht sichergestellt ist, etwa durch entsprechende Geldmittel oder eingehaltene Zahlungsvereinbarungen mit den jeweiligen Gläubigern (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2011, aaO m.w.N.).

6

3. Nach diesen Maßstäben kann zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2012 - AnwZ (Brfg) 39/11, [...] Rn. 6 m.w.N.) nicht von einer Konsolidierung der finanziellen Verhältnisse des Klägers ausgegangen werden. Entgegen dem Vortrag des Klägers ist dieser nicht "schuldenfrei". Vielmehr bestanden im Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof Kreditverbindlichkeiten von über 485.000 €, die nach seinen - entgegen einer entsprechenden Ankündigung weiterhin nicht belegten - Angaben mit einer monatlichen Zahlung von 2.300 € "getilgt" werden. Dem stehen Mieteinnahmen von monatlich 1.570 € aus einem seiner Ehefrau gehörenden Grundstück, der Monatsverdienst der Ehefrau von 2.210 € sowie Kindergeld und Halbwaisenrente von 468 € gegenüber. In welchem Umfang der Kläger persönlich gegenwärtig Einnahmen aus selbständiger Arbeit erzielt, ist seinem Vortrag nicht hinreichend zu entnehmen.

7

Damit hat der Kläger - wie schon im Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer und vor dem Anwaltsgerichtshof - seinen Darlegungspflichten nicht genügt. Die Vermögenslage des Klägers kann anhand seines Vortrags nicht beurteilt werden. Trotz diesbezüglicher Anordnungen des Senats im Zulassungsbeschluss vom 2. Juli 2012 hat der Kläger keine geordnete Aufstellung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse, keine Aufstellung gegen ihn erhobener Forderungen und keinen Zins- und Tilgungsplan hinsichtlich seiner beträchtlichen Kreditverbindlichkeiten vorgelegt sowie aktuelle Steuererklärungen und Steuerbescheide nicht mitgeteilt. Vielmehr hat er sich auf die Wiederholung seines bisherigen Vortrags beschränkt. Damit bleibt schon offen, wie hoch derzeit die Kreditlast des Klägers ist und ob und in welcher Höhe die von ihm behaupteten Tilgungen erbracht sind. Ferner fehlen Belege, dass er über die geordnete Rückführung der bisherigen Schulden hinaus erreicht, dass dauerhaft keine neuen Schulden entstehen, deren ordnungsgemäße Begleichung nicht sichergestellt ist.

8

Nach alledem bleibt dem Kläger die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen des von ihm nicht ausgeräumten Vermögensverfalls versagt.

9

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser

König

Fetzer

Von Rechts wegen

Verkündet am: 26. November 2012

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