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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.11.1994, Az.: IV ZR 124/93

Überschußverteilung an Versicherungsnehmer; Geschäftsplan; Aufsichtsbehördliche Genehmigung; Mangelnde Überschußfeststellungsregelungen; Beteiligung an stillen Reserven

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.11.1994
Aktenzeichen
IV ZR 124/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 15547
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Darmstadt - 03.05.1991 - 1 O 5/91
OLG Frankfurt am Main - 05.05.1993 - 13 U 164/91
nachfolgend
BVerwG - 12.12.1995 - AZ: 1 A 2.92
BVerfG - 02.06.2004 - AZ: 1 BvR 782/94
BVerfG - 26.07.2005 - AZ: 1 BvR 80/95

Fundstellen

  • BGHZ 128, 54 - 67
  • BB 1995, 417-419 (Urteilsbesprechung von Prof. Dr. Wolfgang B. Schünemann)
  • BB 1995, 423-426 (Volltext mit amtl. LS)
  • DB 1995, 265-266 (Volltext mit amtl. LS)
  • DZWIR 1995, 381-387 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
  • EWiR 1995, 317-318 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
  • JZ 1995, 458-461 (Urteilsbesprechung von Prof. Dr. Horst Baumann)
  • JuS 1995, 1062-1067 (Urteilsbesprechung von Prof. Dr. Wolfgang B. Schünemann)
  • MDR 1995, 910-912 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1995, 539 (amtl. Leitsatz)
  • VersR 1995, 77-80 (Volltext mit amtl. LS)
  • VuR 1995, 209 (amtl. Leitsatz)
  • WM 1995, 27-32 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1995, 33-37 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1994, A139 (Kurzinformation)

Amtlicher Leitsatz

1. Ist in ALB oder in der Satzung bestimmt, daß der Überschuß den VN gebührt und die Überschußverteilung sich nach dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan regelt, hat der VN keinen Anspruch darauf, daß das Gericht den Betrag des Überschusses bestimmt.

2. Die Verweisung in ALB oder in der Satzung auf den Geschäftsplan zur Regelung der Überschußbeteiligung ist nicht nach § 9 AGBG unwirksam.

3. Der VN kann aus dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan keine die Überschußbeteiligung in der Lebensversicherung betreffenden Rechte herleiten.

4. Enthalten die ALB oder die Satzung keine Regelung darüber, wie der Überschuß festzustellen ist, hat der VN jedenfalls dann keinen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven, wenn sich die Überschußbeteiligung nach einem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan regelt.

Tatbestand:

1

Der Kläger schloß mit dem Beklagten, einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, im Jahre 1964 einen Lebensversicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von 50.000 DM. Als Datum des Versicherungsablaufs war das Jahr 2009 vereinbart. Bei der Versicherung handelt es sich um eine sogenannte Anpassungsversicherung, bei der die laufenden Gewinnanteile dafür verwendet werden, den vereinbarten Ablaufzeitpunkt vorzuverlegen. Im März 1989 wurden dem Kläger 58.350 DM bei einer Jahresprämie von 1.250 DM ausbezahlt. Eine durch das Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen vorgenommene Prüfung ergab, daß die Überschußanteile entsprechend dem Geschäftsplan des Beklagten und den in den jährlichen Geschäftsberichten veröffentlichten Gewinnanteilssätzen richtig berechnet sind.

2

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der an ihn ausgeschüttete Gewinnanteil sei zu niedrig. Da die erzielten Überschüsse nach der Satzung vollständig den Mitgliedern gebührten, müsse sich die Auskehrung insbesondere auch auf die sogenannten stillen Reserven des Beklagten erstrecken.

