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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 27.09.2011, Az.: 3 StR 296/11
Aufhebung eines strafgerichtlichen Urteils hinsichtlich des Strafausspruchs bei Gefahr der Unberücksichtigung eines gewichtigen strafmildernden Umstands durch das Strafgericht der Vorinstanz
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 27.09.2011
Referenz: JurionRS 2011, 26231
Aktenzeichen: 3 StR 296/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Bückeburg - 27.05.2011

Fundstelle:

NStZ-RR 2011, 370

Verfahrensgegenstand:

Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

BGH, 27.09.2011 - 3 StR 296/11

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Bei der Bemessung der Strafe wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist regelmäßig ein gewichtiger strafmildernder Umstand, dass die für den Absatz bestimmten Betäubungsmittel sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen werden konnten.

  2. 2.

    Eine Einziehung gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung Eigentümer der Sache ist. Hat der Angeklagten die Sache vor der gerichtlichen Entscheidung veräußert, so kommt nach § 74c Abs. 1 Einziehung des Wertersatzes in Betracht.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. September 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 27. Mai 2011 im Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung des Pkw BMW, amtliches Kennzeichen , mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  2. 2.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt sowie die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel und des sichergestellten Fahrzeugs angeordnet. Die auf Verfahrensbeschwerden und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

2

Während der Schuldspruch und die Entscheidung über die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel revisionsgerichtlicher Nachprüfung standhalten, müssen der Strafausspruch und die Einziehung des sichergestellten Fahrzeugs auf die Sachrüge aufgehoben werden. Auf die Rüge der fehlerhaften Behandlung eines Beweisantrags, der allein mit Bezug auf den Strafausspruch gestellt worden war, kommt es deshalb nicht an. Im Hinblick auf die vom Landgericht zur Ablehnung eines Beweisantrags herangezogene Überlegung, es handele sich um eine Beweisbehauptung "aufs Geratewohl", verweist der Senat indes vorsorglich auf seine Entscheidungen vom 19. September 2007 - 3 StR 354/07, StV 2008, 9, vom 20. Juli 2010 - 3 StR 218/10, StraFo 2010, 466 und vom 22. Juli 2010 - 3 StR 133/10.

3

Der Generalbundesanwalt hat zur Begründung seines Antrags auf Aufhebung des Strafausspruchs und der Einziehungsentscheidung ausgeführt:

"Die Strafzumessungserwägungen sind ... lückenhaft. Zwar braucht der Tatrichter im Urteil nur diejenigen Umstände anzuführen, die für die Bemessung der Strafe bestimmend gewesen sind (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich (BGH [Urteil vom 3. November 1981 - 1 StR 501/81,] NJW 1982, 393; ständige Rechtsprechung). Hier ist aber zu besorgen, dass das Landgericht zum einen den gewichtigen strafmildernden Umstand, dass das gesamte für den Absatz bestimmte Haschisch und Marihuana sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen werden konnte, so dass es nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen konnte, unberücksichtigt gelassen hat (vgl. [BGH, Beschluss vom 19. Januar 1990 - 2 StR 588/89,] BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 10). Zum anderen wäre, auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten, der Wert des eingezogenen Personenkraftwagens festzustellen und bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der den Angeklagten treffenden Rechtsfolgen zu berücksichtigen gewesen (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 419 ff. m.w.N.). Der Senat wird nicht ausschließen können, dass der Tatrichter bei Beachtung dieser Strafmilderungsgründe die Strafe niedriger bemessen hätte.

Rechtliche Bedenken bestehen auch gegen die Anordnung der Einziehung des für die Kurierfahrt benutzten Pkw. Eine Einziehung gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung Eigentümer der Sache ist (Fischer StGB 58. Aufl. § 74 Rdn. 12a). Hat der Angeklagten den Pkw vor der Entscheidung veräußert, so kommt nach § 74c Abs. 1 Einziehung des Wertersatzes in Betracht, die hier jedoch nicht angeordnet ist. Da das Landgericht hinsichtlich des Zeitpunkts der Eigentumsverhältnisse auf die Beschaffungsfahrt abgestellt hat (UA S. 9: der Angeklagte war Eigentümer des Pkw 'zumindest zum Zeitpunkt der Beschaffungsfahrt'), steht zu besorgen, dass es den für die Eigentumsverhältnisse maßgeblichen Zeitpunkt verkannt hat."

4

Dem schließt sich der Senat an.

Becker
Pfister
von Lienen
Schäfer
Menges

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