Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.12.1991, Az.: XII ZR 63/90
Anspruch auf Verlängerung eines ausgelaufenen Pachtvertrages; Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage; Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften nach §§ 537 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); Beschränkung beabsichtigten Dolomitabbaus als Mangel der Pachtsache; Störung des Vertragszwecks durch Gesetzesänderungen und Genehmigungserfordernisse
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 11.12.1991
- Aktenzeichen
- XII ZR 63/90
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1991, 15698
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Braunschweig - 26.02.1990
- LG Braunschweig - 13.01.1989
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- JurBüro 1992, 309 (Kurzinformation)
- NJW-RR 1992, 267-269 (Volltext mit red. LS)
- WM 1992, 583-587 (Volltext mit red. LS)
- WuM 1992, 313-316 (Volltext mit red. LS)
Prozessführer
Land N.
vertreten durch den Regierungspräsidenten in B., Bo. weg ..., Br.,
Prozessgegner
Kalkwerk L. Dr. M. Betriebsanlagen GmbH & Co.,
vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die Kalkwerk L. GmbH,
diese vertreten durch ihren alleinigen Geschäftsführer Herbert von P., La. Straße ..., L.,
Redaktioneller Leitsatz
Auch öffentlich-rechtliche Hindernisse und Beschränkungen des Gebrauchs oder der Nutzung einer Pachtsache stellen einen Mangel i.S.d. die Anwendbarkeit der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ausschließenden §§ 537 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Pachtsache beruhen. Unter Anwendung des § 242 BGB kann statt der gewährleistungsrechtlich als Sanktion für Störungen des Vertragszwecks (allenfalls) vorgesehenen vorzeitigen Lösung des Pachtverhältnisses keinesfalls dessen Verlängerung über die vertraglich vereinbarte Dauer hinaus verlangt werden.
In dem Rechtsstreit
hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 1991
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Portmann. Dr. Blumenröhr, Dr. Krohn und Nonnenkamp
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 26. Februar 1990 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 13. Januar 1989 wird zurückgewiesen, soweit das Landgericht die Klage mit dem Hauptantrag, den Hilfsanträgen zu 2) und zu 3) und dem Hilfsantrag zu 4) in Höhe von 36.000,00 DM nebst 4% Zinsen ab Klagezustellung abgewiesen hat.
Wegen des weitergehenden Hilfsantrages zu 4) wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Am 4./10. Oktober 1957 schlossen die Parteien einen Vertrag, durch den das beklagte Land als Verpächter der Klägerin als Pächterin "gestattete, in Abteilung 185 des Forstamts K., Revierförsterbezirk S., am Sc. einen Steinbruch anzulegen und in diesem Rohdolomit abzubauen" (§ 1 Abs. 1 des Vertrages). Der Vertrag wurde "auf die Dauer von 30 Jahren, beginnend mit dem 1. Oktober 1957 und endigend mit dem 30. September 1987 abgeschlossen" mit dem Zusatz: "Ein Jahr vor Ablauf des Vertrages muß der Pächter entscheiden, ob er Verlängerung der Pacht wünscht; stillschweigende Verlängerung ist ausgeschlossen" (§ 2). Das geschuldete Pachtentgelt wurde - auf der Grundlage einer näheren Regelung einerseits für Flächenpacht und andererseits nach dem Verkaufspreis für gewonnenen kohlensauren Kalk (§ 5) - auf einen Mindestbetrag von 1.500,00 DM pro Vertragsjahr festgelegt (§ 6). Die Pflichten des Pächters beim Betrieb des Steinbruchs wurden in § 9 des Vertrages im einzelnen niedergelegt; nach § 9 Abs. 2 betrieb der Pächter den Steinbruch auf seine Gefahr und war verpflichtet, alle für den Betrieb jeweils gültigen Vorschriften zu beachten.
