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Bundesgerichtshof
Urt. v. 25.06.1992, Az.: IX ZR 4/91

Rückgewähr einer Grundschuld im Wege der Gläubigeranfechtung; Einrede ungerechtfertigter Bereicherung ; Begriff der "unentgeltlichen Verfügung"

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
25.06.1992
Aktenzeichen
IX ZR 4/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1992, 16144
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Köln - 30.11.1990
LG Aachen

Fundstellen

  • BGHWarn 1992, 445-447
  • DB 1992, 1976-1977 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1992, 1050 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1992, 2421-2423 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1992, 1502-1506 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZBB 1992, 316
  • ZIP 1992, 1089-1093 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1992, A83 (Kurzinformation)

Prozessführer

1. Günter K., K., D.-L.,

2. Gertrud K., ebenda,

Prozessgegner

K. R.,
gesetzlich vertreten durch den Vorstand, H., R.

Amtlicher Leitsatz

Eine Zuwendung des Schuldners, für die der Empfänger vereinbarungsgemäß eine ausgleichende Leistung an einen Dritten bewirkt, ist gegenüber dem Empfänger nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG anfechtbar.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 1992
durch
den Vorsitzenden Richter Brandes und
die Richter Dr. Schmitz, Dr. Kreft, Dr. Fischer und Dr. Ganter
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30. November 1990 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die klagende K.sparkasse verlangt von den Beklagten, dem Bruder und der Schwägerin ihrer Schuldnerin Hildegard H., im Wege der Gläubigeranfechtung Rückgewähr einer Grundschuld. Hildegard H. (fortan: Schuldnerin) war alleinige Kommanditistin der J. GmbH & Co. KG R. (im folgenden: J. KG) und alleinige Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft. Ferner war sie Kommanditistin der J. & K. GmbH & Co. KG E. G. (im folgenden: J. & K. KG) und Eigentümerin des Betriebsgrundstücks beider Unternehmen. In den Jahren 1962, 1964 und 1987 bestellte sie zugunsten der Klägerin, die den Unternehmen Kredite gewährt hatte, an dem Betriebsgrundstück Grundschulden in Höhe von 170.000,00 DM, 60.000,00 DM und 300.000,00 DM, die vom Tage der Eintragung an mit 12 % und - die Grundschuld über 300.000,00 DM - mit 16 % jährlich zu verzinsen waren. In den am 16. Juli 1962, 13. Mai 1964 und 30. Juli 1987 aufgenommenen Bestellungsurkunden unterwarf die Schuldnerin sich wegen des Grundschuldkapitals und der Zinsen der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück; ferner übernahm sie für die Zahlung des Grundschuldbetrages nebst Zinsen die persönliche Haftung und unterwarf sich insoweit gegenüber der Klägerin der sofortigen Zwangsvollstreckung aus den Urkunden in ihr gesamtes Vermögen. In allen Urkunden ist bestimmt, daß Zahlungen an die Gläubigerin nicht unmittelbar zur Tilgung der Grundschuld oder zur Befreiung von der persönlichen Haftung, sondern zur Begleichung der durch die Grundschuld gesicherten persönlichen Forderungen der Gläubigerin erfolgen. Unter dem 1. Juli 1980 übernahm die Schuldnerin die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin gegen die beiden Unternehmen aus ihrer Geschäftsverbindung bis zum Betrag von 350.000,00 DM nebst Zinsen, Provisionen und Kosten.

2

Gemäß Vertrag vom 2. August 1988 gewährten die Beklagten der J. zur Begleichung offener Rechnungen ein verzinsliches Darlehen über 300.000,00 DM. Zur Absicherung dieses Darlehens wurde aufgrund Bewilligung vom 15. Dezember 1988 am 20. Dezember 1988 zugunsten der Beklagten im Grundbuch über ein bis dahin unbelastetes Grundstück der Schuldnerin eine Grundschuld über 400.000,00 DM nebst 15 % Zinsen eingetragen. Daraufhin kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Januar 1989 die sich damals auf ca. 1,9 Mio DM belaufenden Kredite der beiden Unternehmen fristlos. Am 23. Januar 1989 wurde über das Vermögen der J. KG das Konkursverfahren eröffnet. Über das Vermögen der J. & K. KG wurde am 25. Januar 1989 gemäß § 106 KO die Sequestration angeordnet.

