Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.06.1981, Az.: VI ZR 42/80
Anwaltliche Pflicht verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu treffen; Pflichtgemäße Beratung des Mandanten durch den Rechtsanwalt; Anerkenntnis als verjährungsunterbrechende Maßnahme; Anforderungen an die anwaltlichen Betreuungspflichten
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 23.06.1981
- Aktenzeichen
- VI ZR 42/80
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1981, 12421
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 13.12.1979
- LG Münster - 19.02.1979
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1982, 131-132 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1981, 2741-2743 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
- a)
Zu den Pflichten eines Anwalts, für die rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen zu sorgen.
- b)
Ein Anwalt muß grundsätzlich sowohl die Anhörung und Befragung der Mandanten als auch die eigentliche juristische Beratungstätigkeit persönlich ausüben und darf dies nicht dem Bürovorsteher überlassen.
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 1981
durch
die Richter Dunz, Dr. Steffen, Dr. Kullmann, Dr. Ankermann und Dr. Deinhardt
für Recht erkannt:
Tenor:
- I.
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Dezember 1979 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 19. Februar 1979 abgeändert.
- 1. a)
Der bezifferte Klageanspruch wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
- 1. b)
Es wird festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aus der fehlerhaften Beratung durch die Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.
- 2.
Die Widerklage wird abgewiesen.
- II.
Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruches wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision vorbehalten bleibt.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten.
Im Jahre 1975 nahmen der Kläger und seine Ehefrau über eine Zeitungsannonce Kontakt zu den Eheleuten B. auf, die ein Erbbaurecht mit einem darauf neu errichteten Einfamilienhaus, in dem sie nur kurz gewohnt hatten, wieder verkaufen wollten. Der Kläger und seine Ehefrau hatten Interesse an diesem Haus. Um Grunderwerbsteuer zu sparen, kauften sie jedoch nicht unmittelbar von den Vorerwerbern. Erbbaurecht nebst Aufbau wurden vielmehr wieder an die Baugesellschaft zurückübertragen. Durch einen am 30. Oktober 1975 beurkundeten Vertrag erwarb der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau von der Karl S. KG-GmbH & Co. KG das Erbbaurecht nebst dem aufgebauten Einfamilienhaus. In § 6 des Vertrages war folgendes bestimmt:
"Unter ausdrücklicher Freistellung des Verkäufers von jeglicher Gewährleistung tritt dieser alle das verkaufte Haus betreffenden Gewährleistungsansprüche gegen die am Bau tätigen Handwerker und Firmen an den Erwerber ab und zwar von der Abnahme des Hauses an. Den Verkäufer trifft jedoch die Gewährleistungspflicht für diejenigen Handwerkerleistungen, welche er selbst für Bauherstellung erbringt. Art und Umfang dieser Gewährleistungspflicht des Verkäufers richten sich nach den Bestimmungen der VOB, welche hiermit ausdrücklich vereinbart werden. Jedoch erlischt die Gewährleistung am 10. Dezember 1976. Hierauf sind die Käufer ausdrücklich hingewiesen worden und erklären sich ausdrücklich einverstanden. Die subsidiäre Haftung des Verkäufers bleibt bis zum 10. Dezember 1976 bestehen. Bei der Besichtigung des Kaufgegenstandes am heutigen Tage haben sich keine Mängel gezeigt."
