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Bundesgerichtshof
Urt. v. 29.03.1994, Az.: XI ZR 69/93

Kreditkartenunternehmen; Allgemeine Geschäftsbedingungen; Zinspflichten; Pauschale Überziehungsgebühren; Unwirksamkeit

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
29.03.1994
Aktenzeichen
XI ZR 69/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 15693
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 125, 343 - 351
  • BB 1994, 1037-1038
  • DB 1994, 1130-1132 (Volltext mit amtl. LS)
  • DStR 1994, 798 (Pressemitteilung)
  • MDR 1994, 791-792 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJ 1994, 335-336 (amtl. Leitsatz)
  • NJW 1994, 1532-1534 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1994, 1132 (amtl. Leitsatz)
  • WM 1994, 832-834 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZBB 1994, 268
  • ZIP 1994, 690-693 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

1. In AGB eines Kreditkartenunternehmens sind Bestimmungen unwirksam, die Zinspflichten, die durch die Überschreitung eines Zahlungsziels ausgelöst werden, auf davorliegende Zeiträume erstrecken oder dem Unternehmen die Befugnis einräumen, den Kreditkartenvertrag jederzeit ohne wichtigen Grund fristlos zu kündigen.

2. In AGB eines Kreditkartenunternehmens sind Bestimmungen unwirksam, die pauschale Überziehungsgebühren für Fälle nicht fristgerechter Zahlung festlegen.

Tatbestand:

1

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in diesem Aufgabenbereich tätige Verbände als Mitglieder hat.

2

Die Beklagte ist eine Zweigniederlassung der in Spanien ansässigen B. Im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes gibt sie u.a. Kreditkarten aus und verwendet dabei ihren Kunden gegenüber Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die vom Kläger beanstandeten Bestimmungen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben folgenden Wortlaut:

3

"5. Die der Bank gegen den Karteninhaber zustehenden Zahlungsansprüche und die vom Karteninhaber an die Bank geleisteten Zahlungen werden auf dem Kartenkonto in laufender Rechnung eingestellt. Die Bank erteilt monatlich eine Saldenmitteilung. Diese gilt als zugegangen, wenn sie an die zuletzt vom (Haupt-)Karteninhaber angegebene Anschrift versandt worden ist. ...

4

7. Der dem Karteninhaber mitgeteilte Saldo seines Kartenkontos ist entweder binnen 21 Tagen ab dem Datum der Saldenmitteilung auszugleichen oder durch Teilzahlungen in Höhe von 10% (Mindestbetrag) des jeweiligen Saldos, mindestens DM 20,--, innerhalb der gleichen Frist zu zahlen. Unterbleibt die Zahlung des Mindestbetrages, wird eine Überziehungsgebühr von DM 5, -- monatlich erhoben.

5

Wird der Saldo innerhalb der Zahlungsfrist vollständig ausgeglichen, berechnet die Bank keine Zinsen. Ist die Zahlungsfrist abgelaufen, so sind - ab Datum der Saldenmitteilung - Zinsen in Höhe von 1, 15% monatlich (effektiver Jahreszins 14,71 %) auf den ausstehenden Betrag zu entrichten. Weist das VISA-Konto bei Eingang eines Belastungsbeleges bereits einen Sollsaldo auf, der nicht binnen 21 Tagen nach vorstehend Abs. 1 vollständig ausgeglichen wird, so sind vom Buchungstag an 1,15 % monatliche Zinsen auf den jeweils belasteten Betrag zu entrichten. ...

6

12. Das Vertragsverhältnis kann von beiden Vertragspartnern jederzeit ohne Einhaltung einer Frist schriftlich gekündigt werden ... ."

7

Mit der Unterlassungsklage nach § 13 AGBG wandte der Kläger sich gegen Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 (Zugangsfiktion), Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 (Überziehungsgebühr), Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 (Zinsen) und Nr. 12 Abs. 1 Satz 1 (Kündigung) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Überziehungsgebühr und der Kündigungsregelung stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.

