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Bundesgerichtshof
Urt. v. 08.06.1983, Az.: IVa ZR 150/81

Apruch auf Auskünfte über auf eine Lebensversicherung entfallende Gewinnbeteiligung; Anspruch auf Rechenschaftslegung oder Auskunft gegen einen Lebensversicherer; Gewinnermittlung bei Versicherungsunternehmen; Auskunftspflichten eines Versicherungsunternehmens; Auskunftspflicht als Nebenpflichten aus einem Versicherungsvertrag

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
08.06.1983
Aktenzeichen
IVa ZR 150/81
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 13476
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Köln. - 14.05.1981
LG Köln - 27.02.1980

Fundstellen

  • BGHZ 87, 346 - 358
  • MDR 1983, 917 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1984, 55-57 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Kaufmann Erich N., A. J., E. C. Es. ..., L. P. de G. Ca., S.,

Prozessgegner

No. Lebensversicherungs-AG,
vertreten durch die Vorstandsmitglieder Dr. Herbert B., Hans-Georg Br., Dr. Axel H., Heinrich P., Hans Sch. und Manfred St., K.-Ad. Ufer ..., Kö.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Der Gewinnbeteiligung des Versicherungsnehmers einer Lebensversicherung liegt der im Jahresbericht des Versicherers ausgewiesene Gewinn zugrunde.

  2. b)

    Ein Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Lebensversicherer auf Einzelauskünfte über Höhe, Art der Ermittlung oder Verteilung des Gewinns besteht - abgesehen von dem Anspruch nach § 55 Abs. 3 VAG - grundsätzlich nicht. Die verantwortliche Kontrolle des Versicherers im Interesse der Versicherten ist insoweit durch den Versicherungsvertrag dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen übertragen.

Der IV a - Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Hoegen und
die Richter Rottmüller, Dr. Schmidt-Kessel, Rassow und Dr. Zopfs
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 1983
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Mai 1981 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt ist.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Februar 1980 wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Der Kläger fordert von der Beklagten Auskünfte über die auf seine Lebensversicherung entfallende Gewinnbeteiligung.

2

Im Jahre 1949 hatte der damals 20-jährige Kläger bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag (Nr.) mit einer Versicherungssumme von DM 10.000,- nach Tarif I "mit Gewinnbeteiligung in Gruppe IV" auf die Dauer von 30 Jahren ab 1. März 1949 geschlossen. Für diese Gewinnbeteiligung galten Sonderbedingungen. In ihnen heißt es u.a.:

"1.
Alle mit Anteil am Gewinn der Gesellschaft abgeschlossenen Versicherungen bilden einen Gewinnverband. Der aus der Jahresrechnung dieses Verbandes nach dem vom Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung genehmigten Geschäftsplan ermittelte Jahresüberschuß wird auf die innerhalb des Gewinnverbandes bestehenden einzelnen Gewinngruppen nach geschäftsplanmäßigen Grundsätzen verteilt.

2.

a)
Aus dem auf die Gewinngruppe IV entfallenden Anteil am Jahresüberschuß des Verbandes der Versicherungen mit Gewinnanteil wird die Gewinnrücklage gemäß dem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan gebildet. Aus dieser Gewinnrücklage wird im dritten auf das Gewinnjahr folgende Geschäftsjahr auf die an der Überschußbildung beteiligten Versicherungen, soweit sie alsdann noch in Kraft sind, der geschäftsplanmäßig festgestellte Gewinnanteil vergütet.

4.
Die Höhe der Gewinnsätze wird im Geschäftsbericht der Gesellschaft bekanntgegeben, und zwar für jede Gewinngruppe besonders.

6.
Eine Abänderung der vorstehenden Bestimmungen und eine anderweitige Verwendung der Gewinnrücklage, insbesondere zur Bestreitung außergewöhnlicher Ausgaben, kann nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde, dann aber auch mit Wirkung für alle bereits bestehenden Versicherungen erfolgen."