Am 21. Januar 1958 schloß die Klägerin einen Vertrag mit der H. D. werke GmbH, durch den diese der Klägerin für die Dauer von fünf Jahren die Belieferung mit Rohdolomit aus ihrem Steinbruch zu Vorzugspreisen zusagte; die Klägerin ihrerseits verpflichtete sich, als Gegenleistung für die Einräumung der Vorzugspreise den neuen sog. Forst-Bruch nur zu betreiben, wenn ihr Hauptabnehmer dies unbedingt verlangt.
Im September 1957 teilte der Regierungspräsident der Klägerin mit, der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe dem Vertrag über den Rohdolomitabbau zugestimmt; nach Abschluß des Vertrages könne sie mit den Abbauarbeiten beginnen. Im Jahre 1958 baute sie zunächst probeweise 200 t Rohdolomit ab und in den Jahren 1967 bis 1969 in einem kleinen Aufschluß insgesamt weitere 4.277,8 t Dolomitgestein. Zu einem wirtschaftlich rentablen Abbau größeren Umfanges kam es bis zum Ende der vertraglich vorgesehenen Pachtzeit nicht.
Mit einem an die Bezirksregierung B. gerichteten Schreiben vom 18. September 1985 erklärte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land "entsprechend § 2 des zur Zeit gültigen Pachtvertrages", daß sie eine Verlängerung der Pacht wünsche. Dabei verwies sie darauf, sie sei seit 1969 durch den nicht von ihr zu vertretenden Neubau einer an dem Steinbruch vorbeiführenden Bundesstraße, für deren Benutzung ihr keine Genehmigung erteilt worden sei, an der Ausbeute und Gewinnung von Rohdolomit gehindert gewesen. Für die gezahlte Pachtsumme habe sie keine Gegenleistung erhalten.
Das Land lehnte eine Verlängerung des Vertrages ab und berief sich insbesondere darauf, daß der Landkreis O. am H. das Pachtgelände inzwischen im regionalen Raumordnungsprogramm als Vorranggebiet für Natur und Landschaft ausgewiesen habe; aus diesem Grund verspreche ein Antrag auf Abbaugenehmigung keine Aussicht auf Erfolg. Eine Vertragserneuerung ohne Aussicht auf einen möglichen Dolomitabbau erscheine nicht zweckmäßig.
Die Klägerin begehrt die Verlängerung des am 30. September 1987 ausgelaufenen Pachtvertrages um weitere 30 Jahre, längstens bis zur Erschöpfung des Dolomitvorkommens. Zur Begründung macht sie geltend: Sie sei zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage auf das Dolomitgestein als Rohstoff für den Betrieb ihres Unternehmens dringend angewiesen, habe aber bisher aufgrund des Ausbaus der Bundesstraße und der damit verbundenen straßenrechtlichen Genehmigungsprobleme sowie wegen der verschiedenen Gesetzesänderungen im Bereich des Naturschutzrechts keinen wirtschaftlichen Abbau betreiben können.
Die Klägerin hat beantragt festzustellen,
daß der Pachtvertrag vom 4./10. Oktober 1957 über den 30. September 1987 hinaus fortbestehe. Mit einer Reihe von Hilfsanträgen hat sie das Ziel einer Verlängerung des Pachtverhältnisses auf rechtlich andere Weise - durch Abschluß eines Verlängerungsvertrages und Verpflichtung des beklagten Landes hierzu - verfolgt. Für den Fall, daß der Vertrag nicht fortgilt, hat die Klägerin Rückzahlung des geleisteten Pachtzinses (zuletzt für 24 Jahre) und Erstattung der Ausgaben für eine Probebohrung auf dem Gelände des Steinbruchs sowie weiterer Aufwendungen verlangt. Insoweit hat sie äußerst
hilfsweise beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von (zunächst 89.313,02 DM, später) 80.313,00 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte ist dem Begehren entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und unter Abweisung der weitergehenden Klage festgestellt, daß das durch den Vertrag vom 4./10. Oktober 1957 zwischen den Parteien begründete Rechtsverhältnis über den 30. September hinaus für die Dauer von 25 Jahren, beginnend mit dem 10. Oktober 1987, längstens jedoch bis zur Erschöpfung des Vorkommens von Rohdolomit ... fortbesteht.
