Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.11.1996, Az.: XII ZR 125/95
Unterhaltsgewährung durchÜberlassen des Hauses zur alleinigen Nutzung; Gemeinsame Nutzung eines Hauses durch Miteigentümer ; Verstoß gegen Vergleichsverpflichtung durch Veräußerung eines Miteigentumsanteils; Klarstellung einer Vergleichsgrundlage; Umfang einer Freistellungsverpflichtung; Vereinbarung der Art der Unterhaltsgewährung in einem Vergleich; Begrenzung der Veräußerbarkeit des Miteigentumsanteils; Anspruch auf Erstattung der Nutzungsentschädigung; Gebot einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 13.11.1996
- Aktenzeichen
- XII ZR 125/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 16043
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 04.04.1995
- AG Essen - 29.08.1994
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- FamRZ 1997, 484-487 (Volltext mit red. LS)
- NJW 1997, 731-733 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Hatten die Ehegatten im Unterhaltsvergleich vereinbart, daß die Ehefrau kostenfrei im gemeinsamen Haus wohnen kann, hat diese einen Freistellungsanspruch gegen den Ehemann, wenn dieser seinen Miteigentumsanteil veräußert hat und die Ehefrau dann an den neuen Erwerber eine Nutzungsentschädigung zahlen muß.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 1996
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und
die Richter Dr. Krohn, Dr. Zysk, Dr. Hahne und Gerber
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. April 1995 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 29. August 1994 abgeändert.
Unter Abweisung der Klage im übrigen wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin gegenüber der G. Gesellschaft für L. mbH, E., von Forderungen auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung sowie anteiliger Grundstücksabgaben und Gebäudeversicherungsprämien für den Grundbesitz T. Weg 3 in S., eingetragen im Grundbuch von S., Blatt 1056, sowie von den Kostenerstattungsansprüchen aus den Verfahren 16 O 458/94 Landgericht Münster und 4 C 663/94 Amtsgericht Lüdinghausen freizustellen.
Im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszugs trägt der Beklagte. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden zu 2/3 dem Beklagten, zu 1/3 der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Sie waren bis 1993 zu je 1/2 Miteigentümer eines Einfamilienhauses, zu dessen Finanzierung sie Darlehen aufgenommen hatten, für die sie gesamtschuldnerisch hafteten. Die Klägerin bewohnt seit der Trennung der Parteien das Haus mit den beiden gemeinsamen Kindern allein. Der Beklagte zahlte auch nach seinem Auszug aus dem Haus die gesamten Darlehensraten und die Grundstückskosten. Seit dem 15. März 1990 sind die Parteien rechtskräftig geschieden. In einem parallel zur Scheidungssache geführten Verfahren über den Kindes- und Trennungsunterhalt schlossen sie ebenfalls am 15. März 1990 einen Vergleich, in dem sich der Beklagte zu rückständigen Unterhaltsleistungen und ab 1. April 1990 zu monatlichen Unterhaltszahlungen für die Kinder in Höhe von 510,00 DM und 605,00 DM und für die Ehefrau von 1.085,00 DM verpflichtete. Der Trennungsunterhalt für die Ehefrau sollte für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung als nachehelicher Unterhalt fortgelten. Der von der Klägerin zusätzlich begehrte Vorsorgeunterhalt wurde nicht gesondert tituliert. Im übrigen enthielt der Vergleich in Ziff. 3 folgende Regelung:
"Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Klägerin und die beiden gemeinschaftlichen Kinder nach wie vor in dem gemeinschaftlichen Haus in ... S., T., Weg 3, wohnen und daß die Zins- und Tilungsleistungen für das Haus in Höhe von etwa 850,00 DM allein vom Beklagten gezahlt werden."
Ein im Jahr 1992 erhobenes Abänderungsbegehren der Klägerin, mit dem sie eine Erhöhung ihres Elementarunterhalts sowie weiteren Alters- und Krankenvorsorgeunterhalt forderte, blieb ohne Erfolg. Das Amtsgericht begründete dies u.a. damit, daß keine wesentliche Änderung eingetreten sei, weil sich die Klägerin wie bereits im Vergleich vom 15. März 1990 das mietfreie Wohnen anrechnen lassen müsse und der Beklagte nach wie vor die Grundstücksbelastungen trage.
Mit notariellem Vertrag vom 13. Januar 1993 verkaufte der Beklagte seinen hälftigen Miteigentumsanteil am Haus an die G. Gesellschaft für L. mbH (im folgenden G.). Diese übernahm im Innenverhältnis zum Beklagten dessen gesamtschuldnerische Haftung für die Darlehen der Gläubigerbanken in Höhe von restlich 80.000,00 DM unter hälftiger Anrechnung auf den Kaufpreis. Zu einer Übernahme der persönlichen Schuld des Beklagten durch die G. im Verhältnis zu den Gläubigerbanken kam es nicht.