3

Einen entsprechenden Änderungsvorbehalt hinsichtlich der Bestimmungen über die Gewinnbeteiligung auch für bestehende Versicherungen enthält § 19 der dem Vertrag zugrunde liegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten. Dementsprechende Änderungen sind während der Laufzeit des Lebensversicherungsvertrages jeweils mit Genehmigung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (BAV) wiederholt vorgenommen worden. Die Beklagte hat dem Kläger diejenigen Gewinnanteile teils durch Verrechnung mit bestimmten Prozentsätzen (zuletzt 30 %) der jeweiligen Beiträge, teils mit der Schlußzahlung vergütet, die sich nach den jeweils geltenden Verteilungsbestimmungen aufgrund der in ihren Jährlichen Geschäftsberichten aufgeführten Posten ergaben. Dieser Gewinnbeteiligung lagen diejenigen Beträge zugrunde, die der Vorstand der Beklagten entsprechend den Jährlichen Gewinn- und Verlustrechnungen aus den Rückstellungen für die Beitragsrückerstattung dazu bestimmt hatte. Die Geschäftsberichte hat der Kläger erhalten.

4

Die Beklagte hat gegenüber dem BAV jeweils in der gesetzlich vorgeschriebenen Form Rechnung gelegt. Dieses hat dem Kläger auf dessen Eingaben mitgeteilt, es bestehe kein Anlaß, die Berechnung der Überschußbeteiligung zu beanstanden.

5

Der Kläger begehrt

Verurteilung der Beklagten zur Rechenschaft darüber, welchen der Berechnung seiner Gewinnbeteiligung aufgrund seines Lebensversicherungs-Vertrages zugrunde zu legenden Geschäftsgewinn sie in der Zeit von März 1949 bis März 1979 erzielt habe und wie er mit seiner Lebensversicherung daran beteiligt sei.

6

Er hält die kollektive Rechnungslegung in den Geschäftsberichten für unzureichend. Er bezweifelt, daß (nur) die dort ausgewiesenen Gewinne seiner Gewinnbeteiligung zugrunde zu legen seien.

7

Er meint, die Beklagte müsse - u.a. auch mit seinen Beiträgen - wesentlich höhere Gewinne erwirtschaftet haben; er sei auch an denjenigen Gewinnen der Beklagten zu beteiligen, die deren "stillen Reserven" zugeflossen seien. Über diese wirklichen Gewinne und den auf seinen Versicherungsvertrag entfallenden Anteil müsse die Beklagte ihm als Versicherungsnehmer wie einem Auftraggeber Rechnung legen.

8

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - die Beklagte verurteilt,

dem Kläger Auskunft zu folgenden, seinen Lebensversicherungsvertrag Nr. 61981 (Gewinngruppe IV) betreffenden Fragen zu erteilen, und zwar bezogen auf die für die Beitragsrückerstattungen zum 1. März 1977, 1. März 1978 und 1. März 1979 maßgeblichen Gewinnjahre 1975, 1976 und 1977:

1.
Welche betragsmäßigen Anteile aus den Jahresüberschüssen sind jeweils dem Gewinnverband zugeteilt worden, zu dem die Lebensversicherung des Klägers gehört (alter Gewinnverband "mit Gewinn")?

2.
Nach welchem bestimmten Schlüssel sind die Zuteilungen nach Ziffer 1 jeweils erfolgt?

3.
Welche Teilbeträge gemäß Ziffer 1 sind auf die Gewinn- bzw. Überschußgruppe IV entfallen?

4.
Welcher bestimmte Schlüssel hat der Zuteilung gemäß Ziffer 3 zugrunde gelegen?

5.
Auf welche bestimmten Beträge beliefen sich die (jeweiligen) jährlichen Beitragseinnahmen der Gewinngruppe IV?

6.
Sind für die Gewinnverteilung in Gewinngruppe IV nicht benötigte Beträge in die Gewinnausgleichsrücklage eingestellt worden, bejahendenfalls in welcher Höhe?

9

Von den Kosten des Rechtsstreits hat es 49/50 dem Kläger und 1/50 der Beklagten auferlegt.