3

Die Klägerin hat in der Bestellung der Grundschuld über 400.000,00 DM einen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AnfG anfechtbaren Vermögenserwerb gesehen. Mit ihrer den Beklagten am 6. April 1989 zugestellten Klage hat sie beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es zu unterlassen, von ihren Rechten aus der Grundschuld der Klägerin gegenüber Gebrauch zu machen, und in die Auszahlung des bei der Zwangsversteigerung auf die Grundschuld entfallenden Erlöses an die Klägerin einzuwilligen.

4

Im Laufe des Rechtsstreits wurde das Betriebsgrundstück der Unternehmen veräußert. Der Erwerber verpflichtete sich zur Übernahme der auf dem Grundbesitz ruhenden Grundschulden in Höhe der Nominalbeträge und der nach Abschluß des Kaufvertrages anfallenden Zinsen sowie zur Freistellung der Schuldnerin von ihrer Verpflichtung gegenüber der Klägerin in diesem Umfang. Die Klägerin erklärte sich mit der Befreiung der Schuldnerin einverstanden.

5

Die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung

7

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Schuldnerin sei in Höhe der bis zum 11. August 1989 angefallenen Grundschuldzinsen der Klägerin aus den vollstreckbaren Urkunden weiter verpflichtet, denn der Erwerber habe die Verbindlichkeiten der Schuldnerin insoweit nicht übernommen. Diese Zinsen beliefen sich für die Grundschuld von 1962 auf 551.650,00 DM, für die von 1964 auf 180.960,00 DM und für die Grundschuld von 1987 auf 96.666,67 DM. Da Zahlungen auf die Verbindlichkeiten der Unternehmen den Urkunden zufolge nur zur Begleichung der persönlichen Forderungen erfolgt seien, könne die Klägerin grundsätzlich in voller Höhe aus den abstrakten Sicherungsrechten vorgehen, soweit der Schuldnerin nicht aus den Sicherungsverträgen die Einrede ungerechtfertigter Bereicherung zustehe. Da Grundschulden und abstrakte Schuldversprechen der Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen die Schuldnerin dienten und diese der Klägerin für die Ansprüche gegen die beiden Firmen aus der Bürgschaft vom 1. Juli 1980 und für die Ansprüche gegen die J. KG aus Schuldmitübernahme verpflichtet sei, könne an der Haftung der Schuldnerin kein Zweifel bestehen. Nach der eigenen Berechnung der Beklagten bestehe insoweit noch eine Restforderung von maximal 28.387,42 DM, nach der Berechnung der Klägerin eine solche von 162.520,03 DM nebst Zinsen. Da auch nach dem Vortrag der Beklagten eine vollständige Befriedigung der Klägerin noch ausstehe, könne offenbleiben, welche Berechnung richtig sei. Daß die dinglichen Zinsen nur der Absicherung der Darlehenszinsen, nicht aber der Hauptforderung hätten dienen sollen, sei den Sicherungsabreden nicht zu entnehmen. In der Bestellung der Grundschuld zugunsten der Beklagten liege eine unentgeltliche Verfügung der Schuldnerin im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG.

8

II.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

9

1.

Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings von der Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung ausgegangen (vgl. dazu BGHZ 99, 274, 277 ff, 287). Die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und des § 9 AnfG sind erfüllt. Die Klageschrift enthält die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes der erhobenen Ansprüche sowie einen bestimmten Antrag. Dieser bezeichnet hinreichend deutlich, in welchem Umfang und in welcher Weise die Rückgewähr des anfechtbaren Erwerbs erfolgen soll (vgl. BGH, Urt. v. 2. Juli 1958 - V ZR 102/57, WM 1958, 1278, 1279; Böhle-Stamschräder/Kilger, AnfG 7. Aufl. § 9 Anm. III 10 a). Das Unterlassungsbegehren bezieht sich auf die angefochtene Grundschuld insgesamt, und es wird Auszahlung des gesamten auf sie entfallenden Versteigerungserlöses begehrt. Schließlich läßt die Klage erkennen, wegen welcher titulierter Forderungen der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch erhoben wird. Dies ergibt sich aus den in der Klageschrift aufgeführten vollstreckbaren Urkunden. Diese enthalten zwar Vollstreckungsunterwerfungen der Schuldnerin sowohl wegen dinglicher Ansprüche aus den Grundschulden als auch wegen Übernahme der persönlichen Haftung für die Grundschuldbeträge nebst Zinsen. Da die dinglichen Ansprüche aber nur das (inzwischen veräußerte) Betriebsgrundstück betreffen, auf das sich die Klage nie bezogen hat, kommen als Grundlage der Anfechtung lediglich die vollstreckbaren persönlichen Ansprüche in Betracht. Daß die Klägerin die Gläubigeranfechtung für mehrere titulierte Forderungen im Wege der Anspruchshäufung in einer Klage verbunden hat, steht der Zulässigkeit nach § 260 ZPO nicht entgegen. Jeder vollstreckbaren Forderung entspricht ein eigenes Anfechtungsrecht. Mangels anderweitiger Bestimmung ist davon auszugehen, daß die Anfechtungsansprüche jeweils in vollem Umfang nebeneinander zur Entscheidung gestellt worden sind. Das ist möglich. Es liegt nicht anders, als wenn die Klägerin aus jeder Urkunde in getrennten Verfahren gegen die Beklagten vorgegangen wäre. Welcher Anspruch bei einer späteren Versteigerung des belasteten Grundstücks befriedigt wird, richtet sich - sofern der Erlös zur Erfüllung sämtlicher geltend gemachter Ansprüche nicht ausreicht und eine andere Bestimmung nicht getroffen wird - nach § 366 Abs. 2 BGB.

10

2.

Die Revision rügt indessen mit Recht, das Berufungsgericht habe die Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens nicht festgestellt. In dem angefochtenen Urteil wird die Frage, ob die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin zu einer vollständigen Befriedigung der Klägerin führen würde (§ 2 AnfG), nicht ausdrücklich behandelt. Der Vortrag der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin (vgl. BGH, Urt. v. 27. September 1990 - IX ZR 67/90, WM 1990, 1981, 1982) läßt den Schluß auf die Erfolglosigkeit einer Vollstreckung nicht ohne weiteres zu. Die Klägerin hat lediglich im Zusammenhang mit der Berechnung der noch offenstehenden Forderungen Erlöse aus der Verwertung verschiedener Grundstücke, einer Lebensversicherung, eines Sparkontos und von Möbeln der Schuldnerin aufgelistet. Diese erfolgreichen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entbinden die Klägerin jedoch nicht von der Darlegung, daß einer Zwangsvollstreckung im übrigen die Erfolgsaussicht fehle. Dies gilt um so mehr, als exakte Angaben zum Wert des mit der angefochtenen Grundschuld belasteten Grundstücks und dazu fehlen, daß die nach der Behauptung der Klägerin noch offenen Forderungen durch den Erlös aus einer Zwangsversteigerung dieses Grundstücks bei Berücksichtigung der angefochtenen Grundschuld zugunsten der Beklagten nicht gedeckt würden (vgl. BGH, Urt. v. 2. Juli 1958 aaO).

11

3.

Die Revision macht ferner geltend, das Berufungsgericht habe nicht offenlassen dürfen, ob die zur Anfechtung berechtigende Forderung der Klägerin 28.387,42 DM oder 162.520,03 DM (nebst Zinsen) betrage.