3

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, über bereits gezahlte 58.350 DM hinaus einen weiteren gemäß § 315 Abs. 3 BGB von dem Gericht zu bestimmenden Betrag nebst 4% Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen, der sich unter Berücksichtigung des bereits gezahlten Betrages ergebe, wenn der Kläger vollständig an den Überschüssen beteiligt werde, die der Beklagte zwischen dem 1. Februar 1963 und dem 28. Februar 1989 tatsächlich aus dem Risiko- und Sparanteil der vom Kläger gezahlten Lebensversicherungsprämien erzielt hat. Hilfsweise hat der Kläger beantragt,

4

a) den Beklagten zu verurteilen, unter Beibringung geeigneter Belege Auskunft zu erteilen, über die zwischen dem 1. Februar 1963 und dem 28. Februar 1989 tatsächlich aus den Risiko- und Sparanteilen der gezahlten Lebensversicherungsprämien erzielten Überschüsse und Erträge (einschließlich daraus gebildeter stiller Reserven) und

5

b) hiernach über bereits gezahlte 58.350 DM hinaus einen weiteren Betrag nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen, der nach Erteilung der Auskünfte beziffert werden wird.

6

Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Er hat die Ansicht vertreten, die Verwendung des Überschußanteils sei in den vereinbarten Allgemeinen Lebensversicherungsbedingungen ausdrücklich bestimmt. Ein Anspruch des Klägers nach § 315 Abs. 3 BGB scheide daher aus. Auch der hilfsweise geltend gemachte Auskunftsanspruch bestehe nicht. Der Beklagte habe den Gewinnüberschuß ordnungsgemäß nach den Bestimmungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwandt und dafür die Genehmigung des Bundesaufsichtsamtes erhalten. Der Kläger habe aufgrund der Laufzeitabkürzung des Lebensversicherungsvertrages insgesamt 31.150 DM Prämien gezahlt und dafür 58.350 DM erhalten.

7

Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg.

9

A. I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, für eine Bestimmung der Leistung nach § 315 Abs. 3 BGB sei kein Raum, weil die Parteien in § 20 der von dem Beklagten 1964 verwendeten Allgemeinen Lebensversicherungsbedingungen (ALB) in Verbindung mit § 5 der Satzung Höhe und Zusammensetzung des dem Kläger zustehenden Überschußanteils vereinbart hätten. Diese Regelung verstoße auch nicht gegen § 9 AGBG. Aufgrund der besonderen Umstände, die für Lebensversicherungsverträge als von Zukunftsprognosen und künftigen Entwicklungen abhängige Verträge gälten, liege weder in § 20 ALB noch in § 5 der Satzung des Beklagten eine unangemessene Benachteiligung des Klägers.

10

II. 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Fassung der Satzung zugrunde zu legen sei, die galt, als der Kläger durch Beendigung der Lebensversicherung aus dem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ausschied. Ob dies richtig ist, kann offenbleiben. Denn der hier maßgebende Teil des § 5 der Satzung, die zur Zeit der Begründung des Versicherungsverhältnisses galt, ist inhaltlich unverändert in den § 5 der Satzung von 1988 übernommen worden.

11

§ 5 der Satzung vom 15. Oktober 1963 lautet auszugsweise:

12

"(1) Der Überschuß gebührt vollständig den Mitgliedern. Er ist der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuzuführen.

13

(2) Die Überschußverteilung regelt sich nach dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan. Sie kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde auch mit Wirkung für bereits bestehende Versicherungen geändert werden."

14

§ 5 der Satzung von September 1988 lautet auszugsweise:

15

"(1) Der Überschuß gebührt vollständig den Mitgliedern. Soweit er nicht als Direktgutschrift ausgeschüttet wird, ist er der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuzuführen. ...

16

(2) Die Überschußverteilung regelt sich nach dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan. Sie kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde auch mit Wirkung für bereits bestehende Versicherungen geändert werden.

17

(3) ..."

18

Das Berufungsgericht konnte offenlassen, welche Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Lebensversicherung (ALB) auf den Fall anzuwenden sind, ob die in der Fassung von 1963 oder der Fassung von 1977.

19

§ 20 der ALB 1963 lautet auszugsweise:

20

"(6) Die Grundsätze über die Überschußrückgewähr sind im Geschäftsplan festgelegt und können nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde, dann aber auch für bestehende Versicherungen, geändert werden."

