Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.06.1991, Az.: V ZR 175/90
Gemeinschaftsverhältnis; Miteigentum; Teilhaber; Verzicht auf Miteigentumsanteil; Ausschluß des Verzichts
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 07.06.1991
- Aktenzeichen
- V ZR 175/90
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1991, 14137
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 115, 1 - 11
- DB 1991, 2481-2482 (Volltext mit amtl. LS)
- DNotZ 1992, 359-361
- IBR 1991, 557 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- JR 1992, 149-152 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- JuS 1992, 154-155 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1991, 964-965 (Volltext mit amtl. LS)
- NJ 1991, 473 (amtl. Leitsatz)
- NJW 1996, 905-907 (Urteilsbesprechung von Notar und Honorarprofessor Dr. Rainer Kanzleiter)
- NJW 1991, 2488-2490 (Volltext mit amtl. LS)
- Rpfleger 1991, 495-496 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1991, 1605-1609 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1991, A101 (Kurzinformation)
- ZIP 1991, 1437-1440 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
Aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses der Miteigentümer ist es für den einzelnen Teilhaber ausgeschlossen, auf seinen Miteigentumsanteil zu verzichten.
Tatbestand:
Die G.-gesellschaft mbH (G.) veräußerte im Jahre 1965 24 mit Einfamilienhäusern bebaute Grundstücke sowie jeweils einen 1/24 Miteigentumsanteil an zwei Privatstraßengrundstücken. Die notariellen Kaufverträge enthielten gleichlautend folgende Bestimmung:
"§ 13
III. Die Unterhaltung und Erneuerung der Privatstraßen einschließlich der Bürgersteige, Fahrbahnen sowie der Entwässerungs- und Schmutzwasserleitungen jeweils bis zum Hausanschluß obliegen allen Miteigentümern. Die Käufer übernehmen gesamtschuldnerisch mit den übrigen Miteigentümern die Verpflichtung, die für die Unterhaltung oder Erneuerung entstehenden Kosten für den von ihnen zu 1/24 erworbenen Anteil zu tragen."
"§ 17
VI. Sämtliche Verpflichtungen und Bestimmungen dieses Kaufvertrages gelten auch für die Rechtsnachfolger der Käufer und der G. Sie haben sie daher ihrem jeweiligen Rechtsnachfolger aufzuerlegen und diesen wiederum entsprechend zu verpflichten. "
Durch notariellen Vertrag vom 25. November 1980 veräußerte die Erwerberin A. ihr an einer öffentlichen Straße gelegenes Hausgrundstück und ihren 1/24 Miteigentumsanteil an den privaten Straßengrundstücken den Beklagten zu 1 und 2 mit der Abrede, daß die Käufer sämtliche im Erstkaufvertrag mit der G. enthaltenen Verpflichtungen übernehmen und diese auch ihren Rechtsnachfolgern aufzuerlegen haben. Die Beklagten zu 3 und 4 erwarben im Jahre 1976 von einem der ursprünglichen Käufer dessen ebenfalls an einer öffentlichen Straße befindliches Hausgrundstück und den 1/24 Miteigentumsanteil an den Privatstraßengrundstücken, jedoch ohne die vorgenannte Verpflichtungsvereinbarung.
Im Jahre 1984 erklärten die Beklagten gegenüber dem Grundbuchamt den Verzicht auf ihr Miteigentum an den Privatstraßengrundstücken; der Verzicht wurde in das Grundbuch eingetragen.