10

Der Kläger begehrt mit der Revision Verurteilung der Beklagten zur Auskunft, welchen der Berechnung der Gewinnbeteiligung des Klägers aufgrund seines Lebensversicherungsvertrages zugrunde zu legenden Geschäftsgewinn sie in der Zeit von März 1949 bis März 1979 erzielt habe und wie er mit seiner Lebensversicherung daran beteiligt sei.

11

Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des in vollem Umfange die Klage abweisenden Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe

12

I.

1.

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rechenschaftslegung oder Auskunft der Beklagten über deren Geschäftsgewinn verneint, soweit die Rechenschaft nicht in den dem Kläger vorliegenden Geschäftsberichten enthalten ist. Es hat ausgeführt: Weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz ergebe sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch. Er könne auch nicht aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden. Eine Rechnungslegung im Sinne von § 259 Abs. 1 BGB gegenüber jedem einzelnen Versicherungsnehmer und bei der Überprüfung des Jahresabschlusses durch viele Versicherungsnehmer und ihre Gutachter seien auch technisch gar nicht durchführbar; das sei dem Versicherungsnehmer bei Abschluß des Vertrages bekannt. Zwischen den Parteien bestehe entgegen der Ansicht des Klägers auch kein Geschäftsbesorgungsverhältnis, sondern (lediglich) ein Versicherungsvertrag, Die Beklagte habe den Geschäftsgewinn ihres Unternehmens ermittelt und ihre Geschäftsberichte mitgeteilt. Daraus seien die Rückstellungen für die Gewinnbeteiligung der Versicherungsnehmer gebildet und nach den Erläuterungen der Beklagten, denen der Kläger nicht widersprochen habe, entsprechend den geschäftsplanmäßigen Regelungen auf die einzelnen Vertragstarife aufgeteilt worden.

13

Diese Ausführungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

14

2.

Mit Recht hat das Berufungsgericht allein auf den Gewinn der Beklagten abgestellt, der sich aus den Jahresberichten gemäß § 55 VAG (Geschäftsberichten im Sinne von §§ 148, 160 AktG) der Beklagten ergibt. Allein auf den so ermittelten Gewinn stellt das Gesetz ab; die insoweit maßgebende Bestimmung des § 56 a VAG steht im gleichen Abschnitt IV dieses Gesetzes wie dessen § 55, der den Rechnungsabschluß und damit die Gewinnermittlung von Versicherungsunternehmen regelt. Auch die Sonderbedingungen für die Gewinnbeteiligung in Gruppe IV, die bei Vertragsschluß dem Lebensversicherungsvertrag zugrunde gelegt wurden, stellen ausdrücklich auf denjenigen Gewinn ab, der sich aus der Jahresrechnung des Gewinnverbandes ergibt. Schon daraus folgt, daß - entgegen der Ansicht des Klägers - kein auf andere Weise ermittelter Gewinn als Grundlage für vertragliche Gewinnbeteiligungsansprüche in Betracht kommt.

15

Die Höhe der Jährlichen Gewinne hat die Beklagte dem Kläger nach der Feststellung des Berufungsgerichts durch Übermittlung der Geschäftsberichte gemäß § 55 Abs. 3 VAG mitgeteilt.

16

Weitere Auskünfte über die Höhe oder die Art der Ermittlung dieses Gewinns brauchte die Beklagte dem Kläger nicht zu geben. Die Art der Gewinnermittlung ergibt sich aus dem Gesetz (§ 55 VAG i.V. mit den aufgrund dieser Vorschrift - Jetzt dessen Abs. 2 a - erlassenen Vorschriften). Daß diese Bestimmungen bei der Aufstellung des Geschäftsberichtes etwa nicht beachtet worden wären, hat der Kläger nicht behauptet.

17

3.

