Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.11.1985, Az.: III ZR 128/84
Anspruch des Darlehensgebers auf Zinsen und Überziehungsprovision nach Kündigung des Darlehensvertrages; Verzinsung einer Gesamtforderung bei Verzug; Verzugsschaden durch Verlust von Anlagezinsen; Verzugsschaden durch Aufwendung von Kreditzinsen; Berechnung desVerzugsschaden einer Bank; Wirkung der Kündigung eines Darlehensvertrages
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 07.11.1985
- Aktenzeichen
- III ZR 128/84
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 14630
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Köln - 11.05.1984
- LG Bonn - 18.05.1983
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1986, 293-294 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1986, 205-208 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1986, 21-24
Prozessführer
B. B. AG,
vertreten durch die Vorstandsmitglieder Heiko E. D. und Günther K., W.straße ..., B.,
Prozessgegner
Zahnarzt Dr. Manfred H., E.-B.-Straße ..., B.,
Amtlicher Leitsatz
Einem Darlehensgeber, der berechtigterweise, insbesondere nach Kündigung, die Rückzahlung des Darlehens verlangt, steht für die Folgezeit kein vertraglicher Anspruch auf Zinsen und Überziehungsprovision zu.
Er kann aber, auch wenn er neben dem Darlehenskapital Zinsrückstände verlangt, eine Verzinsung seiner Gesamtforderung nach §§ 286, 288 Abs. 2, 289 Satz 2 BGB verlangen, wenn sein Verzugsschaden im Verlust von Anlagezinsen oder in der Aufwendung von Kreditzinsen besteht.
In welcher Weise eine Bank diesen Verzugsschaden abstrakt berechnen kann, wird nicht abschließend entschieden.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 1985
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Krohn und die Richter Kröner,
Dr. Engelhardt, Dr. Halstenberg und Dr. Werp
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden - unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen - das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Mai 1984 teilweise aufgehoben und das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 18. Mai 1983 teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.147,05 DM nebst 13,75 % Zinsen von 25.250,- DM für die Zeit vom 1.-28. Oktober 1982 zu zahlen.
Die Klage bleibt abgewiesen, soweit für diese Zeit Zinsen auch vom weiteren Betrag von 1.897,05 DM gefordert werden.
Wegen der Klageforderung auf Zahlung von Zinsen und Überziehungsprovision für die Zeit ab 29. Oktober 1982 wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Beklagte, von Beruf Zahnarzt, beteiligte sich, um Steuern zu sparen, im Jahre 1979 an der "Grundstücksgemeinschaft E. O." (ECO). Deren Mitglieder bildeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die als reine Innengesellschaft kein eigenes Vermögen erwerben sollte, sondern eine Treuhänder in, die TOM T.-M. GmbH (im folgenden: TOM GmbH), mit der Durchführung des Projekts beauftragte.
Der Beklagte unterzeichnete seine Beitrittserklärung am 15. September 1979 in seiner Wohnung, nachdem er dort in Anwesenheit seines Steuerberaters eine Besprechung mit dem Anlagenberater R. geführt hatte. Zur Finanzierung seiner Einlage von 100.000 DM beantragte der Beklagte gleichzeitig auf einem Formular, das dem Beteiligungsprospekt beilag, bei der Klägerin einen Kredit in Höhe von 85.000 DM zu einem Zinssatz von 8 1/4 % bis zum 30. September 1981. Der Kredit- und Kontoeröffnungsantrag enthielt den unwiderruflichen Auftrag, das Darlehen direkt auf ein Konto der TOM GmbH auszuzahlen, ferner eine Sicherungsabtretung aller Rechte aus der Beitrittserklärung an die Klägerin und die Bestimmung, daß alle Kreditvertragsbedingungen mit der Bank unabhängig von dem Rechtsverhältnis des Kreditnehmers zur ECO oder TOM GmbH sein sollten.