Die Kläger, die Miteigentümer und Anlieger dieses Grundstücks sind, halten den Verzicht für unwirksam. Sie haben die Feststellung beantragt, daß die Beklagten zur Erhaltung und Erneuerung der Privatstraßen einschließlich der Bürgersteige, Fahrbahnen sowie der Entwässerungs- und Schmutzwasserleitungen jeweils bis zum Hausanschluß beizutragen, die Kosten der hierzu erforderlichen Maßnahmen entsprechend ihren Miteigentumsanteilen aufzubringen und diese Verpflichtungen ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum aufzuerlegen haben. Darüber hinaus haben die Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die Löschung der Verzichtseintragung herbeizuführen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, ausgenommen den gegen die Beklagten zu 3 und 4 gestellten Antrag auf Feststellung, ihren Rechtsnachfolgern die Verpflichtung zur Beteiligung an der Erhaltung und Erneuerung der Privatstraßen und zur anteiligen Kostentragung weiterzugeben. Die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht zurückgewiesen.
Mit den - zugelassenen - Revisionen wollen die Beklagten Abweisung der Klage in dem zuerkannten Umfang erreichen. Die Kläger beantragen Zurückweisung der Rechtsmittel.
Entscheidungsgründe
I. Revision der Beklagten zu 1 und 2: 1. Den Antrag auf Feststellung, daß die Beklagten verpflichtet seien, 1/24 zu den notwendigen Kosten der Unterhaltung und Erneuerung der Privatstraßen einschließlich der Bestandteile beizutragen, hält das Berufungsgericht aufgrund des mit der Voreigentümerin A. geschlossenen Kaufvertrages vom 25. November 1980 für begründet. Der Vertrag enthalte die Abrede, daß die Beklagten sämtliche Vereinbarungen aus dem zwischen Frau A. und der G. am 24. August 1965 geschlossenen Kaufvertrag übernehmen und die übernommenen Verpflichtungen ihren Rechtsnachfolgern aufzuerlegen haben. Die Übernahmeerklärung sei dahin auszulegen, daß sie sich zwar nicht auf solche Verpflichtungen er streckte, die den unmittelbaren Erwerb des Grundstücks durch Frau A. betrafen und durch die Vertragsabwicklung schon gegenstandslos geworden sind, jedoch die noch bestehenden Verpflichtungen erfaßt habe, demgemäß auch die Pflicht, im Umfang des erworbenen Miteigentumsanteils von 1/24 notwendige Kosten zur Erhaltung der Privatstraßen zu tragen. Hierbei handele es sich um eine von einem Eigentumswechsel unabhängige Regelung zugunsten der anderen Grundstückseigentümer gemäß § 328 BGB. Unerheblich sei, daß den Beklagten der Inhalt des Vertrages vom 24. August 1965 unbekannt gewesen sei.
Die dagegen erhobenen Revisionsrügen sind im Ergebnis unbegründet.
Zu Unrecht meint die Revision, der im Kaufvertrag vom 25. November 1980 enthaltenen Verweisung auf den notariellen Vertrag vom 24. August 1965 lasse sich kein auslegungsfähiger Inhalt entnehmen, weil dieser Vertrag den Beklagten nicht bekannt gewesen sei.
Nach dem Wortlaut des von den Beklagten geschlossenen Kaufvertrages haben sie "sämtliche" Verpflichtungen der Verkäuferin aus deren Kaufvertrag mit der G. übernommen. Davon geht das Berufungsgericht aus. Die einschränkende Auslegung dieser Schuldübernahme auf solche Verpflichtungen, die sich nicht "auf den eigentlichen Erwerbsvorgang bezogen und durch dessen Abwicklung gegenstandslos geworden waren", versteht sich insoweit von selbst, als Gegenstand einer Schuldübernahme nicht bereits erloschene Pflichten des Schuldners sein können. Das Berufungsgericht nimmt allerdings an, die Schuldübernahme habe auch nicht Verpflichtungen erfassen sollen, die nur den "unmittelbaren damaligen Erwerb des Grundstücks betrafen". Als darunter fallende Verpflichtungen nennt der Tatrichter u.a. die Pflicht der Voreigentümerin zur Kaufpreiszahlung, zur Übernahme bestimmter Grundpfandrechte und Kosten, Zinsverpflichtungen, Pflicht zur Zahlung von Verwaltungsgebühren, Versicherungspflichten, Baubeschränkungen und bestimmte Duldungspflichten. Der Revision ist zuzugeben, daß aus dem objektiven Erklärungswert der Schuldübernahmevereinbarung keine Differenzierung zwischen zu übernehmenden und nicht zu übernehmenden Pflichten hervorgeht und auch kein Anhaltspunkt für einen diesbezüglichen übereinstimmenden Parteiwillen ersichtlich ist; denn die Beklagten konnten ohne Kenntnis der im einzelnen den Gegenstand der Schuldübernahme bildenden Pflichten keine Differenzierung vornehmen.