Einen Anspruch des Klägers auf zusätzliche Auskünfte über die Höhe des Gewinns der Beklagten und die Art seiner Ermittlung hat das Berufungsgericht mit Recht verneint, Ein solcher Anspruch ergäbe sich nur dann aus § 242 BGB, wenn der Kläger andernfalls Ansprüche auf Gewinnbeteiligung nicht oder nur unzumutbar schwer durchsetzen könnte, weil er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seiner Rechte im Ungewissen, die Beklagte aber in der Lage wäre, die verlangte Auskunft unschwer zu erteilen (BGH in ständiger Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 7.5.1980 - VIII ZR 120/79 LM BGB § 260 Nr. 22 m.w.N.). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Alle Auskünfte, die der Kläger über die Höhe des für seine Gewinnbeteiligung maßgebenden Gewinns der Beklagten benötigt, kann er ohne Schwierigkeiten aus den Geschäftsberichten der Beklagten entnehmen. Ansprüche auf Beteiligung an einem anders - etwa unter Hinzurechnung stiller Reserven - ermittelten, nach seiner Vermutung höheren Gewinns hat der Kläger nicht. Deshalb steht ihm auch nicht nach Treu und Glauben ein Anspruch auf Auskünfte zur Durchsetzung solcher vermeintlicher Ansprüche zu.

18

4.

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob im Rahmen einer Lebensversicherung mit Gewinnbeteiligung des Versicherungsnehmers der Versicherer hinsichtlich der Nutzung der aus Sicherheitsgründen vorsorglich hoch bemessenen, später voraussichtlich über die Gewinnbeteiligung zurückzugewährenden Prämienanteile eine Stellung hat, die dem Beauftragten eines Geschäftsbesorgungsvertrages oder einem Geschäftsführer ohne Auftrag zumindest rechtlich ähnlich ist. Die umstrittenen weitergehenden Auskunftspflichten ergäben sich nämlich auch nicht aus §§ 666, 681 BGB. Die erforderlichen Auskünfte und diejenige Rechenschaft über die Höhe des Gewinns der Beklagten, an welchen der Kläger als Versicherungsnehmer allein ein berechtigtes Interesse haben kann, sind - wie oben ausgeführt - in den Geschäftsberichten enthalten. Eine weitergehende Rechnungslegung durch die Beklagte gegenüber jedem einzelnen Versicherungsnehmer würde zu einem dem Interesse aller Versicherungsnehmer widersprechenden Aufwand führen, ohne einem rechtlichen Interesse des Klägers zu dienen. Das wäre mit Treu und Glauben unvereinbar.

19

II.

1.

Das Berufungsgericht hat dem Kläger Ansprüche auf die in seinem Urteilsspruch bezeichneten Einzelauskünfte für die Gewinne der Jahre 1975 bis 1977 zuerkannt. Es hat ausgeführt: Da der Prozentsatz der Beitragsrückerstattung (zuletzt 30 %) von der Beklagten einseitig unter Anknüpfung an andere Faktoren festgesetzt worden sei, bestehe ein Interesse des Klägers an einer Unterrichtung über diese Umstände. Nur dann könne der Kläger beurteilen oder zumindest abschätzen, ob die Beklagte die von ihr selbst aufgestellten Richtlinien (nämlich die - aufsichtsamtlich genehmigten - Änderungen ihres Gewinnverteilungsplanes, insbesondere gemäß ihrer Eingabe vom 15. Juni 1954 an das BAV) eingehalten habe. Es entspreche nicht einem auf dem Vertrauen des Versicherungsnehmers aufbauenden Vertragsverhältnis, wenn seine Rechtsstellung für ihn weitgehend undurchschaubar sei. Es sei nicht bekannt und dem Kläger mitzuteilen, nach welchem Schlüssel dem alten Gewinnverband "mit Gewinn" ein Teil des Jahresüberschusses zugewiesen worden sei und um welchen Betrag es sich gehandelt habe. Dasselbe gelte für den Verteilungsschlüssel und den Betrag für die Aufteilung innerhalb des Gewinnverbandes. Die Beklagte könne insbesondere nicht etwa auf die Prüfung des Jahresabschlusses durch das BAV verweisen. Ohne die Erteilung der Auskünfte sei der Kläger nicht in der Lage, die Berechnung und Festsetzung der Prozentsätze und Beträge seitens der Beklagten nachzuvollziehen und die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Ansprüche zu überprüfen oder auch nur in groben Umrissen zu beurteilen.