Nachdem im Mauerwerk Risse aufgetreten waren, beauftragten der Kläger und seine Ehefrau die Beklagten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber dem Verkäufer. Das Mandat nahm der Bürovorsteher der Beklagten an. Weder der Kläger noch seine Ehefrau konnten zunächst ein persönliches Gespräch mit einem der beklagten Anwälte führen. Mit Schreiben vom 7. Oktober 1976, das ebenfalls ihr Bürovorsteher diktiert hatte, wandten sich die Beklagten an den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Verkäuferin und forderten ihn zur Mängelbeseitigung auf. In einem weiteren, ebenfalls vom Bürovorsteher diktierten Schreiben vom 25. Oktober 1976 bezeichneten sie im einzelnen folgende Mängel: Erhebliche Risse in den Wänden, Risse in den Tapeten und Durchfeuchtung vom Balkon her im Wohnzimmer; sie ersuchten die Verkäuferin, die Mängelbeseitigung bis zum 10. November 1976 in Angriff zu nehmen. Ausdrücklich fügten sie noch hinzu:
"Sollte innerhalb obiger Frist die Arbeit nicht in Angriff genommen sein, wird unsere Partei ein Beweissicherungsverfahren durchführen lassen und alsdann eine andere Firma auf Ihre Kosten mit der Mängelbeseitigung beauftragen."
Nachdem sich die Verkäuferin in ihren Antworten grundsätzlich bereit erklärt hatte, etwaige, nach dem 30. Oktober 1975 aufgetretene Mängel zu beseitigen, entwarf der Bürovorsteher der Beklagten ein weiteres Schreiben, welches der Erstbeklagte unter dem Datum des 15. November 1976 unterzeichnete und worin er erwiderte, die von ihrem Mandanten angegebenen Mängel seien sämtlich nach dem 30. Oktober 1975 aufgetreten. Gleichzeitig unterbreitete er der Verkäuferin folgenden Vorschlag:
"Es wäre zur Kostenersparnis zweckmäßig, wenn Sie jetzt umgehend fernmündlich mit unserem Mandanten einen Besichtigungstermin vereinbaren, feststellen, welche Arbeiten von Ihnen durchzuführen sind und diese dann umgehend in Angriff nehmen ...
Wir bitten Sie daher nochmals freundlichst, in der kommenden Woche diesen Termin mit Herrn B. zu vereinbaren."
Daraufhin kam es am 15. Dezember 1976 im Hause des Klägers zu einer Unterredung zwischen diesem und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Verkäuferin über die Frage der Mängelbeseitigung. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1976 übersandte die Verkäuferin dem Kläger einen Scheck über 1.500 DM unter Bezugnahme auf eine am 15. Dezember 1976 getroffene Vereinbarung. Nach Erhalt dieses Schreibens begab sich die Ehefrau des Klägers in die Kanzlei der Beklagten und sprach darüber wiederum nur mit deren Bürovorsteher. Dieser bestätigte daraufhin in einem vom Erstbeklagten unterzeichneten Schreiben vom 21. Dezember 1976 gegenüber der Verkäuferin, daß mit dem erhaltenen Betrag die bis dahin bekannten Mängel abgegolten seien.
Am 14. Februar 1977 beantragten die Beklagten, nachdem der Kläger und seine Ehefrau am 25. Januar 1977 mit deren Stationsreferendar nochmals die Sache besprochen hatten, für den Kläger beim Amtsgericht Münster die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Verkäuferin. In einem Ergänzungsgutachten vom 27. April 1978 gelangte der Sachverständige, der in dem Beweissicherungsverfahren tätig geworden war, zu dem Ergebnis, daß die Kosten der Beseitigung der Mängel am Mauerwerk etwa 51.729 DM betragen.
Die Verkäuferin lehnte jegliche Mängelbeseitigung ab und berief sich auf Verjährung bzw. die Vereinbarung vom 15. Dezember 1976. Die Ehefrau des Klägers hat ihre Ansprüche aus dem mit den Beklagten geschlossenen Anwaltsvertrag sowie die ihr aus dem Vertrag über das Erbbaurecht gegen die S. KG zustehenden Ansprüche an den Kläger abgetreten.
Soweit die vorstehenden Feststellungen nicht unmittelbar dem Tatbestand des angefochtenen Urteils entnommen werden können, sind sie - wie weitere im folgenden berücksichtigte Umstände - aus den von den Parteien gewechselten Schriftsätzen entnommen. Auf diese nimmt das Berufungsurteil am Ende seiner tatbestandlichen Darstellung ausdrücklich Bezug (S. 7). Das Revisionsgericht hat die sich daraus ergebenden weiteren unstreitigen Umstände schon deshalb zu berücksichtigen, weil eben wegen dieser Bezugnahme dem Kläger die Möglichkeit der förmlichen Tatbestandsberichtigung bzw. Ergänzung (§ 320 ZPO) verschlossen war.