Hiergegen richtet sich die Revision des beklagten Landes mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Die Klägerin kann weder auf vertraglicher noch auf gesetzlicher Grundlage eine Verlängerung des am 30. September 1987 ausgelaufenen Pachtvertrages erreichen.
I.
1.
Ein vertraglich vorgesehenes Optionsrecht, aufgrund dessen die Klägerin das bestehende Vertragsverhältnis durch einseitige rechtsgestaltende Erklärung hätte verlängern können, hat das Berufungsgericht im Wege der Auslegung des Vertrages vom 4./10. Oktober 1957 verneint. Diese tatrichterliche Auslegung eines Individualvertrages ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird auch von der Revision - als dem beklagten Land günstig - nicht angegriffen.
2.
Ebenso hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß das Pachtverhältnis nicht durch eine einvernehmliche Vertragsverlängerung oder einen neuen Vertragsschluß - auf der Grundlage der Regelungen in dem Vertragswerk von 1957 - über den 30. September 1987 hinaus fortgesetzt worden ist.
3.
Entgegen einer vom Berufungsgericht hilfsweise herangezogenen Begründung kann die von der Klägerin erstrebte Verlängerung des Pachtverhältnisses um 25 Jahre auch nicht auf dem Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung erreicht werden.
Eine durch ergänzende Auslegung zu schließende Vertragslücke liegt nur vor, wenn der Vertrag innerhalb des durch ihn gesteckten Rahmens oder innerhalb der wirklich gewollten Vereinbarungen ergänzungsbedürftig ist. Hingegen darf die richterliche Auslegung nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen. Auch muß sie in dem Vertrag eine Stütze finden (BGHZ 77, 301, 304 [BGH 25.06.1980 - VIII ZR 260/79] m.w.N.). Eine Fortsetzung des auf 30 Jahre abgeschlossenen Pachtvertrages um weitere 25 Jahre würde den Vertragsrahmen jedoch in unvertretbarer Weise ausweiten und damit den Vertragsgegenstand - im Widerspruch zu dem nach dem Inhalt des Vertrages tatsächlich Vereinbarten (vgl. BGHZ a.a.O.) - durch richterliche Regelung abändern. Damit würde die Grenze zulässiger ergänzender Vertragsauslegung überschritten.
II.
1.
Das Berufungsgericht hat dem Klagebegehren im Wege der Anpassung der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im wesentlichen stattgegeben.
2.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Eine Heranziehung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist im Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften nach §§ 537 ff (§ 581 Abs. 2) BGB grundsätzlich ausgeschlossen (Bub/Treier/Bub Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete II Rdn. 631; Emmerich/Sonnenschein Miete 5. Aufl. vor § 537 BGB Rdn. 14; Palandt/Putzo BGB 50. Aufl. § 537 Rdn. 7; vgl. auch BGB-RGRK/Gelhaar 12. Aufl. vor § 535 Rdn. 157; Stötter NJW 1971, 2281 ff; BGHZ 98, 100, 103 [BGH 06.06.1986 - V ZR 67/85] zu §§ 459 ff BGB).