21

§ 16 ALB 77 lautet auszugsweise:

22

"(1) Die Versicherungen sind nach Maßgabe des jeweiligen von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplans am Überschuß der (Versicherer) beteiligt. Der erzielte Überschuß wird in voller Höhe. ...

23

(6) Die Grundsätze für die Überschußbeteiligung können nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde, dann aber auch mit Wirkung für bestehende Versicherungen, geändert werden."

24

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen weiteren Betrag, den das Gericht nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bestimmt. Die Bestimmung einer Leistung durch Urteil nach der genannten Vorschrift setzt voraus, daß die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle die Leistung bestimmen, § 315 Abs. 1 BGB. An dieser Voraussetzung fehlt es. Denn die Parteien haben nicht vereinbart, der Beklagte solle die Leistung einseitig - nach billigem Ermessen - bestimmen. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat. Das ergibt sich aus § 20 ALB 63, § 16 ALB 77 in Verbindung mit der im Versicherungsschein niedergelegten Vereinbarung über die Verwendung der Überschußanteile zur Abkürzung der Versicherungsdauer und § 5 der Satzung. Damit ist der Hauptantrag auf Zahlung eines weiteren vom Gericht nach § 315 Abs. 3 BGB zu bestimmenden Betrages unbegründet.

25

B. Auch der Hilfsantrag auf Erteilung einer Auskunft über die "tatsächlich" erzielten Überschüsse unter Einbezug stiller Reserven ist unbegründet.

26

Das Auskunftsverlangen des Klägers ist nur berechtigt, wenn und soweit vom Bestehen des Zahlungsanspruchs ausgegangen werden kann, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll (vgl. BGHZ 97, 188, 193). Ein solcher Zahlungsanspruch besteht indessen nicht.

27

I. § 20 ALB 63, § 16 ALB 77 und § 5 der Satzungen ist nicht zu entnehmen, der an die Versicherungsnehmer zu verteilende Überschuß sei so zu ermitteln, daß er auch ein Äquivalent für etwa vorhandene stille Reserven enthalte oder daß stille Reserven aufgelöst werden müßten. Zwar gebührt nach § 5 der Satzungen der Überschuß "vollständig" den Mitgliedern. Dabei wird der Begriff des Überschusses aber nicht erläutert, sondern vorausgesetzt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es bei der Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ankommt (BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.), versteht unter dieser Regelung nicht, daß ein anderer als der sich aus dem Jahresabschluß ergebende Überschuß verteilt werden soll.

28

II. Die Bestimmungen zur Regelung der Überschußbeteiligung sind entgegen der Auffassung der Revision auch nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG oder gegen die von der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes nach § 242 BGB entwickelten Grundsätze zur unangemessenen Benachteiligung unwirksam.

29

1. Es mag zweifelhaft sein, ob § 9 AGBG hier anzuwenden ist. Nach § 23 Abs. 1 AGBG findet dieses Gesetz bei Verträgen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts und damit auch auf das Vereinsrecht keine Anwendung. Es spricht aber vieles dafür, daß diese Bestimmung jedenfalls nicht die Teile der Satzung und der Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Beklagten erfaßt, die das Versicherungsverhältnis zwischen dem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und dem Mitglied als Versicherungsnehmer regeln (Sieg, VersR 1977, 489 unter II 1 a; Helm, NJW 1978, 129; MünchKomm-Basedow, 3. Aufl. § 23 AGBG Rdn. 13; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 7. Aufl. § 23 AGBG Fn. 63). Des weiteren ist § 9 AGBG nicht auf Verträge anzuwenden, die - wie hier - vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen wurden, es sei denn, es handele sich um einen Vertrag über die regelmäßige Erbringung von Diensten, § 28 Abs. 1 und 2 AGBG. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob es sich bei dem Versicherungsvertrag um einen Vertrag über regelmäßige Dienstleistungen handelt, bei seiner Entscheidung vom 3. März 1982 (BGHZ 83, 169, 174) [BGH 03.03.1982 - IVa ZR 256/80] offengelassen. Einer Entscheidung dieser Fragen bedarf es auch hier nicht. Denn § 9 AGBG hat gegenüber den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes entwickelten Grundsätzen keine neue Rechtslage geschaffen. § 9 AGBG stellt vielmehr im wesentlichen eine Kodifizierung der seinerzeit bestehenden Rechtslage dar, wie sie sich anhand ständiger und schon bei Abschluß des Vertrages gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Anschluß an die Entscheidung BGHZ 22, 90 entwickelt hatte (BGHZ 83, 169, 174) [BGH 03.03.1982 - IVa ZR 256/80], so daß jedenfalls der hier in Rede stehende Teil, der das Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien betrifft, nach den Grundsätzen zu prüfen ist, die sich in § 9 AGBG niedergeschlagen haben.

