Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.03.1995, Az.: III ZR 55/94
Verbotsvorschrift des § 3 KWG
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 09.03.1995
- Aktenzeichen
- III ZR 55/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 15279
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- BGHZ 129, 90 - 98
- BB 1995, 994-996 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1995, 1227-1228 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1995, 1494-1496 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1995, 846-848 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1995, 874-877 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBB 1995, 189
- ZIP 1995, 635-639 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Zur Verbotsvorschrift des § 3 Nr. 3 KWG.
Tatbestand:
Der Kläger schloß mit dem Beklagten, der unter der Geschäftsbezeichnung "G. für V. und M." (GVM) auftrat, am 6. März 1989 einen "Geschäftsbesorgungsvertrag". Die Parteien vereinbarten, daß der Kläger über den Beklagten eine Kapitalanlage in Höhe von 22.500 DM tätigen werde. In Nr. 6 des Vertrages wurde, zeitlich vom 12. bis zum 64. Monat gestaffelt, die künftige Gewinnentwicklung des Kundenkontos dargestellt. Nach Nr. 7 des Vertrages sollte eine Kündigung durch den Kunden frühestens zum Ende des 25. Monats möglich sein. Weiter heißt es dort (Nr. 8), bei Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages werde "auf der Basis des Absatzes 6 abgerechnet". Als Sicherheit für die Kapitalanlage wurden für den Kläger auf Kosten des Beklagten vier Lebensversicherungen abgeschlossen.
Der Kläger kündigte den Vertrag unter Einhaltung der vereinbarten Frist und Form zum 6. Mai 1992, dem Ende des 38. Monats. Mit der Klage verlangt er unter Berufung auf Nr. 6 des Vertrages nach Abzug der Rückkaufswerte aus den Lebensversicherungen, die an ihn ausgezahlt wurden, einen Betrag von 95.153,29 DM. Das Landgericht hat der Klage, von einem Teil des Zinsanspruchs abgesehen, stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 5.153,29 DM verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I. Das Berufungsgericht hat die Klage, von dem Betrag von 5.153,29 DM abgesehen, mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch deshalb nicht zu, weil der Geschäftsbesorgungsvertrag der Parteien nichtig sei. Dies hält den Rügen der Revision nicht stand.
1. Gegen die Wirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages bestehen aus dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) auch dann keine Bedenken, wenn man der Auslegung des Berufungsgerichts folgt, wonach der Beklagte dem Kläger die in Nr. 6 des Vertrages dargestellten ungewöhnlich hohen Gewinne garantiert und nicht nur in Aussicht gestellt hat. Dies folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, der hier schon deshalb einer Einschränkung nicht bedarf, weil dem Beklagten in Nr. 7 Abs. 2 der Vereinbarung ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt wurde, daß die Gewinne aus von ihm nicht zu beeinflussenden Gründen nicht mehr zu erzielen sind. Die Vorinstanzen haben sich auch mit der Frage einer Unwirksamkeit des Vertrages wegen einer möglichen Sittenwidrigkeit nicht befaßt.
2. Das Berufungsgericht hält den Vertrag wegen Verstoßes gegen § 3 Nr. 3 des Gesetzes über das Kreditwesen - KWG - in der Fassung vom 11. Juli 1985 (BGBl. I S. 1472) für nichtig. Es führt aus, mit der Übergabe der 22.500 DM zur Kapitalanlage entsprechend Nr. 1 des Vertrages habe der Kläger eine "Einlage" im Sinne des § 3 Nr. 3 KWG geleistet. Der Beklagte werde in bezug auf die Kapitalanlagen auch geschäftsmäßig tätig. Die Regelung der Nr. 7 des Vertrages, wonach eine Kündigung durch den Kunden frühestens zum Ende des 25. Monats möglich sei, verstoße gegen § 3 Nr. 3 KWG. Da die mit dieser Vorschrift verfolgten Ziele nur bei Unwirksamkeit des verbotswidrig abgeschlossenen Geschäfts erreicht werden könnten, sei der Vertrag der Parteien nach § 134 BGB (insgesamt) nichtig.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unterfällt das Geschäft der Parteien jedoch nicht dem Anwendungsbereich des § 3 Nr. 3 KWG. Ob eine Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift zur Nichtigkeit des verbotswidrig abgeschlossenen Vertrages führen würde (bejahend: Canaris, Großkomm. HGB, 3. Aufl. Bd. III/3 Rn. 1176 m.w.N.; vgl. Bähre/Schneider, KWG 3. Aufl. § 3 Anm. 7; a.A. Szagunn/Wohlschiess, KWG 5. Aufl. § 3 Rn. 8; vgl. auch Reischauer/Kleinhans, KWG Stand 1994 § 3 Anm. 14; vgl. allgemein zur Nichtigkeit nach § 134 BGB bei Gesetzesverstößen: Senat BGHZ 118, 142 m.w.N.), bedarf daher keiner Entscheidung.
