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Bundesgerichtshof
Urt. v. 20.01.1983, Az.: VII ZR 105/81

Anwendbarkeit der Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBG) auf die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB-Flugpassage); Wirksamkeit allgemeiner Flugbeförderungsbedingungen eines Luftfahrtunternehmens; Ausschluss der gerichtlichen Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Genehmigung einer Verwaltungsbehörde

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
20.01.1983
Aktenzeichen
VII ZR 105/81
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 12519
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Köln - 20.02.1981
LG Köln - 28.05.1980

Fundstellen

  • BGHZ 86, 284 - 299
  • IPRspr 1983, 39
  • MDR 1983, 480-481 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1983, 1322-1326 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1983, 317-322

Prozessführer

D. L. AG, v.-G.-Str. ..., K.,
vertreten durch ihren Vorstand,
dieser vertreten durch seinen Vorsitzenden H. R., ebenda

Prozessgegner

Verbraucherschutzverein e.V., L. ... - ..., B. ...,
vertreten durch den Vorstand,
dieser vertreten durch seine Vorsitzende Frau Dr. T. B. und seine stellvertretende Vorsitzende Frau Dr. Ga. E., ebendort

Amtlicher Leitsatz

Zur Unwirksamkeit allgemeiner Flugbeförderungsbedingungen eines Luftfahrtunternehmens.

In dem Rechtsstreit
hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 1983
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Girisch sowie
die Richter Dr. Recken, Doerry, Bliesener und Dr. Walchshöfer
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlußrevision des Klägers und seine Berufung werden unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Februar 1981 und das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28. Mai 1980 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.

Der Beklagten wird weiter unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM und für den Fall, daß es nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, vollstreckbar gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich auf die Beförderung von Fluggästen und Gepäck beziehen, die nachstehend im Wortlaut wiedergegebene Bestimmung oder dieser inhaltsgleiche Bestimmung zu verwenden, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht gegenüber einem Kaufmann verwendet werden und der Vertrag nicht zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört:

Die Haftung des Luftfrachtführers gegenüber einem Fluggast für Tod, Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung ist auf den Betrag von 250.000,- Goldfranken oder deren Gegenwert (ca. US-Dollar 20.000,-) beschränkt; ist in dem anwendbaren Recht eine andere Haftungsbeschränkung vorgesehen, so findet jene Anwendung.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die von der Beklagten, der D. L. ausgegebenen Flugscheine enthalten "Vertragsbedingungen", in denen es unter anderem heißt:

"Im übrigen unterliegen Beförderung und sonstige Dienstleistungen des Luftfrachtführers (I) den in diesem Flugschein enthaltenen Bedingungen. (II) den anwendbaren Tarifen, (III) den Beförderungsbedingungen und sonstigen Bestimmungen des Luftfrachtführers, die Bestandteil dieses Vertrages sind (und auf Wunsch in den Büros des Luftfrachtführers eingesehen werden können); auf Beförderungen von/nach Orten in den USA oder in Kanada finden die dort geltenden Tarife Anwendung".

2

In den von der Beklagten in einer Broschüre zusammengestellten "Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck" (Stand: 1. Januar 1980) sind folgende Beförderungsbedingungen abgedruckt:

"1.
Allgemeine Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB-Flugpassage)

2.
Besondere Beförderungsbedingungen für den USA-Verkehr

3.
Besondere Beförderungsbedingungen für den Internationalen Luftverkehr (ausgenommen USA-Verkehr)

4.
Besondere Beförderungsbedingungen bei Flugscheinverkäufen und Platzbuchungen in der Bundesrepublik Deutschland (BBB-Inland)

5.
Besondere Beförderungsbedingungen für die Buchung von Reiseplätzen (BBB-Platzbuchung)".

3

Die ABB-Flugpassage enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:

"1.
Die im Flugschein, Flugplan oder anderenorts angegebenen Verkehrszeiten werden jedoch nicht garantiert und sind nicht Bestandteil des Beförderungsvertrages. Der Luftfrachtführer übernimmt keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen (Artikel X Nr. 1 a, Satz 2).

2.
Flugpläne unterliegen Änderungen ohne Vorankündigung. Der Luftfrachtführer kann, wenn die Umstände es erfordern, im Flugschein oder Flugplan genannte Zwischenlandepunkte ändern oder auslassen und kann ohne Vorankündigung andere Luftfrachtführer mit der Beförderung betrauen oder anderes Fluggerät einsetzen (Artikel X Nr. 1 b).

3.
Wenn es die Umstände erfordern, kann der Luftfrachtführer ohne Ankündigung einen Flug absagen, beenden, umleiten, verschieben oder verspäten; in allen diesen Fällen wird der Luftfrachtführer nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Fluggastes ihn entweder anderweitig befördern, umleiten oder eine Erstattung gemäß den Bestimmungen des Art. VI Abs. 2 durchführen; eine weitergehende Haftung ist ausgeschlossen (Artikel X Nr. 2).

