Bundesgerichtshof
Urt. v. 26.06.1996, Az.: XII ZR 38/95
Verjährung; Unterbrechung; Auskunft
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 26.06.1996
- Aktenzeichen
- XII ZR 38/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 14637
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- FamRZ 1996, 1271-1272 (Volltext mit red. LS)
- NJW 1997, 316 (red. Leitsatz)
- NJW-RR 1996, 1409-1410 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
Die Verjährung eines Auskunftsanspruchs nach § 1379 I BGB wird von der Unterbrechungswirkung des § 209 I BGB erfaßt, wenn mit der Klage (hier: mit dem klageerhöhenden Schriftsatz) ein Anspruch auf Wertausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten geltend gemacht wird, der sich zumindest auch unter dem Gesichtspunkt des Zugewinnausgleichs ergeben kann.
Tatbestand:
Auf den am 21. Februar 1990 rechtshängig gewordenen Scheidungsantrag wurde die Ehe der Parteien durch rechtskräftiges Urteil des Familiengerichts vom 19. Oktober 199O, von dem der Kläger sogleich Kenntnis erhielt, geschieden.
Die Parteien waren Miteigentümer zweier Grundstücke in E.. Durch privatschriftliche Aufteilungsvereinbarung vom 18. Juli 1990 vereinbarten sie, einander je eines dieser Grundstücke zu Alleineigentum zu übertragen, als Ausgleich für den unterschiedlichen Wert dieser Grundstücke sollte die Beklagte an den Klager 50.000 DM zahlen.
Mit notariellem Vertrag vom 14. November 199O, der eine Ausgleichszahlung nicht vorsah, teilten sie die beiden Grundstücke wie zuvor vereinbart untereinander auf.
Mit der am 15. November 1991 zugestellten Klage verlangte der Kläger Zahlung des Ausgleichsbetrages von 50.000 DM. Nach dem Hinweis des Landgerichts, daß es sich um einen Anspruch auf Zugewinnausgleich handeln dürfte, wurde der Rechtsstreit auf den Antrag des Klägers an das Familiengericht verwiesen.
Mit am 23. August 1993 zugestelltem Schriftsatz vom 16. Juli 1993 erhöhte der Kläger die Klage um weitere 250.000 DM und machte geltend, der Wertunterschied der in der notariellen Vereinbarung aufgeteilten Häuser rechtfertige eine Ausgleichszahlung von 75.000 DM. Darüber hinaus sei auch der Wert eines von beiden Parteien auf den Namen der Beklagten erworbenen Hausgrundstücks in der Schweiz auszugleichen, dieser belaufe sich auf etwa 450.000 DM.
Die Beklagte erwiderte darauf mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1993, die Auseinandersetzungsvereinbarungen vom 18. Juli/14. November 1990 stellten eine abschließende Regelung des Zugewinnausgleichs dar, soweit der Kläger Ausgleich weiteren Zugewinns verlange, sei die Klage nicht schlüssig.
Das Familiengericht verurteilte die Beklagte durch Teilurteil, Auskunft über ihr Vermögen zum 21. Februar 1990 zu erteilen, und zwar unter anderem durch Vorlage der Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 1988 bis 1990.
Das Oberlandesgericht wies die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurück, daß die Beklagte statt der Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 1998 bis 1990 die Einnahmen-/Überschußrechnungen für jene Jahre sowie ein Inventarverzeichnis der Steuerberaterkanzlei zum Stichtag 21. Februar 1990 vorzulegen hat.
Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs abzuweisen. Sie macht - wie auch schon im Berufungsverfahren - geltend, zur Auskunft nicht verpflichtet zu sein, weil etwaige Ansprüche des Klägers auf Zugewinnausgleich verjährt seien.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß dem Kläger der geltend gemachte Auskunftsanspruch aus § 1379 Abs. 1 BGB zusteht, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
Diesem Auskunftsanspruch kann die Beklagte auch nicht unter Hinweis auf die von ihr erhobene Einrede der Verjährung des Ausgleichsanspruchs den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Verjährung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich, die hier mit Ablauf des 19 Oktober 1993 (drei Jahre nach Kenntnis von der Beendigung des Güterstandes, § 1378 Abs. 4 BGB) eingetreten wäre, als zuvor gemäß § 209 BGB unterbrochen Angesehen, und zwar spätestens durch den am 23. August 1993 zugestellten, die Klage erhöhenden Schriftsatz vom 16. Juli 1993.
a) Bei einer Klageerweiterung wird die Verjährung des mit ihr geltend gemachten Anspruchs nach § 2O9 Abs. 1 BGB unterbrochen, wenn der Berechtigte den neuen, auf Befriedigung gerichteten Anspruch gemäß § 261 Abs. 2 ZPO - hier mit der Zustellung eines den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Schriftsatzes - rechtshängig macht (vgl. BGHZ 103, 2 [BGH 14.12.1987 - II ZR 170/87]O, 25).
Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, daß eine Klage nach § 209 Abs. 1 BGB die Verjährung von Ansprüchen nur in der Gestalt und in dem Umfang unterbricht, wie sie mit der Klage (hier mit dem klageerhöhenden Schriftsatz) rechtshängig gemacht werden, so daß hierfür der den prozessualen Leistungsanspruch bildende Streitgegenstand maßgeblich ist, der nicht allein durch den Klageantrag bestimmt wird, sondern auch durch den Lebenssachverhalt, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (vgl. Senatsurteile vom 19. Januar 1994 - XII ZR 19O/92 - FamRZ 1994, 751 und vom 23. Juni 1993 - XII ZR 12/92 - FamRZ 1993, 1181, 1182 m.w.N.).
Der Revision kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit sie geltend macht, der Kläger habe hier zunächst (vor Ablauf der Verjährungsfrist) nur Ansprüche auf Wertausgleich im Rahmen der Auseinandersetzung einer Miteigentümergemeinschaft und - hinsichtlich des Grundstücks in der Schweiz - auf Ausgleich einer zwischen den Parteien bestehenden Ehegatteninnengesellschaft eingeklagt, die mit dem erst 1994 geltend gemachten Anspruch auf Zugewinnausgleich nicht wesensgleich seien.
b) Die Unterbrechungswirkung erfaßt sämtliche Ansprüche, auf die das Begehren des Klägers - unabhängig von dessen Sicht - gestützt werden könnte (vgl. Staudinger/Peters, BGB (1995) § 209 Rdn. 14), denn der prozessuale Leistungsanspruch schließt alle materiellrechtlichen Ansprüche ein, die den Klageantrag zu begründen vermögen. Auf die rechtliche Begründung, die der Kläger vortragt, kommt es nicht an. Kann die von ihm behauptete Rechtsfolge aus mehreren Anspruchsnormen hergeleitet werden, dann wird mit der Rechtshängigkeit der Klage auch die Verjährung der nicht ausdrücklich genannten materiellrechtlichen Ansprüche unterbrochen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1983 - II ZR 235/82 NJW 1983, 2813).
Hier hat der Kläger Wertausgleich nach einer gegenständlichen Teilauseinandersetzung sowie hälftigen Wertausgleich für ein Hausgrundstück verlangt, das sich nach seinem Vortrag bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages im Endvermögen seiner inzwischen geschiedenen Ehefrau befand. Abgesehen davon, daß hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ehegatteninnengesellschaft nicht ersichtlich sind, kann sich ein solcher Anspruch zumindest auch aus dem Gesichtspunkt des Zugewinnausgleichs ergeben.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß der Kläger die Verweisung des Rechtsstreits an das Familiengericht beantragte, nachdem das Landgericht ihn darauf hingewiesen hatte, daß es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um einen solchen auf Ausgleich des Zugewinns handeln dürfte. Damit hat er zu erkennen gegeben, daß er seinen Anspruch zumindest auch auf § 1378 BGB stützen wollte, so daß der Beklagten deutlich gemacht wurde, daß sie sich darauf einrichten muß, auch noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist auf Ausgleich des Zugewinns in Anspruch genommen zu werden (vgl. BGHZ 104, 268, 273). Der Schriftsatz der Beklagten vom l4. Oktober 1993, der sich mit der Klageerweiterung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Zugewinns auseinandersetzt, zeigt zudem, daß die Beklagte die Klage auch ihrerseits in diesem Sinne aufgefaßt hat.
c) Die Unterbrechungswirkung der Klage setzt auch nicht voraus, daß alle für einen solchen Anspruch entscheidungserheblichen Tatsachen sogleich schlüssig behauptet und substantiiert vorgetragen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1983 aaO, Staudinger/Peters aaO § 2O9 Rdn. 16 m.w.N.). Die fehlende Substantiierung kann im Laufe des Rechtsstreits jederzeit nachgeholt werden, und zwar auch dann noch, wenn der Anspruch ohne die Unterbrechungswirkung der Klage bereits verjährt gewesen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 2. März 1979 - I ZR 29/77 - VersR 1979, 764, vom 7. Juli 1978 - I ZR 134/76 - WM 1978, 1296, 1297 und vom 13. Juli 1959 - III ZR 27/58 - NJW 1959, 1819, 1820).
In welchem Umfang die Verjährung unterbrochen wurde, bedarf hier keiner Entscheidung, weil das Interesse an der begehrten Auskunft auch dann noch besteht, wenn ein über einen bestimmten Betrag hinausgehender Anspruch des Klägers auf Zugewinnausgleich bereits verjährt sein sollte.
Insbesondere kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden, er benötige die begehrte Auskunft nicht, weil nach seinem eigenen Vortrag allein schon die ihm bekannten Immobilien im Endvermögen der Beklagten ausreichen, um den geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruch, soweit er bislang rechtshängig gemacht wurde, zu rechtfertigen. Dem Kläger steht es frei, sich zur Begründung dieses Anspruchs auch auf weitere, erst durch die Auskunft zu offenbarende Vermögenswerte im Endvermögen der Beklagten zu berufen. Einzelne Gegenstände im Endvermögen des anderen Ehegatten begründen nämlich keine selbständigen, auf diese Gegenstände bezogenen oder beschränkten Ansprüche auf Zugewinnausgleich, sie stellen lediglich Rechnungsposten für die Ermittlung der Ausgleichsforderung dar (vgl. Senatsurteile vom 15. Januar 1992 - XII ZR 247/90 - FamRZ 1992, 411, 413 und vom 8. Mai 1996 - XII ZR 8/95 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).