3. Nach § 3 Nr. 3 KWG ist der Betrieb des Kreditgeschäftes oder des Einlagengeschäftes verboten, wenn es durch Vereinbarung oder geschäftliche Gepflogenheit ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist, über den Kreditbetrag oder die Einlagen durch Barabhebung zu verfügen. Das Verbot wendet sich an jedermann ohne Rücksicht darauf, ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelt. Auch kommt es im Gegensatz zu § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG nicht auf den voll- oder minderkaufmännischen Umfang der Geschäfte an (vgl. Bähre/Schneider aaO. § 3 Anm. 1, § 1 Anm. 4).
Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht von einem unzutreffenden Begriff des Einlagengeschäfts ausgegangen ist.
a) § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG umschreibt das "Einlagengeschäft" als "die Annahme fremder Gelder als Einlagen ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden ...". Der Begriff "Einlage" wird vom Gesetz nicht näher erläutert. Einigkeit besteht darüber, daß es sich hierbei um einen bankwirtschaftlichen Begriff handelt, der nur unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung bestimmt werden kann (Canaris BB 1978, 227, 228).
In Rechtsprechung und Schrifttum sind Merkmale herausgearbeitet worden, um ein Einlagengeschäft näher einzugrenzen. Ein solches Geschäft soll dann gegeben sein, "wenn von einer Vielzahl von Geldgebern aufgrund typisierter Verträge darlehensweise oder in ähnlicher Weise Gelder entgegengenommen werden" (Schork, Gesetz über das Kreditwesen 2. Aufl. Bd. I § 1 Rn. 40; OVG Berlin E 12, 217, 219). Teils wird zusätzlich zur Annahme des Merkmals "Einlage" gefordert, daß die darlehensweise oder in ähnlicher Weise entgegengenommenen Gelder ihrer Art nach nicht banküblich gesichert sind (Bähre/Schneider aaO. § 1 Anm. 7). Auch wird zusätzlich darauf abgestellt, daß von einer Vielzahl von Geldgebern "laufend" Gelder entgegengenommen werden (Horn, ZGR 1976, 435, 437; vgl. Canaris BB 1978, 227). Eine Bestimmung des Begriffs der Einlagen, soweit sie von Nichtkreditinstituten geleistet wurden, traf § 11 der Verordnung über die Bedingungen, zu denen Kreditinstitute Kredite gewähren und Einlagen entgegennehmen dürfen (Zinsverordnung), die das Bundesaufsichtsamt aufgrund der Ermächtigung in § 23 Abs. 1 und 3 KWG am 5. Februar 1965 (BGBl. I S. 33) erlassen und durch Verordnung vom 21. März 1967 (BGBl. I S. 352) wieder aufgehoben hat. Einlagen im Sinne dieser Verordnung waren fremde Gelder, die Kreditinstitute von Nichtkreditinstituten entgegennahmen, mit Ausnahme von Geldern, die 1. zur Weiterleitung als durchlaufende Kredite angenommen wurden, 2. zur Durchführung öffentlicher Kreditprogramme zweckgebunden angenommen wurden, 3. als Kredit aufgenommen wurden, sofern für den Einzelfall ein schriftlicher Kreditvertrag geschlossen und der Kredit banküblich gesichert wurde. In Anlehnung an diese Begriffsbestimmung vertreten das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und die Deutsche Bundesbank die Auffassung, Einlagen im Sinne des Kreditwesengesetzes lägen in der Regel dann vor, wenn jemand von einer Vielzahl von Geldgebern, die keine Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG sind, fremde Gelder aufgrund typisierter Verträge zur unregelmäßigen Verwahrung, als Darlehen oder in ähnlicher Weise ohne Bestellung der Art nach banküblicher Sicherheiten laufend annimmt (Szagunn/Wohlschiess aaO. § 1 Rn. 17; Bähre/Schneider aaO. § 1 Anm. 7; vgl. OVG Berlin E 12, 217, 219 f; kritisch Canaris BB 1978, 227 ff).