In der Folge nahm die G. die Klägerin auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlich 725,00 DM für die Zeit von Oktober 1993 bis August 1994 und auf anteilige Zahlung der bis dahin von der G. verauslagten Grundstücksabgaben und der Gebäudeversicherungskosten für den hälftigen Grundstücksanteil in Anspruch. Insoweit wurde die Klägerin mit seit Januar 1996 rechtskräftigem Urteil vom 5. Dezember 1995 verurteilt, eine Nutzungsentschädigung für die Monate April bis August 1994 sowie die anteiligen verauslagten Grundstücksabgaben und Gebäudeversicherungskosten zu zahlen. In einem weiteren Verfahren klagte die G. auf Feststellung, daß die Klägerin künftig im Verhältnis zur G. zur Zahlung der hälftigen Darlehensraten und der hälftigen öffentlichen Grundstücksabgaben verpflichtet sei. Mit Urteil vom 12. Dezember 1994, rechtskräftig seit Februar 1995, wurde insoweit festgestellt, daß die Klägerin die Hälfte der öffentlichen Grundstücksabgaben mittragen müsse; hinsichtlich der Darlehensraten wurde die Feststellungsklage der G. abgewiesen.
Im vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin vom Beklagten - gestützt auf den Unterhaltsvergleich vom 15. März 1990 - die Freistellung von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der G. wegen des früher im Miteigentum der Parteien stehenden Einfamilienhauses. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil ab und gab der Klage statt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten hat nur zum Teil Erfolg.
1.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts erschöpft sich die Regelung in Ziff. 3 der Vereinbarung nicht in der Festlegung der Vergleichsgrundlagen. Vielmehr enthalte sie eine eigenständige, den Beklagten bindende vertragliche Verpflichtung dahingehend, daß er - teilweise abweichend von der üblichen Art der Unterhaltsgewährung in Geld - der Klägerin und den Kindern das gemeinsame Haus weiterhin mietfrei zur Verfügung zu stellen und auch den im Innenverhältnis auf die Klägerin entfallenden Anteil an den Zins- und Tilgungsleistungen sowie den Grundstückskosten allein aufzubringen habe. Diese Art der Unterhaltsgewährung durch Überlassen des Hauses zur alleinigen Nutzung enthalte zugleich eine Regelung, die von der üblichen gemeinsamen Nutzung durch Miteigentümer (§ 743 BGB) abweiche. Aufgrund dieser Regelung sei der Beklagte nicht nur verpflichtet, alles zu unterlassen, was die alleinige Nutzungsberechtigung der Ehefrau beeinträchtigen könne, sondern er müsse sogar den Rechtszustand aufrechterhalten, der die gesetzlichen Nutzungsansprüche der neuen Miteigentümerin G. ausschließe. Zwar sei er durch den Vergleich nicht gehindert gewesen, seinen Miteigentumsanteil zu veräußern. Dennoch habe er damit gegen seine Verpflichtungen aus dem Vergleich verstoßen, da er nicht gleichzeitig dafür Sorge getragen habe, daß die G. als Erwerberin des Grundstücksanteils seine ihm im Innenverhältnis zur Klägerin obliegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen übernommen habe. Da dem Beklagten seine Leistung, die Klägerin vor dem sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Nutzungsanspruch der neuen Miteigentümerin zu bewahren, unmöglich geworden sei und er diesen Umstand zu vertreten habe, müsse er der Klägerin den dadurch entstandenen Schaden gemäß § 280 Abs. 1 BGB ersetzen. Das habe - soweit die Klägerin nicht schon an die GFV gezahlt habe - in Form einer Freistellung von allen Ansprüchen der G. auf Nutzungsentschädigung für den von ihr erworbenen Miteigentumsanteil zu geschehen. Gleiches gelte für seine im Vertrag übernommene Verpflichtung, auch die Zins- und Tilgungsraten für die Grundstücksdarlehen sowie die Grundstückskosten (Grundbesitz abgaben und Gebäudeversicherung), die auf den Miteigentumsanteil der Klägerin entfielen und in den vereinbarten 850,00 DM enthalten seien, zu tragen. Denn damit hätten die Parteien ebenfalls eine von den gesetzlichen Vorschriften der §§ 426, 748 BGB abweichende Regelung getroffen. Soweit daher die G. Ansprüche auf einen Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 BGB gegen die Klägerin erwerbe, müsse der Beklagte die Klägerin auch von diesen Ausgleichsforderungen freistellen. Schließlich erfasse die Freistellungsverpflichtung unter dem Gesichtspunkt des Verzugs auch die der Klägerin entstehenden Prozeßkosten in den Verfahren mit der G., weil der Beklagte seine vertraglichen Pflichten nicht oder erst verspätet erfüllt habe.