Dieser Anwendungsbereich ist hier betroffen. Denn (auch) öffentlich-rechtliche Hindernisse und Beschränkungen des Gebrauchs oder der Nutzung einer Pachtsache stellen einen Mangel im Sinne der §§ 537 ff dar, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Pachtsache beruhen (BGHZ 68, 294, 296; BGH, Urteil vom 17. März 1982 - VIII ZR 281/81 = NJW 1982, 2062, 2063; Bub/Treier/Krämer a.a.O III Rdn. 1345; Wolf/Eckert Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 6. Aufl. Rdn. 82). Solche öffentlich-rechtlichen Hindernisse sind hier im Verlauf der 30 jährigen Pachtzeit als Folge straßenrechtlicher Neuplanungen und der zunehmend verschärften Umweltgesetzgebung mehrfach aufgetreten und haben die Klägerin an einer Ausbeutung des Rohdolomits und damit an einer Nutzung des Pachtgeländes zu dem vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 537 BGB gehindert. Dabei bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit den Fragen, ob jedes dieser Hindernisse und Genehmigungserfordernisse einen Mangel der Pachtsache im Sinne der Gewährleistungsvorschriften darstellt, sowie in welcher Weise, welchem Ausmaß und für jeweils welche Zeiträume die unterschiedlichen Beschränkungen aus dem Bereich des öffentlichen Rechts dem von der Klägerin geplanten Dolomitausbau im einzelnen entgegengestanden haben: das Erfordernis straßenrechtlicher Genehmigungen, weil zwar im Mai 1968 die Abfuhr von Kalksteinmaterial unter Benutzung einer Zufahrt zur Bundesstraße genehmigt wurde, nicht aber später die Genehmigung einer neuen Zufahrt, die im Zusammenhang mit dem Bau einer Ortsumgehung Scharzfeld erforderlich wurde; die naturschutzrechtlichen Regelungen, weil die Genehmigung nach dem Reichsnaturschutzgesetz, die die Klägerin nach Inkrafttreten der Verordnung des Regierungspräsidenten zum Schutz der Landschaftsteile "Naturpark Harz" vom 11. Juli 1966 in Verbindung mit dem Reichsnaturschutzgesetz auf ihren Antrag vom 8. August 1967 im Dezember 1967 erhalten hatte, später nach Inkrafttreten des Niedersächsischen Bodenabbaugesetzes vom 15. März 1972 nicht (im vereinfachten Verfahren) in eine Genehmigung nach diesem Gesetz umgewandelt wurde; schließlich die in den siebziger Jahren gesetzlich eingeführten planerischen und raumordnungsrechtlichen Regelungen, aufgrund deren der geplante Dolomitabbau im Außenbereich bisher nicht genehmigt wurde, insbesondere weil die Gemeinde die - seit 1976 erforderliche - Zustimmung nach §§ 36, 35 BBauG versagte. Alle genannten Beschränkungen der beabsichtigten Dolomitausbeutung rechtfertigen jedenfalls nicht die von der Klägerin begehrte Verlängerung des Pachtverhältnisses um weitere 25 Jahre. Eine derartige Lösung des durch Störung des Vertragszwecks auftretenden Interessenkonflikts zwischen Pächter und Verpächter sehen die für das Pachtrecht geltenden Sondervorschriften der §§ 537 ff, 581 Abs. 2 BGB nicht vor. Sie gewähren dem Pächter vielmehr bei nachträglich auftretenden Mängeln der Pachtsache (um die es hier geht, da einem Dolomitabbau bei Abschluß des Vertrages im Oktober 1957 keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstanden) eine Minderung des Pachtzinses (§ 537 BGB), ein Recht zur Kündigung des Pachtvertrages (§ 542 BGB) und bei Verschulden des Vermieters ein Recht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 538 BGB). Mit Hilfe dieser Rechtsinstitute sollen nach dem Willen des Gesetzes die Interessen der Vertragsparteien angemessen ausgeglichen und auftretende Konflikte gelöst werden. Ein Rückgriff auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 242 BGB kommt daneben grundsätzlich nicht in Betracht (BGB-RGRK/Gelhaar a.a.O. vor § 535 Rdn. 157). Insbesondere kann nicht unter Anwendung des § 242 BGB die gesetzlich angeordnete Regelung in ihr Gegenteil verkehrt und statt einer als Sanktion für Störungen des Vertragszwecks (allenfalls) vorgesehenen vorzeitigen Lösung des Pachtverhältnisses dessen Verlängerung über die vertraglich vereinbarte Dauer hinaus verlangt werden.