4.
Bei Hotelbestellungen oder anderen Abmachungen über Unterkunft oder Verpflegung für Fluggäste oder über Ausflüge am Boden oder ähnliche Veranstaltungen, ob auf Kosten des Luftfrachtführers oder nicht, handelt der Luftfrachtführer nur als Agent des Fluggastes; er haftet nicht für Verluste, Schäden oder Aufwendungen jeglicher Art, die dem Fluggast durch die Inanspruchnahme der Unterkunft oder die Inanspruchnahme der betreffenden Veranstaltung oder in Verbindung damit entstehen, oder die dadurch entstehen, daß andere Personen, Gesellschafter oder Agenturen ihm die Inanspruchnahme verweigern (Artikel XIII Nr. 3).

5.
Bei der Beförderung von Personen sowie von aufgegebenem Gepäck ist der Luftfrachtführer zum Schadensersatz nur dann verpflichtet, wenn ihm nachweislich Fahrlässigkeit zur Last fällt (Artikel XVII Nr. 2 a Satz 1).

6.
Die Haftung des Luftfrachtführers gegenüber einem Fluggast für Tod, Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung ist auf den Betrag von 250.000,- Goldfranken oder deren Gegenwert (ca. US-Dollar 20.000,-) beschränkt; ist in dem anwendbaren Recht eine andere Haftungsbeschränkung vorgesehen, so findet jene Anwendung (Artikel XVII Nr. 2 b)."

4

Die BBB-Inland lauten wie folgt:

"Für Fluggäste oder Flugscheinbesteller mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9. Dezember 1976 (BGBl. I, S. 3317), die innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes einen von der oder für die Deutsche Lufthansa auszugebenden Flugschein über die Beförderung auf deren oder den Diensten anderer Luftfrachtführer bestellen oder einen Reiseplatz auf einem dieser Dienste mit Abflugort im Inland buchen (§ 12 AGB-Gesetz), gelten die nachfolgenden besonderen Beförderungsbedingungen anstelle der insoweit einschlägigen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB-Flugpassage):

1.
Sofern sich der Luftfrachtführer vorbehalten hat, die von ihm versprochenen Leistungen zu ändern, von ihnen abzuweichen oder sich von ihnen zu lösen, gilt dies nur, wenn dies im Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen des Luftfrachtführers dem Fluggast zumutbar ist (§ 10 Nr. 4 AGB-Gesetz).

2.
Für Umstände, die im Verantwortungsbereich des Luftfrachtführers liegen, trägt dieser die Beweislast (§ 11 Nr. 15 AGB-Gesetz). Art. IX Abs. 9 Buchst. d) der ABB-Flugpassage (betreffend die Beweislast bei vorbehaltloser Annahme von Reisegepäck) bleibt unberührt.

3.
Sofern in der ABB-Flugpassage ein Ausschluß oder eine Begrenzung der Haftung des Luftfrachtführers oder seiner Leute für Schäden vorgesehen ist, gilt dies nicht für Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Verletzung von vertraglichen Pflichten oder von Pflichten bei den Vertragsverhandlungen seitens des Luftfrachtführers, seiner gesetzlichen Vertreter oder seiner Erfüllungsgehilfen beruhen, es sei denn, daß dieser Haftungsausschluß oder diese Haftungsbegrenzung der Regelung des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls von 1955 entspricht (§ 11 Nr. 7, § 8 AGB-Gesetz).

Diese besonderen Beförderungsbedingungen finden auch auf bereits abgeschlossene Beförderungsverträge Anwendung".

5

Der klagende Verbraucherschutzverein hält die angeführten Bestimmungen der ABB-Flugpassage wegen Verstosses gegen das AGBG für unwirksam. Mit der gemäß § 13 AGBG erhobenen Klage verlangt er von der Beklagten, diese Bestimmungen nicht mehr zu verwenden.

6

Landgericht und Oberlandesgericht (dessen Urteil in ZIP 1981, 390 abgedruckt ist) haben der Klage hinsichtlich der unter 1. bis 5. angeführten Bestimmungen stattgegeben, hinsichtlich der unter 6. wiedergegebenen Bestimmungen die Klage abgewiesen. Mit der - angenommenen - Revision erstrebt die Beklagte die volle Klageabweisung. Der Kläger begehrt mit der Anschlußrevision, der Beklagten auch die Verwendung der unter 6. angeführten Bestimmung zu untersagen.

