Bundesgerichtshof
Urt. v. 15.02.1985, Az.: V ZR 131/83
Klage auf zukünftige Abgabe einer Willenserklärung; Ausübung eines dinglichen Vorkaufsrechts nach Nichtannahme eines bedingten Verzichtsangebots; Rechtsmissbräuchlichkeit wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot; Vertrauensschutz im Verhältnis des Vorkaufsberechtigten zum Drittkäufer; Unschädliche Falschbezeichnung bei der dinglichen Einigung; Teilnichtigkeit bei fehlender Übereinstimmung von Einigung und Grundbucheintragung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 15.02.1985
- Aktenzeichen
- V ZR 131/83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 14873
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 22.03.1983
Rechtsgrundlagen
- § 259 ZPO
- § 563 ZPO
- § 894 Abs. 1 ZPO
- § 139 BGB
- § 242 BGB
- § 504 BGB
- § 510 Abs. 1 BGB
- § 510 Abs. 2 BGB
- § 873 Abs. 1 BGB
- § 1094 Abs. 1 BGB
- § 1098 Abs. 1 BGB
Prozessführer
Erika G., G. straße ..., G.,
Prozessgegner
1. Walter R.,
2. Gerda R.,
beide wohnhaft K., W.,
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Nimmt der Vorkaufsverpflichtete ein bedingtes Angebot des Vorkaufsberechtigten auf Verzicht auf Ausübung seines Vorkaufsrechts nicht an, so ist die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot rechtsmissbräuchlich, wenn die Einhaltung der Bedingungen vom Vorkaufsberechtigten nicht geschuldet ist.
- 2.
Wird im Grundbuch weniger eingetragen, als die Parteien nach dem Inhalt der dinglichen Einigung einander gewähren wollten, so ist nach dem entsprechend anwendbaren § 139 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zu entscheiden, ob das Recht wenigstens in dem eingetragenen Umfange entstanden ist; für den Ausnahmefall von § 139 Halbs. 2 BGB kommt es dabei auf den Willen an, den die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses - hypothetisch - gehabt hätten, wenn sie damals mit der Nichteintragung eines Teiles der gewollten Vereinbarung gerechnet hätten.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 1985
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Thumm und
die Richter Linden, Dr. Vogt, Dr. Räfle und Dr. Lambert-Lang
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. März 1983 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Durch notariellen Vertrag vom 25. Januar 1980 kauften die Beklagten von dem Bruder der Klägerin, Klaus M., das Hausgrundstück der Gemarkung W., K. (Flur ... 92), das dieser von seiner Großmutter Carolina D. erhalten hatte, zum Preise von 167.000 DM, die zur Zahlung fällig sein sollten innerhalb einer Woche nach Mitteilung des Notars, daß - u.a. - der Eigentümer des (Nachbar-)Grundstücks von seinem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch mache. Außerdem übernahmen die Beklagten das Leibgeding für Frau D. und räumten den Eltern der Klägerin, Alfred und Franziska M., sowie dem Verkäufer ein Wohnrecht auf Lebenszeit der Eltern ein. Als schuldrechtliche Vereinbarung war in Nr. XVIII vorgesehen, daß der Verkäufer Klaus M. während des Bestehens des Wohnungsrechts der Familie M. eine monatliche Entschädigung von 200 DM und während des Bestehens des Wohnungsrechts von Frau D. von 80 DM an die Beklagten zu zahlen habe.
An dem Kaufgrundstück ist im Grundbuch ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Flur-Nr. ... 94 (K.) eingetragen. Das Grundstück gehört der Klägerin. Unter dem 13. Dezember 1979 übersandte sie ihrem Bruder eine "Erklärung" folgenden Inhalts:
"Ich bin bereit, zugunsten des Kaufinteressenten Herrn R." (Beklagter zu 1) "auf mein vertragliches Vorkaufsrecht zu verzichten, sofern im notariellen Kaufvertrag nachstehende Mindestleistungen des Käufers festgehalten sind:
1.
Zahlung von mindestens DM 170.000,- auf das Bankkonto meines Bruders innerhalb von 4 Wochen nach Vertragsabschluß.2.
Einräumung eines Wohnrechts auf Lebenszeit für Herrn Alfred M. und dessen Ehefrau Franziska M. sowie der Großmutter Lina Dax und meinen Bruder Klaus M. solange eine dieser vorgenannten drei Personen am Leben ist.3.
Einräumung des notariellen Vorkaufsrechts in den Kaufvertrag mit Herrn R. zu meinen Gunsten für alle weiteren Veräußerungsfälle."