2.
Die Revision hält dem entgegen, das Oberlandesgericht habe unter Verletzung anerkannter Auslegungsgrundsätze verkannt, daß es sich bei Ziff. 3 des Vergleichs lediglich um eine Klarstellung der Vergleichsgrundlage handele.
Man sei bei der Bestimmung des Unterhalts von dem zugrundeliegenden Sachverhalt ausgegangen, daß die geschiedene Ehefrau mit den Kindern in dem beiden Parteien gehörenden Haus wohne und dort zunächst auch weiter wohnen solle, und daß der geschiedene Ehemann neben dem Barunterhalt auch die anfallenden Kosten für das Haus trage. Man habe diese Grundlage, wie bei Unterhaltsvergleichen üblich, des besseren Verständnisses halber in den Vergleich mit aufgenommen. Man habe aber nicht die Absicht gehabt, diese Art der Unterhaltsgewährung festzuschreiben, insbesondere die Veräußerbarkeit des Miteigentumsanteils des Beklagten schuldrechtlich zu begrenzen oder ihn - im Falle einer Veräußerung - zu verpflichten, der Klägerin die vom Käufer verlangte Nutzungsentschädigung zu erstatten. Indem das Oberlandesgericht solches annehme, lasse es zum einen den Wortlaut des Vergleichs außer Betracht und verstoße zum anderen gegen das Gebot einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung.
3.
Darin kann der Revision nicht gefolgt werden. Zwar handelt es sich bei dem Vergleich vom 15. März 1990 um einen Prozeßvergleich, für den die Frage nicht einheitlich beantwortet wird, ob er wie andere Vereinbarungen in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt, nämlich daraufhin überprüfbar ist, ob gesetzliche Auslegungsregeln, Denk- und Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind, oder ob seine Auslegung frei nachprüfbar ist, weil er auch eine Prozeßhandlung ist (vgl. zum Meinungsstand Senatsurteile vom 11. April 1990 - XII ZR 69/88 - FamRZ 1990, 975, 976; vom 30. November 1994 - XII ZR 59/93 - FamRZ 1995, 216, 218; BGH Urteil vom 11. Mai 1995 - VII ZR 116/94 - NJW-RR 1995, 1201, 1202). Die Frage bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn der Senat würde der tatrichterlichen Auslegung auch dann folgen, wenn sie voll überprüfbar wäre.
a)
Das Oberlandesgericht hat dem Vergleich zutreffend entnommen, daß der Beklagte der Klägerin seinen Miteigentumsanteil am Haus auch für die Zeit nach der Scheidung zur alleinigen Nutzung für sie und die gemeinsamen Kinder zur Verfügung zu stellen hatte, ohne hierfür ein Nutzungsentgelt zu verlangen. Der der Klägerin zustehende Lebensbedarf, zu dem auch ihr Wohnbedarf gehört, sollte dadurch zum Teil in bar, zum Teil durch Naturalunterhalt gedeckt werden. Eine solche Art der Unterhaltsgewährung ist zulässig und in der Praxis auch nicht unüblich, insbesondere wenn es sich um eine Regelung für die Zeit zwischen Trennung und Scheidung handelt. Aber auch nach der Scheidung kann eine solche Bestimmung nach dem Willen der Parteien beibehalten werden. Zwar sieht das Gesetz grundsätzlich eine Unterhaltsgewährung in Geld vor (§ 1585 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Parteien können aber jederzeit eine andere Art der Unterhaltsgewährung vereinbaren (§ 1585 c BGB). Das gilt auch hinsichtlich der Nutzung eines den Ehegatten anteilig gehörenden und bisher gemeinsam genutzten Hauses, wenn einer von ihnen auszieht. Gemäß § 745 Abs. 2 BGB kann jeder Teilhaber eine die Interessen beider berücksichtigende Neuregelung der Nutzung und Verwaltung verlangen; insbesondere kann der weichende Miteigentümer eine angemessene Nutzungsentschädigung für seinen Anteil beanspruchen (BGH Urteil vom 4. Februar 1982 - IX ZR 88/80 - FamRZ 1982, 355 f). Möglich sind aber auch andere Arten der Neuregelung, etwa dahin, daß der das Haus bewohnende Ehegatte die Finanzierungskosten des Hauses übernimmt (vgl. Senatsurteil BGHZ 87, 265, 271 f) oder daß das Nutzungsentgelt in die Unterhaltsregelung mit einbezogen wird (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - FamRZ 1986, 434 f und - IVb ZR 83/84 - a.a.O. S. 436 f). Dabei kommt auch eine Kompensation mit einem ansonsten höheren Barunterhaltsanspruch des das Haus allein bewohnenden unterhaltsberechtigten Ehegatten in Betracht. Das Oberlandesgericht geht zutreffend davon aus, daß hierin zugleich eine von der gesetzlichen Regelung der Mitbenutzung des gemeinsamen Gegenstandes (§ 743 BGB) abweichende Vereinbarung liegt.
