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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.11.1986, Az.: 4 StR 580/86

Vollendetes Inverkehrbringen von Falschgeld durch die Übergabe des Geldes an einen Geschäftspartner; Festlegung des Zeitpunkts der Beendigung des Versuchs; Rüchtritt vom unbeendeten Versuch

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
06.11.1986
Aktenzeichen
4 StR 580/86
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1986, 16570
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Essen - 13.06.1986

Verfahrensgegenstand

Geldfälschung

Prozessführer

Hugo W. aus H., geboren am ... 1925 in G.-K.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers
am 6. November 1986
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 13. Juni 1986 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Es hat die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im übrigen ist sie im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

2

1.

Der Schuldspruch wegen Geldfälschung hält im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand, wenn auch das Landgericht den Schuldumfang zu Lasten des Angeklagten falsch bestimmt hat.

3

a)

Der Angeklagte wollte falsche US-Dollar-Noten im Nennwert von einer Million in Verkehr bringen. Im ersten Akt verschaffte er sich drei falsche 100-US- Dollar-Noten und übergab sie einem eingeweihten Geschäftspartner. Dieser hatte inzwischen die Polizei unterrichtet, die das Falschgeld in Empfang nahm.

4

Das Landgericht sieht darin, daß der Angeklagte das Falschgeld seinem Geschäftspartner übergeben hat, einen Akt des vollendeten Inverkehrbringens von Falschgeld im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Tatsächlich hat der Angeklagte aber nur versucht, Falschgeld in Verkehr zu bringen. Zwar kann der Tatbestand des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB auch durch Übergabe an einen Eingeweihten vollendet werden (BGHSt 29, 311), dies aber nur dann, wenn die Übergabe an den Eingeweihten der erste Schritt der Weiterleitung des Falschgeldes in die Hände Argloser sein sollte und auch tatsächlich war (BGH, Beschluß vom 22. November 1984 - 1 StR 684/84 - insoweit in StV 1985, 146 nicht abgedruckt). Hier handelte der Angeklagte zwar in der Vorstellung, er setze die Weiterleitung an Arglose in Gang. Dies war aber nicht so, weil der eingeweihte Geschäftspartner von vornherein entschlossen war, das Falschgeld der vorher informierten Polizei auszuhändigen und diesen Entschluß auch verwirklichte.

5

Dennoch hat das Landgericht den Angeklagten im Ergebnis zu Recht wegen vollendeter Geldfälschung bestraft. Denn der Versuch, das in der Absicht des Inverkehrbringens verschaffte Falschgeld absichtsgemäß zu verwenden, setzt die vollendete Tat nach § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB voraus (BGH bei Holtz MDR 1982, 101, 102). Der Akt des Verschaffens von Falschgeld und der Versuch des Inverkehrbringehs nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB stellen deshalb einen einheitlichen - da § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB vollendet ist, nicht einen versuchten - Verstoß gegen § 146 StGB dar (BGH NStZ 1986, 503).

6

b)

Im zweiten Akt der vom Angeklagten beabsichtigten Veräußerung von falschen US-Dollar-Noten, der mit dem ersten in fortgesetzter Handlung verbunden ist, hat der Angeklagte damit begonnen, sich Falschgeld im Nennwert von einer Million zu verschaffen. Mit den in Aussicht genommenen Lieferanten, die ihm schon die drei falschen 100-US-Dollar-Noten - zur Probe - überbracht hatten, hat er verhandelt, einen Übergabetermin vereinbart und sich mit einem Lieferanten auch an dem verabredeten Übergabeort getroffen. Spätestens in diesem Zeitpunkt sollte nach der Vorstellung des Angeklagten sein Bemühen um die Beschaffung von Falschgeld ohne weitere Zwischenakte zum Erfolg führen. Er hat deshalb die Tat der Verschaffung von Falschgeld nicht nur vorbereitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1985 - 2 StR 60/85), sondern versucht (§ 146 Abs. 1 Nr. 2, §§ 22, 23 StGB).