20

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

21

2.

a)

Auch die vom Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche auf Teilauskünfte ergäben sich allenfalls als Nebenpflichten gemäß § 242 BGB aus dem Versicherungsvertrag, wenn der Kläger ohne solche Auskünfte Gewinnbeteiligungsansprüche nicht oder nur unzumutbar schwer geltend machen könnte (vgl. oben I 3). Sie setzen somit voraus, daß dem Kläger möglicherweise solche Ansprüche gegen die Beklagten zustehen. Das ist jedoch nicht der Fall.

22

b)

Der Lebensversicherungsvertrag legt die Höhe der Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Gewinnbeteiligung nicht fest. Eine solche Festlegung wäre auch nicht möglich, ohne den Zweck der vorsorglich hohen Bemessung der Prämien zu gefährden. Der Versicherungsnehmer muß vielmehr im ungünstigsten Falle mit der Möglichkeit rechnen, nur die fest vereinbarte Versicherungsleistung, aber keine Gewinnbeteiligung zu erhalten, wenn der Versicherer keine verteilungsfähigen Gewinne erzielt.

23

c)

Die Verpflichtung der Beklagten, 90 % des Bruttogewinnes für die Überschußbeteiligung der Versicherten zurückzustellen, ergibt sich aus ihrer geschäftsplanmäßigen Erklärung gegenüber dem BAV. Diese Verpflichtung hat sie unstreitig erfüllt. Daraus folgt jedoch nicht die Verpflichtung der Beklagten, diese Rückstellungen auch im laufenden oder einem bestimmten folgenden Geschäftsjahr in voller Höhe an die Versicherten auszuschütten. Andererseits wird die Gewinnausschüttung an die Versicherten auch nicht auf die in dem betreffenden Jahr zurückgestellten Gewinnanteile beschränkt.

24

d)

Über die Höhe der jährlichen Ausschüttungen hat nach § 55 VAG, § 148 AktG der Vorstand der Beklagten zu entscheiden. Es liegt in der Natur des Geschäftes eines Lebensversicherungsunternehmens, daß dessen Vorstand bei seiner Entscheidung auch auf eine gewisse Stetigkeit der Höhe solcher Ausschüttungen über mehrere Geschäftsjahre hinweg achten kann und im Interesse sowohl der Versicherten als auch - worauf die Revision der Beklagten zutreffend hinweist - der Transparenz des Wettbewerbes mit anderen Versicherungsunternehmen achten wird (vgl. dazu Vogel/Lehmann, Die Überschußbeteiligung in der Lebensversicherung, VerBAV 1982, 328, 332). Es handelt sich dabei um eine unternehmerische Entscheidung, welche der Kläger als Versicherungsnehmer grundsätzlich hinnehmen muß. Ein Gegengewicht gegenüber der für den Vorstand eines Versicherungsunternehmens etwa bestehenden Versuchung, die Rückstellungen zweckwidrig in unangemessener Höhe zu horten, besteht nicht nur in der Aufsicht durch das BAV, sondern auch im Wettbewerb der Versicherungsunternehmen. Denn gerade die Höhe und Stetigkeit der an die Versicherten ausgeschütteten Überschußanteile stellt ein wesentliches Argument in der Werbung und damit einen entscheidenden Gesichtspunkt für die Geschäftsführung jedes Versicherungsunternehmens dar (vgl. Vogel/Lehmann aaO). Insoweit gehen die Interessen der Aktionäre, die hinsichtlich der Höhe der Rückstellungen für die Überschußbeteiligungen an die Versicherten deren Interessen entgegenstehen (vgl. § 56 a Satz 2 VAG), in die gleiche Richtung wie die der Versicherungsnehmer.

