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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.03.1988, Az.: VIII ZR 175/87

Allgemeine Geschäftsbedingungen; Abschlußvertreter; Vertretungsmacht; Haftung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.03.1988
Aktenzeichen
VIII ZR 175/87
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1988, 13539
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 104, 95 - 101
  • DB 1988, 1442-1443 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1988, 856-857 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1988, 1908-1910 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1988, 1196 (amtl. Leitsatz)
  • ZIP 1988, 851-853

Amtlicher Leitsatz

§ 11 Nr. 14 AGB-Gesetz betrifft nicht den Fall, daß der Abschlußvertreter den Vertrag zugleich im eigenen Namen als namentlich aufgeführte weitere Vertragspartei abschließt.

Tatbestand:

1

Die Klägerin, die in mehreren größeren Städten in Südwestdeutschland Filialen unterhält, vermietet Personenkraftwagen. Der Beklagte war Geschäftsführer der W. P. GmbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der W. P. GmbH & Co. KG. Der Beklagte fuhr einen Firmenwagen. Als das Fahrzeug ausfiel, schloß er mit der Klägerin am 10. Oktober 1980 einen schriftlichen Mietvertrag (Formularvertrag) über einen Mercedes 280 SE. Der Beklagte hatte schon früher in ähnlichen Fällen bei der Klägerin Fahrzeuge gemietet. Diese Geschäfte waren mit der Firma des Beklagten abgerechnet worden.

2

Unter den Parteien ist unstreitig, daß mit der im Mietvertrag in Zeile 1 »Firma (Mieter II)« angegebenen »Firma P.« die Kommanditgesellschaft gemeint ist. In Zeile 2 »Name (Mieter)« ist der Name des Beklagten eingesetzt, der auch über der vorgedruckten Zeile »Unterschrift der Mieter« ohne Zusatz unterschrieben hat. Die Klägerin verwendet das Vertragsformular, wie es bei Abschluß des Vertrages vom 10. Oktober 1980 benutzt worden ist, immer dann, wenn jemand - z. B. der Geschäftsführer - im Namen einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG ein Fahrzeug mieten will und keine Kaution leistet. Darüber ist hier bei Abschluß des Vertrages jedoch nicht gesprochen worden. Der Beklagte gab das gemietet Fahrzeug nach 22 Tagen zurück. Die an die »Firma P.« gerichtete Rechnung, die sich nach Abzug einer Gutschrift auf 5 364,96 DM belief, ist bisher nicht beglichen worden. Die GmbH und die Kommanditgesellschaft sind inzwischen im Handelsregister gelöscht worden, nachdem die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt worden war.

3

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus dem schriftlichen Vertrag mit der Begründung in Anspruch, daß er neben der Firma persönlicher Mieter sei. Der Beklagte habe, so trägt sie weiter vor, bei mehreren Telefongesprächen seine persönliche Zahlungspflicht auch anerkannt. Nach vorangegangenem Mahnverfahren hat das Landgericht den gegen den Beklagten ergangenen Vollstreckungsbescheid über 5 364,96 DM nebst Zinsen im wesentlichen aufrechterhalten. Auf die hiergegen eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids und Änderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

4

I. Das Berufungsgericht legt für seine rechtliche Würdigung zugrunde, daß zwischen den Parteien keine Abreden getroffen worden sind, die über den Text des schriftlichen Vertrags vom 10. Oktober 1980 hinausgehen. Aus diesem Vertrag ergebe sich jedoch eine Haftung des Beklagten nicht. Mieterin des Pkw sei danach nur die »Firma P.« geworden. Als Komplementärin dieser Kommanditgesellschaft hafte auch die GmbH, aber nicht der Beklagte als deren Geschäftsführer.