12

a)

In diesem Zusammenhang rügt die Revision zunächst, die Vorinstanzen hätten die Verurteilung gemäß Nr. 1 des Tenors: "es zu unterlassen, von ihren Rechten aus der ... Grundschuld Gebrauch zu machen", und gemäß Nr. 2: "in die Auszahlung des bei der Zwangsversteigerung auf die ... Grundschuld entfallenden Erlöses an die Klägerin einzuwilligen", zusammenfassen müssen; die gewählte Tenorierung erwecke den Eindruck, der Klägerin stünden im Rahmen ihres Rückgewähranspruchs zwei voneinander zu unterscheidende Unteransprüche zu.

13

Dem ist nicht zu folgen. Mit der Verurteilung, von der anfechtbar erlangten Grundschuld keinen Gebrauch zu machen, soll das Hindernis ausgeräumt werden, das die Belastung dem Zwangszugriff der Klägerin bereitet (vgl. RGZ 47, 216, 222; 131, 340, 342; RG JW 1930, 3331; Jaeger, Gläubigeranfechtung 2. Aufl. § 1 Anm. 30). Der darauf gerichtete Antrag ist gegenüber dem Antrag auf Einwilligung in die Auszahlung des auf die Grundschuld entfallenden Versteigerungserlöses der allgemeinere. Das letztgenannte Begehren ist nur eine von mehreren Konkretisierungsmöglichkeiten des ersten (vgl. Jaeger aaO). Wenn beide Anträge nebeneinander geltend gemacht werden und der Urteilstenor beide durch gesonderte Nummern auseinanderhält, ist dagegen aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

14

b)

Zutreffend rügt die Revision hingegen, das Berufungsgericht hätte den Betrag der der Klägerin gegen die Schuldnerin (noch) zustehenden Forderungen in den Tenor aufnehmen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 2. Juli 1958 aaO). Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 1 AnfG. Danach kann der Anfechtungsberechtigte Rückgewähr nur insoweit verlangen, als es zu seiner Befriedigung erforderlich ist. Die Begründung des Berufungsgerichts, die Höhe der Forderungen könne offenbleiben, weil auch nach dem Vortrag der Beklagten eine vollständige Befriedigung der Klägerin nicht eingetreten sei, ist unhaltbar. Nach dem Urteilsausspruch haben die Beklagten in die Auszahlung des vollen auf die Grundschuld entfallenden Erlöses an die Klägerin einzuwilligen. Deren titulierten Ansprüchen stehen jedoch Einwendungen aus § 812 BGB und gegebenenfalls aus Erfüllung (vgl. auch § 367 BGB sowie zu III, 1) entgegen, soweit die berechtigten persönlichen Forderungen der Klägerin dahinter zurückbleiben. Deshalb hätte das Berufungsgericht im einzelnen prüfen und feststellen müssen, inwieweit jedem der drei Titel noch persönliche Forderungen der Klägerin zugrunde liegen. Daran fehlt es.

15

4.

Mit Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, in der Grundschuldbestellung liege eine zur sogenannten Schenkungsanfechtung berechtigende unentgeltliche Leistung an die Beklagten. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, die Grundschuldbestellung sei nicht zur Sicherung einer eigenen Schuld der Schuldnerin H., sondern zur Sicherung der Schuld eines Dritten, der J. KG, erfolgt. Die Sicherung einer fremden Schuld stelle regelmäßig eine unentgeltliche Zuwendung dar, wenn jemand ohne rechtliche Verpflichtung gegenüber Darlehensnehmer oder Darlehensgeber und ohne einen Gegenwert zu erlangen die Sicherung bestelle.