Dies bedeutet indessen nicht, daß die Schuldübernahme wirkungslos ist. Da sie sich nach ihrem unzweideutigen Wortlaut auf "sämtliche im Vertrag vom 24. August 1965 enthaltenen Verpflichtungen" erstreckt, sind davon ausnahmslos alle im Zeitpunkt der Übernahme etwa noch bestehenden Vertragspflichten der Voreigentümerin erfaßt worden. Diese Auslegung kann das Revisionsgericht selber vornehmen, da hierzu tatsächliche Feststellung nicht mehr in Betracht kommen (BGHZ 65, 107, 112 [BGH 25.09.1975 - VII ZR 179/73]; 109, 19, 22). Unerheblich für die Auslegung ist, ob sich die Beklagten mangels Kenntnis des Inhalts der im einzelnen übernommenen Pflichten über die Tragweite der Schuldübernahme im Unklaren waren; denn ein diesbezüglicher Irrtum hätte nur eine Anfechtung der Erklärung begründen können (§ 119 BGB).
Somit haben die Beklagten zu 1 und 2, worauf es hier ankommt, auch die von der Voreigentümerin im Vertrag mit der G. eingegangene Verpflichtung zur anteilmäßigen Kostenbeteiligung an den die Privatstraßen betreffenden Erhaltungsmaßnahmen übernommen. Die tatrichterliche Auslegung der Verpflichtungsabrede als einer zugunsten der jeweiligen anderen Miteigentümer getroffenen Vereinbarung (§ 328 BGB) ist nicht zu beanstanden. Dieser von ihnen vertraglich übernommenen Verpflichtung konnten sich die Beklagten nicht durch Verzicht auf ihren Miteigentumsanteil entziehen. Auch wenn ein solcher Verzicht, was noch zu erörtern ist, in entsprechender Anwendung von § 928 Abs. 1 BGB sachenrechtlich möglich sein sollte, blieben die Beklagten an die schuldrechtliche Vereinbarung gebunden, da sie hiervon nur durch Erfüllung der ebenfalls übernommenen Pflicht der Voreigentümerin, die anteilige Verpflichtung zur Kostenbeteiligung einem Rechtsnachfolger aufzuerlegen, befreit worden wären.
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse der Kläger an alsbaldiger Feststellung der auch ihnen persönlich gegenüber obliegenden Pflicht der Beklagten zur Kostenbeteiligung steht außer Frage. Es ergibt sich daraus, daß die Beklagten diese Pflicht in Abrede stellen, die Entstehung diesbezüglicher Kosten aber unstreitig zu erwarten ist.
2. Zulässig und begründet ist nach Auffassung des Berufungsgerichts auch der Antrag auf Feststellung, daß die Beklagten zu 1 und 2 verpflichtet seien, die von der Voreigentümerin übernommene Pflicht zur Beteiligung an den Erhaltungskosten einem eigenen Rechtsnachfolger aufzuerlegen und diesen wiederum zur Weitergabe an dessen Nachfolger zu verpflichten. Dabei geht das Berufungsgericht - entsprechend dem Klageantrag - davon aus, den Beklagten obliege diese Verpflichtung im Falle einer Weiterübertragung des von der Voreigentümerin erworbenen Hausgrundstücks T.- straße 27, also nicht nur bei Mitübertragung des Bruchteilseigentums an den Straßenparzellen. Insoweit hat zwar die Revision keine Rüge erhoben, die tatrichterliche Vertragsauslegung ist jedoch auch ohne Rüge vom Revisionsgericht darauf zu prüfen, ob sie anerkannte Auslegungsgrundsätze verletzt (Senatsurt. v. 8. Dezember 1989, V ZR 53/88, WM 1990, 423). Das ist hier der Fall.