Am 10. Oktober 1979 übersandte die Klägerin dem Beklagten ihre Kreditzusage mit dem Hinweis, die Kreditkosten bis zum 30. September 1981 seien bereits bezahlt. Den Darlehensbetrag von 85.000 DM überwies die Klägerin von dem für den Beklagten eingerichteten Kreditkonto auf ein bei ihr geführtes Konto der TOM GmbH. Von dort buchte sie danach entsprechend einer ihr von der TOM GmbH erteilten Ermächtigung die Bearbeitungsgebühr von 1 % und die Zinsen für die Zeit bis zum 30. September 1981 auf ihre eigenen Konten zurück, ferner 10 % des Kreditbetrages, also 8.500 DM, auf ein Sparkonto des Alleingesellschafters der TOM GmbH, G. (im folgenden: G.), der sich - ebenso wie die GmbH - gesamtschuldnerisch neben dem Beklagten verpflichtet hatte, den Darlehensbetrag nach Fälligstellung auszugleichen. Das Sparguthaben sollte der Klägerin als Sicherheit dienen und war daher zu ihren Gunsten gesperrt.
Am Ende der Kreditlaufzeit zahlte der Beklagte an die Klägerin 35.000 DM zurück. Zur Tilgung des Darlehensrestes von 50.000 DM vereinbarten die Parteien einen neuen Kredit zu einem Zinssatz von vorläufig 14,75 %. Die einmalige Bearbeitungsgebühr betrug 1 % der Kreditsumme. Nachdem der Beklagte zwei der vier vorgesehenen vierteljährlichen Raten von je 12.625 DM geleistet hatte, erklärte er mit Schreiben vom 23. August 1982 die Anfechtung sämtlicher Willenserklärungen gemäß §§ 119, 123 BGB. Daraufhin kündigte die Klägerin den Kredit mit Schreiben vom 18. Oktober 1982 und forderte den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 28. Oktober 1982 zur Rückzahlung auf.
Mit dem Bau des Eislaufcenters war begonnen worden, seine Fertigstellung ist streitig. Die TOM GmbH ist inzwischen wirtschaftlich zusammengebrochen; ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt.
Mit der Klage hat die Klägerin den Kreditkontosaldo per 30. September 1982, der unstreitig 27.147,05 DM betrug, nebst Zinsen ab 1. Oktober 1982 in Höhe zwischen 10,75 % und 13,75 % zuzüglich 4,5 % Überziehungsprovision ab 29. Oktober 1982 verlangt.
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Betrag von 8.500 DM nebst Zinsen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie voll abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der 1981 geschlossene Tilgungskreditvertrag sei ins Leere gegangen, soweit der Klägerin nicht zuvor aus dem 1979 geschlossenen Vertrag ein Zahlungsanspruch zugestanden habe. Dieser erste Darlehensvertrag aber sei wegen Verstoßes gegen § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO gemäß § 134 BGB nichtig gewesen. Auch ein Anspruch aus § 812 BGB sei zu verneinen, weil der Gesellschaftsanteil des Beklagten keinen meßbaren Wert mehr habe, die Bereicherung aufgrund von Steuervergünstigungen aber geringer sei als die vom Beklagten auf die beiden Darlehen bereits erbrachten Zahlungen.
II.
Die Revision ist im wesentlichen begründet.
Der Klägerin stand aus dem 1979 geschlossenen Kreditvertrag ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 607 BGB zu; die vom Beklagten dagegen erhobenen Einwendungen können nicht durchdringen. Deshalb muß auch die auf das 1981 gewährte Tilgungsdarlehen gestützte Klage in der Hauptsache Erfolg haben.
Der Senat hat sich - nach Erlaß des angefochtenen Urteils - bereits in mehreren Fällen, die andere von der TOM GmbH und ihrem Alleingesellschafter G. initiierte und betreute Grundstücks-Abschreibungsgesellschaften betrafen, mit den entscheidenden Rechtsfragen befaßt und folgende Grundsätze aufgestellt, für deren Begründung im einzelnen insbesondere auf die Senatsurteile vom 17. Januar 1985 (BGHZ 93, 264) und vom 25. April 1985 (III ZR 26/84 = ZIP 1985, 670) verwiesen wird:
1.
