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Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.05.1985, Az.: I ZR 52/83
„Inkasso-Programm“

Computerprogramme; Urheberrechtsschutzfähigkeit; Urheberrechtsschutz

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
09.05.1985
Aktenzeichen
I ZR 52/83
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 13035
Entscheidungsname
Inkasso-Programm
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 94, 276 - 292
  • BB 1985, 1747
  • GRUR 1985, 1041 "Inkasso-Programm"
  • MDR 1986, 121-122 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1986, 192-197 (Volltext mit amtl. LS) "Inkasso-Programm"
  • WM 1985, 1235

Redaktioneller Leitsatz

Redaktioneller Leitsatz:

Computerprogramme sind von den einzelnen Entwicklungsstadien bis zum fertigen Programm urheberrechtsschutzfähig.

1. Als Schriftwerk (Abs. 1 Nr. 1)

2. Als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art (Abs. 1 Nr. 7)

3. Kriterien für die Feststellung der erforderlichen Werkqualität (Abs. 2)

Tatbestand:

1

Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen, das sich geschäftsmäßig mit der Beitreibung ausstehender Verbindlichkeiten befaßt. Die Beklagte zu 1 ist eine im EDV-Geschäft tätige Gesellschaft, die von den Beklagten zu 2 und 3 im Jahre 1979 gegründet worden ist. Vertretungsberechtigter Geschäftsführer ist der Beklagte zu 2; bis zum 24. April 1981 war daneben auch der Beklagte zu 3 Geschäftsführer. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die Beklagten berechtigt sind, ein - zumindest unter Mitwirkung des Beklagten zu 2 für die Klägerin erstelltes - Computer-Programm für das Inkassowesen anderweitig einzusetzen und zu verwerten.

2

Die Klägerin beauftragte durch Vertrag vom 24. März 1976 den Beklagten zu 2, der seinerzeit noch bei der Firma N.-Computer AG als Programmierer tätig war, mit der Erstellung eines Inkasso-Programms. Das Programm sollte dazu dienen, die beim Inkassoverfahren anfallenden Arbeitsvorgänge unter Einsatz eines zuvor von der Klägerin erworbenen N.-Computer-Systems 8870/2 abzuwickeln. Für die Erstellung des Programms einschließlich des Pflichtenhefts sowie für die Einweisung des Bedienungspersonals war ein Festpreis von 20 000 DM vereinbart.

3

Der Beklagte zu 2 führte seine Arbeiten für die Klägerin am Feierabend und an den Wochenenden fast ausschließlich im Betrieb der Klägerin durch.

4

Er formulierte das zu entwickelnde Programm zunächst in seinen Grundzügen in einem Pflichtenheft. Endgültiges Arbeitsergebnis ist das von der Klägerin als Anlage A (sogenannte S-Version) mit der Klage im Druck vorgelegte »S-Inkasso-Programm«. Dieses der Klägerin im Quellencode überlassene Programm ist bei ihr seit Ende 1978 in Betrieb. Das Programm ist in der Computersprache COBOL abgefaßt. Für seine Arbeiten stellte die Klägerin dem Beklagten zu 2 Informationen und Unterlagen zur Verfügung. Teile des Programms (so u. a. die Postleitzahl-, Gerichts- und Schuldnerdatei) sind im Betrieb der Klägerin erarbeitet worden.

5

Im Frühjahr 1979 überließ die Klägerin aufgrund eines Lizenzvertrages die Nutzung des S-Inkasso-Programms im Objektcode für 80 000 DM der Firma M. Der Copyright-Vermerk des lizenzierten Programms lautet auf die Klägerin, als Autor wird der Beklagte zu 2 genannt. Der Beklagte zu 2 führte die zur Anpassung des Programms an den Betrieb der Firma M. erforderlichen Installationsarbeiten durch. Außerdem entwickelte er für die Firma M. unter Einsatz des dem Inkasso-Programm der Klägerin zugrundeliegenden Quellenprogramms weitere Zusatzprogramme.

6

Das bei der Firma M. eingerichtete Inkasso-Programm hat die Klägerin ausgedruckt als Anlage B (sogenannte M-Version) ihrer Klage beigefügt.

7

Die Klägerin trat im Jahre 1979 weiter in Lizenzverhandlungen zur Firma E. Mit Schreiben vom 24. Juli 1979 teilte ihr die Firma E. mit, daß sie von ihrem Angebot Abstand nehme. Einige Tage vorher, am 19. Juli 1979, hatte die Firma E. mit dem Beklagten zu 2 einen Lizenzvertrag über ein EDV-Programmpaket »integrierte Inkassoabrechnung« in der COBOL-Sprache für das N-Computer-System 8870 geschlossen. Das von dem Beklagten zu 2 im Herbst 1979 installierte Programm begann ab Januar 1980 bei der Firma E. zu laufen. Die Unterlagen für dieses Programm wurden am 13. März 1980 bei einer Durchsuchungsaktion im Rahmen eines auf eine Anzeige der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 eingeleiteten Ermittlungsverfahrens vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg beschlagnahmt. Das bei der Firma E. vorhandene Programm wurde vom Landeskriminalamt auf eigene Platten überspielt. Es handelt sich dabei um das von der Klägerin ausgedruckt als Anlage C (sogenannte E-Version) mit der Klage vorgelegte Programm.