7

Beide Parteien beantragen,

das Rechtsmittel bzw. den Rechtsbehelf des Gegners zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, das AGBG sei auf die ABB-Flugpassage anzuwenden, weil diese von der Beklagten den Beförderungsverträgen zugrundegelegten Bestimmungen Allgemeine Geschäftsbedingungen seien. Der Rechtscharakter der ABB als Allgemeine Geschäftsbedingungen werde nicht von der in § 21 LuftVG vorgeschriebenen Genehmigungspflicht beeinflußt. Der Umstand, daß die ABB/BBB im wesentlichen der Empfehlung 1013 der International Air Transport Association (IATA) entsprächen und teilweise zwingende Regeln des Warschauer Abkommens (WA) wiedergäben, berühre ebenfalls nicht die Qualifizierung dieser Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Inhaltskontrolle des AGBG sei die ABB-Flugpassage auch nicht nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AGBG entzogen; eine entsprechende Anwendung dieser Ausnahmevorschriften sei nicht möglich. Die unter 1. bis 5. angeführten Klauseln der ABB verstießen gegen § 10 Nr. 1, 3, 4; § 11 Nr. 7, 8 b, 15 a AGBG und seien daher unwirksam. Dagegen widerspreche die unter 6. angeführte Klausel, die unmißverständlich abgefaßt sei und eine subsidiäre Regel enthalte, nicht dem AGBG.

9

II.

Die Revision der Beklagten bleibt erfolglos.

10

1.

Die ABB, die die Beklagte - wie der in den Flugscheinen enthaltene besondere Abschnitt zeigt - allen von ihr abgeschlossenen Beförderungsverträgen zugrundelegt, sind vorformulierte Vertragsbedingungen und damit Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG. Sie unterliegen deshalb, wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, der Inhaltskontrolle nach dem AGBG (vgl. Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, Kommentar zum AGBG, Vorb. vor §§ 8-11 Rdn. 43; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 4. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdn. 484). Ohne Bedeutung ist, daß die ABB im wesentlichen der IATA-Empfehlung 1013 entsprechen, zum Teil Regelungen des Warschauer Abkommens wiedergeben und von einer Behörde genehmigt worden sind. Auch scheidet eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 2 AGBG auf die ABB aus.

11

a)

Die ABB-Flugpassage stimmen, abgesehen von einigen Änderungen meist redaktioneller Art (vgl. ZLW 1971, 233 Fußnote), mit den von der IATA als Empfehlung 1013 aufgestellten, am 1. April 1971 in Kraft getretenen General Conditions of Carriage (Passenger) (ZLW 1971, 214) wörtlich überein. Diese von der IATA empfohlenen Beförderungsbedingungen sind - ebenso wie die 1931 und 1949 vereinbarten Beförderungsbedingungen (zur Vorgeschichte vgl. Rudolf, ZLW 1971, 153 ff; Specht, Die IATA, 1973, S. 34 ff) - keine Rechtsnormen. Als Zusammenschluß von Luftverkehrsunternehmen ist die IATA kein Völkerrechtssubjekt, sondern ein internationaler nichtstaatlicher Verband (vgl. Specht, aaO, S. 5; Böckstiegel, NJW 1974, 1017, 1018; Rinck in Festschrift für Riese, S. 497, 498 f); sie kann keine Völkerrechtsnormen setzen.

12

Daß in diesem Verband über die von den einzelnen Staaten betriebenen Luftverkehrsgesellschaften nahezu ausschließlich Staaten zusammengeschlossen sind, ist für die Rechtsnatur der Beförderungsbedingungen ebenfalls ohne Bedeutung. Insbesondere können aus diesem Grund die empfohlenen Beförderungsbedingungen nicht etwa als Völkergewohnheitsrecht angesehen werden. Die Empfehlungen der IATA binden nur ihre Mitglieder. Sie haben keine Außenwirkung und werden erst dann Teil der von den einzelnen IATA-Mitgliedern mit den Fluggästen abgeschlossenen Beförderungsverträge, wenn die jeweilige Luftverkehrsgesellschaft - wozu sie als IATA-Mitglied verpflichtet ist (vgl. Specht, aaO, S. 42) - die Beförderungsbedingungen zu ihren Bedingungen erklärt, den Beförderungsverträgen zugrundegelegt hat und zwingendes Recht nicht entgegensteht (so ausdrücklich Artikel II Nr. 6 ABB).