Das gilt in gleicher Weise für den Fall, daß die aufgetretenen öffentlich-rechtlichen Beschränkungen nicht sämtlich als Mängel der Pachtsache im Sinne von § 537 BGB anzusehen sind, etwa wenn sich die Versagung einer Genehmigung eher als betriebsbezogene - und nicht objektbezogene - Gebrauchs- oder Nutzungsbeschränkung ausgewirkt hat. In diesem Fall ist der Verpächter für die aufgetretene Störung im weitesten Sinne schon deshalb nicht verantwortlich, weil diese ihre Ursache dann nicht in dem Zustand oder der Beschaffenheit der Pachtsache hatte. Ein Verschulden der Vertreter des beklagten Landes bei den Verhandlungen über das Pachtverhältnis und bei dessen Abwicklung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. Oktober 1987 - V ZR 144/86 = BGHR BGB § 459 Konkurrenzen 1) steht nicht im Raum. Liegt die Störung des Vertragszwecks damit aber außerhalb des Einflußbereichs des Verpächters, dann können dem Pächter nicht weitergehende Rechte zugestanden werden als in den Fällen, in denen das Gesetz dem Verpächter die Verantwortung für den Zustand der verpachteten Sache zuweist.
Hieran ändert der Umstand nichts, daß Verpächter im vorliegenden Fall das Land Niedersachsen ist, das als Gebietskörperschaft für den Erlaß von nutzungsbeschränkenden Gesetzen und die Versagung oder Verzögerung von behördlichen Genehmigungen zuständig ist. Soweit sich das Land fiskalisch betätigt, unterliegt es - ungeachtet der ihm sonst obliegenden hoheitlichen Aufgaben und Funktionen - den Regeln privatrechtlichen Handelns und damit auch (nur) den allgemeinen Rechten und Pflichten einer privaten Vertragspartei. Als solche hat das Land im Rahmen des geschlossenen Pachtvertrages nicht für die Gesetzgebung und deren Umsetzung in behördliches Handeln einzustehen.
Im Ergebnis scheidet demgemäß auch auf gesetzlicher Grundlage eine Verlängerung des Pachtverhältnisses in dem von der Klägerin begehrten Umfang aus. Eine kurzfristige Verlängerung hat die Klägerin nicht, auch nicht hilfsweise, begehrt. Sie will im Gegenteil einen ausreichend langen Zeitraum zur Verfügung haben, um das weitere Genehmigungsverfahren zu durchlaufen und später - nach Einrichtung des dafür erforderlichen Betriebes - das Dolomitabkommen erschöpfend auszubeuten. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Prüfung, ob sie etwa einen Aufschub beanspruchen könnte, um einen begonnenen und weitgehend durchgeführten Abbau vollends abwickeln zu können.
3.
Auf die Revision des Landes ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts demnach zum Hauptantrag zurückzuweisen. Darüber hinaus führen aus den dargelegten Gründen auch die Hilfsanträge zu 2 und zu 3, mit denen gleichfalls eine Verlängerung des Pachtverhältnisses, nur auf anderen rechtlichen Wegen, erreicht werden soll, nicht zum Erfolg. Auch hinsichtlich dieser Hilfsanträge ist die Berufung daher zurückzuweisen.
III.
