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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.03.1983, Az.: IVb ZR 371/81

Voraussetzungen für die Annahme eines "Härtefalls" im Sinne des § 1579 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); Suspension der Härtefallklausel des § 1579 Abs. 1 BGB durch Abs. 2 der Vorschrift; Zugehörigkeit eines angemessenen Krankenversicherungsschutzes zum allgemeinen Lebensbedarf; Umfang der Erwerbsobliegenheit der Mutter eines Kleinkindes; Anwendbarkeit der Differenzmethode unter Zugrundelegung einer Doppelverdienerehe, in der das Einkommen während der Ehe 2.000 DM (Ehemann) und 500 DM (Ehefrau) betrug

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.03.1983
Aktenzeichen
IVb ZR 371/81
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 13729
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Hamm - 12.08.1981
AG Bielefeld

Fundstellen

  • MDR 1983, 1006 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1983, 1552-1554 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

a) Voraussetzungen des "besonders gelagerten Härtefalls" im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 (BVerfGE 57, 361).

b) Unterhaltsanspruch nach § 1578 Abs. 2 BGB (Krankheitsvorsorge).

Prozessführer

Horst S., V. straße 18, B.

Prozessgegner

Maria Theresia S., Am K. 11, B.

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Anwendung der Härtefallklausel des § 1579 Abs. 1 BGB wird durch Abs. 2 der Vorschrift nicht vollständig ausgeschlossen, sondern nur auf ganz besondere Fälle beschränkt.

  2. 2.

    Die Suspendierung der Härteklausel soll vornehmlich verhindern, dass der Lebensstandard des Kindes, welcher durch die ehelichen Lebensverhältnisse vor der Scheidung der Ehe seiner Eltern geprägt wurde, wegen eines Fehlverhaltens des sorgeberechtigten Eltemteils absinkt, das von ihm nicht zu verantworten ist.

  3. 3.

    Ein Härtefall kann nicht schon dann angenommen werden, wenn dem Unterhalt begehrenden Ehegatten das Sorgerecht für das gemeinschaftliche Kind in einem streitigen Verfahren übertragen worden ist.

  4. 4.

    Die Beantwortung der Frage, ob ein Härtefall vorliegt, bedarf einer umfassenden Interessenabwägung, bei der unter anderem von Bedeutung ist, ob die Unterhaltsleistungen den Pflichtigen in Anbetracht seiner Einkommensverhältnisse außergewöhnlich belasten und ob diese für das Wohl des Kindes überhaupt erforderlich sind.

In der Familiensache
hat der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 1983
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Portmann, Dr. Seidl, Dr. Krohn und Dr. Zysk
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. August 1981 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Sie haben am 20. Oktober 1976 die Ehe geschlossen, aus der das am 31. März 1977 geborene Kind Guido hervorgegangen ist. Die Ehe ist durch Urteil vom 14. Februar 1980 rechtskräftig geschieden worden.

2

Der Beklagte ist Polizeibeamter und hat ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.030 DM im Monat. Die Klägerin hat während der Ehe aus Auftritten als Schlagersängerin monatliche Einkünfte von durchschnittlich 500 DM erzielt. Sie hat den Beklagten im Dezember 1979 verlassen und unterhält Beziehungen zu einem anderen Mann namens F. Mit dem Kind Guido, für das ihr das Sorgerecht übertragen worden ist, lebt sie in einer Wohnung im Hause der Eltern des F.

3

Das Amtsgericht hat die Unterhaltsklage der Klägerin abgewiesen, weil ihr für Versorgungsleistungen gegenüber F. monatlich 500 DM anzurechnen seien und sie nach wie vor weitere 500 DM monatlich als Schlagersängerin verdienen könne.

4

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und der Klägerin für die Zeit vom 1. März 1980 bis 30. April 1981 monatlich 260 DM zuzüglich 108 DM Altersvorsorgeunterhalt, für die Zeit ab 1. Mai 1981 monatlich 454,50 DM zuzüglich 135,60 DM Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen. Das Urteil ist veröffentlicht in FamRZ 1982, 172.

5

Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz.