7

Dieser mit Strafe bedrohte Versuch führte nicht zur Vollendung des Tatbestandes des Verschaffens von Falschgeld, weil der Lieferant an dem Übergabetermin nicht liefern konnte. Das bedeutet aber nicht, daß der Versuch beendet war, wie das Landgericht meint. Die Strafkammer folgt ersichtlich der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der die Fallgruppen des unbeendeten und beendeten Versuchs allein nach den Vorstellungen des Täters bei Tatbeginn abzugrenzen sind. In Abkehr von dieser Rechtsprechung hat sich der Bundesgerichtshof in den in BGHSt 31, 170, 176;  33, 295  [BGH 22.08.1985 - 4 StR 326/85]und in JR 1986, 423 abgedruckten Entscheidungen auf den Standpunkt gestellt, daß es für die Abgrenzung der genannten Fallgruppen auf den "Rücktrittshorizont" nach Abschluß der letzten Ausführungshandlung ankommt. Ein Versuch ist deshalb nicht schon dann beendet, wenn der Täter - wie hier - die von vornherein geplante Handlung ausführt, sondern erst dann, wenn er nach der letzten Ausführungshandlung die tatsächlichen Umstände, die den Erfolgseintritt nahelegen, erkennt oder wenn er den Erfolgseintritt in Verkennung der tatsächlichen Ungeeignetheit der Handlung für möglich hält (BGH JR 1986, 423). Eier hat der Angeklagte, als er sich mit dem in Aussicht genommenen Lieferanten des Falschgeldes traf, erkannt, daß dieser noch nicht in der Lage war zu liefern und daß er, um sich Falschgeld zu verschaffen, einen neuen Übergabetermin vereinbaren mußte.

8

Es kann nach den Feststellungen auch nicht ohne weiteres angenommen werden, daß der Versuch fehlgeschlagen war, wie der Generalbundesanwalt meint. Von einem Fehlschlag wäre nur auszugehen, wenn die Tat des Verschaffens von Falschgeld nur noch mit zeitlicher Verzögerung nach dem Ingangsetzen einer neuen Kausalkette hätte vollendet werden können (BGH JZ 1986, 963, 964). So lag es hier nicht. Nach den Feststellungen war die sofortige Weiterveräußerung des Falschgeldes an Aufkäufer beabsichtigt. Diese hatte der Angeklagte zunächst auf einen um vier Stunden verlegten Übergabetermin vertröstet; sodann hat er mit ihnen einen um zwei Wochen herausgeschobenen neuen Termin vereinbart, als feststand, daß der Lieferant zu dem zunächst in Aussicht genommenen Termin kein Falschgeld liefern konnte. Zu diesem neuen Termin hat sich der Angeklagte nicht eingefunden, "angeblich" deshalb, wie das Landgericht ausführt, "weil ihm inzwischen Bedenken gekommen waren" (UA 5). Nach diesen Feststellungen ist nicht auszuschließen, daß der Angeklagte mit dem Lieferanten sofort einen neuen Übergabetermin vereinbart hat, als feststand, daß dieser - zunächst - nicht liefern konnte. Bei solcher Sachlage hätte der Angeklagte seinen Entschluß, sich Falschgeld zu verschaffen, nicht aufgegeben, sondern ohne zeitliche Zäsur fortgesetzt. Es läge ein einheitlicher - unbeendeter - Versuch vor (BGH JZ 1986, 963, 964), von dem der Angeklagte straffrei hätte zurücktreten können, nämlich dadurch, daß er sich, wie seiner Einlassung zu entnehmen ist, freiwillig "von dem Geschäft zurückgezogen" hätte (UA 5).

9

Der Senat schließt aus, daß noch Feststellungen dazu getroffen werden können, ob es so war oder ob der Versuch des Verschaffens von Falschgeld fehlgeschlagen war. Deshalb ist die dem Angeklagten günstigere Möglichkeit zugrunde zu legen, nämlich, daß er vom unbeendeten Versuch zurückgetreten ist.

10

2.

Der Rechtsfehler, der darin liegt, daß das Landgericht den Schuldumfang zu Lasten des Angeklagten falsch bestimmt hat, führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Denn es ist nicht auszuschließen, daß die Strafkammer die Straftat als minder schweren Fall bewertet hätte, wenn sie erkannt hätte, daß der Akt des Inverkehrbringens noch nicht zur Vollendung gelangt ist und daß der Angeklagte, wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist, vom Versuch des Verschaffens von Falschgeld im Nennwert von 1 Million Dollar zurückgetreten ist.

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