8

Während seiner Arbeiten im Betrieb der Klägerin, die er im November 1979 einstellte, hatte der Beklagte zu 2 Programmkopien für sich erstellt. Am 13. Oktober 1979 hatte er das gesamte S-Inkasso-Programm einschließlich der Postleitzahl- und Amtsgerichtsdatei auf eine mitgebrachte Magnetplatte überspielt.

9

Die Klägerin hält die Verwertung des für sie erstellten Inkasso-Programms durch die Beklagten aus urheberrechtlichen, wettbewerbsrechtlichen und vertraglichen Gründen für unberechtigt und nimmt sie auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunft und Zahlung von Schadensersatz sowie auf Vernichtung von Datenträgern in Anspruch.

10

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe an dem Inkasso-Programm, das als urheberrechtsschutzfähiges Werk zu beurteilen sei, ein ausschließliches Nutzungsrecht erworben.

11

Sie sieht sich zumindest als Miturheber des Programms, da sie mit ihren Mitarbeitern bei der Entwicklung des Programms den weit überwiegenden Anteil geleistet habe; und zwar nicht nur in der Analyse- und Designphase, sondern auch in der Programmierphase. Der Beklagte zu 2 habe von insgesamt 63 Einzelprogrammen lediglich 34 codiert.

12

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, der Beklagte zu 2 habe der Klägerin an dem S-Inkasso-Programm lediglich ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt, so daß es ihnen - den Beklagten - unbenommen sei, dieses Programm durch Vergabe von Lizenzen zu verwerten.

13

Das Landgericht hat der Klage mit den Anträgen zu 1-4 (Unterlassung, Feststellung, Auskunft, Schadensersatz) stattgegeben und sie mit dem Antrag zu 5 (Vernichtung) abgewiesen. Es hat die Urheberrechtsschutzfähigkeit des S-Inkasso-Programms verneint, seine Verwertung durch die Beklagten aber nach § 1 UWG als wettbewerbswidrig beurteilt.

14

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (Urteil abgedruckt in GRUR 1983, 300 ff.) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen die Verurteilung zur Unterlassung eingeschränkt.

15

Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht auch dem Klageantrag zu 5 (Vernichtung) stattgegeben.

16

Die Revision der Klägerin, mit der sie ihren Unterlassungsantrag zu 1, soweit er teilweise abgewiesen worden ist, weiterverfolgt, blieb erfolglos. Die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage in vollem Umfang begehren, hatte teilweise Erfolg und führte zur Teilaufhebung und Zurückverweisung.

Entscheidungsgründe

17

I. Das Berufungsgericht hat die Klage abweichend vom Landgericht nicht wegen eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten, sondern wegen Urheberrechtsverletzung (§§ 97, 98 i.V.m. §§ 15 Abs. 1, 16, 17, 23, 31 Abs. 3 UrhG) überwiegend für begründet erachtet. Es hat das S-Inkasso-Programm als ein urheberrechtlich geschütztes Werk beurteilt und die nach § 2 Abs. 2 UrhG notwendige persönliche geistige Schöpfung in der Sammlung und Anordnung des verarbeiteten Stoffes gesehen. Dabei hat es offengelassen, auf welcher Stufe der Entwicklung zum betriebsfertigen Programm schutzfähige Leistungen erbracht worden sind; ebenso hat es dahinstehen lassen, ob der Beklagte zu 2 als Allein- oder als Miturheber anzusehen ist. Darauf komme es nicht an, weil der Beklagte zu 2 der Klägerin in jedem Falle das ausschließliche Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 3 UrhG) an dem Inkasso-Programm eingeräumt habe. Die Beklagten seien daher zur Verwertung des Programms nicht berechtigt. Neben dem gegen alle drei Beklagten gerichteten urheberrechtlichen Anspruch auf Verbot der Verwertung des Inkassoprogramms stehe der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2 auch ein entsprechender vertraglicher Anspruch zu.

18

Da die Beklagten sich einer Verwertungsberechtigung berühmten, sei das Unterlassungsbegehren der Klägerin begründet. Das Verbot erstrecke sich allerdings nur auf die ausgedruckt als Anlagen A und C zur Klage vorgelegten Computer-Programme; nicht dagegen - mangels einer rechtswidrigen Verwertungshandlung - auf das Programm gemäß Anlage B und - mangels eines ausschließlichen Bearbeitungsrechts der Klägerin - auch nicht auf die mittelbare Benutzung der Dokumentationsunterlagen und Programmlisten gemäß Anlage A.

