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Bundesgerichtshof
Urt. v. 02.05.1983, Az.: II ZR 148/82

Klage der Söhne des Erblassers gegen die Partnerin der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Vater auf Zahlung von Ausgleichsanprüchen; Gemeinsames Ansparen von Geld, Gewährung von Baudarlehen, Hilfe bei der Errichtung des gemeinsamen Hauses zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als erbrechtsrelevante Positionen; Voraussetzungen für die Annahme einer Innengesellschaft durch vermögensrechtliche Dispositionen der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft; Auslegung des vorgetragenen Sachverhalts durch das Revisionsgericht im Einzelnen; Finanzielle Auseinandersetzung bei Auflösung einer Innengesellschaft

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
02.05.1983
Aktenzeichen
II ZR 148/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 12159
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstelle

  • NJW 1983, 2375-2376 (Volltext mit red. LS)

Prozessführer

Frau Barbara S..., B... ..., D...

Prozessgegner

Gebrüder Dieter und Rolf S..., K... Straße ..., O...

Redaktioneller Leitsatz

Der Umstand, dass ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem anderen bei dessen Vermögensbildung durch Arbeit und sonstige Zuwendungen hilft, reicht allein nicht aus, um eine sogenannte Innengesellschaft zum Zwecke der Vermögensbildung anzunehmen. Erforderlich ist dabei die Absicht, mit dem Erwerb ein Werk zu schaffen, das von den Partnern nicht nur gemeinsam benutzt, sondern auch ihnen gemeinsam gehören soll.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 1983
durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. h.c. Stimpel und
die Richter Dr. Schulze, Dr. Kellermann, Bundschuh und Brandes
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 1982 und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 13. August 1981 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Beklagte verurteilt worden ist, in die Verwertung des Grundstücks D..., B... ..., einzuwilligen.

In diesem Umfange wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen 11/14 der Kosten des ersten Rechtszuges, 10/13 der Kosten des Berufungsverfahrens und 7/8 der Kosten des Revisionsverfahrens. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Tatbestand

1

Die Kläger sind die Söhne und Erben des am 28. Februar 1975 verstorbenen Schlossermeisters Otto S.... Sie streiten mit der Beklagten über die Auseinandersetzung vermögensrechtlicher Beziehungen, die zwischen ihr und dem Erblasser bestanden haben sollen.

2

Die Beklagte kam im April 1969 mit ihrem im Jahre 1957 geborenen Sohn Ernst aus russischer Internierung in die Bundesrepublik Deutschland und zog hier alsbald zum Erblasser. Dieser lebte schon damals von seiner Ehefrau getrennt und wurde später von ihr geschieden. Die Beklagte führte ihm den Haushalt, arbeitete als Krankenschwester und bezog für sich und ihren Sohn Renten und Entschädigungen wegen ihrer und der Internierung ihres verstorbenen Ehemannes. Außerdem will sie aus dem Nachlaß ihrer Eltern 13.600 DM erhalten haben. Soweit sie ihre und ihres Sohnes Einkünfte zum Lebensunterhalt in der eheähnlichen Lebensgemeinschaft, die sie mit dem Erblasser fortan führte, nicht benötigte, sammelte sie sie auf einem Sparkonto. Im Oktober 1970 kaufte sie das Grundstück D..., B.... Darauf errichtete sie in den Jahren 1972/73 ein Zweifamilienhaus. Dabei half ihr der Erblasser, indem er zwei Bausparguthaben im Betrage von insgesamt etwa 12.000 DM zur Verfügung stellte, selbst am Bau mitarbeitete und seine Söhne - wovon für die Revisionsinstanz auszugehen ist - unentgeltlich die Elektroinstallationsarbeiten ausführen ließ. Nachdem die Beklagte und der Erblasser in das neue Haus gezogen waren, übertrug der Erblasser durch Vertrag vom 21. Dezember 1973 sein eigenes Haus im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Kläger. Damit wurde das lebenslängliche unentgeltliche Wohnrecht gegenstandslos, das er am 14. Dezember 1970 testamentarisch der Beklagten eingeräumt hatte. Stattdessen vermachte nunmehr die Beklagte ihm selbst testamentarisch ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an ihrem Hause. Das ist nach ihrer Darstellung die Gegenleistung für seine Hilfe beim Hausbau gewesen.

