Bundesgerichtshof
Urt. v. 17.03.2004, Az.: VIII ZR 166/03
Anspruch auf Rückzahlung einer geleisteten Mietkaution; Nichtigkeit einer mietvertraglichen Klausel hinsichtlich der Zahlung einer Mietkaution; Einordnung einer mietvertraglichen Regelung als Individualabrede oder Allgemeine Geschäftsbedingung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 17.03.2004
- Aktenzeichen
- VIII ZR 166/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 11555
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Berlin - 03.04.2003
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- Info M 2005, 25
- JWO-MietR 2004, 131
- MietPrax-AK § 551 BGB - Entscheidung Nr. 3
- WuM 2004, 269 (Volltext mit red. LS)
- ZAP 2005, 1012 (amtl. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit
hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 3. März 2004
durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und
die Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert und Wiechers
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin vom 3. April 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Beklagte vermietete den Klägern ab dem 1. November 1999 eine Drei-Zimmer-Wohnung in B. , F. straße . In dem Mietvertrag heißt es in § 22:
"Der Mieter verpflichtet sich, dem Vermieter eine Sicherheit (Mietkaution) in Höhe von 3.285 DM zu leisten. In Bezug auf Zahlung, Zweckbestimmung, Verwendung und Verzinsung gelten die gesetzlichen Bestimmungen."
In dem maschinenschriftlich ergänzten § 23 des Mietvertrages "Sonstige Vereinbarungen" ist unter Ziff. 9 folgende weitere Vereinbarung getroffen:
"Voraussetzung für die Übergabe ist die Zahlung der ersten Miete und der Kaution."
Die Kläger haben die Kaution in voller Höhe an den Beklagten geleistet. Mit ihrer Klage haben die Kläger unter anderem die Rückzahlung der Kaution in Höhe von umgerechnet 1.679,59 EUR begehrt, da nach ihrer Auffassung die Kautionsabrede unwirksam sei.
Das Amtsgericht hat die Klage bezüglich der Kautionsrückzahlung abgewiesen, das Landgericht die Berufung dagegen zurückgewiesen. Das Berufungsurteil enthält keinen Tatbestand, sondern eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO sowie den Hinweis, dass die Kläger mit der Berufung ihre Ansprüche auf Kautionsrückzahlung weiterverfolgen. Zu Gunsten der Kläger hat das Landgericht die Revision insoweit zugelassen. Mit dieser begehren die Kläger weiterhin die Rückzahlung der Mietkaution.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht meint, die Kläger hätten gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution in Höhe von 1.679,59 EUR gemäß § 812 BGB, weil sie die Kaution nicht rechtsgrundlos gezahlt hätten. § 22 des Mietvertrages sei wirksam. Zwar sei die Regelung des § 23 Nr. 9 des Mietvertrages, welche die Mieter verpflichte, die Kaution bei Mietbeginn sofort in voller Höhe zu zahlen, wegen Verstoßes gegen § 550 b Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. nichtig. Die Nichtigkeit beschränke sich jedoch allein auf die Fälligkeitsregelung des § 23 Nr. 9 des Mietvertrages und ergreife nicht die in § 22 geregelte grundsätzliche Verpflichtung zur Kautionszahlung. Beide Klauseln seien bereits optisch im Vertragstext voneinander getrennt und ließen sich nach ihrem Wortlaut sinnvoll und verständlich voneinander getrennt beurteilen. § 23 Nr. 9 des Mietvertrages regele die Fälligkeit der Kaution selbstständig. § 22 des Mietvertrages verweise bezüglich der "Zahlung, Zweckbestimmung, Verwendung und Verzinsung" auf die gesetzlichen Bestimmungen. Dabei ergebe eine am Wortlaut orientierte Auslegung des Begriffs "Zahlung", dass hiervon die Art und Weise der Zahlung und mithin auch ihre Fälligkeit umfasst sei, sodass für die Fälligkeit nach § 22 des Mietvertrages § 550 b Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. gelte.
II.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Das Landgericht ist zu Recht der Auffassung, dass die Kläger gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution gemäß § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB bei noch bestehendem Mietverhältnis haben.
1.
Zu Unrecht macht die Revision geltend, das Urteil des Berufungsgerichts sei schon deshalb aufzuheben, weil es nicht erkennen lasse, was die Berufungskläger mit ihrem Rechtsmittel erstrebten. Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts wird hinreichend deutlich, dass die Kläger ihren Anspruch auf Kautionsrückzahlung weiterverfolgten. Das genügt für die erforderliche Wiedergabe der Berufungsanträge (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, BGH-Report 2003, 1128, 1129).
2.
Dahinstehen kann entgegen der Revision, ob die Bestimmung in § 23 Nr. 9 des Mietvertrages, welche die Kläger verpflichtet, die Kaution bei Mietbeginn zu zahlen, eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt oder eine Individualvereinbarung ist.
a)
Geht man - wie wohl das Landgericht - davon aus, dass es sich bei § 23 Nr. 9 des Mietvertrages um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, so ist die Auffassung des Landgerichts im Ergebnis zutreffend, dass die Bestimmung in § 22 des Mietvertrages wirksam ist, obwohl die Regelung des § 23 Nr. 9 des Mietvertrages wegen Verstoßes gegen § 550 b Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. nichtig ist. § 23 Nr. 9 des Mietvertrages ist nur eine Fälligkeitsregelung, bei deren Wegfall die Bestimmung des § 22 des Mietvertrages auch eine sprachlich und inhaltlich selbstständige Regelung enthält, die dem Vertragszweck dient, keine unzulässige geltungserhaltende Reduktion einer Allgemeinen Geschäftsbedingung darstellt und mit dem Sinn und Zweck des § 550 b BGB a.F. vereinbar ist (vgl. Senat, Urteil vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 344/02, NJW 2003, 2899; Senat, Urteil vom 3. Dezember 2003 - VIII ZR 86/03, zur Veröffentlichung bestimmt).
b)
Ist die Regelung in § 23 Nr. 9 des Mietvertrages der Parteien - wie die Revision geltend macht - nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung, sondern als Individualvereinbarung anzusehen, führt dies entgegen der Ansicht der Revision nicht zu einer Nichtigkeit der gesamten Kautionsregelung nach § 139 BGB. Maßgebend ist, welche Entscheidung die Parteien bei Kenntnis der Teilnichtigkeit nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte getroffen hätten. Das bedeutet in der Regel, dass die Parteien das objektiv Vernünftige gewollt und eine gesetzeskonforme Regelung angestrebt haben (vgl. Senat, Urteil vom 3. Dezember 2003 a.a.O.; BGH, Urteil vom 13. März 1986 - III ZR 114/84, NJW 1986, 2576 unter II 5). Danach ist anzunehmen, dass die Parteien eine mit § 550 b BGB a.F. in Übereinstimmung stehende Regelung treffen und damit eine Kaution von drei Monatsmieten in § 22 des Mietvertrages vereinbaren wollten. Die fern liegende Annahme einer Nichtigkeit des gesamten Mietvertrages gemäß § 139 BGB wird auch von der Revision nicht geltend gemacht.
III.
Die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung in § 22 des Mietvertrages der Parteien ist mithin trotz Nichtigkeit der Fälligkeitsregelung in § 23 Nr. 9 des Mietvertrages rechtswirksam. Die Zahlung der Kaution an den Beklagten erfolgte deshalb mit Rechtsgrund. Ein Bereicherungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten scheidet demnach insoweit aus. Die Revision ist daher zurückzuweisen.