30

2. Allerdings könnte der Senat an einer gerichtlichen Kontrolle auch anhand der vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gehindert sein, wenn § 8 AGBG zu entnehmen wäre, daß die durch § 20 ALB 63, § 16 ALB 77 in Verbindung mit § 5 der Satzung getroffenen Regelungen nach dem Willen des Gesetzgebers frei von gerichtlicher Kontrolle bleiben sollen. Nach Inhalt und Zweck des § 8 AGBG unterliegen bloße Leistungsbeschreibungen nicht der gerichtlichen Kontrolle. Solche Beschreibungen legen Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen fest. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind hingegen inhaltlich zu kontrollieren. Damit bleibt nur der enge Bereich solcher Leistungsbeschreibungen der Überprüfung entzogen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (Senatsurteile vom 21. April 1993 - IV ZR 33/92 - VersR 1993, 830 unter I 2 und BGHZ 123, 83). Zu diesem engen Bereich der Leistungsbeschreibung gehört die Regelung nach § 20 ALB 63, § 16 ALB 77 in Verbindung mit § 5 der Satzung nicht. Indem § 20 Abs. 6 ALB 63, § 16 Abs. 1 ALB 77 darauf verweisen, daß die Grundsätze für die Überschußrückgewähr im Geschäftsplan festgelegt sind, und in ähnlicher Formulierung § 5 der Satzung bestimmt, daß die Überschußverteilung sich nach dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan regelt, wird die Überschußbeteiligung näher ausgestaltet. Damit geht die Regelung über die bloße Bestimmung der Leistung hinaus und ist deshalb der Kontrolle nicht entzogen.

31

3. Die Revision wendet sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die in Frage stehende Regelung verstoße nicht gegen das Transparenzgebot. Auch sei das Argument des Berufungsgerichts, der Kläger sei in seinen durch § 9 AGBG geschützten Rechten durch regelmäßige Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde geschützt, ohne nachvollziehbare Begründung geblieben. Diese Angriffe verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.

32

a) § 20 Abs. 1 bis 4 ALB 63 und § 16 Abs. 2 bis 5 ALB 77 enthalten Regelungen darüber, wie der Überschuß, der sich beim Jahresabschluß ergibt, auf die einzelnen Versicherungen zu verteilen ist. § 20 Abs. 6 ALB 63, § 16 Abs. 1 ALB 77 verweisen ergänzend auf die Grundsätze für die Überschußrückgewähr, die im Geschäftsplan festgelegt sind. Dabei wird der Begriff des Überschusses nicht erläutert. Regelungen, wie dieser festzustellen ist, enthalten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht. Dasselbe gilt für die Satzung; auch § 5 verweist zur Verteilung des Überschusses auf den Geschäftsplan. Der Begriff des Überschusses wird auch hier nicht näher bestimmt. Regelungen darüber, wie der Überschuß festzustellen ist, sind in der Satzung nicht festgelegt.