16

Damit ist das Berufungsgericht dem Rechtsbegriff der unentgeltlichen Verfügung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG nicht gerecht geworden. Zwar ist die Sicherung einer fremden Schuld regelmäßig eine unentgeltliche Verfügung zugunsten des Sicherungsnehmers, wenn der Sicherungsgeber zur Bestellung der Sicherheit nicht aufgrund einer entgeltlich begründeten Verpflichtung gehalten war (BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, WM 1983, 62, 63; Böhle-Stamschräder/Kilger a.a.O. § 3 Anm. III 7; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 32 Rdn. 18). Die Beklagten haben jedoch behauptet, die Schuldnerin habe sich bereits bei Abschluß des Darlehensvertrages mit der J. KG verpflichtet, ihnen zur Absicherung des Darlehens eine Grundschuld an ihrem bis dahin unbelasteten Grundstück zu bestellen. Trifft dies zu, liegen die Voraussetzungen einer Schenkungsanfechtung im Verhältnis zu den Beklagten grundsätzlich nicht vor.

17

Im allgemeinen wird eine unentgeltliche Verfügung angenommen, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne daß dem Verfügenden ein entsprechender Gegenwert zufließen soll. Entgeltlich soll eine Verfügung sein, wenn der Schuldner für seine Leistungen eine ausgleichende Gegenleistung erhalten hat (vgl. BGHZ 113, 98, 101 f;  393, 395 f; Gerhardt ZIP 1991, 273, 279 - je m.w.N.). Danach wäre im Streitfall eine unentgeltliche Verfügung zu bejahen, weil der Schuldnerin für die Bestellung der Grundschuld eine Gegenleistung nicht zugeflossen ist. Die wiedergegebene Begriffsbestimmung ist jedoch zu eng. Sie stellt auf den Normalfall ab, daß Leistungsbeziehungen lediglich zwischen dem zuwendenden Schuldner und dem Empfänger der Zuwendung bestehen. Vernachlässigt werden diejenigen Fallgestaltungen, in denen der Empfänger der Zuwendung eine Gegenleistung an einen Dritten erbringt. Es ist seit langem anerkannt, daß auch in diesen Fällen die Unentgeltlichkeit ausgeschlossen sein kann (vgl. RGZ 153, 350, 353 f; BGHZ 41, 298, 302 [BGH 15.04.1964 - VIII ZR 232/62]; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 a.a.O. S. 63; Böhle-Stamschräder/Kilger a.a.O. § 3 Anm. III 1; Jaeger a.a.O. § 3 Anm. 46). Diese Sicht, die weniger auf eine Entreicherung des Schuldners als auf die Gegenleistung des Empfängers abhebt, entspricht dem Sinn und Zweck der Schenkungsanfechtung. Deren Voraussetzungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 4 AnfG; ähnlich § 32 KO) sind gegenüber denjenigen einer Anfechtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 AnfG (§ 31 KO) erheblich geringer. Es bedarf weder einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners noch einer (in § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG, § 31 Nr. 2 KO freilich vermuteten) Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon. Diese Erleichterung der Schenkungsanfechtung beruht auf dem auch etwa in §§ 528, 816 Abs. 1 Satz 2, §§ 822, 988 BGB, § 63 Nr. 4 KO, § 29 Nr. 4 VerglO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, daß eine unentgeltliche Zuwendung weniger schutzwürdig ist als ein Erwerb, für den der Empfänger ein ausgleichendes Vermögensopfer zu erbringen hatte (vgl. Gerhardt ZIP 1991, 273, 281; Merz in Gerhardt/Merz, Aktuelle Probleme der Gläubigeranfechtung im Konkurs 5. Aufl. S. 84; auch bereits Hahn, Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen 4. Bd. Materialien zur Konkursordnung S. 141). Es erscheint daher recht und billig, dem Anfechtungsberechtigten die Möglichkeit zu geben, freigebige Zuwendungen innerhalb der gesetzlichen Fristen ohne weitere Voraussetzungen rückgängig zu machen (vgl. BGHZ 41, 298, 301 [BGH 15.04.1964 - VIII ZR 232/62];  58, 240, 243).