Es kommt nicht darauf an, ob ein Verstoß gegen §§ 55, 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO vorlag. Wenn ein Darlehen der Finanzierung des Beitritts zu einer Abschreibungsgesellschaft dient und der Darlehensnehmer damit in erster Linie steuerliche Vergünstigungen erstrebt, ist es mit dem Schutzzweck des § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO vereinbar, dem im Reisegewerbe abgeschlossenen oder vermittelten Darlehensvertrag die zivilrechtliche Wirksamkeit zu belassen. Hier liegt es anders als in den Fällen, in denen der Senat seit seiner Entscheidung BGHZ 71, 358 in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. November 1982 - III ZR 61/81 = NJW 1983, 868 [BGH 18.11.1982 - III ZR 61/81] m.w.Nachw.) eine Anwendung des § 134 BGB für unverzichtbar hält. Der am Beitritt zu einer Abschreibungsgesellschaft interessierte Personenkreis ist typischerweise weniger schutzbedürftig, weil er entweder selbst über hinreichende wirtschaftliche Erfahrung verfügt oder die finanzielle Möglichkeit hat, sich zu seinem Schutz der Hilfe von Fachberatern zu bedienen. Die Gefahr wucherischer Darlehenskonditionen ist für die Darlehensvermittlung in diesem Bereich nicht kennzeichnend; die Gefährdung liegt hier nicht im Bereich der Darlehensverhandlungen, sondern in dem zeitlich und sachlich vorrangigen Angebot der Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft. Die Betroffenen vor den Steuer- und zivilrechtlichen Risiken eines solchen Geschäfts zu schützen, ist nicht die Aufgabe des § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO.
2.
Der Darlehensvertrag ist nicht wegen seines Zusammenhangs mit dem Gesellschafts- und dem Treuhandvertrag nach den §§ 125, 313 Satz 1, 139 BGB formnichtig.
a)
Soweit der Formmangel aus der Verpflichtung der Treuhänderin zum Grundstückserwerb hergeleitet werden soll, ist Heilung gemäß § 313 Satz 2 BGB eingetreten, nachdem die TOM GmbH Grundstückseigentümerin geworden war.
b)
Die Gesellschafter übernahmen keine Erwerbsverpflichtung; sie erhielten nur das Recht, von der Treuhänder in Eigentumsübertragung zu verlangen.
c)
Die Verpflichtung der Treuhänder in zur Eigentumsübertragung auf die Gesellschafter ergab sich nicht erst aus der vertraglichen Abrede, sondern bereits aus dem Gesetz, nämlich aus § 667 BGB.
3.
Eine Gesamtwürdigung der Vertragsbedingungen und der vom Beklagten behaupteten tatsächlichen Umstände des Vertragsschlusses ergibt keine Nichtigkeit nach § 138 BGB.
4.
Die Anfechtung des Kreditvertrags gemäß § 123 BGB greift nicht durch. Eine arglistige Täuschung kann insbesondere nicht darauf gestützt werden, die Klägerin habe dem Beklagten bei Vertragsschluß ihre Vereinbarungen mit der Firma TOM und dem Alleingesellschafter G. verschwiegen, aufgrund deren sie von dem auf das Treuhandkonto überwiesenen Darlehensbetrag alsbald die ihr zustehenden Zinsen abbuchte und 10 % des Darlehensbetrages als Sicherheit auf ein - zu ihren Gunsten gesperrtes - Sparkonto des G. übertrug.
Der Senat hat eine entsprechende Aufklärungspflicht verneint, weil der Darlehensnehmer mit der Zinszahlung durch die Treuhänder in rechnen mußte und die Klägerin davon ausgehen durfte, daß die TOM GmbH auch gegenüber den Gesellschaftern zur freien Verfügung sogar über mehr als 10 % der Darlehenssumme berechtigt war (vgl. Senatsbeschluß vom 11. Juli 1985 - III ZR 131/84 = WM 1985, 1287).
5.
Der Beklagte hat das gesamte Darlehen auch empfangen im Sinne des § 607 BGB, weil er mit der - seiner Anweisung entsprechenden - Überweisung auf das Treuhandkonto von seiner durch den Gesellschaftsbeitritt begründeten Einlageverpflichtung frei wurde. Dadurch war der volle Darlehensbetrag seinem Vermögen endgültig zugeflossen. Wie die Drittempfängerin anschließend über das Geld weiterverfügte, ist nicht entscheidend.
6.
Die Klägerin braucht sich auch Einwendungen des Beklagten aus seinem Rechtsverhältnis zur ECO oder zur TOM GmbH nicht entgegenhalten zu lassen. Sie kann sich auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehensvertrages berufen, ohne damit gegen Treu und Glauben zu verstoßen. Die Rechtsprechungsgrundsätze zum Einwendungsdurchgriff sind im Falle der drittfinanzierten Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft nicht anzuwenden, weil die Fremdfinanzierung der vollen Ausschöpfung aller steuerlichen Vergünstigungen dient. Liegt der Abschluß rechtlich selbständiger Verträge im eigenen Interesse des Darlehensnehmers, so ist es sach- und interessengerecht, ihn auch das Aufspaltungsrisiko tragen zu lassen (Senatsbeschluß vom 11. Juli 1985 aaO).