33

b) Eine Verweisung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ein anderes Regelungswerk ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGHZ 111, 388, 390) [BGH 21.06.1990 - VII ZR 308/89]. In der Verweisung auf die Grundsätze zur Überschußrückgewähr im Geschäftsplan, die in § 20 Abs. 6 ALB 63, § 16 Abs. 1 ALB 77 und in § 5 der Satzungen enthalten ist, liegt kein Verstoß gegen das Transparenzgebot. Zwar enthalten die Versicherungsbedingungen damit eine Verweisung auf ein Regelungswerk, das dem Versicherungsnehmer im allgemeinen wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses des Versicherers nicht zugänglich ist. Darüber hinaus wird ein durchschnittlicher, mit der Materie nicht besonders vertrauter Versicherungsnehmer einen nach den Vorgaben des Mustergeschäftsplans (VerBAV 1988, 424) aufgestellten Geschäftsplan in seinen Zusammenhängen und damit in seiner Aussage über ihn betreffende Vor- und Nachteile nicht verstehen. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt aber nicht schon immer dann vor, wenn der Versicherungsnehmer keine oder nur erschwerte Möglichkeiten hat, ihn betreffende Regelungen zu verstehen, auch wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach diesem Gebot gehalten ist, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 115, 177, 185 m.w.N.). Sinn des Transparenzgebotes ist es, der Gefahr vorzubeugen, daß der Versicherungsnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BGHZ 104, 82, 93 m.w.N.). Erst in der Gefahr, daß der Versicherungsnehmer wegen unklar abgefaßter Allgemeiner Versicherungsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG. Eine solche Gefahr besteht hier nicht.

34

III. Der Kläger kann aus dem Geschäftsplan des Beklagten keine Rechte auf weitergehende Überschußbeteiligung herleiten. Der Geschäftsplan beruht auf öffentlichem Recht. Allerdings ist die Rechtsnatur des Geschäftsplans umstritten.

35

1. Für die Qualität von Allgemeinen Geschäftsbedingungen spricht sich Basedow aus (ZVersWiss 1992, 419, 442), weil der Geschäftsplan durch die Verweisung in den Versicherungsbedingungen in den Vertrag "inkorporiert" werde. Baumann (Die Kapitallebensversicherung mit Überschußbeteiligung als partiarisches Versicherungsverhältnis und ihre Bedeutung bei der Umstrukturierung von Versicherungsgruppen, 1993, 22, 24) hält es zwar nicht für eindeutig, daß der Geschäftsplan AGB-rechtlichen Kriterien unterliege, meint im Ergebnis aber doch, die Regelungen des Geschäftsplans würden durch die Verweisung Vertragsbestandteil und erlangten deshalb die Qualität von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Winter (in Bruck/Möller/Winter, Versicherungsvertragsgesetz, 8. Aufl., Lebensversicherung, Anm. G 391) sieht die Regelungen des Geschäftsplans durch die Verweisung nur insoweit in den Versicherungsvertrag mit einbezogen, als sie sich auf das Deckungskapital und die Rückvergütung beziehen. In diesem Umfange seien die Regelungen des Geschäftsplans Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dagegen spricht Sieg (ZVersWiss 1975, 161, 166) einschränkend von "verhüllten" Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Lorenz (ZVersWiss 1993, 283, 308ff.) ist der Auffassung, die geschäftsplanmäßigen Bestimmungen über die Überschußbeteiligung seien keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Verweisung auf diese Bestimmungen führe nur dazu, daß der Versicherer eine vertragliche Pflicht zur Überschußbeteiligung der Versicherungsnehmer habe, die nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des Geschäftsplans durchzuführen sei. Den ordentlichen Gerichten sei es nicht aufgegeben, den als aufsichtsrechtliches Regelungsgefüge entstandenen Geschäftsplan anhand des AGB-Gesetzes zu kontrollieren. Auch Benkel (VersR 1994, 509, 517) ist der Auffassung, die Regelung über die Überschußbeteiligung unterliege keiner Kontrolle nach dem AGB-Gesetz. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (VersR 1993, 556) hat entschieden, auch bei einer Verweisung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Geschäftsplan, könne dieser nicht als in den Versicherungsvertrag einbezogen angesehen werden. Das Oberlandesgericht Hamburg (VersR 1990, 475) scheint § 9 AGBG auf den Geschäftsplan anwenden zu wollen, führt aber aus, die Bindung des Leistungsbestimmungsrechts des Versicherers an seinen eigenen Geschäftsplan könne angesichts der Notwendigkeit von dessen Genehmigung durch das Bundesaufsichtsamt nicht als Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner des Versicherers angesehen werden.