8

Gegen das landgerichtliche Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Berufungsrechtszug haben die Parteien nach Abgabe einer Unterlassungserklärung der Beklagten den Rechtsstreit hinsichtlich der Zugangsfiktion in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat sodann die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers der Unterlassungsklage auch hinsichtlich der Zinsregelung stattgegeben.

9

Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung des nicht erledigten Teils der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat der Beklagten mit Recht die Verwendung aller drei noch umstrittenen Klauseln aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt.

11

I. 1. Die in Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 enthaltene Bestimmung über die Erhebung einer Überziehungsgebühr von 5 DM pro Monat hat das Berufungsgericht im wesentlichen mit folgender Begründung als unzulässig angesehen:

12

In der Überziehungsgebühr liege eine unangemessene Benachteiligung des Kunden. Da die Verpflichtung zur Zahlung dieser Gebühr nicht von einer vorausgegangenen Mahnung und auch nicht von einem nach dem Kalender bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunkt für die Zahlung des fälligen Mindestbetrages abhängig gemacht werde, sei die Überziehungsgebühr schon mangels Verzugs nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens zu rechtfertigen. Im übrigen sei die Gebühr selbst dann, wenn Verzug des Kunden angenommen werden könne, nicht gerechtfertigt. Da sie pauschal in jedem Monat fällig werde, fehle jede Verbindung zu einem möglichen tatsächlichen Schaden wie etwa der Erstellung und Versendung von Mahnungen. Abgesehen davon ergebe die Unwirksamkeit der Klausel sich bei einer Einstufung als Vertragsstrafe bereits unmittelbar aus § 11 Nr. 6 AGBG.

13

2. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Die Klausel über die monatliche Überziehungsgebühr ist bereits nach § 11 Nr. 6 AGBG unwirksam, so daß es auf die Frage eines Verstoßes gegen § 9 AGBG nicht mehr ankommt.

14

Diese Gebühr kann entgegen der Ansicht der Revision nicht als Entgelt für eine Kreditgewährung angesehen werden. Sie steht in keinem Zusammenhang mit dem Teil der Aufwendungsersatzansprüche der Beklagten, die diese ihren Kunden zu kreditieren bereit ist, sondern wird allein durch die Nichtzahlung des sogenannten Mindestbetrages, den die Beklagte gerade nicht kreditieren will, ausgelöst. Da die Gebühr für jeden Fall der Nichtzahlung unabhängig von der Frage des Verzugs sowie ohne Rücksicht auf die Höhe eines etwaigen Verzugsschadens vorgesehen ist und ihrer Höhe nach nicht einmal von der Höhe des nicht gezahlten Mindestbetrages abhängt, handelt es sich nicht um eine Pauschalierung von Ansprüchen auf Ersatz eines Verzugsschadens, sondern um eine Geldleistung für den Fall nicht gehöriger Erfüllung von Verbindlichkeiten, also um eine Vertragsstrafe. Als solche fällt sie unter § 11 Nr. 6 AGBG. Diese Vorschrift erfaßt Vertragsstrafen, die für den Fall der Nichterfüllung einer Zahlungspflicht vorgesehen sind, auch dann, wenn dabei auf einen Verzugseintritt nicht ausdrücklich abgestellt wird (Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 2. Aufl. § 11 Nr. 6 Rdn. 16; Basedow in MünchKomm-BGB 3. Aufl. § 11 AGBG Rdn. 85; Palandt/Heinrichs 53. Aufl. § 11 AGBG Rdn. 30; OLG Hamburg NJW-RR 1988, 651 [OLG Hamburg 06.01.1988 - 4 U 36/87]; wohl auch Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 7. Aufl. § 11 Nr. 6 Rdn. 10).