19

Der Auskunfts-, Schadensersatz- und Vernichtungsanspruch sei, soweit die Beklagten gegen das Verbot der Verwertung der Programme gemäß den Anlagen A und C verstoßen haben, in vollem Umfang begründet.

20

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung insoweit stand, als der Beklagte zu 2 gemäß den Anträgen zu 1-4 (Unterlassung, Feststellung, Auskunft und Schadensersatz) verurteilt worden ist. Im übrigen führt die Revision der Beklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

21

1. Vertragliche Ansprüche

22

Gegen den Beklagten zu 2 ist die Klage überwiegend (mit den Anträgen zu 1-4) bereits aufgrund der zwischen ihm und der Klägerin bestehenden vertraglichen Beziehungen begründet. Der Beklagte zu 2 hat die vertragliche Nebenpflicht verletzt, sich jeder Verwertung des S-Inkasso-Programms zu enthalten.

23

a) Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist ausschließlich die Klägerin und nicht auch der Beklagte zu 2 berechtigt, das S-Inkasso-Programm zu verwerten. Das Berufungsgericht hat seine Feststellungen insoweit zwar im Rahmen der urheberrechtlichen Frage getroffen, ob der Beklagte zu 2 der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 1 und 3 UrhG eingeräumt hat; es hat daran anschließend aber zutreffend darauf hingewiesen, der Klägerin stehe neben dem urheberrechtlichen Anspruch auf Verbot der Verwertung des S-Inkasso-Programms durch die Beklagten auch ein entsprechender vertraglicher Anspruch gegenüber dem Beklagten zu 2 zu (von der weiteren Darstellung wird abgesehen).

24

b) Das Berufungsgericht hat den Beklagten zu 2 auch ohne Rechtsverstoß in dem aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Umfang zur Unterlassung verurteilt (von der weiteren Darstellung wird abgesehen).

25

c) Das Berufungsgericht hat weiter ohne Rechtsverstoß die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 2 festgestellt und den Beklagten zu 2 zur Auskunftserteilung und zur Zahlung eines Schadensersatzes von 48 936,60 DM verurteilt (von der weiteren Darstellung wird abgesehen).

26

d) Der vom Berufungsgericht gemäß § 98 UrhG für begründet erachtete Anspruch der Klägerin auf Vernichtung bzw. Löschung der im Besitz des Beklagten zu 2 befindlichen Datenträger kann ihr jedenfalls aufgrund der Verletzung des vertraglichen Verwertungsverbots nicht in dem begehrten Umfang zugesprochen werden (von der weiteren Darstellung wird abgesehen).

27

2. Urheberrechtliche Ansprüche

28

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Urheberrechtsschutzfähigkeit des im Streit befindlichen S-Inkasso-Programms halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

29

Das Berufungsgericht hat Computer-Programme zwar zu Recht als grundsätzlich urheberrechtsschutzfähig angesehen. Die von ihm getroffenen Feststellungen reichen indessen nicht aus, die Urheberrechtsschutzfähigkeit des S-Inkasso-Programms zu bejahen. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

30

a) Computer-Programme gehören zum Bereich der Wissenschaft im Sinne des § 1 UrhG und sind daher dem Urheberrechtsschutz grundsätzlich zugänglich. In Betracht kommt - je nachdem, ob eine (symbol-)sprachliche oder eine graphische Darstellung verwendet wird - ein Schutz als Schriftwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) oder als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG).

31

aa) Der Werkbegriff des § 2 UrhG setzt voraus, daß das Werk in seiner konkreten Gestalt der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich ist. Dies trifft nicht erst auf das vollendete Werk in Form des betriebsfertigen Computer-Programms zu. Bei Werken, die - wie dies bei Computer-Programmen in aller Regel der Fall ist - stufenweise entstehen, treten für die Schutzfähigkeit erforderliche konkrete Formgestaltungen auch schon in vorausgehenden Entwicklungsstadien auf. Für die urheberrechtliche Beurteilung bedarf es keiner näheren Differenzierung der einzelnen Entwicklungsphasen, die in der EDV-Literatur unterschiedlich eingeteilt werden (vgl. dazu Wittmer, Der Schutz von Computersoftware - Urheberrecht oder Sonderrecht, Bern 1981, S. 38); denn für den Schutz als Schriftwerk oder als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art ist es unerheblich, in welchem Entstehungsstadium urheberrechtlich relevante Formgestaltungen wahrnehmbar werden. Für das Verständnis der bei der Erstellung eines Computer-Programms anfallenden Formgestaltungen reicht eine Grobeinteilung in drei Entwicklungsphasen aus.