Der Kläger verlangt von den Beklagten den Ersatz der nach dem Gutachten erforderlichen Mängelbeseitigungskosten abzüglich der erhaltenen 1.500 DM. Er hat weiterhin (seit dem Berufungsverfahren) die Feststellung begehrt, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihm auch allen weiteren Schaden zu ersetzen. Die Beklagten machen im Wege der Widerklage Gebührenansprüche in Höhe von 420,08 DM geltend, die sie für die Vertretung des Klägers in dem Beweissicherungsverfahren in Rechnung gestellt haben.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter und erstrebt weiterhin die Abweisung der Widerklage.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, den Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, daß sie es schuldhaft unterlassen hätten, verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen. Aus § 6 des Vertrages vom 30. Oktober 1975 ergebe sich nicht, daß die Gewährleistungsfrist bis zum 10. Dezember 1976 nicht durch eine Mängelrüge nach § 13 Nr. 5 VOB/B, unterbrochen werden konnte. Auf etwaige gegenteilige Parteivereinbarungen komme es nicht an, da es nicht feststellbar sei, daß die Beklagten derartige Vereinbarungen kannten. Da die Beklagten mit Schreiben vom 25. Oktober 1976 ausdrücklich auf Mängel hingewiesen hätten, die nach dem Tag der Übernahme des Hauses aufgetreten seien, hätten sie alles von ihrem Standpunkt aus zur Unterbrechung der Verjährung Erforderliche getan.
Der geltend gemachte Schaden des Klägers ist nach Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht auf ein sonstiges schuldhaftes Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen. Er sei vielmehr dadurch entstanden, daß der Kläger ohne ihre Mitwirkung am 15. Dezember 1976 einen Vergleich geschlossen habe, durch den seine Ansprüche wegen aller vorhandener Mängel abgegolten worden seien. Da der Kläger von den Beklagten im wesentlichen auch über die Möglichkeit einer Beweissicherung informiert worden sei, hätten diese den ungünstigen Vergleichsabschluß nicht zu vertreten. Der Kläger trage auch selbst nicht vor, daß die Beklagten ihm geraten hätten, sich bei der Unterredung vom 15. Dezember 1976 auf die Zahlung eines bestimmten Ersatzbetrages zu einigen.
Der Widerklage hat das Berufungsgericht schon deshalb stattgegeben, weil der Kläger ausdrücklich die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens gewünscht habe und für die Beklagten nicht erkennbar gewesen sei, daß es nur um Mängel ging, die bereits Gegenstand des Vergleiches waren.
II.
Diese Ausführungen halten gegenüber den Angriffen der Revision einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1.
Die Abweisung der Klage ist in mehrfacher Weise von Rechtsirrtum beeinflußt.
a)
Bedenken bestehen schon gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten es nicht schuldhaft unterlassen, als Verjährungsunterbrechende Maßnahme für den Kläger und dessen Ehefrau vor dem 10. Dezember 1976 ein Beweissicherungsverfahren zu beantragen.
aa)
Ein solches Beweissicherungsverfahren hätte entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung durchaus die Verjährung unterbrechen können, gleichgültig, ob der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau einerseits und der K.S. KG. - GmbH & Co. KG. andererseits geschlossene Vertrag als Kaufvertrag oder als Werkvertrag anzusehen war (§ 477 Abs. 2 BGB bzw. § 639 Abs. 1 i. Vbg. m. § 477 Abs. 2 BGB). Die Anwendung des § 477 Abs. 2 BGB war nicht durch § 6 des notariellen Vertrags ausgeschlossen.
bb)
Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht aber davon aus, für die Beklagten sei aus dem ihnen vorgelegten notariellen Vertrag zu entnehmen gewesen, daß bereits eine einfache Mängelrüge zu einer Unterbrechung der Verjährung habe führen müssen.