25

Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dem einzelnen Versicherungsnehmer dennoch ausnahmsweise (etwa wegen eines Mißbrauchs des unternehmerischen Entscheidungsrechts des Vorstandes zu Lasten der Versicherungsnehmer) ein Anspruch gegen den Versicherer zustehen könnte, einen höheren Gewinnanteil auszuschütten. Wenn der Kläger etwa derartige Ansprüche erheben wollte, brauchte er dazu weder die vom Berufungsgericht zugesprochenen noch andere Einzelauskünfte. Insoweit kommt es allein auf das Verhältnis der Höhe der bestehenden Rückstellungen für die Gewinnausschüttung zu den tatsächlichen Ausschüttungen an. Diese Auskünfte kann der Kläger vollständig den Geschäftsberichten der Beklagten entnehmen.

26

e)

Die vom Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche auf Einzelauskünfte betreffen denn auch nicht die Höhe des globalen Ausschüttungsbetrages, sondern innerhalb dessen die Zuteilung von Mitteln auf den Gewinnverband, dem die Lebensversicherung des Klägers angehört.

27

Diese interne Verteilung des ausgeschütteten Gewinns ist durch die Sonderbedingungen des vorliegenden Vertrages und den Geschäftsplan der Beklagten geregelt. Diese Bedingungen und die entsprechenden Teile ihres Geschäftsplanes und seiner aufsichtsamtlich genehmigten Änderungen während der Vertragszeit hat die Beklagte in den Vorinstanzen zu den Gerichtsakten übergeben. Unstreitig hat das BAV auf Eingaben des Klägers die Abrechnung der Beklagten hinsichtlich der auf den Vertrag des Klägers entfallenden Gewinnbeteiligung und damit die Einhaltung des Geschäftsplanes geprüft und nicht beanstandet.

28

f)

Über die Kontrolle durch das BAV aufgrund der diesem gegenüber bestehenden umfassenden Rechenschafts- und Auskunftspflicht des Versicherers hinaus hat der einzelne Versicherte keinen individuellen Anspruch gegen den Versicherer auf Auskunft über die Zuteilung ausgeschütteter Gewinnbeteiligungen auf den betreffenden Gewinnverband und den eigenen Versicherungsvertrag. Ein auf § 242 BGB gestützter derartiger Auskunftsanspruch setzte nämlich voraus, daß der Wortlaut des Vertrages insoweit nach Treu und Glauben auszufüllen oder zu ergänzen wäre. Hier haben die Parteien jedoch eine derartige Auskunftspflicht in anderer Weise vertraglich geregelt.

29

In den verschiedenen Verweisungen auf die Geschäftspläne der Beklagten und deren notwendige Genehmigung durch das BAV, wie sie sowohl in den dem vorliegenden Vertrag zugrunde liegenden Sonderbedingungen als auch in den AVB der Beklagten enthalten sind, liegt zugleich die vertragliche Bestimmung dieser Behörde als Kontrollinstanz und Auskunftsempfänger zugunsten aller Versicherter gegenüber den Versicherern (so auch Lorenz, Die Auskunftsansprüche des Versicherten zur Überschußbeteiligung in der Lebensversicherung, Bd. 22 der Veröffentlichungen des Instituts für Versicherungswissenschaft der Universität Mannheim, S. 35). Gerade dieses Ergebnis folgt aus einer am Grundsatz von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 157, 242 BGB), aber auch an der besonderen Eigenart des Versicherungsverhältnisses orientierten Auslegung des Vertrages und der Art der Erfüllung der gegenseitigen Pflichten der Vertragspartner.

30

Es liegt nämlich auf der Hand, daß eine Einzelauskunft des Versicherers, die naturgemäß erst nach Aufstellung des Geschäftsplans erfolgen könnte, dem Versicherten nichts mehr nützen würde. Aus ihr könnte sich nämlich schon deshalb kein höherer Anspruch auf Zuweisung von Gewinnanteilen an diesen Versicherten ergeben, weil derartige Ansprüche zu Lasten der Verträge anderer Versicherter oder aber zu Lasten der wirtschaftlichen Substanz des Versicherungsunternehmens gehen müßten. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, daß infolge der Pflicht des Versicherers zur Gleichbehandlung etwa bestehende höhere Ansprüche auf Gewinnbeteiligung allen gleichartigen Versicherungsverträgen des gleichen Gewinnverbandes zugute kommen müßten. Die wirtschaftlichen Auswirkungen wären dadurch weit höher als der im Fall des einzelnen Vertrages umstrittene Betrag.