18

Dann muß ein Empfänger, der für die Zuwendung des Schuldners mit dessen Einverständnis eine ausgleichende Gegenleistung an einen Dritten bewirkt, ebenso von der Schenkungsanfechtung freigestellt sein wie ein Bedachter, dessen Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners fließt. Beide haben in gleicher Weise ein Vermögensopfer für die Zahlung erbracht, so daß der Grundgedanke der Schenkungsanfechtung in beiden Fällen nicht zum Tragen kommt. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Haben Schuldnerin und Beklagte bereits bei Abschluß des Darlehensvertrages mit der J. KG vereinbart, der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens solle durch Bestellung einer Grundschuld an dem bis dahin nicht belasteten Grundstück der Schuldnerin gesichert werden, so ist in der darin liegenden Begründung eines Anspruchs der Beklagten auf eine entsprechende Sicherstellung eine für die Hingabe des Darlehens bedungene Gegenleistung zu sehen (vgl. Jaeger a.a.O. § 3 Anm. 52; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung Bd. II § 18 I 5 S. 58 f). Dies schließt eine Schenkungsanfechtung der im Dezember 1988 vollzogenen Grundschuldeintragung grundsätzlich aus, weil die Schuldnerin damit von einer entsprechenden entgeltlich begründeten Verpflichtung befreit wurde (vgl. RGZ 125, 380, 383; Böhle-Stamschräder/Kilger a.a.O. § 3 Anm. III 5, 7; Jaeger a.a.O. § 3 Anm. 49; Jaeger/Henckel a.a.O. § 32 Rdn. 18; Serick a.a.O. S. 59).

19

Beweispflichtig für die Unentgeltlichkeit einer Verfügung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG ist der Anfechtende (vgl. RGZ 62, 38, 44; RG JW 1913, 608, 609; Jaeger a.a.O. § 3 Anm. 61; Jaeger/Henckel a.a.O. § 32 Rdn. 52; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 32 Rdn. 23). Beweis dafür, daß die Bestellung der Grundschuld nicht bei Abschluß des Darlehensvertrages vereinbart wurde, hat die Klägerin nicht angetreten.

20

Fraglich könnte allerdings sein, ob es sich bei der Einräumung der Grundschuld teilweise, nämlich insoweit um eine unentgeltliche Verfügung handelt, als Grundschuldkapital und -zinsen das legitime Sicherungsinteresse der Beklagten überschritten (vgl. RG LZ 1910 Sp. 558 f; RGZ 165, 223, 224; BGHZ 57, 123, 127; Böhle-Stamschräder/Kilger a.a.O. § 3 Anm. III 8; Jaeger/Henckel a.a.O. § 32 Rdn. 20 f). Gesichert werden sollte die Forderung auf Rückzahlung eines Darlehens von 300.000,00 DM nebst (zunächst) 7,5 % Zinsen; bestellt wurde eine Grundschuld über 400.000,00 DM nebst 15 % Zinsen. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus verständlich - Feststellungen nicht getroffen.

21

Scheidet eine Schenkungsanfechtung aus oder reicht - bei teilweise unentgeltlicher Verfügung - der anfechtbare Teil zur Befriedigung der noch offenen titulierten Ansprüche der Klägerin nicht aus, ist der vom Berufungsgericht offengelassenen Frage nachzugehen, ob eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG in Betracht kommt (vgl. dazu RGZ 51, 76, 79; 153, 350, 352; BGH, Urt. v. 20. Oktober 1965 - VIII ZR 168/63, WM 1965, 1152, 1153; Urt. v. 22. März 1982 - VIII ZR 42/81, WM 1982, 674 f; Urt. v. 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, WM 1990, 1588, 1590, insoweit in BGHZ 112, 136 nicht abgedruckt; Böhle-Stamschräder/Kilger a.a.O. § 3 Anm. II insbesondere 1, 2, 5, 11; Jaeger a.a.O. § 3 Anm. 43 f; Jaeger/Henckel a.a.O. § 31 Rdn. 24 ff; Kuhn/Uhlenbruck a.a.O. § 31 Rdn. 16 ff).