7.
Der Beklagte kann der Klageforderung auch keine eigenen Ansprüche auf Schadensersatz entgegensetzen:
a)
Der Beklagte hat nicht dargetan, daß die Klägerin vorvertragliche oder vertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat.
Soweit er ihr vorwirft, sie habe ihm ihre Sicherheitsvereinbarungen mit der TOM GmbH und deren Alleingesellschafter G. nicht verschweigen dürfen, kann auf die Ausführungen zur Anfechtung verwiesen werden (II. 4.).
Eine allgemeine Pflicht der Kreditbank, einen Darlehensinteressenten über die sich aus dem zu finanzierenden Geschäft ergebenden Risiken aufzuklären, besteht nach ständiger Senatsrechtsprechung nur im Ausnahmefall eines besonderen Aufklärungs- und Schutzbedürfnisses, das bei einer Darlehensgewährung im Rahmen eines steuersparenden Bauherrenmodells regelmäßig fehlt.
Daß die Klägerin hier - für sie selbst erkennbar - einen konkreten Wissensvorsprung über die speziellen Risiken des Projekts ECO gehabt oder gar einen besonderen Gefährdungstatbestand für die Anleger selbst geschaffen oder seine Entstehung begünstigt hätte (vgl. Senatsurteil vom 25. April 1985 - III ZR 27/84 = ZIP 1985, 667) ist vom Beklagten nicht dargetan. Die Klägerin hat dadurch, daß sie vom Beklagten keine andere Sicherheit als die Abtretung der Rechte aus dem Gesellschaftsbeitritt forderte, keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der sie zur Aufklärung über die Risiken der Beteiligung an einem solchen Abschreibungsmodell verpflichtete.
b)
Auch Prospekthaftungsansprüche stehen dem Beklagten gegen die Klägerin nicht zu. Sie hatte an der Projektplanung und der Prospektgestaltung nicht maßgebend mitgewirkt. Ihre namentliche Nennung im Kredit- und Kontoeröffnungsantrag - nicht im Prospekt selbst - genügt nicht.
c)
Auch Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung kommen nicht in Betracht. § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO ist in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang aus den gleichen Gründen, die eine Anwendung des § 134 BGB verbieten, nicht als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen.
8.
Schließlich kann der Beklagte die Klägerin auch nicht darauf verweisen, sie müsse ihre Befriedigung zunächst aus dem zur Sicherung ihres Anspruchs gegen die TOM GmbH und ihren Alleingesellschafter G. angelegten Sperrkonto suchen (Senatsurteil vom 25. April 1985 - III ZR 26/84 = ZIP 1985, 670 zu II. 7.).
Nach alledem erweist sich die Hauptforderung, da der Beklagte den eingeklagten Saldo per 30. September 1982 der Höhe nach nicht bestritten hat, als gerechtfertigt.
III.
Über die Nebenforderungen der Klägerin - Zinsen und Überziehungsprovision - kann der Senat nur zum geringen Teil gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO selbst entscheiden. Im übrigen muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit das Parteivorbringen ergänzt und weitere Feststellungen getroffen werden können.
1.
Soweit für die Zeit vom 1. Oktober bis 28. Oktober 1982 13,75 % Zinsen verlangt werden, ist die Klage teilweise begründet, im übrigen aber abzuweisen.
Da für diese Zeit die Voraussetzungen des Verzugs nicht dargetan sind, kann sich der Anspruch nur auf die Zinsvereinbarung stützen. Vertragszinsen sind jedoch nur vom Darlehenskapitalrest zu entrichten, nicht dagegen von Zinsrückständen (§ 248 Abs. 1 BGB).