32

In der ersten Phase erfolgt die generelle Problemlösung (auch Problem- oder Systemanalyse genannt). Sie beruht auf mathematischen Prämissen und einer logischen Beweisführung (vgl. näher Reimar Köhler, Der urheberrechtliche Schutz der Rechenprogramme, München 1968, S. 11 f. m. w. Nachw.). Das Ergebnis der Analysephase ist der Lösungsweg, der in einer Studie (auch Pflichtenheft genannt) beschrieben wird. Diese Beschreibung ist als eine unter den Begriff des Schriftwerks (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) fallende Gestaltungsform zu beurteilen. Der Umstand, daß neben der Umgangssprache mathematische Zeichen, Zahlen, Buchstaben und Symbole verwendet werden, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH Urt. v. 25. November 1958 - I ZR 15/58, GRUR 1959, 251 - Einheitsfahrschein); ebenso ist es unerheblich, daß derartige Zeichen und Symbole nicht allgemein verständlich sind, sondern nur für Fachleute.

33

In der zweiten Phase erfolgt die nähere Projektion der Problemlösung. In einem - bei einfachen Programmen entbehrlichen - Datenflußplan (Flußdiagramm) wird der aufgefundene Lösungsweg in Form einer graphischen Darstellung des Befehls- und Informationsablaufs so wiedergegeben, wie ihn eine EDV-Anlage erfordert. Der Geschehensablauf wird dabei in der Regel durch eine Folge von Blöcken, Weichen und Schleifen dargestellt, für die eine Anzahl von Sinnbildern zur Verfügung steht, die von dem Zeichner des Datenflußplanes entsprechend beschriftet werden (vgl. R. Köhler aaO S. 12). Der Datenflußplan gehört zu den Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG), da er als Ausdrucksmittel die graphische Darstellung benutzt. Die Verwendung mathematischer, technischer und graphischer Zeichenformen steht auch hier der Urheberrechtsschutzfähigkeit nicht entgegen (vgl. BGH Urt. v. 3. Juli 1964 - I b ZR 146/62, GRUR 1965, 45, 46 - Stadtplan). Nach dem Datenflußplan oder auch unmittelbar aufgrund der generellen Problemlösung wird der konkrete Programmablaufplan (Blockdiagramm) erstellt. Er zeigt, wie der Lösungsweg auf der in Frage stehenden konkreten Anlage verlaufen soll, und zwar in Form eines Symbolprogramms unter Verwendung - weitgehend normierter - bildlicher Symbole, kurzer Beschreibungen und Beschriftungen, die häufig schon der Sprache entnommen sind, in der das Programm abgefaßt werden soll (vgl. näher R. Köhler aaO S. 14 ff.). Er ist meist eine Mischform aus Schriftwerk und Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art.

34

In der dritten Phase erfolgt die eigentliche Kodierung des Programms. In ihr wird der Programmablaufplan nunmehr in eine dem Computer verständliche Befehlsfolge umgewandelt. Diese Kodierung wird in der Regel zunächst unabhängig von der Maschinensprache des zur Verfügung stehenden Computers in einer Programmiersprache vorgenommen; das Ergebnis ist das für den Fachmann lesbare sogenannte Primär- oder Quellenprogramm. Durch maschinelle Übersetzung des Quellenprogramms entsteht das sogenannte Objektprogramm, das der Maschinensprache direkt entspricht. Das endgültige codierte Programm wird auf einem Datenträger festgehalten (Magnetband, Diskette u. a.). Das fertige Computer-Programm wird als eine Folge von Befehlen definiert, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind zu bewirken, daß eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt (vgl. DIN 44 300; § 1 Abs. 1 der Mustervorschriften für den Schutz von Computersoftware, abgedruckt in GRUR Int. 1978, 290 = GRUR 1979, 306). Für das fertige Programm kommt Schriftwerkschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG in Betracht. Die Benutzung von Sprachzeichen steht selbst dann nicht entgegen, wenn das Programm nur mit Hilfe der Maschine lesbar wird (v. Gamm WRP 1969, 96, 97).

35

Vorstehende Zusammenfassung der bei der Programmentwicklung regelmäßig anfallenden Formgestaltungen schließt nicht aus, daß in den Vorstufen weitere dem Urheberrechtsschutz zugängliche Arbeitsergebnisse entstehen (Beschreibungen, Dokumentationen, Unterprogramme u.ä.). Ergänzend kann auch schutzfähiges Begleitmaterial hinzutreten, das neben den Computer-Programmen und den Programmbeschreibungen ebenfalls dem Oberbegriff der Computersoftware zugerechnet wird (vgl. dazu § 1 der Mustervorschriften in GRUR Int. 1978, 290 = GRUR 1979, 306 f.).

