Bundesgerichtshof
Urt. v. 26.10.1983, Az.: 3 StR 251/83
Würdigung der Aussage eines Zeugen, der ohne Berufung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht zur Sache aussagt; Unmöglichmachung der Prüfung der Richtigkeit einer Zeugenaussage durch Verweigerung der Entnahme einer Blutprobe durch den Zeugen; Verbot, Schlüsse aus einer befugten Zeugnisverweigerung zu ziehen, ; Würdigung des Prozessverhaltens eines Zeugen; Würdigung des Aussageverhaltens einer Angeklagten ; Indizielle Bedeutung des Schweigens eines Angeklagten zu bestimmten Einzelheiten des Sachverhalts; Fehlen einer Gesamtwürdigung in den Urteilsgründen
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 26.10.1983
- Aktenzeichen
- 3 StR 251/83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 11250
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Duisburg - 14.01.1983
Rechtsgrundlagen
- § 52 StPO 1975
- § 81 c StPO 1975
- § 261 StPO 1975
- § 337 StPO 1975
- § 217 StGB
Fundstellen
- BGHSt 32, 140 - 146
- JZ 1984, 581-583
- MDR 1984, 156-157 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1984, 1829-1830 (Volltext mit amtl. LS)
- NStZ 1984, 377
- StV 1984, 54-56
Verfahrensgegenstand
Mord
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Bei der Würdigung der Aussage eines Zeugen, der ohne Berufung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO zur Sache aussagt, darf berücksichtigt werden, daß er die Prüfung der Richtigkeit seiner Aussage dadurch unmöglich gemacht hat, daß er die Entnahme einer Blutprobe unter Berufung auf sein Weigerungsrecht nach § 81 c Abs. 3 Satz 1 StPO verweigert hat.
- 2.
Die Tatsache, daß sich ein Angeklagter zu der ihm zur Last gelegten Tat zur Sache einläßt, führt nicht dazu, daß sein Schweigen zu einer früheren Tat gegen ihn gewertet werden kann, auch wenn die frühere Tat von indizieller Bedeutung für die Tat sein könnte, zu der er sich geäußert hat.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
in der Sitzung vom 26. Oktober 1983,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Schmidt,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schauenburg, Laufhütte, Dr. Gribbohm, Zschockelt als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht ... als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ... aus D. und Rechtsanwalt Dr. ... aus M. als Verteidiger,
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 14. Januar 1983 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre Revision führt auf Verfahrensrügen und auf die Sachbeschwerde zur Aufhebung des Urteils.
I.
Die Angeklagte hat am 27. Juli 1981 in der Toilette ihrer Wohnung ein lebensfähiges Mädchen geboren. Das Kind fiel, so stellt das Landgericht fest, nach dem Geburtsvorgang, den die Angeklagte bewußt miterlebte und in den Einzelheiten verfolgte, in das Becken der Toilette, auf dem sie saß. Die Angeklagte zerriß anschließend die Nabelschnur und betätigte unmittelbar danach den Druckspüler der Toilette. Das dadurch in das Toilettenbecken fließende Waaser erstickte das Kind. Der Angeklagten war nach den Feststellungen klar, daß "ihre Handlungsweise" zum Tod des Kindes, den sie "billigend in Kauf" nahm, führen würde (UA S. 36). Der Tatrichter hat die Einlassung der Angeklagten, das getötete Kind sei nicht von ihrem Ehemann gezeugt worden (UA S. 56), für widerlegt angesehen und deshalb die Anwendung von § 217 StGB - anstelle von § 211 StGB - abgelehnt. Zur Begründung seiner Auffassung, die Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen getötet, hat der Tatrichter dargelegt, daß sie "das Kind schlicht und einfach nicht" gewollt und es wie "Abfall" (UA S. 87, 88) behandelt habe.
II.
Verfahrensrügen
Die Revision macht mit Erfolg zwei Verstöße gegen § 261 StPO geltend, auf denen der Schuldspruch beruhen kann.
1.
Das Landgericht geht zutreffend davon aus, daß die Tat der Angeklagten nach § 217 StGB zu beurteilen wäre, wenn das von ihr gleich nach der Geburt getötete Kind ein "nichteheliches" im Sinne der genannten Vorschrift ist. Ob das der Fall ist, richtet sich nach der tatsächlichen Abstammung ohne Rücksicht auf den bürgerlich-rechtlichen Status (Jähnke in LK, 10. Aufl. § 217 Rdn. 4; Dreher/Tröndle, StGB 41. Aufl. § 217 Rdn. 2; Eser in Schönke/Schröder, StGB 21. Aufl. § 217 Rdn. 3; Maurach/Schröder, Strafrecht Bes. T. Teilb. 1, 6. Aufl. § 2 IV c 3 a; vgl. auch RGSt 77, 246). Ein im Ehebruch gezeugtes Kind ist deshalb - abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall, daß der Erzeuger die Mutter vor der Geburt heiratet - nicht ehelich im Sinne des § 217 StGB. Das Landgericht hat die Möglichkeit erwogen, daß das von der Angeklagten getötete Kind in diesem Sinne nicht ehelich ist. Seine Annahme, die genannte Möglichkeit sei auszuschließen (UA S. 69), beruht aber auf einer Beweiswürdigung, die rechtsfehlerhaft nicht sämtliche in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigt.