15

II. 1. Das Berufungsgericht hat in der Zinsregelung nach Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten einen Verstoß gegen § 9 AGBG gesehen, weil sie Verzugsfolgen rückwirkend zum Datum der Saldenmitteilung eintreten lasse, obwohl eine Zahlungsfrist von 21 Tagen eingeräumt sei. Daneben hat das Berufungsgericht einen Verstoß gegen § 11 Nr. 5 Buchst. a AGBG bejaht, der darin liege, daß die Beklagte sich einen starren und verhältnismäßig hohen Zinssatz zubillige, obwohl der ihr durch den Verzug entstehende Schaden von den sich wandelnden Möglichkeiten des Markts zur Zeit des Verzugs abhänge.

16

2. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben im Ergebnis erfolglos.

17

a) Das Berufungsgericht ist von der Kontrollfähigkeit der Zinsregelung nach § 8 AGBG ausgegangen, ohne diesen Punkt ausdrücklich zu erwähnen. Die Revision meint, eine Kontrolle der Zinsregelung nach den Maßstäben der §§ 9 ff. AGBG scheide aus, weil es sich bei der mit der Kreditkarte verbundenen Kreditgewährung um eine Hauptleistung der Beklagten handele, weshalb die Zinsregelung als Entgeltvereinbarung für eine Hauptleistung der gerichtlichen Kontrolle nicht unterliege.

18

Das ist schon deshalb nicht richtig, weil es sich bei der Kreditierung der Salden auf den Kundenkonten nicht um die eigentliche Hauptleistung der Beklagten, sondern um eine fakultativ angebotene Zusatzleistung handelt. Wenn daher bereits bei Abschluß des Kreditkartenvertrages für diese nur möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch zu nehmende Zusatzleistung die Voraussetzungen sowie die Dauer und Höhe der Zinspflichten geregelt werden, so ist dies - ebenso wie eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten vorweggenommene Vereinbarung über spätere Stundungszinsen (BGHZ 95, 362, 370 [BGH 19.09.1985 - III ZR 213/83]/371) oder über spätere Überziehungszinsen (Senatsurteil BGHZ 118, 126, 127) [BGH 14.04.1992 - XI ZR 196/91] - einer Kontrolle nach den §§ 9 ff. AGBG nicht entzogen.

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b) Gegen die Prüfung der genannten Zinsregelung anhand der für Verzugszinsen entwickelten Grundsätze durch das Berufungsgericht wendet die Revision ein, daß es hier nicht um Verzugszinsen, sondern um die Zinsabrede für eine vereinbarte Kreditinanspruchnahme gehe; diese könne - wenn überhaupt - nur am Maßstab des § 9 AGBG gemessen werden und erweise sich auch hinsichtlich des Beginns der Zinszahlungspflicht nicht als unangemessene Benachteiligung der Kunden.

20

Auch damit kann die Revision im Ergebnis nicht durchdringen.

21

Die für Verzugszinsen entwickelten Rechtsgrundsätze können hier allerdings entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Anwendung finden, weil die in Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten genannte "Zahlungsfrist" im wesentlichen keine echte, die Vertragswidrigkeit der Nichtzahlung auslösende Zahlungsfrist ist, sondern lediglich den Zeitpunkt bestimmt, von dem ab die Gewährung eines verzinslichen Kredits einsetzt. Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 enthält daher eine Zinsregelung für die Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs der Beklagten in einen Kredit.