Nach § 13 III des Kaufvertrages vom 24. August 1965 hatte sich die Käuferin A. verpflichtet, die Kosten der allen Miteigentümern der Privatstraßen obliegenden Unterhaltung und Erneuerung der Straßen einschließlich der Bestandteile für den von ihr zu 1/24 erworbenen Anteil zu tragen. Diese Regelung macht schon nach ihrem Wortlaut deutlich, daß sich die Käuferin nur als Erwerberin des Miteigentumsanteils zur Kostenbeteiligung verpflichtet hatte. Jedenfalls aber läßt der anerkannte Grundsatz einer interessengerechten Auslegung (BGH, Urt. v. 3. Dezember 1980, VIII ZR 300/79, NJW 1981, 1549, 1550; BGHZ 109, 19, 22; Senatsurt. v. 8. Februar 1991, V ZR 14/90, S. 11 - unveröffentlicht) kein anderes Verständnis zu. Denn nur der Kauf des Miteientumsanteils an den Straßenparzellen, nicht der Kauf des Hausgrundstücks, konnte Anlaß geben, zu den Gemeinschaftskosten anteilig beizutragen. Folgerichtig erstreckte sich, was diesen Kostenanteil betrifft, die von der Käuferin gemäß § 17 VI des Vertrages eingegangene Verpflichtung, die eigenen Vertragspflichten einem Rechtsnachfolger zu übertragen, lediglich auf einen nachfolgenden Erwerber des Miteigentums. Die gleiche Pflicht haben daher die Beklagten in dem Vertrag vom 25. November 1980 übernommen.
Schlüssig ist der Feststellungsantrag somit nur mit der Einschränkung, daß die Beklagten die übernommene Beitragspflicht lediglich einem Rechtsnachfolger am Miteigentumsanteil aufzuerlegen haben. Der dem nicht entsprechende Antrag beruhte ersichtlich auf der Fehlvorstellung, daß eine Veräußerung des Hausgrundstücks die Übertragung des Miteigentumsanteils einschließe. Deshalb ist - worauf der Senat in der Revisionsverhandlung unwidersprochen hingewiesen hat - die Auslegung berechtigt, daß die Kläger im Ergebnis mit dem Antrag in beider Hinsicht den Rechtsnachfolger meinten, so daß sich der Antrag auf den schlüssigen Teil eingrenzen läßt.
Insoweit ist der Antrag zulässig und begründet. Seine Berechtigung wäre nur dann fraglich, wenn der Verzicht auf den Miteigentumsanteil wirksam wäre. Denn dann gäbe es auf Dauer keinen Rechtsnachfolger, weil das allein dem Fiskus zustehende Aneignungsrecht (§ 928 Abs. 2 BGB) bei dessen Ausübung einen originären und keinen von den Beklagten abgeleiteten Erwerb darstellen würde. In Betracht käme hiernach nur ein Schadensersatzanspruch der Kläger, dessen Feststellung indes nicht beantragt ist. Der Senat ist jedoch, wie noch ausgeführt wird, der Ansicht, daß der Verzicht unwirksam ist. Demnach ist den Beklagten die Weitergabe ihrer Beitragspflicht an einen etwaigen Rechtsnachfolger möglich. Da die Beklagten eine Pflicht zur Weitergabe bestreiten und die Klärung dieser Frage einen künftigen Rechtsstreit vermeidet, besteht auch ein Feststellungsinteresse.