Über den auf Zahlung von 80.313,00 DM nebst Prozeßzinsen gerichteten Hilfsantrag zu 4 ist nach der Abweisung des Hauptantrags nunmehr ebenfalls zu entscheiden (vgl. BGHZ 25, 80, 85 [BGH 29.06.1957 - IV ZR 313/56]; BGH VersR 1979, 645, 646). Das Berufungsgericht hat diesen Antrag, der nach der Begründung der Klageschrift nur für den Fall gestellt wurde, daß das Land zur Vertragsverlängerung nicht verpflichtet ist, trotz mißverständlicher Formulierung in dem angefochtenen Urteil (S. 2 und 12 des Umdrucks) nicht beschieden. Das ist sowohl aus der Formulierung zu entnehmen, eine weitere Vertragslaufzeit von 25 Jahren lasse keinen Raum für Erörterungen zu dem Hilfsantrag (gemeint: Zahlungsantrag), "der seinem Inhalt nach die mit dem Entscheidungssatz verbundene Situation nicht erfasse", als auch insbesondere aus dem Streitwertbeschluß vom 26. Februar 1990. Da das Berufungsgericht darin ausdrücklich ausgeführt hat, § 19 Abs. 4 GKG sei "nicht maßgebend" hat es sich - insoweit verfahrensrechtlich zutreffend - auf die Entscheidung über den Hauptantrag beschränkt und die weitergehende Klage nur insoweit abgewiesen, als es die Verlängerung des Pachtverhältnisses nur um 25 statt der begehrten 30 Jahre und längstens bis zur Erschöpfung des Rohdolomitvorkommens festgestellt hat. Bei dieser Sachlage konnte die Klägerin nicht Anschlußrevision einlegen, um eine Entscheidung über den Hilfsantrag zu erreichen. Der Senat ist aber befugt, nach der Abweisung des Hauptantrages den Zahlungsantrag selbst zu bescheiden, soweit er abweisungsreif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, vgl. BGH VersR 1979 a.a.O.). Das ist allerdings nur teilweise der Fall.
1.
Die Klägerin begehrt in erster Linie Rückzahlung der für 24 Jahre geleisteten Mindestpacht in Höhe von 36.000,00 DM.
Diesen Antrag hat das Landgericht abgewiesen mit der Begründung: Ein Anspruch auf Rückzahlung des Pachtentgelts könne sich allenfalls aus § 537 i.V. mit § 581 Abs. 2 BGB wegen etwaiger Mangelhaftigkeit der Pachtsache ergeben. Dem stehe jedoch § 539 BGB entgegen, der entsprechend anwendbar sei, wenn der Pächter nach Kenntnis eines Mangels die Pachtzinsen vorbehaltlos weiter zahle. Das sei hier nach dem eigenen Vortrag der Klägerin der Fall gewesen.
Diese Ausführungen treffen zu. Setzt ein Mieter oder Pächter trotz Kenntnis eines - anfänglichen oder nachträglich aufgetretenen - Mangels den Gebrauch der Miet- oder Pachtsache vorbehaltlos fort und zahlt insbesondere den Miet-/Pachtzins in voller Höhe weiter, dann verliert er in entsprechender Anwendung des § 539 BGB seine Rechte aus §§ 537 und 538 BGB sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft (BGB-RGRK/Gelhaar a.a.O. § 539 Rdn. 4; Emmerich/Sonnenschein a.a.O. § 537 Rdn. 18; Wolf/Eckert a.a.O. Rdn. 106, jeweils m.w.N.). Die Gewährleistungsvorschriften der §§ 537 ff BGB bieten mithin unter den gegebenen Umständen keine Grundlage für einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Pachtentgelte.
Zur weiteren Begründung des Zahlungsanspruchs hat sich die Klägerin mit der Berufung auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt und dazu ausgeführt: Als der geplante Abbau des Rohdolomits an den verschiedenen Gesetzesänderungen und Genehmigungserfordernissen gescheitert sei, sei sie berechtigt gewesen, Anpassung des Vertrages an die geänderten Verhältnisse zu verlangen. Sie habe davon nur abgesehen und die Pachtzinszahlungen weiter geleistet, weil sie erwartet habe, der Pachtvertrag werde bis zur vollkommenen Ausbeutung des Dolomits fortgesetzt. Wenn das nicht geschehe, müsse ihr jedenfalls nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage die gezahlte Mindestpacht zurückgewährt werden.
Damit kann die Klägerin keinen Erfolg haben. Ein Rückgriff auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt, wie dargelegt, über die Sonderregelung der §§ 537 ff BGB hinaus auch hier nicht in Betracht. Das Begehren nach Rückzahlung der geleisteten Pachtzinsen scheitert vielmehr insgesamt an § 539 BGB.