13

Als allgemein formulierte Regeln sind die auf den IATA-Beförderungsbedingungen beruhenden ABB der Beklagten somit - wie von Rechtsprechung und Schrifttum einhellig angenommen wird - typische Allgemeine Geschäftsbedingungen (so Böckstiegel, aaO, S. 1019; Rudolf, aaO, S. 163; Specht, aaO, S. 42 ff; ebenso für die früheren IATA-Beförderungsbedingungen OLG München, ZLW 1968, 88, 91, 93;  Riese, RabelsZ 1956, 193; Rudolf, ZLW 1969, 90, 93; Sand, ZLW 1969, 205, 211 f; Schleicher/Reymann/Abraham, Das Recht der Luftfahrt, Band I, 3. Aufl., S. 415 f; Schweickhardt in Beiträge zum Internationalen Luftrecht, Festschrift für Alex Meyer, 1954, S. 117, 119). Sie unterliegen daher der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach dem AGBG.

14

Die weltweite Verwendung der ABB und die damit beabsichtigte Rechtseinheitlichkeit vermag daran - entgegen der Auffassung der Revision - nichts zu ändern. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob eine solche "weltweite Rechtseinheitlichkeit" überhaupt besteht. Schon für die vor den ABB von 1971 geltenden Beförderungsbedingungen wurde darauf hingewiesen, daß sich aufgrund der zwingenden Natur nationaler Gesetzesnormen abweichende Bestimmungen der Beförderungsbedingungen nicht durchzusetzen vermögen (vgl. Schweickhardt, aaO, S. 119); dies gilt auch für die ABB. So wurden IATA-Bedingungen in Einzelfällen für unwirksam erklärt (vgl. die Hinweise auf Entscheidungen französischer Gerichte bei Sand, aaO, S. 214 f).

15

Selbst wenn die ABB-Flugpassage in allen Staaten, deren Luftverkehrsgesellschaften Mitglieder der IATA sind, unverändert gelten, besteht kein Anlaß, die ABB der Beklagten als "Internationale Allgemeine Geschäftsbedingungen" von einer inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte auszunehmen und sie nicht dem AGBG zu unterwerfen. Der mit dem AGBG bezweckte Schutz des Verbrauchers sowie der Zweck des Gesetzes, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen freizuhalten (vgl. Senatsurteil BGHZ 84, 109, 116), gebietet es, auch solche Klauseln einer gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen, die inhaltsgleich als Allgemeine Geschäftsbedingungen in anderen Ländern gelten. Das inländische Interesse an einem wirksamen und unbeschränkten Verbraucherschutz geht in diesem Fall dem Streben nach internationaler Rechtseinheitlichkeit vor.

16

b)

Das AGBG ist für die von der Beklagten verwendeten ABB auch nicht etwa deshalb unanwendbar, weil die ABB auf dem von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im Internationalen Luftverkehr (Warschauer Abkommen in der Fassung von Den Haag 1955 - WA - BGBl. 1958 II S. 312) beruhen (vgl. Böckstiegel, aaO, S. 1018, 1020; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, aaO). Trotz ihrer Beziehung zum WA und der damit gegebenen Anknüpfung an geltendes Recht verlieren die ABB nicht den Rechtscharakter als Allgemeine Geschäftsbedingungen.

17

c)

Die gerichtliche Überprüfung der ABB nach dem AGBG wird auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beförderungsbedingungen nach § 21 Abs. 1 Satz 2 LuftVG mit Verfügung des Bundesministers für Verkehr vom 11. Juni 1971 genehmigt worden sind. Dabei kann offenbleiben, ob das Genehmigungsverfahren im öffentlichen Interesse aus Gründen einer öffentlich-rechtlichen Kontrolle der Beklagten (so Böckstiegel, aaO, S. 1021, 1025 f; Specht, aaO, S. 75, 169) oder - wie die Revision meint - im Interesse der Flugpassagiere vorgesehen ist.

18

Nach der im Schrifttum fast einhellig vertretenen Meinung wird die gerichtliche Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht dadurch beschränkt oder gar ausgeschlossen, daß die Genehmigung einer Verwaltungsbehörde vorgesehen ist (vgl. Erman/Hefermehl, BGB, 7. Aufl., § 1 AGBG Rdn. 4, vor §§ 8, 9 Rdn. 9; Gerlach in MünchKomm, AGBG, § 16 Rdn. 1; Helm, NJW 1978, 129; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, aaO, § 1 Rdn. 34, Vorb. vor §§ 8-11 Rdn. 35 f, 43; Palandt/Heinrichs, BGB, 42. Aufl., § 1 AGBG Anm. 1, Vorb. vor § 8 Anm. 5 a; Staudinger/Schlosser, aaO, Einleitung Rdn. 21, § 1 Rdn. 2; Ulmer, BB 1982, 584, 587; Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 1 Rdn. 71, § 9 Rdn. 46). Dem schließt sich der Senat an. Prüfungsmaßstab und Zweck dieser Genehmigung unterscheiden sich wesentlich von der Überprüfung nach §§ 9 ff AGBG (vgl. Erman/Hefermehl, aaO, vor §§ 8, 9 Rdn. 9; Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 9 Rdn. 46). Der Gesetzgeber hat deshalb bewußt darauf verzichtet, im AGBG ein Sonderrecht für genehmigte Allgemeine Geschäftsbedingungen vorzusehen (vgl. zur Entstehungsgeschichte Gerlach in MünchKomm, aaO; Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 16 Rdn. 1, 2). Aufgrund der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr verlieren die ABB daher nicht ihren Rechtscharakter als Allgemeine Geschäftsbedingungen, sie unterliegen vielmehr in vollem Umfang der Inhaltskontrolle nach dem AGBG (so ausdrücklich Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, aaO, Vorb. vor §§ 8-11 Rdn. 43; 2. Aufl., § 23 Abs. 2 Nr. 1 Rdn. 2; Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, Anh. §§ 9-11 Rdn. 484).