Die Auslegung individueller Verträge ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann sie nur auf die Verletzung von Denkgesetzen, Erfahrungssätzen oder allgemeinen Auslegungsregeln überprüfen, sowie darauf, ob sie auf verfahrensrechtlich einwandfrei getroffenen Feststellungen beruht (vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1968 - VII ZR 152/65 = LM § 133 (D) BGB Nr. 4). Ob diese Grundsätze uneingeschränkt auch da gelten, wo die Auslegung nicht unmittelbar für die Entscheidung des Rechtsstreits wesentlich ist, es vielmehr darum geht, ob ein Anwalt pflichtgemäß bei der Wahrnehmung der Belange seiner Mandanten alle nur möglich erscheinenden Auslegungen in Betracht gezogen hat, kann dahinstehen.
Denn schon die Auslegung, die das Berufungsgericht als einzige in Betracht zieht, hält der Revisionsprüfung nicht stand. Die Revision weist hier zutreffend darauf hin, daß das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des Vertrages dessen Inhalt und Zusammenhang nicht genügend beachtet, mithin den Vertrag im Widerspruch zu seinem Text ausgelegt und damit Denkgesetze verletzt hat.
In § 6 des Vertrages wird zwar, worauf sich das Berufungsgericht stützt, auf die Bestimmungen der VOB Bezug genommen. Daraus allein durfte das Berufungsgericht jedoch noch nicht entnehmen, daß auch eine Mängelrüge nach § 13 Nr. 5 VOB/B 1973 zur Unterbrechung der Verjährung führen mußte. In dem Vertrag ist nämlich nicht pauschal auf die VOB verwiesen. Dort ist nur bestimmt, daß sich für diejenigen Handwerker-Leistungen, die der Verkäufer selbst erbringt, Art und Umfang der Gewährleistungspflicht nach den Bestimmungen der VOB richten. Schon hier ist zweifelhaft, ob zu dem Umfang der Gewährleistungspflicht auch die Ausgestaltung der Verjährung gehört. Im baurechtlichen Fachschrifttum wird unter "Art und Umfang der Gewährleistungspflicht" nur das verstanden, was in § 13 Nr. 1-3 VOB/B geregelt ist (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 9. Aufl., Teil B, § 13 Rdn. 18).
Das Berufungsgericht hat vor allem übersehen, daß durch § 9 Satz 4 des notariellen Vertrages die Anwendung von § 13 Nr. 5 VOB/B abbedungen war. Denn die Gewährleistungspflicht sollte am 10. Dezember 1976 endgültig erlöschen. Damit wurde klargestellt, daß jedenfalls eine schriftliche Mängelrüge keine verjährungsverlängernde Wirkung haben sollte. Die Bedeutung dieser Regelung wird, worauf die Revision mit Recht hinweist, noch dadurch unterstrichen, daß in dem folgenden Satz 5 des § 6 zusätzlich ausgeführt wird: "Hierauf sind die Käufer ausdrücklich hingewiesen worden." Damit konnte § 13 Nr. 5 VOB/B 1973 keine Anwendung finden.
Die Beklagten hätten bei der klaren Vertragsregelung auch erkennen können, daß sie nach dieser nächstliegenden, mindestens aber möglichen und daher für einen sorgfältigen Rechtsanwalt in Betracht zu ziehenden Auslegung allein mit einer Mängelanzeige den Ablauf der Verjährung nicht hinausschieben konnten. Schon damals war auch im Schrifttum darauf hingewiesen worden, bei Vereinbarung einer kürzeren Verjährungsfrist als derjenigen des § 13 Nr. 4 VOB/B sei besonders zu prüfen, ob dadurch nicht gleichzeitig die verjährungsverlängernde Wirkung der schriftlichen Mängelanzeige (§ 13 Nr. 5 VOB/B) abbedungen war (Kaiser, NJW 1975, 2184, 2185).