36

2. Der Geschäftsplan eines Versicherungsunternehmens beruht auf öffentlichem Recht. Die Aufstellung eines den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Geschäftsplans ist Voraussetzung dafür, daß einem Versicherungsunternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb erteilt wird (§§ 5 Abs. 1 bis 4, 8 Abs. 1 Nr. 2, §§ 11, 12 VAG). Änderungen des Geschäftsplans bedürfen nach § 13 VAG der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Das Versicherungsunternehmen ist öffentlich-rechtlich zur Einhaltung des Geschäftsplans verpflichtet und kann dazu vom Aufsichtsamt angehalten werden (§§ 81, 87 VAG). Neuregelungen nach dem Dritten Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien vom 21. Juli 1994 (BGBl. I, S. 1630) bleiben hier außer Betracht, weil das Versicherungsverhältnis schon zum 28. Februar 1989 beendet wurde (vgl. im übrigen zur unveränderten Fortgeltung des Geschäftsplans für den sogenannten Altbestand den nach Art. 1 des Dritten Durchführungsgesetzes in das VAG eingefügten § 11c S. 1). Demnach ist auch die geschäftsplanmäßige Erklärung kein bürgerlich-rechtlicher Vertrag; sie kann aus diesem Grunde nicht als ein zwischen Versicherungsunternehmen und Aufsichtsamt zugunsten eines Dritten (Versicherungsnehmers) geschlossener Vertrag im Sinne von § 328 BGB aufgefaßt werden. Sie ist auch kein Bestandteil der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und wird daher grundsätzlich nicht wie diese in den Versicherungsvertrag einbezogen (insgesamt BGHZ 105, 140, 151). Mit der Erstellung eines Geschäftsplans formuliert das Versicherungsunternehmen keine Vertragsbedingungen vor, die es der anderen Partei bei Abschluß eines Vertrages stellt (§ 1 AGBG). Vielmehr kommt es damit einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nach, ohne deren Erfüllung es keine Geschäfte betreiben darf, § 5 Abs. 1 und 2 VAG.

37

Dieser öffentlich-rechtliche Charakter des Geschäftsplans hindert allerdings nicht, daß ein Teil des Plans, z.B. eine geschäftsplanmäßige Erklärung, bürgerlich-rechtliche Bedeutung erlangen kann und der Versicherungsnehmer ein eigenes Recht auf Beachtung der geschäftsplanmäßigen Erklärung erwirbt. Der Bundesgerichtshof hat diese Folge aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen müßten auf die geschäftsplanmäßige Erklärung ausdrücklich verweisen. Ob ein eigenes Recht des Versicherungsnehmers bestehe, sei entsprechend den in § 328 Abs. 2 BGB genannten Kriterien zu beurteilen. Bei dieser Prüfung komme dem Umstand, ob die geschäftsplanmäßige Erklärung im Amtsblatt des Bundesaufsichtsamtes veröffentlicht worden sei, besondere Bedeutung zu. Dadurch werde deutlich, daß die geschäftsplanmäßige Erklärung nicht nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Aufsichtsamt betreffe, sondern auch für Dritte von rechtlicher Bedeutung sein könne (BGH, aaO. S. 151f.).