3. Den Anspruch der Kläger gegen die Beklagten zu 1 und 2, die Löschung der Eintragung des von ihnen erklärten Verzichts auf ihren Miteigentumsanteil an den Straßenparzellen herbeizuführen, hält das Berufungsgericht gemäß § 1004 BGB für begründet. Es meint, der Verzicht sei unwirksam, weil ein Miteigentümer im Hinblick auf die ihn nach § 748 BGB treffende Pflicht zur anteilmäßigen Beteiligung an den gemeinschaftlichen Kosten nur im Wege des in §§ 749 ff BGB geregelten Aufhebungsverfahrens aus der Gemeinschaft ausscheiden könne.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Eigentum an einem Grundstück kann nach § 928 Abs. 1 BGB dadurch aufgegeben werden, daß der Eigentümer gegenüber dem Grundbuchamt den Verzicht erklärt und dieser in das Grundbuch eingetragen wird. Umstritten ist, ob dementsprechend auch Miteigentum an einem Grundstück aufgegeben werden kann. Die im Schrifttum überwiegende Meinung bejaht dies (so u.a. Walsmann, Der Verzicht, 1912, S. 264; Planck/Strecker, BGB, 5. Aufl. § 928 Anm. 10; Staudinger/Ertl, BGB, 5. Aufl. § 928 Rdn. 6; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 928 Rdn. 2; MünchKomm/K. Schmidt, 2. Aufl., § 747 Rdn. 15 und § 1008 Rdn. 16; MünchKomm/Kanzleiter, aaO, § 928 Rdn. 2; AK-BGB/von Schweinitz, § 928 Rdn. 4; Eickmann in Westermann, Sachenrecht Bd. II, 6. Aufl., § 103, 1). Die Gegenansicht hält eine Anwendung des § 928 Abs. 1 BGB mit der gesetzlichen Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses für unvereinbar (KG, OLGZ 1988, 355, 358 = NJW 1989, 42; Schulze-Osterloh, Das Prinzip der Gesamthänderischen Bindung, 1972, S. 122 ff; Staudinger/Huber, aaO, § 747 Rdn. 14; Palandt/Bassenge, BGB, 50. Aufl. § 928 Rdn. 1; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 928 Rdn. 1; Bärwaldt, JuS 1990, 788, 789 f; zum Verzicht auf Wohnungseigentum vgl. BayObLG, WuM 1991, 298). Diesem auch vom Berufungsgericht vertretenen Standpunkt schließt sich der Senat im Ergebnis an.
Das Recht zum Verzicht auf das Eigentum ist Ausfluß der dem Eigentümer nach § 903 BGB zustehenden Befugnis, mit der ihm gehörenden Sache nach Belieben zu verfahren, soweit nicht Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Miteigentum nach Bruchteilen ist seinem Wesen nach dem Alleineigentum gleichartig, (Mot. III S. 442; BGHZ 36, 365, 368). Bei einer nur auf das Sachenrecht bezogenen Betrachtungsweise ließe sich daher eine entsprechende Anwendung des § 928 BGB auf Miteigentum rechtfertigen. Eine ausdrückliche dahingehende Regelung hatte der erste Entwurf zum BGB in dem damaligen § 950 vorgesehen (Mugdan, Materialien zum BGB, III. Bd., S. XX und S. XXXVII; Mot. III S. 443); diese Bestimmung ist jedoch im zweiten Entwurf mit der Begründung gestrichen worden, die Klärung dieser Frage könne wegen ihrer praktisch sehr geringen Bedeutung Wissenschaft und Rechtsprechung vorbehalten bleiben (Mugdan aaO, S. 702 f). Aus der Entstehungsgeschichte des § 928 BGB ergibt sich daher weder etwas für noch gegen die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Grundstücksmiteigentum. Auch die im Berufungsurteil angeführten §§ 1095, 1106, 1114 BGB besagen nichts gegen eine Gleichstellung von Eigentum und Miteigentum.