19

d)

Eine Inhaltskontrolle der ABB scheitert schließlich auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung des § 23 Abs. 2 AGBG. Zwar finden nach dieser Vorschrift einzelne Bestimmungen des AGBG auf Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr sowie auf Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen, die aufgrund von internationalen Übereinkommen erlassen wurden, keine Anwendung. Als eng begrenzte Ausnahmevorschrift kann diese Regelung für die ABB der Beklagten jedoch nicht herangezogen werden.

20

2.

Die vom Kläger beanstandeten, unter 1. bis 5. aufgeführten Klauseln in den ABB verstoßen, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, gegen §§ 9 bis 11 AGBG. Sie sind daher unwirksam und dürfen von der Beklagten nicht mehr verwendet werden.

21

a)

Aufgrund der in Artikel X Nr. 1 a Satz 2 enthaltenen Bestimmung werden die im Flugschein, Flugplan oder anderenorts angegebenen Verkehrszeiten nicht garantiert und sind nicht Bestandteil des Beförderungsvertrags; auch übernimmt der Luftfrachtführer keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen. Mit dieser Klausel schließt die Beklagte - entgegen der Auffassung der Revision - jede Haftung für besondere Verspätungsschäden aus. Wer - wie die Beklagte - keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen übernimmt, bringt zum Ausdruck, daß er für Schäden, die sich aus nicht eingehaltenen Flugzeiten und dem dadurch bedingten Nichterreichen von Anschlüssen ergeben, nicht einstehen will. Die beanstandete Klausel hat somit einen eigenen Regelungsgehalt; die Haftung für solche Verspätungsschäden ist - im Gegensatz zur Auffassung der Revision - in Artikel XVII Nr. 2 c, der sich allgemein mit der Haftung für Verspätungsschäden befaßt (vgl. Senatsurteil NJW 1979, 495), und in Artikel XVII Nr. 3 i, der sich auf Schäden wegen unterlassener Beförderung trotz ordnungsgemäßer Buchung (sogenannte Überbuchung) bezieht, nicht enthalten.

22

Die Klausel kann auch nicht - wie die Revision meint - lediglich als Präzisierung des Leistungsinhalts angesehen werden. Aufgrund der im Flugplan und im Flugschein angegebenen Ankunftszeiten bringt die Beklagte zum Ausdruck, daß sie die Beförderung des Fluggastes zu einer bestimmten Zeit übernimmt. Der Fluggast bucht gerade deshalb einen im Flugplan aufgeführten Flug, um nach der vorgesehenen Ankunftszeit einen Termin wahrzunehmen oder - bei Weiterflug - einen bestimmten Anschluß zu erreichen. Es gehört deshalb zum Inhalt der von der Beklagten geschuldeten Leistungspflicht, Anschlüsse an andere Fluglinien zu ermöglichen.

23

Auch wenn die Beklagte aufgrund der Besonderheiten des Luftverkehrs eine Garantie für das Erreichen von Anschlüssen nicht übernehmen will, kann sie doch ihre Haftung für einen Schaden, der einem Fluggast aufgrund von ihr zu vertretender Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung - sofern man in dem Beförderungsvertrag ein absolutes Fixgeschäft sieht (vgl. Senatsurteile BGHZ 60, 14, 16;  77, 320, 323;  NJW 1974, 1046, 1047 und vom 18. November 1982 - VII ZR 25/82 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) - bzw. von ihr zu vertretenden Leistungsverzugs - sofern man den Beförderungsvertrag als relatives Fixgeschäft betrachtet - entsteht, gemäß § 11 Nr. 8 b AGBG nicht ausschließen. Auch der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens nach § 286 Abs. 1 BGB fällt unter § 11 Nr. 8 b AGBG (vgl. Kötz in MünchKomm, aaO, § 11 Rdn. 71; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, aaO, 2. Aufl., § 11 Nr. 8 Rdn. 23-25; Palandt/Heinrichs, aaO, § 11 Anm. 8 a bb; a.A. Staudinger/Schlosser, aaO, § 11 Nr. 8 Rdn. 9; Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 11 Nr. 8 Rdn. 11). Die beanstandete Klausel, die im übrigen auch Artikel 19 WA widerspricht (vgl. Specht, aaO, S. 154), verstößt daher gegen § 11 Nr. 8 b AGBG (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, Anh. §§ 9-11 Rdn. 484).