38

Die Verweisung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen allein reicht mithin nicht aus, um bürgerlich-rechtliche Ansprüche des Versicherungsnehmers aus der geschäftsplanmäßigen Erklärung entstehen zu lassen. An den übrigen Voraussetzungen fehlt es hier. Insbesondere fehlt es an dem für die Beurteilung nach § 328 Abs. 2 BGB bedeutsamen Umstand, daß der Geschäftsplan veröffentlicht ist. Auch daraus ist zu entnehmen, daß seine Regelungen nicht gleichzeitig das bürgerlich-rechtliche Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem einzelnen Versicherungsnehmer unmittelbar berührt.

39

IV. Die Revision vermißt Darlegungen des Berufungsgerichts dazu, welche Umstände im einzelnen es rechtfertigen könnten, daß der Beklagte in unbekannter Höhe mit unbekanntem Zweck Gewinne verschleiere und stille Reserven bilde. Da das Berufungsgericht auch den Antrag auf Auskunftserteilung abgewiesen habe, könne die Frage nicht beantwortet werden, ob der mit den Beiträgen des Klägers erwirtschaftete Vermögenszuwachs des Beklagten mit dem bei Beendigung des Vertrages an den Kläger gezahlten Betrag in einem angemessenen Verhältnis stehe, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Beklagten den Kläger also unangemessen im Sinne des § 9 AGBG benachteiligten.

40

Damit wendet sich die Revision nicht gegen die Verteilung des vom Beklagten festgestellten Überschusses, sondern gegen die Feststellung des Überschusses selbst. Denn ob zu Lasten des Überschusses stille Reserven gebildet oder Beträge zu anderen Positionen anstatt zum Überschuß gerechnet werden, betrifft die der Verteilung vorangehende Feststellung des Überschusses. Da die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Satzung keine Regelungen darüber enthalten, wie der Überschuß festzustellen ist, kann insoweit auch keine AGB-Kontrolle am Maßstab des § 9 AGBG stattfinden. Einer solchen Kontrolle fehlt der zu prüfende Gegenstand. Allenfalls käme eine unangemessene Benachteilung des Versicherungsnehmers dadurch in Betracht, daß die Allgemeinen Versicherungsbedingungen nichts darüber aussagen, wie der Überschuß festzustellen ist. Die Bildung stiller Reserven kann es dem Versicherungsnehmer unmöglich machen, die Feststellung des Überschusses nachzuvollziehen und weitere Ansprüche über den ihm geleisteten Betrag hinaus geltend zu machen. Insoweit könnte eine fehlende Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränken, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG.

41

Ob eine gerichtliche Kontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen nach dem AGB-Gesetz auch dahin gehen darf, eine Regelungslücke zu beanstanden, erscheint schon deshalb zweifelhaft, weil die Sanktion des § 9 Abs. 1 AGBG, eine Bestimmung für unwirksam zu erklären, so nicht ohne weiteres eingreifen kann. Indessen braucht auch diese Frage nicht vertieft zu werden, weil das Fehlen von Regelungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und in der Satzung über die Feststellung des Überschusses nicht als eine Benachteiligung angesehen werden kann, die den Vertragszweck gefährdet. Denn auch wenn der Versicherer sich nicht durch Regelungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen an bestimmte Grundsätze zur Feststellung des Überschusses gebunden hat, bedeutet dies nicht, daß er den Überschuß etwa willkürlich festsetzen könnte. Er ist vielmehr an gesetzliche und aufsichtsrechtliche Vorgaben gebunden. Der Bundesgerichtshof hat schon in seinem Urteil vom 8. Juni 1983 (BGHZ 87, 346) , dem ein Rechtsstreit des Klägers gegen einen anderen Versicherer zugrunde lag, ausgeführt, die Beklagte jenes Rechtsstreits brauche dem Kläger keine Auskünfte über die Art der Ermittlung des Gewinns zu geben. Die Art der Gewinnermittlung ergebe sich aus dem Gesetz - § 55 VAG in Verbindung mit den aufgrund dieser Vorschrift erlassenen Vorschriften - (S. 351).