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Diese Zinsregelung verstößt jedoch insoweit gegen § 9 AGBG, als sie den Beginn der Zinspflicht auf das Datum der Saldenmitteilung vorverlegt und damit rückwirkend die Verzinsung einer nicht fälligen Forderung verlangt. Ein Darlehen, das nach dem gesetzlichen Leitbild des § 608 BGB Zinsforderungen auslösen kann, liegt im Verhältnis zwischen einem Kreditkartenunternehmen und dem Karteninhaber erst dann vor, wenn der Aufwendungsersatzanspruch des Unternehmens fällig ist und der Karteninhaber von der Möglichkeit Gebrauch macht, statt der Zahlung einen Kredit des Unternehmens in Anspruch zu nehmen (Häde ZBB 1994, 33, 36). Im vorliegenden Fall räumt die Beklagte ihren Karteninhabern ein Zahlungsziel von 21 Tagen ab dem Datum der Saldenmitteilung ein. Darin liegt eine Bestimmung der Leistungszeit im Sinne des § 271 Abs. 2 BGB und nicht nur ein Verzicht auf die Durchsetzung eines schon früher fälligen Anspruchs (a.M. Martinek, Moderne Vertragstypen, Band III, 1993, S. 72). Daraus, daß für die Einräumung des Zahlungsziels kein besonderes Entgelt berechnet wird, ergibt sich nichts anderes. Die Beklagte übernimmt nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen - gegen Vergütung in Form der Jahresgebühr - eine echte Vorleistungspflicht. Sie verpflichtet sich zur Erfüllung von Forderungen gegen den Karteninhaber, die dieser unter Verwendung der Karte begründet hat, gegen nachträgliche Erstattung ihrer Aufwendungen. Bis zu welchem Zeitpunkt diese Erstattung zu erfolgen hat, ist für beide Teile verbindlich in Nr. 7 Abs. 1 Satz 1 festgelegt. Bei dieser Form der Vertragsgestaltung ist die rückwirkende Verzinsung der Erstattungsforderung ab dem Datum der Saldenmitteilung für den Fall der konkludenten Annahme des Angebots zu einer Umwandlung der Erstattungsforderung in ein Vereinbarungsdarlehen eine unangemessene Benachteiligung der Karteninhaber. Sie begründet eine Verzinsungspflicht für den Zeitraum vor Fälligkeit und führt darüber hinaus gerade für Fälle einer geringfügigen Überschreitung des Zahlungsziels zu einer unverhältnismäßig hohen Zusatzbelastung.

23

c) Da die Zinsregelung in Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten somit für einen Teil ihres Anwendungsbereichs unzulässig ist, ist sie insgesamt unwirksam. Eine Aufteilung fehlerhafter AGB-Bestimmungen in unwirksame und wirksame Bestandteile ist nur dann zulässig, wenn es sich um äußerlich zusammengefaßte Regelungen handelt, die sinnvoll voneinander trennbar und jeweils aus sich heraus verständlich sind (BGHZ 93, 29, 37;  106, 25 f. [BGH 18.11.1988 - V ZR 75/87]; Senatsbeschluß vom 24. März 1992 - XI ZR 205/91 = BGHR AGBG § 6 Abs. 1 - Teilunwirksamkeit 4; jeweils m.w.Nachw.). Eine solche Aufteilung ist im vorliegenden Fall nicht möglich. Würden in Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 die Worte "- ab Datum der Saldenmitteilung -" gestrichen, so bliebe offen, von welchem Zeitpunkt an Zinsen geschuldet werden.

24

III. 1. Die in Nr. 12 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Bestimmung über die Befugnis der Vertragspartner zur jederzeitigen fristlosen Kündigung hat das Berufungsgericht im wesentlichen mit folgender Begründung als unzulässig angesehen:

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Die Kreditkartenverträge, die die Beklagte mit ihren Kunden schließe, seien als entgeltliche Dienstverträge über eine Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 BGB anzusehen, auf die § 671 BGB nicht anzuwenden sei. Da die Vergütung der Kreditkarteninhaber an die Beklagte jährlich einmal fällig werde, gelte für die Kreditkartenverträge gemäß § 621 Nr. 4 BGB eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Darin, daß die Beklagte sich von der Einhaltung dieser Kündigungsfrist durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung zu befreien versuche, liege ein Verstoß gegen wesentliche Leitbilder der gesetzlichen Regelung, der die Kunden unangemessen benachteilige und sich nicht durch anerkennenswerte Interessen der Beklagten rechtfertigen lasse. Ihrem Interesse an der Möglichkeit einer sofortigen Reaktion auf nachteilige Veränderungen in den persönlichen oder finanziellen Verhältnissen ihrer Kunden sei nämlich bereits dadurch genügt, daß bei einem Kreditkartenvertrag wie bei jedem auf Dauer angelegten Schuldverhältnis die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bestehe.