b) All diese Gesichtspunkte können jedoch nur als - wenn auch gewichtige - Indizien für das Vorhandensein eines Einlagengeschäfts angesehen werden. Es mag zutreffen, daß ein Einlagengeschäft nicht betrieben wird, wenn es an einem der aufgeführten Merkmale fehlt, diese also notwendige Merkmale des Einlagengeschäftes sind. Die genannten Umschreibungen reichen jedoch nicht aus, um das Einlagengeschäft als Bankgeschäft von der sonstigen, durch § 3 Nr. 3 KWG nicht verbotenen Annahme fremder Gelder verläßlich zu unterscheiden (BVerwG, Urteil vom 27. März 1984 - 1 C 125.80 - WM 1984, 1364, 1367). Die Frage, ob ein Unternehmen fremde Gelder als Einlagen annimmt und dadurch Bankgeschäfte betreibt, ist deshalb aufgrund einer Wertung aller Umstände des einzelnen Falles unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu entscheiden (BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93 - NJW 1994, 1801, 1805; BVerwG aaO. S. 1367; OVG Berlin WM 1984, 865, 867). § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG bewertet nicht jede Annahme von fremden Geldern als Einlagengeschäft. Selbst wenn fremde Gelder aufgrund typisierter Verträge und ohne.Bestellung banküblicher Sicherheiten entgegengenommen worden sind, läßt dies keine abschließende Bewertung dahin zu, daß diese Vorgänge bei umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung als Einlagengeschäfte anzusehen sind (BVerwG aaO.).
c) Bei der von dem Kläger erbrachten Kapitalanlage handelt es sich nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Praxis nicht um eine Einlage im Sinne des § 3 Nr. 3 KWG. In der Praxis des Bankwesens werden drei wesentliche Einlagenarten unterschieden: die Sichteinlagen, für die eine Laufzeit oder Kündigungsfrist nicht vereinbart ist, die befristeten Einlagen, für die eine Laufzeit (Festgelder) oder eine Kündigungsfrist (Kündigungsgelder) festgelegt ist, sowie die Spareinlagen (Bähre/Schneider aaO. § 1 Anm. 7). Typisch für diese Einlagen ist es, daß die Geschäfte über Konten, wie etwa Kontokorrentkonten, Sparkonten, Festgeldkonten oder Kündigungsgeldkonten (Bank-Lexikon, Hand-Wörterbuch für das Bank- und Sparkassenwesen 8. Aufl., Stichwort: Einlagengeschäft), abgewickelt und angemessen verzinst werden. Der von dem Kläger geleistete Betrag sollte jedoch zu Spekulationszwecken in der Absicht, außergewöhnlich hohe Gewinne zu erzielen, eingesetzt werden. Die nach Nr. 6 des Vertrages vorgesehene Gewinnentwicklung unterscheidet sich maßgeblich von den üblichen Renditeerwartungen, die mit den vorgenannten Einlagenarten verbunden sind. Dies zeigt schon die nach zwei Jahren erwartete Gewinnsteigerung von 200 %. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Einlagenformen steht hier nicht die sichere Verwahrung von Geldern im Vordergrund, wie dies für Sichteinlagen und Sparkonten wegen der in der Regel mäßigen Erträge der Fall ist. Vielmehr sollte das hingegebene Kapital durch Spekulationsgeschäfte vervielfacht werden.
Mit dem Erfordernis des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, daß fremde Gelder "als Einlagen" angenommen werden müssen, sollte der Anwendungsbereich der Vorschrift eingeschränkt werden. § 1 Abs. 1 a der Reichsgesetze über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1203) und vom 25. September 1939 (RGBl. I S. 1955) stellten in diesem Zusammenhang lediglich auf die "Annahme und Abgabe von Geldbeträgen" ab.