a)
Das Landgericht hat die Feststellung, der Ehemann der Angeklagten sei der Erzeuger des getöteten Kindes, auch auf dessen Aussage gestützt. Dieser Zeuge hat von dem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht und angegeben, er könne sich nicht vorstellen, daß seine Ehefrau irgendwann außereheliche Intimkontakte unterhalten habe (UA S. 69). Er hat allerdings sein Einverständnis zur Entnahme einer Blutprobe zum Nachweis der Abstammung des Kindes (§ 81 c Abs. 2 Satz 1 StPO) - gestützt auf sein ihm gemäß § 81 c Abs. 3 Satz 1 StPO aus persönlichen Gründen zustehendes Weigerungsrecht - nicht erteilt. Der Strafkammer war es deshalb nicht möglich zu prüfen, ob sein Blut die Merkmale aufweist, die das des Erzeugers - nach dem Ergebnis der Blutuntersuchungen von Mutter und Kind - notwendig aufweisen muß (UA S. 50). Der Tatrichter hat davon abgesehen, das Verhalten des Ehemannes zu würdigen, weil er der Auffassung war, es sei ihm "aus Rechtsgründen verwehrt", aus der "befugten Mitwirkungsverweigerung irgendwelche Schlüsse zu Gunsten oder zum Nachteil der Angeklagten zu ziehen" (UA S. 69).
b)
Diese Erwägung trifft nicht zu. Bei der Würdigung der Aussage eines Zeugen, der ohne Berufung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO zur Sache aussagt, darf berücksichtigt werden, daß er die Prüfung der Richtigkeit seiner Aussage dadurch unmöglich gemacht hat, daß er die Entnahme einer Blutprobe unter Berufung auf § 81 c Abs. 3 Satz 1 StPO verweigert hat.
aa)
Dem Gericht ist es grundsätzlich untersagt, aus der Zeugnisverweigerung eines Angehörigen im Sinne des § 52 StPO Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten zu ziehen (BGHSt 22, 113; BGH NJW 1980, 794; BGH MDR 1981, 157 = JR 1981, 432 mit Anm. Hanack). Entsprechendes hat für die an das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 StPO anknüpfende Weigerung eines Angehörigen zu gelten, an der Untersuchung zur Feststellung der Abstammung durch Entnahme von Blutproben mitzuwirken. Dies gilt indes nicht uneingeschränkt für die Fälle, in denen ein Zeuge in einem Strafverfahren gegen einen nahen Angehörigen von seinem Weigerungsrecht nur zum Teil Gebrauch macht.
Der Bundesgerichtshof hat sich in der in MDR 1981, 157 abgedruckten Entscheidung auf den Standpunkt gestellt, daß das Verbot, Schlüsse aus der befugten Zeugnisverweigerung zu ziehen, auch für den Fall gilt, daß der Angehörige zwar Angaben macht, die für die Beurteilung der Tatfrage ohne Bedeutung sind, sich im übrigen aber auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft. Er hat ausdrücklich offen gelassen, ob das auch dann gilt, wenn ein Angehöriger von seinem Recht, zur Tatfrage keine Angaben zu machen, zulässigerweise nur zum Teil Gebrauch macht. Die Beantwortung dieser Frage kann in Fällen nicht zweifelhaft sein, in denen ein Zeuge zu ein- und demselben Lebensvorgang teilweise Angaben macht und teilweise schweigt. In solchen Fällen wäre eine Beweiswürdigung, die nur das Ausgesprochene berücksichtigt, so einseitig, daß mit ihr die Gefahr der Verfälschung freier Beweiswürdigung verbunden wäre (Hanack JR 1981, 433). Bei solcher Fallgestaltung ist es deshalb geboten, daß der Tatrichter - wie bei der Würdigung der Einlassung des Angeklagten, der zu einem bestimmten Sachverhalt Angaben macht, die Antwort auf einzelne Fragen aber verweigert (BGHSt 20, 298) - die Weigerung des Zeugen, einzelne Fragen zu beantworten, mit in die Beweiswürdigung einbezieht (Hanack a.a.O.; Kleinknecht/Meyer, StPO 36. Aufl. § 261 Rdn. 21; KK-Hürxthal, § 261 Rdn. 44; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 23. Aufl. § 261 Rdn. 93). Entsprechendes muß gelten, wenn ein Zeuge zur Sache aussagt, die Überprüfung der Richtigkeit seiner Angaben aber verhindert, indem er die ihm mögliche und zumutbare Mitwirkung an der Überprüfung verweigert (vgl. BGHSt 20, 298, 299).