31

Für Eingriffe in andere Versicherungsverträge, insbesondere für Ansprüche des Versicherers auf Rückzahlung bereits zugewiesener Gewinnanteile, bestände keine rechtliche Grundlage. Eingriffe in die wirtschaftliche Substanz des Versicherungsunternehmens selbst würden aber dessen Sicherheit und damit die Interessen aller Versicherten gefährden. Sie würden zudem der Überprüfung des Geschäftsberichts durch das BAV rückwirkend die Grundlage entziehen. Das stände dem Zweck aller bei diesem Versicherer bestehenden Verträge entgegen und wäre schon deshalb mit Treu und Glauben unvereinbar.

32

Die Kontrolle im Interesse der Versicherten und in deren Rahmen die Entgegennahme der notwendigen Auskünfte des Versicherers kann deshalb in sinnvoller und wirksamer Weise nur durch das BAV im Rahmen seiner allgemeinen Überwachungspflicht ausgeübt werden. Das ist auch erkennbar die Grundlage des Versicherungsvertrages. Das BAV ist die geeignete und besonders sachkundige Kontrollinstanz, die aufgrund Amtspflicht die wohlverstandenen Interessen aller Versicherten gegenüber dem Versicherer verantwortlich zu wahren hat. Es ist andererseits neutral gegenüber den verschiedenen Versicherten und den aus ihren Verträgen gebildeten Gewinnverbänden, die jeweils ein Interesse an der Ausschüttung eines möglichst hohen Gewinnanteiles zu Lasten anderer Versicherter haben können. Zudem kann und muß der Versicherer gegenüber dem BAV auch Auskünfte über solche wirtschaftlichen Daten geben, die er aus Gründen des Wettbewerbs nicht offenlegen könnte und über die er deshalb auch ohne Gefährdung berechtigter eigener Interessen dem einzelnen Versicherten nicht Auskunft zu erteilen brauchte.

33

g)

Der Kläger hat seinerseits nichts dafür vorgetragen, daß die Beklagte den Geschäftsplan hinsichtlich seiner Versicherung nicht eingehalten hätte. Er hat aber auch nicht etwa die Hauptsache nach Vorlage der Geschäftspläne für erledigt erklärt. Ihm geht es demnach offenbar nicht um die Einhaltung der Geschäftspläne, sondern - abgesehen von der Höhe der Gewinne der Beklagten und der Höhe der Ausschüttungen aus den Rückstellungen für die Gewinnbeteiligung - allenfalls um die Geschäftspläne selbst.

34

Die Gewinnbeteiligung als Teil des Geschäftsplanes der Beklagten kann der Kläger aber nicht angreifen und auch nicht aus solchen Angriffen höhere Gewinnbeteiligungsansprüche herleiten. Diese Regeln waren von vornherein als "Sonderbedingungen" Bestandteil seines Versicherungsvertrages. Das gilt nach ihrer Ziffer 6 auch für die späteren aufsichtsamtlich genehmigten Änderungen. Der Kläger ist daran ebenso gebunden wie die Beklagte.

35

Kann der Kläger aber keinesfalls über die geschäftsplanmäßig geregelten Gewinnbeteiligungen hinaus Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen, so steht ihm auch kein auf § 242 BGB gestützter Anspruch auf Auskünfte zu, der allein der Durchsetzung solcher Ansprüche dienen könnte.

36

III.

Die von der Revision des Klägers erhobenen Verfahrensrügen zu §§ 139, 282 und 286 ZPO hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).

37

IV.

Nach allem erweist sich die Revision des Klägers als unbegründet. Dagegen ist auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt ist, und - da keine weiteren tatsächlichen Feststellungen in Betracht kommen und der Rechtsstreit zur Entscheidung reif ist - das klageabweisende Urteil des Landgerichts in vollem Umfange wiederherzustellen. Auf die von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen kommt es deshalb für die Entscheidung nicht an.

Dr. Hoegen
Rottmüller
Dr. Schmidt-Kessel
Rassow
Dr. Zopfs