36

Die durch die stufenweise Entstehung des Computer-Programms bedingte differenzierte Beurteilung der Urheberrechtsschutzfähigkeit wird auch dann nicht entbehrlich, wenn man die moderne Software-Entwicklung als einen zielbewußten, ganz auf das fertige Programmprodukt ausgerichteten einheitlichen Schöpfungsprozeß der Werkvollendung begreift, bei dem alle für die Werkeigenschaft der Computer-Programme wichtigen Umstände und Merkmale früherer Entwicklungsstufen in das angestrebte Endprodukt, das betriebsfertige Programm, einfließen (für ein solches Verständnis Wittmer aaO S. 39 ff., 43; E. Ulmer/Kolle GRUR Int. 1982, 489, 493 f.). Zwar wird der eigentliche Streitgegenstand in den meisten Fällen das betriebsfertige Computer-Programm (im Quellen- oder Objektcode) sein. Gleichwohl wird eine Differenzierung u. a. dann bedeutsam, wenn sich Verletzungshandlungen auf die Übernahme nur einzelner Programmierungsphasen aus einem fremden Gesamtprogramm beschränken oder wenn Streit über die (Mit-)Urheberschaft bei mehreren Beteiligten mit unterschiedlichen Arbeitsleistungen entsteht.

37

bb) Computer-Programme und ihre Vorstufen können grundsätzlich auch die für die Urheberrechtsschutzfähigkeit nach § 2 Abs. 2 UrhG erforderliche persönliche geistige Schöpfung aufweisen.

38

In den einzelnen Programmierungsphasen werden vom Systemanalytiker oder Programmierer Leistungen geistiger Art erbracht. Der geistige Gedankeninhalt findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs (vgl. BGH Urt. v. 29. März 1984 - I ZR 32/82, GRUR 1984, 659, 660 - Ausschreibungsunterlagen). Für die urheberrechtliche Beurteilung wissenschaftlicher oder technischer Werke scheidet ein geistig-schöpferischer Gehalt in der Gedankenführung und -formung des dargestellten Inhalts weitgehend aus; die wissenschaftliche Lehre und das wissenschaftliche Ergebnis sind urheberrechtlich frei und jedermann zugänglich (BGH Urt. v. 21. November 1980 - I ZR 106/78, GRUR 1981, 352, 353 - Staatsexamensarbeit; BGH Urt. v. 27. Februar 1981 - I ZR 29/79, GRUR 1981, 520, 522 - Fragen-Sammlung); ihrer Darstellung und Gestaltung fehlt, soweit diese aus wissenschaftlichen Gründen in der gebotenen Form notwendig und durch die Verwendung der im fraglichen technischen Bereich üblichen Ausdrucksweise üblich sind, die erforderliche eigenschöpferische Prägung (BGH GRUR 1981, 352, 353 - Staatsexamensarbeit).

39

Dem Urheberrechtsschutz ist daher die in dem Computer-Programm berücksichtigte, sich auf einen vorgegebenen Rechner beziehende Rechenregel (der sogenannte Algorithmus) ebensowenig zugänglich, wie andere bei der Erstellung des Programms herangezogene mathematische oder technische Lehren oder Regeln, die als Bestandteil der wissenschaftlichen Lehre frei und jedermann zugänglich sein müssen.

40

Für den Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen und ihren Vorstufen kommt danach nur die Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des Materials in Betracht. In diesem Bereich besteht ein hinreichender Spielraum für individuelle, eigenschöpferische Lösungsmöglichkeiten, und zwar in allen drei Entwicklungsphasen. Für die Problemanalyse, den Datenflußplan und Programmablaufplan ist dies heute überwiegend anerkannt (vgl. OLG Frankfurt GRUR 1983, 753, 755; OLG Frankfurt BB 1985, 139, 141; BAG GRUR 1984, 429, 431; v. Gamm WRP 1969, 96, 98; Kolle GRUR 1974, 7, 9 und GRUR 1982, 443, 453; Sieber BB 1981, 1547, 1551; Haberstumpf GRUR 1982, 142, 147). Aber auch bei der eigentlichen Codierung zumindest des Quellenprogramms wird sich eine eigenschöpferische Gestaltung nicht von vorneherein ausschließen lassen (vgl. BAG GRUR 1984, 429, 431; anders für das Objektprogramm: E. Ulmer, Der Urheberrechtsschutz wissenschaftlicher Werke unter besonderer Berücksichtigung der Programme elektronischer Rechenanlagen, München 1967, S. 17 f.; E. Ulmer, Anmerkung zu BAG GRUR 1984, 429, 433; Kolle GRUR 1974, 7, 9 und GRUR 1982, 443, 453). Es ist denkbar, daß im Einzelfall ein nicht hinreichend konkretisierter Programmablaufplan noch genügend Raum für eine individuelle Auswahl und Einteilung bei der Codierung läßt.