Die Klägerin hat zwar im Jahre 1973 mit Schreiben vom 1. März 1973 bei der Beklagten eine "Aussetzung" ihrer Zahlungsverpflichtung im Hinblick darauf erbeten, daß der Vertrag von 1957 aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen zur Zeit nicht mehr praktiziert werden könne. Nachdem das Land dies mit Schreiben vom 31. März 1973 abgelehnt und sich stattdessen (nur) mit einer vorzeitigen Kündigung des Pachtverhältnisses einverstanden erklärt hat, hat die Klägerin die Angelegenheit jedoch auf sich beruhen lassen (Schreiben vom 9. April 1973) und den Pachtzins in der Folgezeit vorbehaltlos weiter gezahlt. Es hätte an ihr gelegen, einen Anspruch auf Aussetzung oder Minderung der Pacht, notfalls gerichtlich, zu verfolgen. Nachdem sie davon abgesehen hat, muß sie sich nunmehr den Einwand aus § 539 BGB entgegenhalten lassen.
2.
Die Klägerin begehrt außerdem Schadensersatz in Höhe von 44.313,00 DM mit der Begründung: Das beklagte Land habe im Jahre 1983 in Kenntnis des damaligen Standes des Genehmigungsverfahrens und der für das Verfahren noch erforderlichen erheblichen Aufwendungen mit einem Schreiben vom 21. Februar 1983 seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer Vertragsverlängerung erklärt; aufgrund dieser Erklärung habe sie, die Klägerin, das Genehmigungsverfahren unter den geänderten, erschwerten gesetzlichen Bedingungen weitergeführt und dabei folgenden besonderen Aufwand gehabt:
a)
Gebühren für die Erarbeitung von Antragsunterlagen für einen Antrag nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz in Höhe von 13.680,00 DM;
b)
Kosten einer Probebohrung laut Rechnung vom 17. November 1981 in Höhe von 2.825,00 DM;
c)
Zeit- und Kostenaufwand für Besprechungen, Ortstermine und Erstellung von Genehmigungsunterlagen in Höhe von insgesamt 27.808,02 DM.
Diesen Schaden habe ihr das beklagte Land jedenfalls zu ersetzen.
Der hiermit erhobene Schadensersatzanspruch könnte - unter dem Gesichtspunkt der Haftung für enttäuschtes Vertrauen - eine Rechtsgrundlage in den Grundsätzen über positive Vertragsverletzung oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen finden, wenn das Land durch das Schreiben vom 21. Februar 1983 das aus der Sicht der Klägerin berechtigte Vertrauen auf das bevorstehende Zustandekommen einer Vertragsverlängerung erweckt, damit einen rechtlich erheblichen Vertrauenstatbestand geschaffen und die Klägerin hierdurch zu Aufwendungen veranlaßt hätte, die sie andernfalls - trotz des ohnehin noch bis zum Jahre 1987 laufenden Pachtverhältnisses - nicht gemacht hätte (vgl. BGB-RGRK/Alff 12. Aufl. § 276 Rdn. 96 ff; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 276 Rdn. 65, 66; BGHZ 71, 386, 396; BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - VIII ZR 4/88 = BGHR BGB vor § 1 - Verschulden bei Vertragsschluß, Vertrauensschaden 3, jeweils m.w.N.).
Dies zu beurteilen, obliegt in erster Linie dem Tatrichter, der zunächst zu prüfen hat, ob durch das Schreiben des beklagten Landes vom 21. Februar 1983 unter den seinerzeit gegebenen tatsächlichen und gesetzlichen Verhältnissen sowie nach dem Stand der damaligen Absprachen zwischen den Parteien ein rechtserheblicher Vertrauenstatbestand im Hinblick auf eine Verlängerung des Pachtverhältnisses über den 30. September 1987 geschaffen worden ist. Darüber hinaus bedarf es gegebenenfalls näherer Feststellungen zur Berechtigung der einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen, die - bis auf die Kosten der bereits im November 1981 durchgeführten Probebohrung - dem Grunde nach schlüssig dargelegt sind.
Zu der danach gebotenen weiteren Prüfung und erneuten Entscheidung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Portmann,
Blumenröhr,
Krohn,
Nonnenkamp