Eine solche Regelung haben die Parteien hier getroffen, und zwar, wie sich aus dem Wortlaut der Ziff. 2 Satz 3 des Vergleichs ergibt, auch für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung. Aus dem Verfahren 3 F 122/89 des Amtsgerichts Lüdinghausen, in dem der Trennungsunterhalt und zugleich der nacheheliche Unterhalt durch den Vergleich geregelt wurden, ergibt sich nämlich, daß ohne eine solche Kompensation der Barunterhalt der Klägerin - in Form des Elementarunterhalts und des von ihr ebenfalls verlangten Altersvorsorgeunterhalts - entsprechend höher ausgefallen wäre. Daraus folgt zugleich, daß es sich bei der Absprache in Ziff. 3 des Vergleichs nicht lediglich um das Festhalten eines faktischen Zustands als Vergleichsgrundlage, nämlich der alleinigen Nutzung des Hauses durch die Klägerin und die Kinder handelt, sondern daß sie eine verbindliche Regelung über die Art der Unterhaltsgewährung enthält. Davon ging ersichtlich auch der Beklagte aus, wenn er im Klägerwiderungsschriftsatz vom 4. Mai 1994 und im Schriftsatz vom 17. August 1994 selbst ausführte, daß es sich um eine "Regelung" handele, wonach die Klägerin mit den Kindern weiterhin im gemeinsamen Haus wohnen bleiben könne und er die Finanzierungskosten nach wie vor allein tragen werde. Die im Vergleich getroffene Kompensationsregelung diente im übrigen auch dem Gericht des Unterhaltsabänderungsverfahrens 2 UF 73/93, das die Klägerin angestrengt hatte, dazu, ihrem Erhöhungsbegehren u.a. mit dem Hinweis auf die entgeltfreie Nutzung des Hauses zu entgegenzutreten.
War somit zwischen den Parteien verbindlich vereinbart, daß der Beklagte der Klägerin einen Teil des Unterhalts in Natur, nämlich durch die Überlassung seines Hausanteils zur alleinigen Nutzung, zu gewähren hatte, befreite ihn die Veräußerung nicht von der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung. Daraus, daß der Vergleich seinerzeit nicht als Belastung gemäß § 1010 Abs. 1 BGB im Grundbuch eingetragen wurde und damit gegenüber der neuen Miteigentümerin keine Wirkungen entfaltete, kann der Beklagte für sich im Verhältnis zur Klägerin nichts herleiten. Auch auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage kann er sich nicht berufen, und zwar schon deshalb nicht, weil der Umstand, daß er der Klägerin den Hausanteil nicht mehr als Teil des geschuldeten Unterhalts zur Verfügung stellen kann, sondern diese sich den Nutzungsentgeltansprüchen der neuen Miteigentümerin aus der Miteigentümergemeinschaft ausgesetzt sieht, auf eine Ursache zurückzuführen ist, die der Beklagte selbst gesetzt und zu vertreten hat (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1995 - XII ZR 89/94 - NJW 1995, 2031, 2032 m.N.). Er muß die Klägerin daher unterhaltsrechtlich so stellen, als ob er ihr seinen Hausanteil weiterhin nutzungsentgeltfrei überlassen könnte. Demgemäß hat er die Klägerin von den Nutzungsentgeltansprüchen der neuen Miteigentümerin freizustellen (vgl. BGHZ 40, 326, 331).