41

Die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computer-Programmen scheitert letztlich auch nicht am Erfordernis eines geistig-ästhetischen Gehalts. Ein ästhetischer Gehalt in einer den Schönheitssinn ansprechenden Bedeutung wird von § 2 Abs. 2 UrhG nicht verlangt. Soweit der Begriff der Ästhetik bei Sprachwerken im älteren Sinne des Wortes als eine aus geistiger Arbeit erwachsene, sinnlich wahrnehmbare eigenschöpferische Formgestaltung verwendet wird (so bei v. Gamm WRP 1969, 96, 97 f.; vgl. dazu E. Ulmer/Kolle GRUR Int. 1982, 489, 493), deckt er sich mit der vorstehend vertretenen Auffassung.

42

cc) Ist damit die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computer-Programmen grundsätzlich zu bejahen, so bleibt im Einzelfall zu prüfen, ob das Programm und seine Vorstufen einen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erreichen. Die Frage ist nach den von der Rechtsprechung bislang entwickelten Grundsätzen zu beantworten. Danach bemißt sich die Frage des Eigentümlichkeitsgrades nach dem geistig-schöpferischen Gesamteindruck der konkreten Gestaltung, und zwar im Gesamtvergleich gegenüber vorbestehenden Gestaltungen (vgl. BGHZ 27, 351, 356 f. - Candida-Schrift). Dieser Vergleich enthält keine - für die Urheberrechtsschutzfähigkeit unerhebliche - Neuheitsprüfung (vgl. BGHZ 18, 319, 322 - Bebauungsplan), sondern beantwortet die Frage, ob der konkreten Formgestaltung gegenüber den vorbekannten Gestaltungen individuelle Eigenheiten zukommen. Auszugehen ist von den vorbekannten Programmen und den Arbeitsergebnissen der einzelnen Entwicklungsstufen mit ihren jeweils bekannten und üblichen Anordnungen, Systemen, Aufbau- und Einteilungsprinzipien. Alle in deren Nähe bleibenden Gestaltungsformen besitzen keinen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad; auch die bloß mechanisch-technische Fortführung und Entwicklung des Vorbekannten bleibt in diesem Bereich (vgl. v. Gamm WRP 1969, 96, 99). Lassen sich nach Maßgabe des Gesamtvergleichs mit dem Vorbekannten schöpferische Eigenheiten feststellen, so sind diese dem Schaffen eines Durchschnittsprogrammierers gegenüberzustellen. Das Können eines Durchschnittsgestalters, das rein Handwerksmäßige, die mechanisch-technische Aneinanderreihung und Zusammenfügung des Materials liegt außerhalb jeder Schutzfähigkeit. Erst in einem erheblich weiteren Abstand beginnt die untere Grenze der Urheberrechtsschutzfähigkeit, die ein deutliches Überragen der Gestaltungstätigkeit in Auswahl, Sammlung, Anordnung und Einteilung der Informationen und Anweisungen gegenüber dem allgemeinen Durchschnittskönnen voraussetzt (st. Rspr., zul. BGH GRUR 1984, 659, 661 - Ausschreibungsunterlagen). Eine individuelle Eigenart kann auch durch die Be-, Um- und Einarbeitung vorbekannter Elemente und Formen erzielt werden.

43

Für die Frage der schöpferischen Gestaltungshöhe kommt es grundsätzlich nicht auf den quantitativen Umfang des Programmes an; ebensowenig darauf mit welchem Aufwand und welchen Kosten es konzipiert worden ist und ob die Aufgabenstellung neu war. Für die Werkqualität ist weiter nicht entscheidend, daß eine Vielzahl von Programmierern bei gleicher Aufgabenstellung unterschiedliche Programme entwickeln würde (vgl. OLG Frankfurt GRUR 1983, 753, 755).

44

Ergibt sich im Einzelfall, daß eine hinreichende schöpferische Gestaltungshöhe nur in der Anfangsphase der Programmentstehung (z. B. nur bei der generellen Problemlösung und dem Datenflußplan), nicht dagegen in den späteren Arbeitsphasen (beim Programmablaufplan und insbesondere auch nicht bei der Codierung) festgestellt werden kann, so steht dies der Urheberrechtsschutzfähigkeit des vollendeten Werkes, des betriebsfertigen Programms, grundsätzlich nicht entgegen. Bei einem einheitlichen Werkschaffen gehen die schöpferischen Vorarbeiten in das endgültige Werk ein. Bei getrenntem Werkschaffen wäre die generelle Problemlösung als eigentliches Werk, der eigenschöpferisch gestaltete Datenflußplan als deren abhängige Bearbeitung (§ 3 UrhG) und der Programmablaufplan sowie die Codierung als unfreie Benutzung in Form der Vervielfältigung (§ 16 UrhG) zu beurteilen. Sind an der Programmentstehung als einem einheitlichen Werk mehrere Urheber beteiligt, so wird falls die Beteiligten nicht etwas Gegenteiliges wollten - ein gemeinsames Werkschaffen vorliegen (§ 8 UrhG), bei dem das betriebsbereite Computer-Programm das endgültige urheberrechtsgeschützte Werk darstellt.