Miteigentum nach Bruchteilen unterscheidet sich vom Alleineigentum jedoch in der Weise, daß der Miteigentümer nur einen ideellen Anteil an der Sache hat und daß daher alle Miteigentümer in einer Gemeinschaft verbunden sind, die nach dem Gesetz Rechte und Pflichten zwischen den Teilhabern begründet. Zwar kann nach § 747 Satz 1 BGB jeder Teilhaber über seinen Anteil verfügen; eine Verfügung wäre auch der Verzicht auf den Anteil. Damit beantwortet sich aber noch nicht die Frage, ob auf Miteigentum verzichtet werden kann. Maßgebend dafür, ob § 747 Satz 1 BGB in die Verfügungsbefugnis das Recht zum Verzicht einbezieht, ist vielmehr, ob die Auswirkungen eines Verzichts mit der sonstigen Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses und mit der gesetzlichen Interessenbewertung im Einklang stehen. Das ist zu verneinen.
Die das Gemeinschaftsverhältnis bestimmenden Vorschriften sind darauf angelegt, daß jeder Miteigentumsanteil einen Rechtsträger hat. Nach § 748 BGB ist jeder Teilhaber den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Könnte sich ein Teilhaber dieser Verpflichtung durch Verzicht auf seinen Miteigentumsanteil entledigen, so müßten die anderen Teilhaber zwangsläufig einen entsprechend höheren Beitrag leisten, ohne daß ihnen jener Anteil zuwüchse; denn der aufgegebene Anteil wäre herrenlos und unterläge nach § 928 Abs. 2 BGB nur dem Aneignungsrecht des Fiskus. Die Mehrbelastung der verbleibenden Teilhaber ließe sich nicht deswegen rechtfertigen, weil ihr Recht zur Nutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks nicht mehr durch das Recht des ausgeschiedenen Teilhabers zur Mitnutzung beschränkt wäre. Die anteilige Beitragspflicht aller Miteigentümer beruht nämlich nicht nur auf dem jeden von ihnen zustehenden Recht zur Nutzung der gemeinschaftlichen Sache, sondern auch darauf, daß der für das Gemeinschaftseigentum anfallende Kostenaufwand der Werterhaltung jedes Miteigentumsanteils zugute kommt. Da der aufgegebene Anteil aber den verbleibenden Miteigentümern nicht zuwüchse, würde ihnen dessen Wert dann auch nicht bei einer von ihnen herbeigeführten Aufhebung der Gemeinschaft durch Zwangsversteigerung des Grundstücks und durch Teilung des Erlöses (§ 753 Abs. 1 BGB) zufallen. Denn der Versteigerungserlös tritt als dingliches Surrogat an die Stelle des Grundstücks (BGHZ 58, 99, 102) [BGH 24.01.1972 - III ZR 166/69] und damit aller Miteigentumsanteile. Das Aneignungsrecht des Fiskus an dem aufgegebenen Miteigentumsanteil würde sich deshalb an dem Erlösanteil fortsetzen.
Auf der anderen Seite gewährleistet das Gesetz, daß kein Miteigentümer gegen seinen Willen an die Gemeinschaft gebunden bleibt. Denn nach § 749 Abs. 1 BGB kann jeder Teilhaber jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern nicht die Teilhaber durch Vereinbarung in den nach § 749 Abs. 2 BGB zulässigen Grenzen, dann auch mit Wirkung für einen Sondernachfolger (§ 751 Satz 1 BGB), dieses Recht freiwillig eingeschränkt haben. Daher ist auch für denjenigen Teilhaber, der an der Werterhaltung seines Miteigentumsanteils kein Interesse hat, der gesetzeskonforme Weg zur Loslösung von der Gemeinschaft deren Aufhebung und nicht der Verzicht auf den Anteil. Die Anwendung des § 928 BGB läßt sich nicht aus dem Ausnahmefall herleiten, daß sich ein Grundstück mangels Abgabe von Geboten auch einmal als nicht versteigerungsfähig erweisen kann und daß dann - wenn nicht die Teilhaber gemeinsam auf das Grundstück insgesamt verzichten - die Gemeinschaft bestehen bleibt. Denn das Gesetz geht von dem Regelfall der Vollziehbarkeit eines Aufhebungsverlangens aus. Nur daran ist mithin die Beurteilung der Frage zu messen, ob auf Miteigentum verzichtet werden kann.