Die Voraussetzungen, unter denen § 355 Abs. 1 HGB eine Ausnahme vom Zinseszinsverbot zuläßt, sind von der Klägerin nicht dargetan. Eine Kontokorrentabrede ist zwar für den Bankgirovertrag typisch (Schlegelberger/Hefermehl HGB 5. Aufl. § 355 Rn. 14; Canaris Bankvertragsrecht 2. Bearbeitung Rn. 319), nicht aber für jeden Bankkredit. Gerade um eine Umgehung des Zinseszinsverbots zu vermeiden, ist vielmehr eine Abgrenzung zwischen Kontokorrent und ratenweiser Tilgung eines Darlehens nötig (Canaris in Großkomm. HGB 3. Aufl. § 355 Rn. 21, 26). Dem Beklagten war von der Klägerin kein Kontokorrentkredit, sondern ein - in vierteljährlichen Raten rückzahlbarer - Tilgungskredit eingeräumt worden, bei dem die monatlich anfallenden Zinsen nicht in die laufende Rechnung aufgenommen, sondern jeweils sofort entrichtet werden sollten.
Zu verzinsen ist danach nur das im zugesprochenen Saldo noch enthaltene Darlehenskapital einschließlich der Bearbeitungsgebühr, die als einmalige Belastung nicht unter den Zinsbegriff des § 248 BGB fällt (vgl. BGH Urteil vom 20. November 1970 - V ZR 71/68 = LM § 248 BGB Nr. 2; Senatsurteil vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 = NJW 1979, 805; Canaris Bankvertragsrecht Rn. 1324; Karsten Schmidt Geldrecht § 246 Rn. 25, § 248 Rn. 5).
Das verzinsliche Kapital, das anfangs 50.000 DM + 1 % = 50.500 DM betrug, beläuft sich nach Zahlung zweier Raten von je 12.625 DM noch auf 25.250 DM. Von diesem Betrag kann die Klägerin die vereinbarten Zinsen verlangen. Hinsichtlich des Restbetrags ist der Zinsanspruch für die Zeit bis zum 28. Oktober 1982 unbegründet.
2.
Ab 29. Oktober 1982 befand sich der Beklagte aufgrund der berechtigten Darlehenskündigung und der im Kündigungsschreiben ausgesprochenen Mahnung mit dem gesamten Klagebetrag im Verzug. Für die Folgezeit verlangt die Klägerin Zinsen, deren Höhe sie nach dem durchschnittlichen Zinssatz für Kontokorrentkredite bemißt.
a)
Diese Zinsforderung ist gerechtfertigt, soweit sie eine Grundlage in den gesetzlichen Vorschriften über den Ersatz des Verzugsschadens findet (§§ 286 ff. BGB). Auf die Zinsvereinbarung im Darlehensvertrag kann sich der Darlehensgeber dagegen nicht mehr stützen, wenn er das Darlehen gekündigt und Rückzahlung verlangt hat; danach scheidet auch die Annahme einer stillschweigenden Darlehensvereinbarung aus. Der Vertragszins stellte die vereinbarte Gegenleistung des Kreditnehmers für die berechtigte Nutzung des Darlehenskapitals dar. Nach Kündigung und Verzugseintritt fehlt diese Berechtigung zur Kapitalnutzung. Wenn der Kreditnehmer das Darlehenskapital trotzdem nicht zurückzahlt, ist er verpflichtet, dem Gläubiger Schadensersatz zu leisten, nicht aber die für die vertragliche Kapitalnutzung vereinbarten Zinsen weiterzuzahlen (vgl. zum Unterschied zwischen Stundungs- und Verzugszinsen Senatsurteil vom 19. September 1985 - III ZR 213/83 - zu II. 1.).
Auch aus § 301 BGB kann für diese Zeit keine Pflicht zur Zahlung des Vertragszinses hergeleitet werden, insbesondere nicht für einen Saldo, der neben einem Darlehenskapitalrest auch Zinsrückstände enthält. Das hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 31. Januar 1985 ausgeführt (III ZR 105/83 = ZIP 1985, 466, 467/68 zu III. 2. b).