24

Diese Auffassung steht nicht in Widerspruch zum Senatsurteil NJW 1979, 495. In dieser Entscheidung hat der Senat lediglich klargestellt, daß sich die in Artikel X Nr. 1 a Satz 2 ABB enthaltene Bestimmung auf einen Verspätungsfall bezieht, für den gemäß Artikel XVII Nr. 2 c grundsätzlich jede Haftung ausgeschlossen ist, Artikel VII Nr. 1 b und Artikel XVII Nr. 3 i dagegen die Nichtbeförderung eines Passagiers wegen Überbuchung betreffen. Er hatte jedoch nicht zu prüfen, ob die nunmehr beanstandete Klausel mit dem AGBG in Einklang steht, weil sich der zu beurteilende Fall vor Inkrafttreten des AGBG ereignet hatte.

25

Darauf, ob die Klausel - wie das Berufungsgericht meint - außerdem gegen § 10 Nr. 1 AGBG verstößt, kommt es nicht mehr an. Das kann deshalb unerörtert bleiben.

26

b)

Mit der in Artikel X Nr. 1 b geregelten Bestimmung will sich die Beklagte offenhalten, einseitig Flugpläne und Zwischenlandungspunkte zu ändern, andere Luftfrachtführer mit der Beförderung zu betrauen oder anderes Fluggerät einzusetzen. Mit Recht sieht das Berufungsgericht in dieser Klausel einen typischen Leistungsänderungsvorbehalt, der gegen § 10 Nr. 4 AGBG verstößt und durch Nr. 1 der BBB Inland nicht zulässig wird (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, aaO).

27

Indem die Klausel der Beklagten völlig einseitig das Recht auf Leistungsänderung einräumt, nimmt sie auf die Interessen der Fluggäste, die sich aus bestimmten Gründen für eine festgelegte Route, eine bestimmte Fluggesellschaft oder einen bestimmten Flugzeugtyp entschieden haben, nicht hinreichend Rücksicht. Den Interessen der Flugpassagiere, für die Änderungen und Abweichungen von der versprochenen Leistung nach § 10 Nr. 4 AGBG zumutbar sein müssen, wird insbesondere nicht dadurch Rechnung getragen, daß die Änderungen nur unter dem Vorbehalt der sie erfordernden "Umstände" möglich sein sollen. Ob ein solcher Änderungsvorbehalt bei einem Reiseveranstalter noch hingenommen werden kann, der sich unter anderem zur Beförderung der Kunden an den Urlaubsort verpflichtet hat (vgl. dazu Kötz in MünchKomm, aaO, § 10 Rdn. 19), kann offenbleiben. Jedenfalls bei einer Fluggesellschaft, die - wie die Beklagte - Linienflüge durchführt, sind die unangekündigte Änderung von Zwischenlandepunkten oder - im Interkontinentalverkehr - die Verwendung eines anderen Flugzeugtyps erhebliche Abweichungen von der Leistung, die für die Fluggäste auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beklagten nicht ohne weiteres zumutbar sind.

28

Die beanstandete Klausel ist auch nicht in Verbindung mit den nachträglich von der Beklagten erlassenen BBB Inland wirksam. Der in Nr. 1 BBB Inland getroffenen Bestimmung, die lediglich den Gesetzestext des § 10 Nr. 4 AGBG wiedergibt, fehlt ein eigener Regelungsgehalt. Sie läßt nicht erkennen, wann die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung für den Fluggast zumutbar sein soll. Die Klausel bezeichnet auch nicht näher die Änderungen der versprochenen Leistung. Sie erfaßt ferner nicht - wie geboten - die Gesichtspunkte, nach denen die Zumutbarkeit zu beurteilen ist (a.A. Staudinger/Schlosser, aaO, § 10 Nr. 4 Rdn. 6).

29

Darüberhinaus erstreckt sie sich ausdrücklich nur auf Fluggäste oder Flugscheinbesteller mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Geltungsbereich des AGBG, die innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen von der oder für die Beklagte auszugebenden Flugschein über die Beförderung auf deren oder den Diensten anderer Luftfrachtführer bestellen oder einen Reiseplatz auf einem dieser Dienste mit Abflugort im Inland buchen, nicht aber auch auf im Ausland wohnende Fluggäste, für die ebenfalls das AGBG gilt. Der Auffassung der Revision, jeder durchreisende Fluggast habe für die Dauer der Durchreise seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des AGBG, kann nicht zugestimmt werden, weil auch der Aufenthalt ein tatsächliches Verweilen von einer gewissen Dauer oder Regelmäßigkeit voraussetzt (Gitter in MünchKomm, § 7 BGB Rdn. 14 m.w.N.).