22

III.

Das Berufungsurteil ist mithin aufzuheben. Die Zurückverweisung, bei der der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht, gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die nach den vorstehenden Erwägungen erforderlichen Feststellungen zu treffen. Für die erneute Verhandlung ist zusätzlich zu bemerken:

23

1.

Das Berufungsgericht mißt der in den Grundschuldbestellungsurkunden enthaltenen Klausel, daß Zahlungen an die Klägerin nicht unmittelbar zur Tilgung der Grundschulden oder zur Befreiung von der Haftung für den Grundschuldbetrag, sondern zur Begleichung der durch die Grundschuld gesicherten persönlichen Forderungen erfolgen, eine ihr nicht zukommende Bedeutung bei, wenn es meint, die Klägerin könne wegen dieser Klausel grundsätzlich in voller Höhe aus den abstrakten Sicherungsrechten vorgehen, soweit der Schuldnerin nicht aus den Sicherungsverträgen die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung zustehe. Es berücksichtigt nicht, daß die Klägerin sich nach Androhung oder Beginn einer Zwangsvollstreckung aus den Urkunden auf die Klausel nicht mehr berufen darf, weil in aller Regel davon auszugehen ist, daß ein Schuldner von diesen Zeitpunkten an auf die titulierten Ansprüche leisten will und darf (BGH, Urt. v. 3. Dezember 1987 - III ZR 261/86, WM 1988, 109, 110; Urt. v. 2. Oktober 1990 - XI ZR 306/89, WM 1990, 1927, 1929).

24

2.

Ferner wird das Berufungsgericht im einzelnen zu prüfen haben, welche Ansprüche der Klägerin die Grundschulden sichern sollten. Die Bestellungsurkunde von 1987 enthält keinerlei Zweckerklärung. Nach Nr. III Satz 2 der Urkunden von 1962 und 1964 sollen die durch sie bestellten Grundschulden nebst Zinsen "alle bestehenden und künftigen ... Forderungen der Gläubigerin gegen den Eigentümer" sichern. Als Forderung der Klägerin gegen die Schuldnerin sind bislang nur die Ansprüche aus der Bürgschaftserklärung vom 1. Juli 1980 belegt. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe sich wegen des von der Jeising KG bei der Klägerin aufgenommenen Kredits als Gesamtschuldnerin mitverpflichtet, wird durch den Vortrag der Parteien nicht gedeckt. Ferner ist bislang nicht im einzelnen dargelegt, daß und in welchem Umfang die Grundschulden (auch) Forderungen der Klägerin gegen die Jeising KG und die J. & K. KG auf Rückzahlung ihnen gewährter Kredite sichern sollten. Wird dies nachgeholt, ist gegebenenfalls die Wirksamkeit von - formularmäßigen - Zweckerklärungen zu prüfen (vgl. dazu BGHZ 83, 56, 58 ff [BGH 29.01.1982 - V ZR 82/81];  100, 82, 84 ff [BGH 20.02.1987 - V ZR 249/85];  102, 152, 158 ff;  106, 19, 22 ff;  109, 197, 200 ff; BGH, Urt. v. 18. Februar 1992 - XI ZR 126/91, WM 1992, 563, 564 f [BGH 18.02.1992 - XI ZR 126/91]; Eickmann ZIP 1989, 137 ff). Im Zusammenhang damit wird auch die rechtliche Wirksamkeit der Übernahme der persönlichen Haftung für die Grundschuldbeträge durch die Schuldnerin einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen sein.

25

Dafür kann dem Inhalt der Sicherungsabreden und insbesondere den Beteiligungsverhältnissen der Schuldnerin an den beiden Unternehmen Bedeutung zukommen (vgl. BGHZ 99, 274, 282 ff;  114, 9, 13 f).

Brandes
Schmitz
Kreft
Fischer
Ganter