Ähnliches gilt auch, soweit nach einer vom Darlehensnehmer schuldhaft herbeigeführten Vertragsbeendigung ein Schadensersatzanspruch auf Weiterzahlung des Vertragszinses aus einer Analogie zu § 628 Abs. 2 BGB hergeleitet werden soll (vgl. Canaris Bankvertragsrecht Rn. 1338, 1347). Ein solcher Anspruch beschränkt sich auf die Zeit bis zur vertraglich vorgesehenen Rückzahlung - die hier am 30. September 1982 bereits abgelaufen war - und auf das Darlehenskapital, rechtfertigt also keine Verzinsung von Zinsrückständen (Senatsurteil vom 31. Januar 1985 aaO).
b)
Als Verzugsschadensersatz gemäß §§ 286 ff. BGB kann der Darlehensgeber dagegen, wenn sein Schaden im Verlust von Anlagezinsen oder in der Aufwendung von Kreditzinsen besteht, eine Verzinsung nicht nur des Darlehenskapitalrests, sondern auch der Zinsrückstände verlangen. Das Zinseszinsverbot in § 289 Satz 1 BGB beschränkt sich auf die gesetzlichen Verzugszinsen nach § 288 Satz 1 BGB, § 352 Abs. 1 Satz 1 HGB, schließt aber einen Schadensersatzanspruch wegen verzögerter Zinszahlung nicht aus (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 1985 a.a.O. zu III. 2. b cc a.E.). Darüber besteht grundsätzlich auch im Schrifttum Einigkeit; umstritten ist lediglich, ob und in welcher Weise der Verzugsschaden insoweit abstrakt berechnet und in AGB pauschaliert werden darf (einengend Reifner BB 1985, 87, 91/92; weitergehend Emmerich FLF 1985, 188, 189; M. Löwisch BB 1985, 961).
c)
Nach dem Urteil BGHZ 62, 103[BGH 01.02.1974 - IV ZR 2/72] kann eine Bank bei der Berechnung ihres Verzugsschadens gemäß §§ 286 ff., 252 BGB davon ausgehen, daß sie einen ihr vorenthaltenen Geldbetrag im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs gewinnbringend genutzt und dafür die in der fraglichen Zeitspanne üblichen Sollzinsen erhalten hätte (vgl. auch Senatsurteil vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81 = NJW 1983, 1420 ff. [BGH 02.12.1982 - III ZR 90/81][BGH 02.12.1982 - III ZR 90/81] zu V. 2. m.w.Nachw.).
aa)
Selbst wenn man von dieser Rechtsprechung ausgeht, rechtfertigt der bisherige Tatsachenvortrag der Klägerin ihre Zinsforderung nicht: Danach darf nämlich eine Bank, die regelmäßig Kreditgeschäfte verschiedener Art mit unterschiedlichen Sollzinssätzen tätigt, ihrer abstrakten Schadensberechnung nur einen Durchschnittsgewinn zugrunde legen, der sich nach ihrer speziellen Geschäftsstruktur richtet (BGHZ 62, 103, 109) [BGH 01.02.1974 - IV ZR 2/72]. Die Klägerin muß daher zur Begründung ihrer Zinsforderung substantiierte Angaben über die üblichen Erträge aller von ihr betriebenen Geschäftsarten und die Besonderheiten ihrer Geschäftsstruktur machen. Das hat sie bisher nicht getan, sondern den durchschnittlichen Sollzins für Kontokorrentkredite verlangt, der vielfach über den Sätzen anderer Kreditarten liegt.
Da die Zinshöhe bisher in den Tatsacheninstanzen nicht hinreichend erörtert worden ist, erschien es angemessen, die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen und den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen zu geben.
bb)
Die Zurückverweisung bietet Parteien und Berufungsgericht auch die Möglichkeit, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Bedeutung hier der grundsätzliche Streit über die abstrakte Verzugsschadensberechnung bei Konsumentenratenkrediten hat. Im neueren Schrifttum, aber auch in der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte, wird vielfach die Auffassung vertreten, einer Bank entstehe - jedenfalls bei Konsumentenratenkrediten - im Regelfall durch die Vorenthaltung von Geld ein Schaden nur in Höhe ihrer Refinanzierungskosten, entgangener Gewinn sei nicht zu ersetzen, weil eine Bank sich regelmäßig auf dem Geldmarkt die Finanzierungsmittel, die sie für alle sich ihr bietenden Kreditgeschäfte benötige, besorgen könne und müsse (Reifner BB 1985, 87, 91; OLG Frankfurt am Main WM 1985, 938; OLG Stuttgart WM 1985, 349, 357; KG ZIP 1982, 555, 556; WM 1984, 1181, 1184; dagegen KG WM 1985, 15, 16; Emmerich WM 1984, 949, 950 und FLF 1985, 188, 189; vgl. auch M. Löwisch BB 1985, 959, 960/961, der beide Auffassungen hinsichtlich des Schadensumfanges für korrekturbedürftig hält; zeitlich differenzierend OLG Hamm BB 1985, 1933, 1935/36).