5

Dem stehe nicht entgegen, daß in den beiden ersten Zeilen der Vertragsurkunde zunächst die »Firma P.« als Mieter II und anschließend der Beklagte als Mieter bezeichnet werden. Soweit man nämlich aus dieser Formulierung des vorgedruckten Vertrags schließen müßte, daß der Beklagte selbst Vertragspartner der Klägerin geworden sei, sei die entsprechende Klausel des vorformulierten Vertrags nach den §§ 11 Nr. 14, 7 AGBG unwirksam. Die Klägerin bestreite nicht, daß der Beklagte den Pkw eigentlich für die Kommanditgesellschaft habe mieten wollen. Sie mache lediglich geltend, wenn jemand bei ihr für eine GmbH oder eine GmbH & Co. KG einen Pkw mieten wolle, dann müsse er entweder eine Kaution stellen oder ein dem Vertrag vom 10. Oktober 1980 entsprechendes Formular unterschreiben. Wenn der Geschäftsführer einer GmbH dieses Vertragsformular unterzeichne, verzichte die Klägerin in der unzutreffenden Annahme auf eine Kaution, daß der Geschäftsführer dann für den Mietzins persönlich hafte. Zwar könne die Klägerin mit dem Geschäftsführer einer GmbH wirksam vereinbaren, daß auch er - neben der GmbH - Vertragspartner eines Mietvertrags wird. Hierzu reichte indessen nicht aus, daß sie eine entsprechende Klausel in einen vorformulierten Vertrag aufnehme.

6

Der Vertrag der Parteien sei nach § 11 AGBG zu beurteilen. § 24 Nr. 1 AGBG stehe der Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Hierfür komme es darauf an, ob der Beklagte selbst Kaufmann sei, was jedoch für den Geschäftsführer einer GmbH nicht zutreffe. Im übrigen sei § 11 Nr. 14 AGBG nach herrschender Meinung sinngemäß auch im kaufmännischen Verkehr anzuwenden. Die Anwendung der Vorschrift sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie nur für den Vertreter eines Bestellers gelte, nicht für einen Mitbesteller. Denn dies könne nicht bedeuten, daß der Verwender durch eine vorformulierte Klausel denjenigen, der nur als Vertreter handeln wolle, zum persönlich haftenden Mitbesteller machen könne. Durch eine derartige Klausel werde zumindest das Verbot des § 11 Nr. 14 a AGBG in unzulässiger und damit unwirksamer Weise umgangen (§ 7 AGBG). Daß derjenige, der als Vertreter einer GmbH ein Geschäft abschließt, zugleich im eigenen Namen als Mitbesteller auftrete, müsse sich vielmehr aus einer Individualabrede ergeben, nicht lediglich aus einer vorformulierten Klausel. Wenn in einem Teil der Literatur darauf abgestellt werde, ob sich aus dem Wortlaut der vorformulierten Vertragsurkunde »hinreichend deutlich« das Handeln des Vertreters auch im eigenen Namen ergebe, laufe diese Anforderung im praktischen Ergebnis auf dasselbe hinaus. Ergebe sich nämlich aus dem Wortlaut der Urkunde, die der Vertreter unterschrieben hat, mit »hinreichender Deutlichkeit«, daß er selbst auch Vertragspartner werden solle, könne man regelmäßig davon ausgehen, daß eine entsprechende Individualabrede vorliege. Hierfür genüge indessen nicht, daß die entsprechende Klausel der Urkunde eindeutig in diesem Sinn auszulegen sei, denn Unklarheiten bei Auslegung der Klausel gingen nach § 5 AGBG ohnehin zu Lasten der Klägerin. Vielmehr dürfe der Text der vorformulierten Urkunde nicht so abgefaßt sein, daß derjenige, der lediglich als Vertreter unterschreiben wolle, beim flüchtigen Durchlesen nicht merke, daß er selbst Mitbesteller wird. Der Vertrag vom 10. Oktober 1980 genüge diesen Anforderungen nicht. Zwar sei richtig, daß in dem Formular die GmbH als Mieter II bezeichnet ist und derjenige, der für die GmbH handelt, als Mieter. Diese beiden einzigen Hinweise darauf, daß der für die GmbH Handelnde Mitbesteller werden soll, seien jedoch nicht klar herausgestellt, sondern eher versteckt angebracht.

7

II. Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schuldet der Beklagte als Mitmieter neben der Kommanditgesellschaft den der Höhe nach nicht streitigen Betrag, zu dessen Zahlung er vom Landgericht verurteilt worden ist.