3

Die Kläger wollen die von ihnen durchgeführten Elektroinstallationsarbeiten im Werte von angeblich 12.899,09 DM seinerzeit nur deshalb nicht in Rechnung gestellt haben, weil sie geglaubt hätten, das Haus gehöre ihrem Vater und darum eines Tages ihnen selbst. Sie machen geltend, zwischen dem Erblasser und der Beklagten habe hinsichtlich des Hauses eine Innengesellschaft bestanden. Diese sei nunmehr auseinanderzusetzen. Dazu müsse zunächst die Beklagte in die Verwertung des Grundstücks einwilligen. Außerdem haben die Kläger die Zahlung von 6.077,75 DM verlangt, die die Beklagte nach dem Tode des Erblassers von dessen Girokonto abgehoben hat, und die Zahlung des Kaufpreises, den sie für den Personenkraftwagen erzielt hat, mit dem der Erblasser verunglückt war.

4

Die Beklagte hat die Zahlungsansprüche zum Teil bestritten und im übrigen gegen sie mit einer Forderung von 17.000 DM aufgerechnet, die sie daraus herleitet, daß sie dem Erblasser zur Anschaffung des Fahrzeugs diesen Betrag von ihrem Sparguthaben zur Verfügung gestellt hat. Sie behauptet, dies sei nur darlehnsweise geschehen. In Höhe von 8.500 DM hat sie ihre - angebliche - Darlehnsforderung mit der Widerklage geltend gemacht.

5

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, in die Verwertung des Grundstücks einzuwilligen sowie den von dem Girokonto abgehobenen Betrag und die Hälfte des Erlöses für das beschädigte Fahrzeug an die Kläger zu zahlen. Die weitergehende Zahlungsklage und die Widerklage hat es abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Zahlungsklage auch wegen der Hälfte des Verkaufserlöses abgewiesen, im übrigen aber die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

6

Der Senat hat die von der Beklagten in vollem Umfange eingelegte Revision nur insoweit angenommen, als die Vorinstanzen sie verurteilt haben, in die Verwertung ihres Grundstücks einzuwilligen. Insoweit verfolgt die Beklagte mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist, soweit der Senat sie angenommen hat, begründet.

8

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Erblasser und die Beklagte hätten schon alsbald nach Beginn ihres Zusammenlebens damit begonnen, ihre Einkünfte, soweit sie sie nicht zum laufenden Unterhalt benötigt hätten, auf einem Konto der Beklagten anzusparen. Der Erblasser habe sodann seine Bausparguthaben und die daraus fließenden Ansprüche auf die Gewährung von Baudarlehen für den Hausbau zur Verfügung gestellt, habe in erheblichem Umfange bei der Errichtung des Hauses mitgeholfen und sogar die Kläger mit der Erklärung, der Hausbau liege auch in ihrem Interesse, veranlaßt, die Elektroinstallationsarbeiten zu verrichten. Nach der Baufinanzierung hätten beide Partner weiterhin ihre für den Lebensunterhalt nicht benötigten Einkünfte auf das Sparkonto der Beklagten eingezahlt. Sie seien auch offenbar davon ausgegangen, daß das Guthaben Jedenfalls teilweise gemeinsames Vermögen darstelle. Dem entspreche es, daß sie den Pkw des Erblassers gleichfalls davon bezahlt hätten.

9

Daraus hat das Berufungsgericht auf einen "Zusammenschluß" des Erblassers und der Beklagten "zum Zwecke der Vermögensbildung" geschlossen, auf eine stillschweigende Vereinbarung, wonach ihnen alle Vermögenswerte, die einer von ihnen erwürbe, nach Maßgabe ihrer beiderseitigen Beiträge im Innenverhältnis gemeinschaftlich gehören sollten. Für eine solche, den gesamten Vermögenserwerb der Partner umfassende gesellschaftsrechtliche Vereinbarung fehlt es jedoch an einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage. Der Umstand allein, daß ein Partner dem anderen bei dessen Vermögensbildung durch Arbeit und sonstige Zuwendungen hilft, reicht dafür nicht aus, weil es in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft auf Grund der persönlichen Beziehungen, die auch das wirtschaftliche Handeln der Partner zu bestimmen pflegen, nicht ungewöhnlich ist, daß sie sich selbst bei der Schaffung von Werten gegenseitig unterstützen, ohne dafür eigene Vorteile zu erwarten.