Der erkennende Senat hat zu diesen Fragen bisher nicht abschließend Stellung genommen (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 1985 aaO) und sieht hierzu auch jetzt noch keinen Anlaß, zumal eine weitere Sachaufklärung in jedem Fall nötig erscheint: Auch über die speziellen Refinanzierungskosten der Klägerin fehlt bisher jeder Parteivortrag.
d)
Der Anspruch auf zusätzliche Zahlung von 4,5 % Überziehungsprovision läßt sich, selbst wenn man von der im Urteil BGHZ 62, 103 f[BGH 01.02.1974 - IV ZR 2/72]ür zulässig erachteten Art der abstrakten Schadensberechnung ausgeht, kaum rechtfertigen.
Hätte die Klägerin in Höhe des geschuldeten Betrags einem anderen Kunden einen neuen Kredit gewährt, so hätte sie dafür nur ihre im Verzugszeitraum üblichen Sollzinsen erhalten, nicht aber darüber hinaus noch weitere 4,5 %.
Die Klägerin kann den Anspruch auf Überziehungsprovision hier auch nicht auf Nr. 14 Abs. 3 ihrer AGB stützen. Nach dieser Bestimmung hat ein Kunde, der ohne ausdrückliche Vereinbarung sein Konto überzieht, statt etwa vereinbarter niedrigerer Zinsen, Gebühren und Provisionen die von der Bank im Rahmen des § 315 BGB für Überziehungen bestimmten höheren Zinsen, Gebühren und Provisionen zu tragen. Wenn die Bank eine Kontoüberziehung duldet, kann eine stillschweigende - wenn auch nach Nr. 17 Satz 1 AGB jederzeit kündbare - Kreditvereinbarung angenommen werden, für die der Bank ein Zinsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB eingeräumt wird.
Nach Nr. 18 Abs. 1 AGB soll diese Regelung auch gelten, wenn mit der Beendigung einer Geschäftsverbindung der Saldo eines für den Kunden geführten Kontokorrents fällig wird. Abgesehen davon, daß hier ein Kontokorrentverhältnis nicht vorliegt (siehe oben zu III. 1.), verbietet sich eine unveränderte Anwendung der in Nr. 14 Abs. 3 AGB getroffenen Regelung jedenfalls für die Zeit, nachdem die Bank den Kreditnehmer zur Rückzahlung gemahnt und in Verzug gesetzt hat. Von diesem Zeitpunkt an scheidet die Annahme einer stillschweigenden vertraglichen Weitergewährung des Kredits aus. Die Bank kann ihre Forderung danach nicht mehr auf eine Vertragszinsvereinbarung, sondern nur noch auf den gesetzlichen Anspruch auf Verzugsschadensersatz stützen. Ob sie dann noch die von ihr als Überziehungszinsen, -gebühren und -provisionen festgelegten Beträge verlangen kann, ist allein an den gesetzlichen Regelungen über die Verzugsschadensberechnung (§§ 286 ff., 252 BGB, 287 ZPO) zu messen. Soweit sich die Bank in Nr. 18 Abs. 1 AGB einen darüber hinausgehenden Bestimmungsfreiraum verschaffen will, ist die Klausel wegen Verstoßes gegen §§ 9 Abs. 2 Nr. 1, 11 Nr. 5 oder 6 AGBG unwirksam.
Überziehungsprovisionen, die den normalen Sollzinssatz übersteigen, könnte die Bank aufgrund einer abstrakten Verzugsschadensberechnung nach § 252 BGB allenfalls dann verlangen, wenn der Rückzahlungsverzug eines Darlehensschuldners nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge regelmäßig besondere Kosten verursachte, die sich in einem bestimmten, den normalen Zinssatz übersteigenden Prozentsatz der Schuldsumme bemessen lassen. Die Klägerin hat hierzu in der Revisionsverhandlung geltend gemacht, die Refinanzierung erfordere bei unerwartet auftretendem Geldbedarf regelmäßig einen höheren Zinsaufwand. Die Zurückverweisung bietet der Klägerin Gelegenheit, diesen Vortrag zu ergänzen und vom Berufungsgericht überprüfen zu lassen.
Kröner,
Engelhardt,
Halstenberg,
Werp