Aus der gesetzlichen Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses ergibt sich somit, daß jeder Teilhaber zur Wahrung des Rechts der anderen Teilhaber, nur nach dem Verhältnis ihrer Anteile die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums tragen zu müssen, an die Gemeinschaft bis zu deren Aufhebung gebunden ist. Eine Befugnis zum Verzicht auf einen Miteigentumsanteil in entsprechender Anwendung von § 928 BGB ist daher nicht anzuerkennen. Folglich ist der hier erklärte und eingetragene Verzicht unwirksam.
b) Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Kläger als Gemeinschafter von den Beklagten verlangen können, dem Grundbuchamt gegenüber die Löschung der inhaltlich unzulässigen Verzichtseintragung zu bewilligen und zu beantragen.
Unentschieden bleiben kann, ob sich der Berichtigungsanspruch aus einer analogen Anwendung des § 894 BGB rechtfertigt (so KG, OLGZ 1988, 355, 359) oder aus § 1004 Abs. 1 BGB, wie das Berufungsgericht annimmt. Der Anspruch ergibt sich jedenfalls aus § 242 BGB aufgrund des zwischen den Teilhabern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses. Jeder Teilhaber hat ein berechtigtes Interesse daran, daß im Grundbuch die unrichtige Eintragung beseitigt und damit die wahre Eigentumslage verlautbart wird. Zu den dafür nötigen Erklärungen sind die Beklagten verpflichtet, weil sie die unrichtige Eintragung herbeigeführt haben.
II. Revision der Beklagten zu 3 und 4:
1. Die Feststellung, daß die Beklagten verpflichtet sind, zur Unterhaltung und Erneuerung der Straßen beizutragen und 1/24 der dafür nötigen Kosten zu tragen, rechtfertigt sich aus § 748 BGB, da ihr Verzicht auf den Miteigentumsanteil, wie dargelegt, unwirksam ist.
Die Rüge der Revision, die Pflicht zur Kostenbeteiligung erstrecke sich nicht auf die Unterhaltung der Entwässerungs- und Schmutzwasserleitungen, weil diese nur zu einem vorübergehenden Zweck mit den Straßengrundstücken verbunden seien, greift nicht durch. Aus dem Vorbringen der Kläger in den Vorinstanzen ergibt sich, daß die Leitungen schon seit 1965 für die Zwecke der an den Privatstraßen gelegenen Grundstücke vorhanden sind. Daraus konnte das Berufungsgericht folgern, daß die Leitungen auf Dauer als Bestandteil der Privatstraßen verlegt worden sind. Einen bestreitenden Vortrag der Beklagten in den Vorinstanzen zeigt die Revision nicht auf.
2. Die Verurteilung der Beklagten zu 3 und 4, die Löschung ihres Verzichts auf den Miteigentumsanteil herbeizuführen, ist aus denselben Gründen berechtigt wie die gleiche Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2.
III. Im Ergebnis hat daher nur die Revision der Beklagten zu 1 und 2 einen geringen Teilerfolg insoweit, als sie zur Weitergabe der Kostenbeteiligungspflicht an Rechtsnachfolger im Eigentum an dem Hausgrundstück und nicht lediglich an Nachfolger an dem Miteigentumsanteil verurteilt worden sind. Die deswegen nötige Teilabweisung der Klage hat auf die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts keinen Einfluß (§ 92 Abs. 2 ZPO).
Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 100 ZPO.