Mit dem nunmehr bestehenden Zusatz "als Einlagen" wird klargestellt, daß das unternehmerische Bestreben gerade zielgerecht auf die Durchführung eines Einlagengeschäftes angelegt sein muß. Als Geschäftszweig der Kreditinstitute dient das Einlagengeschäft bankwirtschaftlich der Ansammlung und Bereithaltung flüssigen Kapitals für die Durchführung eigener Geschäfte ("Aktivgeschäft"). Einlagen werden mit der Absicht entgegengenommen, das Kapital zur eigenen Verfügung zu haben, so daß hiermit gewinnbringend gearbeitet werden kann (BVerwG aaO.; Szagunn/Wohlschiess aaO. § 1 Rn. 18). Wird die Einlage verzinst, stellt dies vereinbarungsgemäß ein Entgelt für die zeitweilige Überlassung der Gelder dar.
An einer solchen Zielrichtung auf seiten des Beklagten fehlt es hier aber. Unter Zugrundelegung der Vereinbarung der Parteien hat der Beklagte die Kapitalanlage des Klägers nicht in der Absicht entgegengenommen, sie für seine eigenen Zwecke zu nutzen. Durch den Vertrag hat er sich verpflichtet, das Kapital im Interesse des Klägers möglichst ertragreich anzulegen und zu vermehren. Dies wird aus Nr. 5 des Vertrages deutlich, wonach der Kläger das Recht hat, "sich jederzeit über den Verbleib bzw. den aktuellen Stand seiner Anlage zu informieren". Daß es sich bei den in Aussicht gestellten Gewinnen auch nicht annähernd um das Entgelt für die Überlassung eines Kapitals handeln kann, ergibt sich aus deren außergewöhnlicher Höhe. Gegen den Einlagencharakter der Anlage spricht ferner die dem Kunden in Nr. 4 des Vertrages auferlegte Verpflichtung, dem Beklagten alle Maßnahmen zu ermöglichen, die zur Erzielung der Gewinne notwendig sind. Bei einem Einlagengeschäft im banküblichen Sinne genügt es bereits, daß der Kunde die Gelder zur Verfügung stellt. Eine Mitwirkungspflicht zur Erzielung eines Ertrages besteht nicht.
d) Auch der bei der Bestimmung des Einlagenbegriffs zu berücksichtigende Schutzzweck, das breite Publikum vor Verlusten bei der Anlage seiner Mittel zu bewahren (Bähre/Schneider aaO. § 1 Anm. 7; Horn aaO. S. 440; OVG Berlin E 12, 217, 219 f), erfordert es nicht, die Anlage des Klägers als Einlage anzusehen. Nach der Verkehrsanschauung zeichnen sich Einlagen, auch wenn sie nicht von Banken entgegengenommen werden, durch eine gewisse Verfügbarkeit und das Vorhandensein einer relativen Sicherheit aus. In der Vorstellung des Kunden sind bei einer Einlage eine (bankgeschäftliche) Risikostreuung und eine gewisse Risikokontrolle gewährleistet (Horn aaO. S. 441). Schutzbedürftig sind vor allem Sparer sowie Inhaber von Lohn-, Gehalts-, Renten- und Pensionskonten, die gegen einen Verlust ihrer Einlage gesichert werden sollen. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger nicht. Ein Kapitalanleger wie er ist weder in gleichem Maße schutzbedürftig noch erwartet er typischerweise einen entsprechenden Schutz durch die Vorschriften des Kreditwesengesetzes. Er hat eine Anlage getätigt in der Absicht, höchstmögliche Gewinne zu erzielen. Bei einem solchen Kapitalanlagengeschäft handelt es sich aus der Sicht eines verständigen Betrachters um eine Investition, die mit dem vollen Risiko verbunden ist, das sich aus einer möglichen Zahlungsunfähigkeit des Empfängers der Gelder ergibt (vgl. Horn aaO.). Selbst unter Zugrundelegung der von dem Berufungsgericht angenommenen Gewinngarantie würde sich hieran nichts ändern. Ihr Wert hinge allein von der Vermögenslage des Beklagten ab. Dasselbe gilt, da die Versicherungsprämien von dem Beklagten geleistet wurden, für die Sicherung durch den Rückkaufswert der Lebensversicherungsverträge. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes greift bei derartigen auf Spekulation angelegten risikobehafteten Kapitalanlagengeschäften nicht ein.