7

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Klägerin dem Grunde nach ein Aufstockungsunterhalt gemäß §§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB wegen der Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes zusteht. Es hält aber die Voraussetzungen der Härteklausel des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB für gegeben, weil die Klägerin seit November 1979 ein Liebesverhältnis zu F. unterhalte und mit diesem weitgehend in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebe. Die Anwendung der Härteklausel sei nicht durch § 1579 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, weil diese Bestimmung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 (BVerfGE 57, 361 ff.) verfassungswidrig sei, soweit ein besonders gelagerter Härtefall vorliege. Um einen derartigen Fall handle es sich hier, weil der Klägerin das Sorgerecht für das Kind in einem streitigen Verfahren übertragen worden sei. In solchen Fällen sei der schematische Ausschluß der allgemeinen Billigkeitsregelung durch § 1579 Abs. 2 BGB nicht verfassungsgemäß, zumal das Bundesverfassungsgericht davon ausgehe, daß dem aus der Ehe ausgebrochenen Elternteil das Sorgerecht wegen mangelnder Erziehungseignung zumeist nicht übertragen werde. Aus Gründen der Billigkeit sei der Klägerin zwar nicht der angemessene, aber doch der notwendige Unterhalt zuzusprechen, der auf monatlich 800 DM zu bemessen sei.

8

Das Oberlandesgericht hat demnach den vollständigen Ausschluß des Unterhaltsanspruchs der Klägerin aufgrund der Härteregelung des Gesetzes nicht für gerechtfertigt erachtet. Das wird von den bisherigen Feststellungen nicht getragen.

9

1.

Nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB bejaht hat. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte durch die Aufnahme einer eheähnlichen Gemeinschaft mit einem anderen Partner während der Ehe seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt eingebüßt oder verkürzt (§ 1361 Abs. 3 BGB i.V. mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB), erfüllt sein Verhalten jedenfalls dann die Voraussetzungen der Härteregelung auch für den nachehelichen Unterhalt, wenn die eheähnliche Gemeinschaft nach der Scheidung andauert (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - zur Veröffentlichung bestimmt). Ein solcher Fall liegt hier vor.

10

2.

Nach § 1579 Abs. 2 BGB gilt die Härteregelung des Abs. 1 der Vorschrift nicht, solange und soweit von dem Berechtigten wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Das Berufungsgericht hat zwar berücksichtigt, daß die vom Gesetz angeordnete Suspendierung der Härteregelung in Fällen besonderer Härte mit der Verfassung unvereinbar ist, hat daraus aber unzutreffende Folgerungen gezogen.

11

a)

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 (aaO) ist § 1579 Abs. 2 BGB mit Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar, soweit danach die Anwendung der Härteklausel des § 1579 Abs. 1 BGB auch in besonders gelagerten Härtefällen ausgeschlossen ist. Für derartige Fälle hat der Gesetzgeber nach dem Auftrag des Gerichts eine Regelung zu treffen, die dem Verhältnismäßigkeitsgebot Rechnung trägt. Der Senat hat sich in dem genannten Urteil vom 26. Januar 1983 der Auffassung angeschlossen, wonach die Gerichte bis zu einer gesetzlichen Neuregelung nur dann abschließend entscheiden dürfen, wenn ein besonderer Härtefall in diesem Sinne nicht gegeben ist. Andernfalls ist der Rechtsstreit solange auszusetzen. Im einzelnen wird auf die Ausführungen des Senats in diesem Urteil Bezug genommen. Mit diesen Grundsätzen ist das Berufungsurteil insofern nicht zu vereinbaren, als das Berufungsgericht zwar einen Fall besonderer Härte angenommen, trotzdem aber eine abschließende Entscheidung unter Außerachtlassung des § 1579 Abs. 2 BGB getroffen hat.