45

b) Das Berufungsgericht ist im wesentlichen zutreffend von den dargelegten Grundsätzen ausgegangen. Seine Annahme, das in Streit befindliche Inkasso-Programm stelle eine schöpferische Leistung (§ 2 Abs. 2 UrhG) dar, wird jedoch von den tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Dies rügt die Revision der Beklagten zu Recht.

46

aa) Das Berufungsgericht hat zur schöpferischen Gestaltungshöhe ausgeführt: Die schöpferische Leistung bei der Gestaltung des Programms sei in der Sammlung und Zuordnung des verarbeiteten Stoffs zu erkennen. Dies zeige sich in der durch das ausgedruckte Programm vermittelten Darstellung des Inkassoverfahrens, der Anordnung der erforderlichen Verfahrensschritte und der Verwertung der Daten und ihrer Zuordnung zueinander, die über die von der Rechts- und Verfahrensordnung vorgegebenen Anweisungen hinausgingen. Schon in dem vom Beklagten zu 2 erstellten Pflichtenheft werde die charakteristische Zuordnung von unterschiedlichen Dateien deutlich. Das Inkasso-Programm beschränke sich nicht lediglich auf die Abfolge der einzelnen Verfahrensabschnitte bei der Durchführung des außergerichtlichen und des gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Stammdateien, wie Gläubiger-, Schuldner- und Amtsgerichtsdatei, die für sich genommen keine Hinweise für eigenschöpferische Leistungen in der Formgestaltung erkennen ließen, würden zusammen mit anderen Bausteinen, wie der Kosten-Nutzen-Analyse (Deckungsbeitrags-Analyse), der Schuldnerstruktur-Analyse und beispielsweise einem Programm mit variablen Tarifen für verschiedene Gläubiger verbunden. Die Statistik über die eidesstattliche Versicherung verbunden mit der Möglichkeit, den Gläubigern den Vorschlag zu unterbreiten, von der Beitreibung wegen voraussichtlicher Erfolglosigkeit abzusehen, die Verwaltung der Grenzkostentabelle, mit welcher bei jedem Bearbeitungsvorgang festgestellt werden könne, ob das Inkassobüro noch kostendeckend im Rahmen der mit dem Gläubiger vereinbarten Tarife arbeite, die Kostenübersicht je Schuldner, mit welcher das Inkassobüro die Wirtschaftlichkeit seines Betriebes sowohl hinsichtlich des einzelnen Auftrages als auch insgesamt feststellen könne, die Bearbeitungskartei, mit welcher jederzeit festgestellt werden könne, welchen Bearbeitungsstand jeder Auftrag aufweise, und auch die Postleitzahl- und Gerichtsdatei, über welche aus dem Wohnsitz des Schuldners das bei einem Widerspruch zuständige Gericht ermittelt werden könne, bildeten jeweils in ihrer Kombination miteinander das das S-Inkasso-Programm der Klägerin prägende »Gewebe« individueller Leistung, dessen Form in der Darstellung eines Datenflußplans oder im Quellenprogramm ohne weiteres erkennbar würde und in Gestalt der ausgedruckten Programmlisten erkennbar gemacht worden sei. Ob auch einzelne Programmbausteine im Detail oder die Formularausdrücke die Qualität eigenschöpferischer Leistung aufwiesen und ob die Umsetzung von der Systemanalyse in das sogenannte Quellenprogramm selbst wieder von eigenschöpferischer Qualität sei, könne für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen.