4. Bei Berücksichtigung des Gesetzeszwecks bestätigt sich die Annahme, daß die Kapitalanlage des Klägers nicht der Vorschrift des § 3 Nr. 3 KWG unterfällt. Rechts- und währungspolitisches Ziel dieses Verbotstatbestandes ist es, im Kredit- und im Einlagengeschäft den Ausschluß oder die erhebliche Erschwerung der Barabhebung zu verhindern (Bähre/Schneider aaO. § 3 Anm. 4). Diese ordnungspolitischen Zwecke werden durch eine Kapitalanlage, wie sie der Kläger getätigt hat, nicht berührt.
Wie es in der amtlichen Begründung zum Kreditwesengesetz (Begründung zum Entwurf KWG 1961, BT-Drucks. III/1114 unter B zu § 3; vgl. auch Bericht des Wirtschaftsausschusses BT-Drucks. III/2563 unter II zu Nr. 3) heißt, verbiete diese Vorschrift Unternehmen, die unter mißbräuchlicher Ausnutzung der Möglichkeiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs Kredite gewährten. Die besonderen volkswirtschaftlichen Gefahren derartiger Einrichtungen lägen in der hohen Kreditkapazität, die sich aus dem Ausschluß oder der Erschwerung der Barabhebung ergebe. Im Gegensatz zu den normalen Kreditinstituten brauchten diese Unternehmen für ihre Verpflichtungen keine liquiden Mittel bereitzuhalten und könnten, da sie einen besonders hohen Expansionskoeffizienten hätten, in weit höherem Maße als die anderen Kreditinstitute zur Ausdehnung des Geldvolumens und damit zu einer Störung der finanziellen Stabilität der Volkswirtschaft beitragen. Während die Notenbank bei Kreditexpansionen anderer Kreditinstitute diesen Gefahren durch kreditpolitische Mittel begegnen könne, sei dies bei den unter § 3 Nr. 3 KWG aufgeführten Unternehmen kaum der Fall.
Diese Gesichtspunkte kommen bei dem Kapitalanlagegeschäft des Klägers nicht zum Tragen. Derartige Anlagengeschäfte sind grundsätzlich nicht geeignet, eine Störung der finanziellen Stabilität der Volkswirtschaft herbeizuführen. Sie behindern auch nicht die Deutsche Bundesbank bei kreditpolitischen Maßnahmen. Die Gefahr, daß eine Expansion solcher Kapitalanlagengeschäfte eintreten wird, ist im Hinblick auf ihren besonderen Risikogehalt als gering einzustufen.
II. Da die Vereinbarung der Parteien nicht gegen die Vorschrift des § 3 Nr. 3 KWG verstößt, muß das Berufungsurteil aufgehoben werden, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Da der Senat eine eigene Sachentscheidung nicht treffen kann (§ 565 Abs. 3 ZPO), muß die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Zur Endentscheidung des Rechtsstreits, dessen Gegenstand ein Anspruch auf Erfüllung einer vertraglichen Gewinngarantie ist, bedarf es noch weiterer Feststellungen zum Inhalt des Geschäftsbesorgungsvertrages.