12

b)

Das Bundesverfassungsgericht hat in den Gründen seines Urteils vom 14. Juli 1981 nicht im einzelnen dargelegt, was unter einem besonders gelagerten Härtefall im Sinne des Leitsatzes dieser Entscheidung zu verstehen ist, so daß diese Frage nicht einheitlich beantwortet wird (vgl. dazu OLG München FamRZ 1982, 270, 272; OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 611, 612 und 699, 701; KG FamRZ 1982, 1213, 1214; OLG Hamm - 5. FamS - FamRZ 1983, 186, 187; Häberle FamRZ 1982, 557, 561; Soergel/Häberle BGB 11. Aufl. § 1579 Rdn. 21). Aus dem Sinnzusammenhang der Gründe ist zu folgern, daß Sachverhalte gemeint sind, in denen die unverkürzte Zubilligung des eheangemessenen Unterhalts aufgrund des § 1579 Abs. 2 BGB zu einer mit dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbaren Belastung des Unterhaltspflichtigen führen würde (vgl. auch Nichtannahmebeschluß des BVerfG vom 1. Juli 1982 in FamRZ 1982, 991). Die Suspendierung der Härteklausel des § 1579 Abs. 1 BGB durch Abs. 2 der Vorschrift soll vornehmlich verhindern, daß der Lebensstandard des Kindes, der vor der Scheidung der Ehe seiner Eltern durch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt wurde, wegen des Fehlverhaltens des sorgeberechtigten Eltemteils absinkt, das von ihm nicht zu verantworten ist. Insofern kommt den Belangen des Kindes gegenüber denen des unterhaltsverpflichteten Eltemteils der Vorrang zu. Im Einzelfall kann die Auferlegung von Unterhaltsleistungen aber zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Verpflichteten führen, etwa weil sie nicht oder nicht in vollem Umfang durch das Kindesinteresse erfordert wird. Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit möglichen Abhilfemaßnahmen des Gesetzgebers erwogen, grundrechtswidrige Ergebnisse ließen sich weitgehend dadurch vermeiden, daß der eheangemessene Unterhalt auf das zur Kindesbetreuung erforderliche Maß reduziert wird. Eine unverhältnismäßige Belastung des Verpflichteten kann sich aber auch daraus ergeben, daß der Unterhalt begehrende Ehegatte die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB in besonders krasser Weise verwirklicht hat. Insgesamt kann die Frage, ob ein Fall besonderer Härte vorliegt, nur nach umfassender Abwägung der Umstände des Einzelfalls unter besonderer Berücksichtigung der Belange des Kindeswohls beantwortet werden (ebenso KG und OLG Hamm aaO).

13

c)

Von der Begründung des angefochtenen Urteils wird danach die Annahme eines besonders gelagerten Härtefalles im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht getragen. Ein solcher kann nicht schon dann angenommen werden, wenn dem Unterhalt begehrenden Ehegatten das Sorgerecht für das gemeinschaftliche Kind in einem streitigen Verfahren übertragen worden ist. Wenn er das Kind aufgrund einer gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung betreut, ist auch nach der Auslegung des § 1579 Abs. 2 BGB durch das Bundesverfassungsgericht die Härteregelung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB im Interesse des Kindes grundsätzlich suspendiert. Wie es zu der gerichtlichen Entscheidung gekommen ist, ist hierbei ohne Bedeutung. Die Art des Zustandekommens kann auch kein wesentlicher Gesichtspunkt für die Beantwortung der Frage sein, ob ein Fall besonderer Härte anzunehmen ist.

14

Die gebotene umfassende Interessenabwägung, die weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet liegt, hat das Berufungsgericht bisher nicht vorgenommen. In diesem Zusammenhang rügt die Revision mit Recht, daß die mit der Berufungserwiderung unter Beweis gestellte Behauptung des Beklagten übergangen worden ist, das Kind der Parteien werde von den Eltern des F. wie ein eigenes Enkelkind aufgezogen und insbesondere an mindestens vier Tagen der Woche mehrere Stunden täglich in einer Weise betreut, daß die Klägerin außer Haus sein könne. Denn das Beweisthema ist für die Frage von Bedeutung, inwieweit Unterhaltsleistungen des Beklagten, die ihn in Anbetracht seiner Einkommensverhältnisse stark belasten müssen, für das Wohl des Kindes überhaupt erforderlich sind.