30

Dem allen steht das Senatsurteil BGHZ 80, 280, 283 [BGH 07.05.1981 - VII ZR 107/80]/284 nicht entgegen. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hat sich eine "Charterflug-Vermittlungsgesellschaft" in ihren "Reise- und Geschäftsbedingungen" das Recht vorbehalten, "notwendige Änderungen in der Flugdurchführung (Wechsel des Fluggeräts, der Fluggesellschaft, der Flugzeit und des Abflughafens) ... vorzunehmen". Der Senat hat dieser Klausel lediglich entnommen, daß die Charterflug-Vermittlungsgesellschaft in Wahrheit selbst die Beförderung der Fluggäste übernommen hat und sie nur durch eine jederzeit auswechselbare Fluggesellschaft ausführen lassen wollte. Auf die Wirksamkeit dieser Klausel brauchte der Senat damals nicht einzugehen.

31

c)

In Artikel X Nr. 2 behält sich die Beklagte das Recht vor, ohne Ankündigung einen Flug abzusagen oder zu ändern, "wenn es die Umstände erfordern". Diese Klausel verstößt, wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt, gegen § 10 Nr. 3 und 4 AGBG. Nach § 10 Nr. 3 AGBG ist die einen Rücktrittsvorbehalt enthaltende Bestimmung nur wirksam, wenn die Gründe für die Lösung vom Vertrag in der Klausel angegeben sind (vgl. Kötz in MünchKomm, aaO, § 10 Rdn. 16; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, aaO, 2. Aufl., § 10 Nr. 3 Rdn. 60; Staudinger/Schlosser, aaO, § 10 Nr. 3 Rdn. 22; Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 10 Nr. 3 Rdn. 10). Nur dann kann der Kunde beurteilen, ob und unter welchen Umständen mit einer Auflösung des Vertrags zu rechnen ist; auch kann er nur dann prüfen, ob diese Gründe sachlich gerechtfertigt sind. Entgegen der Ansicht der Revision läßt die Formulierung "wenn es die Umstände erfordern" nicht erkennen, aus welchen Gründen ein Flug abgesagt oder geändert werden soll; auch kann nicht beurteilt werden, ob ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt.

32

Soweit die Klausel einen Änderungsvorbehalt enthält, verstößt sie - wie die oben angeführte Klausel Artikel X Nr. 1 b - auch gegen § 10 Nr. 4 AGBG (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, Anh. §§ 9-11 Rdn. 484). Die Formulierung, daß statt der zugesagten Leistung "nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Fluggastes" vom Luftfrachtführer Ersatzleistungen angeboten werden, genügt den Erfordernissen nicht, die an einen wirksamen Änderungsvorbehalt zu stellen sind. Die entscheidende Frage, ob die Änderung für den Fluggast zumutbar ist, kann aufgrund der Klausel nicht beantwortet werden. Da - wie oben ausgeführt - der ergänzenden Klausel der Nr. 1 BBB Inland keine Wirkung zukommt, kann die Bestimmung auch nicht in Verbindung mit dieser Klausel aufrechterhalten werden.

33

d)

Die in Artikel XIII Nr. 3 enthaltene Bestimmung schließt eine Haftung des Luftfrachtführers für solche Schäden aus, die dem Fluggast durch Inanspruchnahme einer vom Luftfrachtführer vermittelten Unterkunft entstanden sind. Diese Klausel verstößt gegen § 11 Nr. 7 AGBG. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, bezieht sich die Bestimmung auch auf die Fälle, in denen die Beklagte ihre Fluggäste zur Abwendung weitergehender Schadensersatzansprüche - etwa bei verschuldeten erheblichen Verspätungen - in Hotels unterbringt und verpflegt. Dann wird die Beklagte aber nicht - wie die Revision meint - aus Kulanzgründen, sondern im Rahmen ihrer vertraglichen Ersatzpflicht tätig; sie bedient sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - des Hoteliers als ihres Erfüllungsgehilfen. Da ein völliger Haftungsausschluß für das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen, der auch ein selbständiger Unternehmer sein kann (vgl. Kötz in MünchKomm, aaO, § 11 Rdn. 60; Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 11 Nr. 7 Rdn. 14), nach § 11 Nr. 7 AGBG nicht möglich ist, ist die Klausel insoweit unwirksam.