1. Soweit es den Vertragstext allein anbetrifft, ist allerdings die tatrichterliche Auslegung des Berufungsgerichts, wonach die unter Nr. 6 des Vertrages getroffene Regelung als verbindliche Gewinnzusage und nicht als bloße Gewinnprognose zu verstehen ist, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht folgert dies aus dem inneren Zusammenhang der Vertragsbestimmungen. Es stellt auf Nr. 8 des Vertrages ab, der im Falle der Kündigung eine Abrechnung auf der Grundlage der unter Nr. 6 aufgeführten Gewinnregelung vorsieht und für das Ende des 38. Monats nach Anlage einen Betrag von 112.500 DM nennt. Das Berufungsgericht zieht ferner das außerordentliche Kündigungsrecht in Nr. 7 Abs. 2 des Vertrages heran, das dem Beklagten dann zusteht, wenn aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, die Gewinne entsprechend Nr. 6 nicht mehr zu erzielen sind. Schließlich verweist es auf Nr. 9 Abs. 2, wonach die "Gewinnregelung - s. Abs. 6 -" außer Kraft tritt, wenn der Beklagte dem Kunden wegen Nichteinhaltung der Zahlungspflichten fristlos gekündigt hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Regelungen der Nr. 7 - 9 der Vertragsurkunde würden ihre Grundlage und auch ihren Sinn verlieren, falls es sich bei den Gewinnangaben unter Nr. 6 nur um eine unverbindliche Erwartung handeln sollte, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
2. Gegenüber der von dem Berufungsgericht getroffenen Vertragsauslegung greift jedoch die Gegenrüge der Revisionserwiderung durch, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Beklagten über die abweichende mündliche Absprache der Parteien übergangen (§ 286 ZPO). Der Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, die Parteien hätten die Art der Kapitalanlage und die Risiken erörtert und dabei vereinbart, daß die Regelung in Nr. 6 des Vertrages eine bloße unverbindliche Gewinnprognose darstelle. Diesem Vorbringen hätte das Berufungsgericht nachgehen und die angebotenen Beweise erheben müssen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht bei der Vertragsauslegung ein übereinstimmender Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Deutung vor (BGHZ 20, 109; 71, 75, 77 f; 71, 243, 247; BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 - VII ZR 174/92 - NJW 1994, 1528, 1529 [BGH 20.01.1994 - VII ZR 174/92] m.w.N.). Unbeschadet des gewählten Wortlauts gilt das von den Vertragschließenden wirklich Gewollte als Inhalt des Vertrages (BGHZ 20, 109, 110). Da der übereinstimmende Wille der Parteien auch dann allein maßgebend ist, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat, darf sich das Gericht bei schriftlichen Verträgen nicht auf die widerlegliche Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Vertragsurkunde zurückziehen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1988 - II ZR 37/88 - BGHR BGB § 133 Wille 5). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich - wovon das Berufungsgericht ausgeht - bei der von den Parteien getroffenen Vereinbarung um einen Formularvertrag handeln sollte. Die Parteien können einer AGB-Klausel - auch stillschweigend oder durch schlüssige Handlung - einen von der objektiven Auslegung abweichenden Sinn geben, der dann gemäß § 4 AGB-Gesetz vorgeht (BGHZ 113, 251, 259; Senatsurteile vom 6. März 1986 - III ZR 234/84 - NJW 1986, 1807 [BGH 06.03.1986 - III ZR 234/84] und vom 1. Juni 1989 - III ZR 219/87 - LM § 246 BGB Nr. 2), im Einzelfall auch zugunsten des Verwenders (Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGB-Gesetz 6. Aufl. § 4 Rn. 25; Hefermehl in Erman/Westermann, BGB, 9. Aufl. Bd. 1 § 4 AGBG Rn. 3; Palandt/Heinrichs, BGB 54. Aufl. §§ 4/5 AGBG Rn. 2).
Soweit die Bestimmung der Nr. 11 Satz 2 des Vertrages, die die Aussage enthält, daß Nebenabreden über den Vertrag hinaus nicht getroffen worden seien, auch eine im Widerspruch zu dem Vertragstext stehende Individualvereinbarung erfassen sollte, wird die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung hierdurch nicht ausgeschlossen. Die Klausel gibt dann lediglich die ohnehin eingreifende Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde wieder und läßt den Gegenbeweis offen (BGHZ 79, 281, 287; BGH, Urteil vom 19. Juni 1985 - VIII ZR 238/84 - NJW 1985, 2329, 2331; a.A. Hefermehl aaO. § 4 AGBG Rn. 13, wonach die Klausel irreführend und daher nach § 9 AGBG unzulässig ist), ähnlich auch zu einer Schriftformklausel: BGH, Urteil vom 15. Februar 1995 - VIII ZR 93/94, Urteilsumdr. S. 8 f).