bb)
Um einen solchen Fall geht es hier. Der Zeuge hat die Entnahme einer Blutprobe verweigert, welche die von ihm in Frage gestellte Angabe der Angeklagten, das getötete Kind stamme nicht von ihm ab, hätte bestätigen können. Daß er für die Weigerung der Mitwirkung andere Gründe als die hatte, die gemäß § 81 c Abs. 3 Satz 1 StPO zum Recht der Mitwirkungsverweigerung führen, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen. Das einem Zeugen in der genannten Vorschrift gewährte Recht, die Entnahme von Blutproben in einem Strafverfahren gegen einen Angehörigen zu verweigern, beruht auf denselben Gründen, die gemäß § 52 StPO zum Recht der Zeugnisverweigerung führen. Es sichert die Rechtsposition eines Zeugen, der in einem Strafverfahren gegen einen Angehörigen nicht als Beweismittel zur Verfügung stehen will. Der Zeuge kann zwar von dem ihm in § 52 StPO und in § 81 c Abs. 3 Satz 1 StPO gewährten Recht zur Mitwirkungsverweigerung unterschiedlich Gebrauch machen. Tut er dies, so kann das aber bei der Beweiswürdigung ebensowenig unberücksichtigt bleiben wie das Verhalten eines Zeugen, der zu einem bestimmten Sachverhalt teilweise Angaben macht und teilweise schweigt. Denn anders als der Zeuge, der generell die Mitwirkung an einem Strafverfahren ablehnt, stellt er sich als Beweismittel zur Verfügung und zwingt so das Gericht, die Glaubwürdigkeit seiner Angaben zu prüfen. Die Frage, ob die Schilderung eines Zeugen zutrifft, läßt sich generell nur bei Berücksichtigung seines gesamten Verhaltens im Prozeß beantworten und nicht isoliert nur bei Wertung der Informationen, die er dem Gericht zur Verfügung stellen will.
c)
Die Strafkammer wäre deshalb nicht - wie sie meint - aus Rechtsgründen gehindert gewesen, die Weigerung des Ehemannes der Angeklagten bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Daß sie davon abgesehen hat, kann sich nachteilig für die Angeklagte ausgewirkt haben. Denn es ist nicht ohne weiteres auszuschließen, daß sie bei einer Würdigung des Prozeßverhaltens des Zeugen dessen Angabe, seine Ehefrau habe keine Intimkontakte mit anderen Männern unterhalten, in Zweifel gezogen hätte. Die Möglichkeit, daß der Ehemann befürchtet hat, das getötete Kind könne im Ehebruch gezeugt sein, daß er einen solchen Sachverhalt als für die Angeklagte schädlich angesehen und deshalb die Entnahme der Blutprobe verweigert hat, um so eine Bestätigung der Befürchtung zu verhindern, liegt nämlich nicht fern.
2.
Das Landgericht stützt seine Auffassung, die Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt, im wesentlichen auf die Feststellung, daß sie das Kind ohne einen sie entlastenden Grund "schlicht und einfach" nicht gewollt und seine Tötung daher schon lange vorher beschlossen habe (UA S. 87). Daß sie kein Kind mehr wünschte, ergibt sich nach seinen Darlegungen auch "daraus, daß sie schon das Kind aus der Schwangerschaft im Jahre 1979 nicht gewollt und es auch geschafft hat, diese Leibesfrucht zu beseitigen" (UA S. 82). Die Feststellung, daß die Angeklagte im Jahre 1979 schwanger gewesen ist, hat die Strafkammer "ausschließlich" auf die Darlegungen von Ärzten und auf verlesene Urkunden gestützt (UA S. 62). Die Angeklagte selbst hat zu der Schwangerschaft in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht (UA S. 61).
Den Abgang der Leibesfrucht aus natürlicher Ursache hat das Landgericht ausgeschlossen. Es hat dies aus dem "Aussageverhalten der Angeklagten" gefolgert, die sich "im übrigen zur Sache eingelassen" und zu diesem "Detail" geschwiegen habe (UA S. 63).