15

d)

Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben. Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es unter Nachholung der gebotenen Feststellungen erneut prüft, ob ein Fall besonderer Härte für den Beklagten gegeben ist. Gelangt es wiederum zur Bejahung dieser Frage, hat es sich einer sachlichen Entscheidung zu enthalten und das Verfahren bis zu einer verfassungskonformen Neuregelung des § 1579 Abs. 2 BGB durch den Gesetzgeber auszusetzen. Es ist nicht auszuschließen, daß diese, die in einer ergänzenden Regelung oder in einer Umgestaltung des § 1579 Abs. 2 BGB bestehen kann (BVerfGE 57, 361, 388 f.), zu einer weitergehenden Einschränkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin führt, als das Oberlandesgericht sie bisher vorgenommen hat. Gelangt es zur Verneinung der Frage, hat es die Vorschrift des § 1579 Abs. 2 BGB uneingeschränkt anzuwenden und ist daran gehindert, den Unterhaltsanspruch der Klägerin in Anwendung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB auf die Gewährleistung ihres notwendigen Unterhalts zu begrenzen. Allerdings folgt aus dem Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers, daß der Klägerin im Endergebnis kein höherer Unterhalt zugesprochen werden kann als im angefochtenen Urteil.

16

II.

Die weiteren Angriffe der Revision gegen das Berufungsurteil veranlassen folgende Hinweise:

17

1.

Das Berufungsgericht hält es für zumutbar, daß die Klägerin ungeachtet der Betreuung des Kleinkindes wie während der Ehe ein bis zweimal im Monat als Schlagersängerin auftritt. Zusammen mit dem von ihr bezogenen Wohngeld könne sie ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 540 DM erzielen, das bei der Bemessung ihres Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen sei. Die Revision erstrebt demgegenüber die Zugrundelegung einer weitergehenden Erwerbsobliegenheit der Klägerin und rügt, daß das Berufungsgericht deren Darlegungs- und Beweislast nicht richtig gewürdigt habe. Diese Rüge ist unbegründet. Eine Mutter, die ein Kind im Alter des Sohnes Guido betreut, braucht sich im Regelfall nicht auf eigene Erwerbstätigkeit verweisen zu lassen. Wer im Prozeß eine Ausnahme von dieser Regel für sich in Anspruch nimmt, hat die Voraussetzungen dafür darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (Senatsurteil vom 23. Februar 1983 - IVb ZR 363/81 - zur Veröffentlichung bestimmt). Die Revision geht insoweit von einer unzutreffenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast aus.

18

Soweit sie weiter geltend macht, die Klägerin widme sich gar nicht oder überwiegend nicht der Pflege und Erziehung des Kindes, steht dies im Widerspruch zu den Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 561 Abs. 2 ZPO). Auch in diesem Zusammenhang ist allerdings das oben zu I. 2 c) angeführte Beweisangebot des Beklagten erheblich, weil die Beweisaufnahme zu Feststellungen führen kann, die eine weitergehende Erwerbsobliegenheit der noch jungen Klägerin begründen.

19

2.

Die Rüge der Revision, daß bei einem Einkommen des Beklagten von 2.000 DM und der Klägerin von 500 DM im Zeitpunkt der Scheidung für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts nicht die sogenannte Differenzmethode herangezogen werden dürfe, weil die ehelichen Lebensverhältnisse allein durch das Einkommen des Beklagten geprägt worden seien, geht fehl. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht bei diesen Einkommensverhältnissen der Parteien eine sogenannte Doppelverdienerehe angenommen hat, für die die Differenzmethode eine geeignete Berechnungsart darstellt (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - FamRZ 1982, 255, 257 m.w.N.).

20

3.

Die Klägerin hat ab Mai 1981 Unterhalt unter zusätzlicher Berücksichtigung der Kosten einer Versicherung für den Fall der Krankheit beansprucht (§ 1578 Abs. 2 BGB). Das Berufungsgericht hat dem entsprochen und ab diesem Zeitpunkt den Unterhalt in der Weise bemessen, daß es vor Anwendung der

21

Differenzmethode das anrechenbare Einkommen der Klägerin von 540 DM monatlich um die nachgewiesenen Kosten einer privaten Krankenversicherung (194,50 DM monatlich) bereinigt hat. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

22

a)

Wie § 1578 Abs. 2 BGB klarstellt, gehören zum Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit. Welcher Versicherungsschutz angemessen ist, bestimmt sich wie allgemein nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Zeitpunkt der Scheidung. Hier bestand während der Ehe der für eine Beamtenfamilie kennzeichnende Versicherungsschutz durch die Beihilfeberechtigung des Beklagten und eine ergänzende Privatversicherung. Um diesen Schutz in gleichwertiger Weise aufrechtzuerhalten, kann die Klägerin nach der Scheidung für sich eine private Krankenversicherung abschließen, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat (vgl. Soergel/Häberle a.a.O. § 1578 Rdn. 23; Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1578 Rdn. 5; Göppinger/Wenz Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 958 f.).