47

bb) Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen indessen schon deshalb nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit aus, weil das Berufungsgericht sich im wesentlichen auf eine Beschreibung der Arbeitsvorgänge beschränkt hat, die das Inkasso-Programm der Klägerin zu leisten vermag. Die dargestellten Arbeitsvorgänge sind einem inhaltlichen Schutze nicht zugänglich. Sie können nicht für die Klägerin monopolisiert werden, sondern müssen für die Hersteller und Verwender anderer Inkasso-Programme freibleiben; zumal es sich überwiegend um Selbstverständlichkeiten des Inkassoverfahrens handelt (so u. a. die Erfassung der außergerichtlichen Mahnung, des gerichtlichen Mahnverfahrens, der Bearbeitungskartei und die Dateien). Dies hat das Berufungsgericht auch nicht verkannt und die schöpferische Leistung in der Anordnung, Zuordnung, Verbindung und Kombination der einzelnen Leistungsmerkmale gesehen. Die entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts sind indessen nur pauschal und ohne nähere Begründung getroffen worden. Es ist nicht ersichtlich, worin das Charakteristische der Anordnung und Kombination zu sehen ist. Es fehlen Feststellungen darüber, daß die Anordnung und Verbindung der einzelnen Elemente nicht durch den normalen Ablauf des Inkasso-Programms vorgegeben ist und mehr als eine bloße technisch-mechanische Aneinanderreihung darstellt; ebenso bleibt ungeklärt, wodurch sich das in Streit befindliche Inkasso-Programm von vorhandenen Inkasso-Programmen abhebt. Der Senat vermag mangels entsprechender Feststellungen nicht zu überprüfen, ob eine deutlich über dem Durchschnitt liegende schöpferische Leistung vorliegt. Aufgrund des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und daher auch vom Revisionsgericht verwertbaren Pflichtenheftes gemäß Anlage K 8, das nach dem Parteivorbringen in der Folgezeit weiterentwickelt worden sein soll, lassen sich die fehlenden Feststellungen nicht nachholen; der dort wiedergegebenen Beschreibung läßt sich eine individuelle eigenschöpferische Leistung nicht hinreichend entnehmen. Soweit das Berufungsgericht anführt, die Anordnung und Verbindung der erforderlichen Arbeitsschritte lasse sich dem ausgedruckten Programm entnehmen, ist nicht ersichtlich, welche individuellen Züge das Berufungsgericht ihm entnehmen konnte.

48

Im Hinblick auf die nur pauschale Feststellung des Berufungsgerichts, die dargestellten Leistungsmerkmale seien in schöpferischer Weise miteinander kombiniert, bestehen überdies Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des ausgesprochenen Verwertungsverbots. Denn für die Beklagten wäre nicht ersichtlich, in welcher Anordnung und Einteilung die einzelnen - inhaltlich gemeinfreien - Arbeitsschritte des Inkassoverfahrens für die Klägerin geschützt wären. Die Frage der Urheberrechtsschutzfähigkeit des S-Inkasso-Programms bedarf nach alledem weiterer tatrichterlicher Aufklärung.

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3. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche

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Eine weitere Aufklärung durch den Tatrichter wäre nur dann entbehrlich, wenn sich die Klage mit den Klageanträgen zu 1-5 gegen die Beklagten zu 1 bzw. 3 und mit dem Klageantrag zu 5 auch gegen den Beklagten zu 2 aus § 1 UWG als begründet erwiese. Zu einer solchen Prüfung sieht sich der Senat jedoch nicht in der Lage, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zur Frage eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten keine Feststellungen getroffen hat.

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4. Soweit die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verurteilung des Beklagten zu 2 aufrechtzuerhalten war (vgl. oben unter II 1), greift letztlich auch nicht die von der Revision des Beklagten zu 2 erhobene Verfahrensrüge durch, das Urteil sei nicht ordnungsgemäß verkündet worden und auch nicht der inneren Rechtskraft fähig, weil die Computer-Programme gemäß Anlagen A und C dem Urteil nicht beigeheftet gewesen seien.

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Es ist anerkannt, daß in der Urteilsformel (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) auf schwer zu beschreibende Verbotsgegenstände, wie z. B. Konstruktionszeichnungen, Bezug genommen werden kann, indem diese als Anlage zum Urteil genommen und mit ausgefertigt werden (vgl. RG GRUR 1941, 472 ff. - Streckenanzeigevorrichtung; Baumbach/Hartmann, ZPO, 43. Auflage 1985, § 313 Anm. 5).

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Im Streitfall ist in dem Urteilstenor zu I 1 hinreichend deutlich auf »Computer-Programme gemäß Anlagen A und C« Bezug genommen. Allerdings sind die ausgedruckten Computer-Programme dem Urteil nicht beigeheftet und auch nicht mit ausgefertigt worden. Dies berührt jedoch allenfalls die Vollstreckung, nicht aber die Verkündung. Das Berufungsurteil ist vorliegend wirksam gemäß § 311 Abs. 4 Satz 2 ZPO verkündet worden, indem die Verlesung der Urteilsformel durch die Bezugnahme auf die Urteilsformel - und damit auch auf die Computer-Programme gemäß den Anlagen A und C - ersetzt worden ist. Daß die genannten Computer-Programme bei der Verkündung vorgelegen haben und Bestandteil der Akten waren, wird auch von der Revision der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Die fehlende körperliche Verbindung des Urteils mit der Anlage hat auf den Bestand des Urteils keinen Einfluß und ist revisionsrechtlich unbeachtlich.