Die Würdigung des Aussageverhaltens der Angeklagten hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
a)
Ein Angeklagter ist berechtigt, zu den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu schweigen (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). Macht er von diesem Recht Gebrauch, so kann dies nicht als belastendes Indiz gewertet werden (BGHSt 20, 281 [BGH 26.10.1965 - 5 StR 515/65]; BGH bei Dallinger MDR 1971, 18). Diese Rechtslage war der Strafkammer ersichtlich bewußt. Die Berechtigung, das Schweigen der Angeklagten zu ihrem Nachteil zu werten, leitet sie daraus her, daß sich die Angeklagte teilweise zur Sache eingelassen habe.
b)
Damit wird die Strafkammer bei der hier gegebenen Sachlage dem Recht eines Angeklagten, sich nicht zur Sache einzulassen, nicht gerecht.
Er macht sich zwar zum Beweismittel, wenn er zu einem bestimmten Sachverhalt eines einheitlichen Geschehens Angaben zur Sache macht. Unterläßt er insoweit die Beantwortung bestimmter Fragen, so kann dieses Schweigen von indizieller Bedeutung sein (siehe oben Ziff. 1; vgl. auch KK-Hürxthal § 261 Rdn. 41; Kleinknecht/Meyer a.a.O. § 261 Rdn. 17). Anders ist indes die Rechtslage, wenn ein Angeklagter zu einer von mehreren selbständigen Taten schweigt. Die Tatsache, daß er sich überhaupt - zu einer Tat - zur Sache einläßt, führt nicht dazu, daß sein Schweigen zu anderen Taten indiziell gegen ihn verwertet werden kann (KK-Hürxthal, § 261 Rdn. 39; Kleinknecht/Meyer a.a.O. § 261 Rdn. 16; Meyer in Löwe/Rosenberg a.a.O. § 136 Rdn. 30; Stree JZ 1966, 593, 598; Hanack JR 1981, 433). Denn insoweit hat er sich eben nicht als ein Beweismittel zur Verfügung gestellt, sondern von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, zur Sachaufklärung nicht beizutragen.
Diese Rechtslage hängt nicht davon ab, daß wegen der verschiedenen Taten überhaupt oder im selben Verfahren Anklage erhoben worden ist. Deshalb ist es nicht als Teileinlassung zu werten, daß die Angeklagte zu dem Vorwurf der Anklage, ihr am 27. Juli 1981 geborenes Kind getötet zu haben, Stellung genommen, zu den Vorgängen, die ihre Schwangerschaft im Jahre 1979 betreffen, aber geschwiegen hat. Denn der etwaige Abbruch der Schwangerschaft aus dem Jahre 1979 stellt einen in sich abgeschlossenen Lebenssachverhalt dar, der, wenn er im Sinne der Feststellungen beweisbar wäre, nach § 218 StGB strafbar sein könnte. Zu dieser möglichen Tat hat die Angeklagte keinerlei Angaben gemacht. Es mag sein, daß die Handlungen aus dem Jahre 1979, soweit sie bewiesen sind, für sich allein konkrete Schlüsse auf die im Jahre 1981 begangene Tat zulassen. Die Tatsache, daß sich die Angeklagte zu der ihr jetzt vorgeworfenen Tat geäußert hat, führt aber nicht dazu, daß ihr Schweigen zu dem anderen Lebenssachverhalt gegen sie gewertet werden kann, selbst wenn dies von indizieller Bedeutung für die abzuurteilende Tat sein könnte. Denn bezüglich dieses Lebenssachverhalts hat sie von ihrem Recht, zur Sachaufklärung nicht beizutragen, Gebrauch gemacht (vgl. Hanack a.a.O. S. 434).
III.
Sachrüge
Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen getötet, ist nicht in einer Weise begründet, die sachlichrechtlicher Prüfung standhält.
Die Strafkammer hat ausgeführt, die Angeklagte habe das Kind getötet, weil sie es einfach nicht gewollt habe, sie habe es wie Abfall behandelt. Ersteres belegt nur den Tötungsvorsatz. Letzteres knüpft lediglich an den Tathergang an. Die in UA S. 27 und 28 getroffenen Feststellungen hätten bei der Prüfung, ob die Angeklagte aus niedrigen Beweggründen gehandelt hat, berücksichtigt werden müssen. Denn ob ein Umstand niedrig ist, muß auf Grund einer Gesamtwürdigung beurteilt werden, welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse und die Persönlichkeit des Täters einschließt (BGH MDR 1981, 509, 510; BGH Strafverteidiger 1981, 399, 400; BGH, Urteil vom 25. Mai 1983 - 3 StR 112/83). Eine solche Gesamtwürdigung fehlt in den Urteilsgründen.
Dr. Schauenburg
Laufhütte
Dr. Gribbohm
Zschockelt