8

1. Das Oberlandesgericht geht allerdings zutreffend davon aus, daß der Formularvertrag unter die Begriffsbestimmung des § 1 AGBG fällt. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme, daߧ 24 AGBG einer Unwirksamkeit nach § 11 Nr. 14 AGBG nicht entgegenstünde, denn der Beklagte ist in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH - und nur diese Anknüpfung kommt hier in Betracht - nicht Kaufmann (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB 27. Aufl. § 1 Anm. 3 B, C).

9

2. Der Beklagte hat jedoch den Vertrag auch im eigenen Namen als Mieter abgeschlossen und ist als Mitschuldner (§ 427 BGB) zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet.

10

a) Das Berufungsgericht überprüft die »entsprechende Klausel« unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen §§ 11 Nr. 14, 7 AGBG. Dem kann nicht entgegengehalten werden, als Allgemeine Geschäftsbedingungen kämen nur Bestimmungen in Betracht, die den Inhalt eines Vertrages ergeben, nicht aber solche, die den Vertragsabschluß zum Gegenstand haben (so unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 1. März 1982 - VIII ZR 63/81, WM 1982, 444 unter 2 b der IVb-Zivilsenat in der Entscheidung vom 13. Februar 1985 - IVb ZR 72/83, WM 1985, 757 unter A. II. 2 a). Nicht anders als § 10 Nr. 1 AGBG bezieht sich § 11 Nr. 14 a AGBG auf den Tatbestand des Vertragsabschlusses, unterwirft aber gleichwohl einschlägige Bestimmungen der Inhaltskontrolle. Angesichts dieser positivrechtlichen Regelung bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der erwähnten Rechtsprechung, die im Schrifttum teilweise auf Kritik gestoßen ist (vgl. Grunewald ZIP 1987, 353, insbes. 354-356 unter II.; Palandt/Heinrichs, BGB 47. Aufl. § 1 AGBG Anm. 2 a).

11

b) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob sich im Wege der Auslegung aus der Bezeichnung des Beklagten als Mieter ergebe, daß er selbst Vertragspartner der Klägerin geworden sei. Denn - so meint es - die entsprechende Klausel sei jedenfalls nach den §§ 11 Nr. 14, 7 AGBG unwirksam. Das ist rechtsfehlerhaft (s. unten c). Die aufgrund des Rechtsfehlers unterbliebene Auslegung, ob der Beklagte Vertragspartner geworden ist, kann der erkennende Senat schon deshalb selbst vornehmen, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin im Bezirk mehrerer Oberlandesgerichte Anwendung finden (vgl. BGHZ 98, 256, 258 [BGH 19.09.1986 - V ZR 72/85]; Senatsurteil vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 272/79, WM 1980, 1433 unter II. 1).

12

Die Auslegung ergibt, daß der Beklagte den Vertrag (auch) als Mieter abgeschlossen hat. Er ist als »Mieter« bezeichnet und hat über der Zeile »Unterschrift der Mieter« unterschrieben. Dieser Sachverhalt ist so klar, daß sich allenfalls aus dem sonstigen Inhalt des ausgefüllten Formulars Zweifel an der Auslegung ergeben könnten. Das ist nicht der Fall. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, die Zeilenbezeichnungen seien »eher versteckt« angebracht und es sei auffallend, daß die GmbH zwar als Mieter II bezeichnet, aber in der ersten Zeile angeführt werde und außerdem die Wörter »Mieter II« und »Mieter« in Klammern gesetzt seien, geben hierfür nichts her. Dies gilt um so mehr, als es bei den zu »Mieter« auszufüllenden Zeilen um Fragen nach Beruf, Wohnort, Geburtstag, Paß oder Personalausweis und Führerschein geht, die sich eindeutig auf eine natürliche Person beziehen. Ihre Beantwortung erfordert, daß der Gegner des Verwenders sie liest und versteht, um die individuellen Angaben machen oder bestätigen zu können.