b)
Entsprechendes gilt auch für die Zahlung der Grundbesitzabgaben und der Gebäudeversicherungsraten. Grundsätzlich haften die Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft gemäß § 748 BGB für Verbindlichkeiten in Bezug auf die Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gegenstands nach dem Verhältnis ihrer Anteile, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder aus sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Diese Aufteilung kann bei Ehegatten während intakter Ehe von der Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Weise überlagert werden, daß im Innenverhältnis der alleinverdienende Teil die gemeinschaftlichen Verpflichtungen allein trägt und ein Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten ausscheidet. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt in der Regel der Grund für die von der hälftigen Aufteilung abweichende Gestaltung, es sei denn, eine anderweitige Regelung tritt an ihre Stelle (st. Rspr. des Senats vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 677 f m.w.N.). Letzteres ist hier der Fall. Der Beklagte hatte sich auch für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung gegenüber der Klägerin verpflichtet, diese Kosten allein zu übernehmen. Zwar ist nach dem Wortlaut des Vergleichs nur von "Zins- und Tilgungsleistungen für das Haus in Höhe von etwa 850,00 DM" die Rede. Das Oberlandesgericht hat aber zutreffend dargelegt, daß in diesen monatlichen Zahlungen auch die Grundbesitz abgaben und die Gebäudeversicherung enthalten seien.
Nachdem die G. den Hausanteil des Beklagten erworben hat, kann sie als Miteigentümerin von der Klägerin die hälftige Beteiligung an der Kostentragung nach § 748 BGB verlangen. Die öffentlichen Abgaben und die Gebäudeversicherungsraten gehören zu den Lasten und Kosten i.S. des § 748 BGB. Die Klägerin wird insoweit von der G. auch mit Erfolg auf Zahlung bzw. auf künftige Verpflichtung zur Zahlung in Anspruch genommen. Von dieser Forderung hat der Beklagte die Klägerin aufgrund seiner im Vergleich übernommenen Verpflichtung entsprechend dem oben Gesagten freizustellen.
c)
Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Oberlandesgericht den Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Verzuges für verpflichtet angesehen hat, die Klägerin von Kostenerstattungsansprüchen aus den Verfahren mit der G. freizustellen.
d)
Anders verhält es sich indes mit den Zins- und Tilgungsraten für die Grundstücksdarlehen. Die Klägerin, die ihr Begehren ausdrücklich im Wege einer Feststellungsklage verfolgt hat, hat beantragt festzustellen, daß der Beklagte sie von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der G. betreffend das Hausgrundstück freizustellen habe. Das Oberlandesgericht hat diesem Antrag in vollem Umfang entsprochen, und zwar auch, soweit er Ausgleichsforderungen betreffe, die die G. im Innenverhältnis zur Klägerin erwerben könne, wenn sie die Darlehensraten an die Gläubigerbanken bezahle. Hintergrund dessen war, daß die Klägerin von der G. im Parallelverfahren 16 O .../94 vor dem Landgericht Münster u.a. auf Feststellung verklagt wurde, zur hälftigen Zahlung der Darlehensraten verpflichtet zu sein. Das Oberlandesgericht hat indes übersehen, daß dieses Feststellungsbegehren der G. gegenüber der Klägerin bereits mit Urteil des Landgerichts Münster vom 12. Dezember 1994, rechtskräftig seit Februar 1995, mangels Bestehen eines Gesamtschuldnerverhältnisses zwischen der G. und der Klägerin abgewiesen worden war. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vom 4. April 1995 im vorliegenden Verfahren drohte der Klägerin insoweit keine Inanspruchnahme durch die G. mehr. Damit ist das Feststellungsinteresse der Klägerin gegenüber dem Beklagten, das grundsätzlich bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung gegeben sein muß, entfallen, so daß die Feststellungsklage insoweit ex nunc unzulässig geworden ist. Die Klägerin hat es versäumt, auf diese neue prozessuale Situation mit einer Erledigungserklärung zu reagieren, sondern hat ihren ursprünglichen Antrag aufrechterhalten. Sie hat auch sonst nichts dazu vorgetragen, daß ihr von Seiten der G. noch eine weitere Inanspruchnahme wegen der Darlehensraten drohe.
Auch im übrigen geht die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Freistellung von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen der Klägerin gegenüber der G. zu weit. Denn danach müßte der Beklagte auch für alle übrigen Forderungen eintreten, die der G. gegenüber der Klägerin in Bezug auf das Grundstück erwachsen könnten. Abgesehen davon, daß es auch insoweit an einem Feststellungsinteresse mangelt, kann die Klägerin dies nicht beanspruchen, da sich der Beklagte im Vergleich vom 15. März 1990 nur dazu verpflichtet hat, der Klägerin das Wohnen im Haus weiter zu ermöglichen und die Darlehensraten und Grundstückskosten zu zahlen. Das darüber hinausgehende Feststellungsbegehren der Klägerin war daher abzuweisen.
Krohn
Zysk
Hahne
Gerber