26

2. Diese Ausführungen werden von der Revision vergeblich angegriffen.

27

a) Das Berufungsgericht hat die Kreditkartenverträge zwischen der Beklagten und ihren Kunden mit Recht als entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge im Sinne des § 675 BGB eingestuft (BGHZ 91, 221, 223 f.), auf die § 671 Abs. 1 BGB nicht anwendbar ist. § 675 BGB erwähnt § 671 Abs. 1 BGB nicht und erklärt § 671 Abs. 2 BGB nur für den Fall für entsprechend anwendbar, daß dem Verpflichteten ein Recht zur fristlosen Kündigung zusteht. Daraus folgt, daß die Annahme eines Rechts des Verpflichteten zur Kündigung ohne Einhaltung einer Frist einer besonderen Begründung bedarf. Aus § 675 BGB läßt sich eine solche Begründung entgegen der Annahme der Revision nicht herleiten. Sie läßt sich auch nicht aus anderen gesetzlichen Vorschriften entnehmen. Dabei kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob man den Kreditkartenvertrag als Dienstvertrag oder als Werkvertrag einordnet. Geht man mit dem Berufungsgericht von einem Dienstvertrag aus (so Wolf aaO. § 9 Rz. K 51; Weller, Das Kreditkartenverfahren, 1986, S. 113 f.), so gilt für den Verpflichteten nach § 621 Nr. 4 BGB eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Sieht man Kreditkartenverträge dagegen als Werkverträge an (so Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 1628; Häde aaO. S. 35; Martinek aaO. S. 66 m.w.Nachw.), so folgt aus der gesetzlichen Regelung, die lediglich ein jederzeitiges. Kündigungsrecht des Bestellers vorsieht (§ 649 BGB), daß der Werkunternehmer mangels besonderer vertraglicher Regelungen kein Kündigungsrecht und insbesondere ohne wichtigen Grund kein fristloses Kündigungsrecht haben so11.

28

b) Die Beklagte weicht somit dadurch, daß sie sich in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Recht zur jederzeitigen schriftlichen Kündigung der Kreditkartenverträge zu verschaffen versucht, zum Nachteil ihrer Kunden von den einschlägigen gesetzlichen Regelungen ab. Der fristlose Entzug der mit einer Kreditkarte verbundenen Möglichkeiten, auf die der Karteninhaber sich in der Regel eingerichtet hat, stellt eine so schwerwiegende Beeinträchtigung dar, daß es unangemessen wäre, wenn solche Eingriffe nach Belieben und ohne wichtigen Grund vorgenommen werden könnten (a.M. Wolf aaO. § 9 Rdn. K 63 m.w.Nachw.). Das verständliche Interesse der Beklagten, sich bereits bei den ersten Anzeichen einer Gefährdung ihrer Erstattungsansprüche gegen eine weitere Inanspruchnahme der Karte zu schützen, rechtfertigt es nicht, ihr zu gestatten, das Vertragsverhältnis nach Belieben zu lösen und den Kunden damit rechtlos zu stellen. Es ist ihre Sache, die Bonität des einzelnen Kunden vor Vertragsabschluß zu prüfen und die mit dem Kreditkartengeschäft untrennbar verbundenen Risiken durch einen darauf abgestimmten individuellen Dispositionsrahmen in den ihr vertretbar erscheinenden Grenzen zu halten. Außerdem kann sie auf schwerwiegende Gefährdungen ihrer Erstattungsansprüche, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, mit einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund reagieren. Diese Möglichkeit besteht bei Kreditkartenverträgen, wie bei jedem auf Dauer angelegten Schuldverhältnis, ohne daß es dafür besonderer Vertragsklauseln bedürfte. Nr. 12 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verstößt daher gegen § 9 AGBG.