42

Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 VAG hat der Vorstand den Jahresabschluß aufzustellen. Dabei verweisen die §§ 55ff. VAG umfassend auf die Vorschriften des Handelsgesetzbuches und des Aktiengesetzes, die damit auch auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit anzuwenden sind. Soweit dem Versicherer danach und nach dem vom Aufsichtsamt genehmigten Geschäftsplan Spielräume bei der Ermittlung des Überschusses verbleiben, ist dies vom Gesetzgeber gebilligt und folglich nicht als unangemessene Benachteiligung anzusehen. So erlaubt zum Beispiel § 56 Abs. 1 VAG ausdrücklich, daß das Versicherungsunternehmen ihm gehörende Wertpapiere mit dem niedrigsten Wert ansetzt. Damit ist der Versicherer schon von Gesetzes wegen nicht gehindert, durch die Anwendung des Wiederstwertprinzips stille Reserven zu schaffen. Auch die Möglichkeit des Versicherers, Verluste aus anderen Bereichen, insbesondere aus dem Abschluß- und Verwaltungskostenbereich, mit den Überschüssen aus dem Sterblichkeitsverlauf und den Kapitalanlagen zu saldieren (sog. Querverrechnung), hat der Gesetzgeber gesehen und dem nur insoweit entgegengewirkt, als er 1983 § 81c in das Versicherungsaufsichtsgesetz einfügte (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 9/1493 S. 27).

43

Regelungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen über einen Verzicht des Versicherers auf diese und andere vom Gesetzgeber und der behördlichen Aufsicht eingeräumte Möglichkeiten bei der Bilanzierung wären allenfalls dann zu erwarten, wenn - wie Basedow meint (ZVersWiss 1992, 419, 439f., 450) - eine Verpflichtung des Versicherers aus dem Versicherungsvertrag herzuleiten wäre, zugunsten des Versicherungsnehmers den Gewinn möglichst umfassend zu steigern (Optimierungspflicht) und deshalb darauf zu verzichten, durch Bewertung nach dem Niederstwertprinzip oder durch Querverrechnung den Überschuß zu schmälern. Eine solche Pflicht des Versicherers, den Gewinn unter Aufgabe der vom Gesetzgeber und der Aufsichtsbehörde eingeräumten Möglichkeiten der Bilanzierung zu "optimieren", ist einer Kapitallebensversicherung selbst dann nicht zu entnehmen, wenn man mit Basedow (aaO. S. 437) davon ausgeht - was offenbleibt -, daß es sich bei der Kapitallebensversicherung um ein partiarisches Rechtsverhältnis handelt. Eine solche rechtliche Qualifikation des Vertragsverhältnisses besagt noch nichts darüber, in welchem Umfang der eine Vertragsteil die Interessen des anderen Teils wahrzunehmen hat. Bei einem partiarischen Rechtsverhältnis verfolgen die Parteien ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen. Ihre Beziehungen zueinander werden ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt (BGH, Urteil vom 26. Juni 1989 - II ZR 128/88 - WM 1989, 1850). Der von den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bestimmte Vertragsinhalt besagt weder nach seinem Wortlaut noch konkludent, daß der Versicherer eine Verpflichtung zur Optimierung des Gewinns durch Verzicht auf ihm ansonsten eingeräumte Möglichkeiten übernommen hat, stille Reserven zu bilden (ebenso Baumann, aaO. S. 11; Lorenz, aaO. S. 299; Benkel, aaO. S. 513). Auch die Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 der Satzung, wonach der Überschuß "vollständig" den Mitgliedern gebührt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Regelung besagt nur, daß der festgestellte Überschuß insgesamt nicht anders als durch Verteilung an die Mitglieder verwandt werden darf. Wie der zu verteilende Überschuß festzustellen ist, kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden. Deshalb ist allein auf den Überschuß abzustellen, der sich aus dem Rechnungsabschluß und den Jahresberichten des Beklagten ergibt (so schon BGHZ 87, 346, 351).