23

b)

Wie der Altersvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB ist der auf die Krankheitsvorsorge entfallende Teil des Unterhalts zweckgebunden und steht nicht zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs zur Verfügung (vgl. Gernhuber Familienrecht 3. Aufl. § 30 X 2 S. 415 f.). Er kann nicht als in der Quote enthalten angesehen werden, die in der Praxis üblicherweise in Anwendung von Unterhaltstabellen als Elementarunterhalt ausgeworfen wird (ebenso OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 367 sowie Leitlinien des OLG Hamm in FamRZ 1981, 1211 unter III Nr. 27 und des OLG Celle FamRZ 1982, 131 unter III Nr. 3). Der Senat hat bereits entschieden, daß die verbreitete Praxis, auf selten des Unterhaltsverpflichteten Krankenkassenbeiträge vor Anwendung von Unterhaltstabellen vom zu verteilenden Einkommen abzuziehen, zu billigen ist, und daß es andererseits zu einem Ungleichgewicht führt, wenn in diesen Fällen nicht auch auf selten des Unterhaltsberechtigten die Kosten für eine angemessene Krankenversicherung gesondert berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 26. Mai 1982 - IVb ZR 715/80 - NJW 1982, 1983 = FamRZ 1982, 887, 888 m.w.N.). Demgemäß ist nicht zu beanstanden, sondern führt zu angemessenen Ergebnissen, wenn in Fällen, in denen zur Uhterhaltsbemessung die Differenzmethode angewendet wird, sowohl beim Unterhaltsverpflichteten als auch beim Uhterhaltsberechtigten vorab die Kosten einer angemessenen Krankenversicherung vom anrechnungsfähigen Einkommen abgezogen werden. So ist das Berufungsgericht hier verfahren.

24

c)

Soweit die Revision geltend macht, eine derartige Unterhaltsbemessung könne nicht die Zweckbindung des auf die Krankheitsvorsorge entfallenden Teils des Unterhalts sicherstellen, vielmehr müsse auf Zahlung unmittelbar an die Krankenkasse erkannt werden, kann dem nicht gefolgt werden. Der Senat hat für den Altersvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB entschieden, daß der Uhterhaltsverpflichtete grundsätzlich nicht verlangen kann, die Zahlungen unmittelbar an den Versorgungsträger zu leisten. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen, die das Verlangen des Unterhaltsgläubigers auf Zahlung an sich selbst als einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) erscheinen lassen (Senatsurteil vom 8. Oktober 1982 - IVb ZR 311/81 - FamRZ 1982, 1187, 1188 f.). Das gleiche muß für den Unterhaltsanspruch nach § 1578 Abs. 2 BGB gelten. Derartige besondere Umstände sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der Unterhaltsverpflichtete ist bei nicht bestimmungsgemäßer Verwendung der auf die Krankheitsvorsorge entfallenden Beträge dadurch geschützt, daß der Berechtigte im Krankheitsfall unterhaltsrechtlich so zu behandeln ist, als hätten die Beträge zu einer entsprechenden Versicherung geführt (vgl. auch Soergel/Häberle a.a.O. § 1578 Rdn. 23, wonach in diesem Fall § 1579 Abs. 1 Nr. 3 BGB anzuwenden ist).

25

4.

Der Beklagte wird Gelegenheit haben, seine Rüge, eine nur möglicherweise eintretende Verringerung des Einkommens der Klägerin dürfe nicht berücksichtigt werden, im weiteren Verfahren erneut vorzubringen.

Lohmann
Portmann
Seidl
Krohn
Zysk