Am 29. Februar 1980 wurden jeweils als Nachtrag zum Übergabevertrag vom 13. Juli 1979 zwischen Frau D. und Klaus M. sowie zum Kaufvertrag vom 25. Januar 1980 zwischen den Beklagten und Klaus M. beurkundet, daß sich die Vertragsteile über den Erwerb des gesamten zum Haus K. gehörenden Grundes, zunächst durch Klaus M. später die Beklagten, einig gewesen seien; versehentlich sei bei der Beurkundung das Gartengrundstück Flur-Nr. ... 93 nicht als Vertragsgegenstand angegeben worden, obwohl es auch mit habe übergeben bzw. verkauft sein sollen.
Die Beklagten bezahlten im April 1980 den Kaufpreis und wurden am 19. Juni 1980 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Sie führten von Juli bis Oktober 1980 Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten an dem alten Klostergebäude durch. Die Klägerin hatte als Nachbarin am 13. Juli 1980 die entsprechenden Baupläne unterzeichnet. Dabei wurde vereinbart, daß der Beklagte zu 1 den Kaufvertrag zwischen ihm und Klaus M. der Klägerin Ende Juli/Anfang August zur Kenntnisnahme zuschicken werde, daß einige Einrichtungsgegenstände aus dem erworbenen Anwesen an die Klägerin zurückzugewähren seien, die Klägerin eine Holzlege weiter benutzen dürfe und der Beklagte zu 1 die Abdichtung der Dachstelle zwischen beiden Häusern veranlassen werde.
Die Klägerin erhielt erst Ende September 1980 von ihrem Bruder eine Abschrift des Vertrages. Sie teilte mit Schreiben ihrer Anwälte vom 6. November 1980 ihrem Bruder und den Beklagten mit, daß sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch mache.
Ihre Klage, mit der sie Auflassung des Grundstücks Flur-Nr. ... 92 und Bewilligung der Umschreibung des Eigentums sowie Herausgabe gegen Zahlung von 167.000 DM, ferner Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten mit der Entgegennahme von 167.000 DM begehrt hat, hat das Landgericht abgewiesen. Die Klägerin hat Berufung eingelegt und beantragt, die Beklagten zu verurteilen, nach Auflassung des Hausgrundstücks K. Nr. ... in W., Flurstück ... 92 der Gemarkung W., an sie, die Eintragung des Eigentumsübergangs auf sie zu bewilligen und das Anwesen Zug um Zug gegen Zahlung von 167.000 DM zu räumen und an sie herauszugeben. Die Beklagten haben ein weitergehendes Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Bauaufwendungen und Erwerbskosten geltend gemacht und für den Fall ihrer Verurteilung beantragt, der Klage nur Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises sowie weiterer 193.737,23 DM nebst Zinsen stattzugeben. Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat die Klage gemäß § 259 ZPO für zulässig, jedoch für unbegründet erachtet: Zweifelhaft sei schon, ob das Vorkaufsrecht an dem Flurstück ... 92 wirksam für die Klägerin bestellt worden sei. Frau D. habe eine Belastung nicht nur der Parzelle Flur-Nr. ... 92, sondern zugleich der Flur-Nr. ... 93 gewollt. Da hinsichtlich dieses allein gewollten und vertraglich begründeten Vorkaufsrechts der notwendige dingliche Vollzug für das Grundstück Flur-Nr. ... 93 unterblieben sei, sei ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht der Klägerin gemäß § 1094 BGB, das auch gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger von Frau D. wirksam gewesen wäre, im Ergebnis nicht entstanden. Die Ausübung eines etwaigen Vorkaufsrechts stelle sich zudem aus mehreren selbständigen Gründen als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar.
Die Revision hat Erfolg:
II.
1.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings die auf zukünftige Leistungen gerichtete Klage gemäß § 259 ZPO für zulässig gehalten, auch soweit die Klägerin nunmehr die Zustimmung zu ihrer Eintragung (§ 888 BGB) erst nach erfolgter Auflassung begehrt. Die nach § 259 ZPO für die Zukunft geforderte Leistung kann jeden Inhalt haben, folglich auch die Abgabe einer Willenserklärung. § 894 ZPO steht nicht entgegen; vielmehr bestimmt in einem solchen Fall der Titel, wann die Erklärung als abgegeben gilt (RGZ 89, 225, 231; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO 19. Aufl. § 259 Anm. I 1 und Münzberg § 894 Anm. II; vgl. RG JW 1930, 132 mit Anm. Kipp).
2.
Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen seine Entscheidung jedoch nicht, die Klägerin sei durch die Gebote von Treu und Glauben (§ 242 BGB) an der Ausübung des Vorkaufsrechts gehindert gewesen.
a)
Nicht zu beanstanden ist zwar die Auslegung des Berufungsgerichts, die Erklärung der Klägerin vom 13. Dezember 1979 habe ein Angebot enthalten, auf die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verzichten (was durch formlosen Erlaßvertrag möglich gewesen wäre: Senatsurt. v. 14. November 1956, V ZR 178/54, LM BGB § 1098 Nr. 2 = WM 1957, 554, 555 und v. 10. Juni 1966, V ZR 177/64, WM 1966, 893, 895). Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, daß jedenfalls die von der Klägerin für die Höhe und Fälligkeit des Kaufpreises aufgestellten Bedingungen in dem Kaufvertrag zwischen den Beklagten und Klaus M. vom 25. Januar 1980 nicht eingehalten worden sind. Auf die gegen die weitere Auslegung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der Revision kommt es deswegen nicht an.
b)
Das Berufungsgericht meint, die Abweichung von den Verzichtsbedingungen sei jedoch so geringfügig, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts schon deswegen als rechtsmißbräuchlich ausgeschlossen sei; denn den nicht erheblich beeinträchtigten Interessen der Klägerin stehe eine erhebliche Gefährdung und voraussichtlich schwere Beeinträchtigung der Vermögensinteressen der Beklagten gegenüber.
Das ist rechtsfehlerhaft. Zwar ist anerkannt, daß nach dem aus § 242 BGB hergeleiteten sog. Übermaßverbot bestimmte schwerwiegende Rechtsfolgen bei nur geringfügigen Vertragsverletzungen nach Treu und Glauben nicht eintreten (vgl. Senat BGHZ 88, 91, 95; Urt. v. 28. September 1984, V ZR 43/83 m.N., WM 1984, 1539, 1540 = NJW 1985, 266). So liegt der Fall hier aber nicht. Die Einhaltung der von der Klägerin geforderten "Mindest"-Bedingungen war von dem Vorkaufsverpflichteten Klaus M. nicht geschuldet; vielmehr lag es in seinem Belieben, den ihm damit angebotenen Vorteil wahrzunehmen. Bei einer solchen Fallgestaltung ist es - ähnlich wie bei einer Verfallklausel, mit der eine Partei auf einen Teil ihrer Forderungen unter der Bedingung fristgerechter Zahlung der restlichen Summe verzichtet - grundsätzlich nicht angängig, die nach dem erklärten Willen der Beteiligten an diese (aufschiebenden) Bedingungen geknüpfte Folge nach § 242 BGB trotz Ausfalls der Bedingung als eingetreten anzusehen, falls kein besonderes oder überwiegendes Interesse des Berechtigten an der Einhaltung seiner Bedingungen vorliegt (vgl. zur Verfallklausel BGH Urt. v. 19. Dezember 1979, VIII ZR 46/79, NJW 1980, 1043, 1044 und v. 8. Juli 1981, VIII ZR 247/80, NJW 1981, 2686, 2687). Bereits aus diesem Grunde stellt sich unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbots die Erklärung der Klägerin, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, nicht als Rechtsmißbrauch dar, ohne daß es noch darauf ankommt, ob der Interessenbewertung des Berufungsgerichts - etwa im Hinblick auf das von der Revision angeführte, nach Erlaß des Berufungsurteils verkündete Urteil des Senats BGHZ 87, 296 - beizutreten wäre.
c)
Das Berufungsgericht meint, im Verhältnis zu den Beklagten komme hinzu, daß die Klägerin untätig zugesehen habe, wie die Beklagten umfangreiche und kostspielige Umbau- und Sanierungsmaßnahmen an dem erworbenen Gebäude durchgeführt hätten und dort eingezogen seien; die Klägerin habe als Nachbarin die Baupläne der Beklagten am 13. Juli 1980 unterzeichnet, ohne dabei den nach Treu und Glauben gebotenen Hinweis auf die noch mögliche Ausübung ihres Vorkaufsrechts zu geben.
Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision mit Erfolg. Zwar kann die Ausübung eines Rechtes mißbräuchlich sein, wenn der Berechtigte vorher durch sein Verhalten das Vertrauen des Verpflichteten begründet hat, er werde von seinem Recht keinen Gebrauch machen (venire contra factum proprium, § 242 BGB; vgl. Senat BGHZ 44, 367, 371 und 47, 184, 189). Dies kann auch im Verhältnis des Vorkaufsberechtigten zum Drittkäufer gelten, obwohl dieser zunächst nur zum Vorkaufsverpflichteten in rechtlichen Beziehungen steht (vgl. Senatsurt. v. 10. Juni 1966, V ZR 177/64, WM 1966, 893, 895 zur einseitigen Zusage gegenüber dem Dritten, vom Vorkaufsrecht keinen Gebrauch zu machen). Daran sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Denn der Dritte hat es, ebenso wie der Vorkaufsverpflichtete (§§ 1098 Abs. 1, 510 Abs. 1 Satz 1 BGB), in der Hand, dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des Kaufvertrages alsbald mitzuteilen (§§ 1098 Abs. 1, 510 Abs. 1 Satz 2 BGB), dadurch die Ausschlußfrist des § 510 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen und auf diese Weise klare Verhältnisse zu schaffen. Das Berufungsgericht hat aber als über eine bloße Untätigkeit der Klägerin hinausgehende Umstände lediglich ihre Zustimmung zu den Umbauplänen der Beklagten am 13. Juli 1980 und die gleichzeitige Absprache über Nachbarangelegenheiten festgestellt. Mit Recht rügt die Revision, daß dadurch allein schon deshalb ein hinreichender Vertrauenstatbestand für die Beklagten nicht geschaffen worden ist, weil die Klägerin von ihnen zugleich Vorlage des Kaufvertrages verlangt und der Beklagte zu 1 die Übersendung zugesagt hat. Dies hätte um so eher zu gelten, wenn, was die Revision als übergangen rügt, die Beklagten der Klägerin bei dem Gespräch am 13. Juli 1980 zusätzlich mitgeteilt haben sollten, die von ihr gestellten Bedingungen seien alle erfüllt worden. Daß die Klägerin damals schon den Inhalt des Kaufvertrages und auch des Nachtrages dazu vom 29. Februar 1980 gekannt habe, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
3.
Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, mangels Übereinstimmung zwischen Einigung und Eintragung (§ 873 Abs. 1 BGB) sei ein Vorkaufsrecht für die Klägerin nicht entstanden, lassen schon nicht eindeutig erkennen, ob damit ein Vorkaufsrecht der Klägerin abschließend verneint werden soll. Jedenfalls halten diese Erwägungen auch in der Sache revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Richtig ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß für den Gegenstand der dinglichen Einigung der wirkliche Wille beider Vertragsparteien maßgebend ist, mag auch in den beurkundeten Erklärungen der Gegenstand der Einigung unrichtig bezeichnet sein (unschädliche "falsa demonstratio"; Senatsurt. v. 23. Juni 1967, V ZR 4/66, WM 1967, 701 und vom 25. November 1977, V ZR 102/75 m.w.N., WM 1978, 194; vgl. auch BGHZ 87, 150 [BGH 25.03.1983 - V ZR 268/81] zur falsa demonstratio beim Kaufvertrag). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatten die Klägerin und Frau D. den übereinstimmenden Willen, die beiden Flurstücke, nämlich Nr. ... 92 und Nr. ... 93, mit dem Vorkaufsrecht zu belasten. Dann aber kann ein Recht der Klägerin jedenfalls entstanden sein, soweit Einigung und Eintragung sich decken (Erman/Hagen, BGB 7. Aufl. § 873 Rdn. 22; H. Westermann, DNotZ 1958, 259, 261; vgl. auch RGZ 123, 169, 171). Wird, wie hier, im Grundbuch weniger eingetragen, als die Parteien einander gewähren wollten, so ist nach dem entsprechend anwendbaren § 139 BGB zu entscheiden, ob das Recht wenigstens in dem eingetragenen Umfange entstanden ist (MünchKomm/Wacke, BGB § 873 Rdn. 51; Staudinger/Ertl, BGB 12. Aufl. § 873 Rdn. 184). Für den Ausnahmefall von § 139 Halbs. 2 BGB kommt es dabei auf den Willen an, den die Klägerin und ihre Großmutter bei der Vereinbarung des Vorkaufsrechts - hypothetisch - gehabt hätten, wenn sie damals mit der Nichteintragung eines Teiles der gewollten Vereinbarung gerechnet hätten (Senatsurteile v. 20. Mai 1966, V ZR 214/64, LM BGB § 139 Nr. 34 und v. 27. Juli 1969, V ZR 74/66, LM BGB § 139 Nr. 43). Hierzu fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts. Es führt zwar aus, die Beteiligten hätten nicht beabsichtigt, der Klägerin ein auf das Gebäude Flurstück Nr. ... 92 gegenständlich beschränktes Vorkaufsrecht einzuräumen. Hieraus ergibt sich aber noch nicht, daß sie eine Beschränkung des Vorkaufsrechts auf die Parzelle ... 92 auch dann nicht gewollt hätten, wenn sie gewußt hätten, daß die vereinbarte Mitbelastung der Parzelle ... 93 nicht in das Grundbuch eingetragen werden würde. Die danach erforderliche Prüfung des mutmaßlichen Willens der Vertragsschließenden ist Sache des Tatrichters (Senatsurt. v. 27. Juli 1969, V ZR 74/66, LM BGB § 1198 Nr. 2/3).
4.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bei der erneuten Verhandlung wird die Klägerin Gelegenheit haben, auf ihre Bedenken zu der Feststellung des Berufungsgerichts zurückzukommen, sie und ihre Großmutter hätten den Willen gehabt, ihr ein Vorkaufsrecht an beiden Parzellen (... 92 und ... 93) zu bestellen.
Linden
Vogt
Räfle
Lambert-Lang