10

Es kann sich daher in der Regel - und so auch hier - nur fragen, ob die Partner in Bezug auf einen bestimmten Vermögensgegenstand die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb einen Wert zu schaffen, der nicht nur gemeinsam von ihnen benutzt werden würde, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte. Das läßt sich jedoch von dem Grundstück nicht ohne weiteres sagen, auch wenn der Erblasser zum Erwerb und zur Bebauung in erheblichem Umfange beigetragen haben mag. Gegen die Vorstellung der Partner, insoweit einen gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, spricht grundsätzlich, daß die Beklagte, obwohl sie im Herbst 1970 schon mehr als ein Jahr mit dem Erblasser lebte, das Grundstück - offenbar mit seiner Billigung - in Bebauungsabsicht zu Alleineigentum erworben hat. Das könnte zwar seinen Grund in dem vom Berufungsgericht angenommenen Interesse des Erblassers gehabt haben, sein Vermögen dem Zugriff seiner früheren Ehefrau oder der Sozialbehörde zu entziehen. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, daß ein Dritter auch den Anspruch aus seiner Innenbeteiligung hätte pfänden können. Allerdings könnten die Partner dies übersehen oder sich damit begnügt haben, den Vermögenserwerb des Erblassers wenigstens nicht nach außen in Erscheinung treten zu lassen. Es ist aber weiter zu beachten, daß die Beklagte dem Erblasser testamentarisch ein lebenslängliches Wohnrecht eingeräumt und zum Ausdruck gebracht hatte, dies solle unwiderruflich sein. Das weist, auch wenn der Erblasser im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Lebensgemeinschaft kaum Rechtsschutz genossen haben würde, eher auf die Vorstellung der Partner hin, der Sohn der Beklagten solle das Grundstück erben, der Erblasser es aber zeitlebens als Partner und beim Vorversterben der Beklagten als Wohnrechtsinhaber nutzen können. Soweit das Berufungsgericht erwägt, es würde nur schwer verständlich sein, daß der Erblasser, wäre er nicht im Innenverhältnis beteiligt worden, es für gerechtfertigt gehalten hätte, Vermögen seiner Söhne - die von ihm zu ihren Gunsten angesammelten Bausparguthaben - für das Haus zu verwenden, macht die Revision zutreffend geltend, die Fertigstellung des Hauses sei die Voraussetzung dafür gewesen, daß der Erblasser seinen Söhnen sein eigenes Grundstück - frei von dem der Beklagten durch Testament vom 14. Dezember 1970 eingeräumten lebenslänglichen Wohnrecht - habe übertragen können.

11

Ohne eine eingehende Auseinandersetzung mit diesen Gesichtspunkten, die nur dem Tatrichter möglich wäre, ist die Annahme einer Innengesellschaft hinsichtlich des Grundstücks nicht haltbar. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es jedoch nicht; denn die Verpflichtung der Beklagten, in die Verwertung des Grundstücks einzuwilligen, könnte selbst dann nicht festgestellt werden, wenn der Erblasser im Innenverhältnis daran beteiligt gewesen wäre.

12

Bei Auflösung einer Innengesellschaft braucht der Vermögensinhaber den anderen Beteiligten in der Regel nur in Geld abzufinden (vgl. die Urteile des Bundesgerichtshofes vom 14.7.1960 - II ZR 188/58 = WM 1960, 1121 unter III; vom 8.3.1966 - V ZR 32/64 = WM 1966, 639 unter II 2; vom 18.6.1973 - II ZR 99/70 = WM 1973, 1242, 1243 rechts). Im Einzelfalle mag zwar die Auslegung des Gesellschaftsvertrages ergeben, der Vermögensinhaber habe bei Auflösung der Innengesellschaft dem Mitgesellschafter in Höhe des diesem wirtschaftlich zustehenden Anteils das Miteigentum einzuräumen oder das Grundstück zum Zwecke der Auseinandersetzung zu verkaufen. Dafür gibt es jedoch im vorliegenden Falle keinen Anhaltspunkt. Vor allem hätte aber, worauf die Revision zutreffend hinweist, eine Vereinbarung, die die Beklagte verpflichtet hätte, das Grundstück zum Zwecke der Verwertung zu veräußern, zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung gemäß § 313 BGB bedurft (vgl. BGH Urt. v. 9.10.1974 - IV ZR 164/73 = WM 1974, 1162, 1164). Jedenfalls hieran scheitert die Klage.

13

Danach muß diese, soweit sie auf die Verwertung des Grundstücks gerichtet ist, abgewiesen werden, auch wenn man den Leistungsantrag mangels genügender Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. BGH Urt. v. 25.5.1959 - II ZR 115/58 = LM ZPO § 253 Nr. 21 unter IV 2) in einen Feststellungsantrag umdeutet.

14

Bei der Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, daß die Kläger zum größten Teil unterlegen sind, das Maß ihres Unterliegens im Verhältnis zum Unterliegen der Beklagten in den drei Instanzen jedoch verschieden groß gewesen ist.