13

c) Daß der Beklagte nach dem zuvor Ausgeführten als Mieter unterschrieben hat, wird in seinen Rechtsfolgen (hier: Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses) nicht dadurch berührt, daß er (auch) als gesetzlicher Vertreter für die GmbH gehandelt hat.

14

aa) Einem Handeln zugleich im fremden und im eigenen Namen stehen grundsätzlich keine rechtlichen Hindernisse entgegen (RGZ 127, 103, 105; Soergel/Leptien, BGB 12. Aufl. § 164 Rdn. 32; vgl. auch Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz § 11 Nr. 14 Rdn. 1). Die Geltung dieses Grundsatzes schränkt § 11 Nr. 14 AGBG ein, denn hinsichtlich der »eigenen Haftung oder Einstandspflicht« handelt der Vertreter im eigenen Namen, soll aber davor geschützt werden, daß er durch eine Mithafterklärung »gewissermaßen übertölpelt« wird (so Begründung zum Regierungsentwurf, abgedruckt bei Dietlein/Rebmann, AGB-aktuell S. 278 f.).

15

bb) Andererseits beschränkt das Gesetz, wie nach dem Wortlaut nicht zweifelhaft sein kann, seinen Schutz auf denjenigen, der nur als Vertreter auftritt, bezieht denjenigen also nicht mit ein, der seinerseits selbst als Vertragspartner im eigenen Namen, wenn auch neben dem Vertretenen, mit dem Verwender abschließt (ebenso MünchKomm/Kötz 2. Aufl. § 11 AGBG Rdn. 148; Soergel/Stein, BGB 11. Aufl. § 11 AGBG Rdn. 157, 158; OLG Frankfurt/Main NJW 1986, 1941, 1942 f., vorletzter und letzter Absatz; LG Osnabrück NJW 1985, 389). Der im Schrifttum teilweise vertretenen abweichenden Auffassung (Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 5. Aufl. § 11 Nr. 14 Rdn. 3; Graf von Westphalen in Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, AGB-Gesetz 2. Aufl. § 11 Nr. 14 Rdn. 17, 18; Staudinger/Schlosser, BGB 12. Aufl. § 11 Nr. 14 AGBG Rdn. 8 a. E.) vermag der Senat nicht zu folgen. Sie widerspricht nicht nur der gesetzlichen Regelung, sondern läßt außer acht, daß es ein nicht nur formaler, sondern auch ein erheblicher sachlicher Unterschied ist, ob der Vertreter als lediglich (durch Bürgschaft, Schuldmitübernahme, Garantie) Verpflichteter neben dem eigentlichen Vertragspartner in eine Haftung einbezogen wird, oder ob er selbst mit dem Verwender einen auf die Begründung nicht nur von Pflichten, sondern auch von Rechten gerichteten Vertrag abschließt. Insoweit käme allenfalls in Betracht, daß der Vertragsschluß an den Vorschriften der §§ 3, 5 AGBG scheitert. Davon kann angesichts der hier gegebenen Vertragsgestaltung (s. oben zu b) jedoch keine Rede sein. Ganz allgemein gilt überdies, daß derjenige, der in einem in eigenem Namen unterzeichneten Mietvertrag ausdrücklich als Mieter des Verwenders bezeichnet wird, über seine Rechtsstellung schlechterdings nicht im unklaren sein kann. Deshalb ist auch von der Interessenlage her kein Gesichtspunkt erkennbar - auch nicht im Hinblick auf § 9 oder § 7 AGBG -, der es geboten erscheinen lassen könnte, über den Gesetzeswortlaut hinaus denjenigen, der neben dem Vertretenen selbst als voll berechtigter und verpflichteter Vertragspartner des Verwenders abschließt, in den Schutz des § 11 Nr. 14 a AGBG einzubeziehen.

16

Nach alledem schuldet der Beklagte als Mieter den eingeklagten Betrag und ist vom Landgericht mit Recht zur Zahlung verurteilt worden. Weiterer Sachaufklärung bedarf es nicht, so daß der Senat abschließend entscheiden kann (§ 565 Abs. 3 ZPO), und zwar dahin, daß auf die Revision der Klägerin das Urteil des Oberlandesgerichts zu ändern und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen ist.