34

Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Klausel nicht teilweise aufrechterhalten werden kann. Der Senat hat in seinem Urteil BGHZ 84, 109, 115 f ausgesprochen, daß es nach Wortlaut und Zweck der Vorschriften des AGBG nicht möglich ist, Klauseln, die nur zum Teil gegen das AGBG verstoßen, mit eingeschränktem Inhalt aufrechtzuerhalten. Daran hält der Senat auch im Verfahren nach §§ 13 ff AGBG fest (vgl. auch BGH NJW 1982, 2311, 2313) [BGH 07.06.1982 - VIII ZR 139/81].

35

e)

Die in Artikel XVII Nr. 2 a Satz 1 enthaltene Bestimmung überbürdet bei Schadensersatzansprüchen aufgrund von Personen- oder Sachschäden die Beweislast dem Fluggast. Diese Klausel ist - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt - mit § 11 Nr. 15 a AGBG unvereinbar; denn dem Fluggast wird damit die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen. Auf Nr. 2 der BBB Inland kann sich die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen. Wie die in Nr. 1 BBB Inland enthaltene Klausel ist auch diese Bestimmung - wie oben ausgeführt - nicht auf alle Fluggäste der Beklagten anwendbar.

36

Darüberhinaus kann ihr aber, da sie aus sich heraus nicht verständlich ist, ein eigener Regelungsgehalt nicht entnommen werden. Es ist nicht möglich, durch die Verbindung zweier äußerlich völlig getrennter Klauseln, die aufeinander nicht Bezug nehmen und sogar in getrennten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind, eine unwirksame Klausel aufrechtzuerhalten. Ein solches Ergebnis würde der gebotenen Klarheit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen widersprechen. Dem Fluggast ist es nicht zuzumuten, durch das Studium der ABB und der BBB Inland zusammengehörende oder zueinander im Widerspruch stehende Klauseln herauszufinden und nach Feststellung des jeweiligen Regelungsgehalts zu prüfen, ob und inwieweit die eine Klausel die andere außer Kraft setzt oder ergänzt. Es ist vielmehr Sache der Beklagten, durch eindeutig formulierte Bestimmungen eine Regelung über die Beweislast zu finden, die mit § 11 Nr. 15 a AGBG vereinbar ist.

37

III.

Die Anschlußrevision des Klägers hat Erfolg.

38

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt auch die in Artikel XVII Nr. 2 b enthaltene Bestimmung gegen das AGBG. Die Klausel läßt zwar, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, die Regelung des anwendbaren Rechts, also die maßgebenden Vorschriften der §§ 46, 48 LuftVG, unberührt. Der für die Haftungsbeschränkung bedeutsame § 46 LuftVG wird daher, auch wenn dies für den Fluggast aufgrund der Formulierung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zunächst schwer zu erkennen ist, nicht ausgeschlossen.

39

Nach dem Vortrag der Beklagten soll die Klausel jedoch (ausschließlich) in den Fällen anwendbar sein, in denen weder die Bestimmungen des WA noch die haftungsrechtlichen Vorschriften des LuftVG gelten. Ob solche Fallgestaltungen überhaupt vorkommen, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls verstößt die Klausel dann gegen § 11 Nr. 7 AGBG, weil sie auch für Schäden, die auf einer grobfahrlässigen Vertragsverletzung der Beklagten oder auf einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Vertragsverletzung eines Erfüllungsgehilfen der Beklagten beruhen, die Haftung begrenzt. Die Anwendbarkeit des AGBG ist in solchen Fällen nicht von vornherein ausgeschlossen. Da - wie bereits ausgeführt - die beanstandete Klausel auch nicht teilweise aufrechterhalten werden kann, ist die Bestimmung insgesamt unwirksam. Die in Nr. 3 BBB Inland enthaltene Bestimmung vermag - wie Nr. 1 und 2 dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen - daran nichts zu ändern.

40

IV.

Nach alledem ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen und auf die Anschlußrevision das Berufungsurteil insoweit aufzuheben, als die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist. Da der Senat in der Lage ist, gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO abschließend zu entscheiden, ist die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

41

Eine Aufbrauchfrist kann der Beklagten, wie sie hilfsweise begehrt, nicht gewährt werden. Zweck des AGBG ist es, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen freizuhalten (vgl. Senatsurteil BGHZ 84, 109, 116). Diesem Zweck würde es widersprechen, den Gebrauch von Flugscheinen, die auf unwirksame Beförderungsbedingungen verweisen, auch nur für eine Übergangszeit zu gestatten (vgl. BGH NJW 1980, 2518, 2519). Trotz der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderten Schwierigkeiten ist es der Beklagten daher zuzumuten, die vorhandenen Flugscheine kurzfristig entsprechend zu ergänzen.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.

Girisch
Recken
Doerry
Bliesener
Walchshöfer