cc)
Die Beklagten konnten auch nicht davon ausgehen, die Verjährung sei durch ein Anerkenntnis nach § 208 BGB unterbrochen worden, und durften nicht etwa deshalb weitere Verjährungsunterbrechende Maßnahmen unterlassen. Eine Unterbrechung der Verjährung durch Anerkenntnis ist zwar grundsätzlich möglich (vgl. BGH, Urt. v. 22. Dezember 1977 - VII ZR 134/76 = BauR 1978, 143, 144 = LM VOB Teil B Nr. 94). Entgegen der von den Beklagten in den Vorinstanzen vertretenen Auffassung ist im Streitfalle eine solche Unterbrechung jedoch nicht eingetreten. Dadurch, daß die Verkäuferin sich im Schreiben vom 13. Oktober 1976 bereit erklärt hatte, die nach dem 30. Oktober 1975 eingetretenen Mängel zu beseitigen, und indem sie im Schreiben vom 3. November 1976 nochmals wegen etwaiger neu aufgetretener Mängel auf ihr Schreiben vom 13. Oktober 1976 verwies, war eine generelle Mängelbeseitigungspflicht nicht anerkannt. Allenfalls hatte sie bezüglich der Schäden, die durch eine Durchfeuchtung vom Balkon her eingetreten waren, eine Gewährleistungspflicht anerkannt; diese Schäden stehen jedoch mit den jetzt geltend gemachten Ansprüchen nicht im Zusammenhang. Zwar gibt es auch ein Anerkenntnis dem Grunde nach (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1974 - VI ZR 26/73 = VersR 1974, 571, 572). Die Verkäuferin hatte ein solches Anerkenntnis jedoch nicht abgegeben, da sie in diesem Schreiben gerade nicht eingeräumt hatte, daß Rißschäden vorlagen, zu deren Beseitigung sie verpflichtet war.
dd)
Da die Beklagten verpflichtet waren, den "sichersten" Weg zu gehen, um das von ihren Mandanten erstrebte Ziel zu erreichen (Senatsurteile vom 20. Februar 1975 - VI ZR 129/73 - VersR 1975, 540, 541 m.w.Nachw. und vom 10. Juni 1980 - VI ZR 177/79 - VersR 1980, 925, 926), nämlich die Verkäuferin zur Beseitigung sämtlicher Baumängel zu veranlassen, hätten sie nur dann von der Beantragung des der Verkäuferin bereits angekündigten Beweissicherungsverfahrens absehen dürfen, wenn die Mandanten anderweitig ausreichend gesichert waren, oder wenn diese trotz Belehrung über die möglichen Folgen der Nichtdurchführung eines solchen Verfahrens - etwa aus Kostengründen - davon hatten absehen wollen.
Eine gewisse Sicherung könnte allerdings dann eingetreten sein, wenn die Verkäuferin bereits vor Ablauf der Verjährung auf den Vorschlag, der im Schreiben der Beklagten vom 15. November 1976 enthalten war, eingegangen war und mit dem Kläger einen Termin vereinbart haben sollte, um die Mängel zu besichtigen. Richtete sich die Gewährleistung nach Werkvertragsrecht, was auch beim "Kauf" vom Bauträger möglich ist (BGHZ 68, 372, 373; 74, 204, 206), dann konnte durch eine solche Vereinbarung die Verjährung gemäß § 639 Abs. 2 BGB gehemmt gewesen sein. Nach dieser Vorschrift tritt eine Hemmung der Verjährung ein, wenn sich der Unternehmer im Einverständnis mit dem Besteller der Prüfung des Mangels oder der Beseitigung des Mangels unterzieht, und zwar solange, bis der Unternehmer das Ergebnis der Prüfung dem Besteller mitteilt oder ihm gegenüber den Mangel für beseitigt erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert.
Fand Kaufvertragsrecht Anwendung, dann hätte das Verhalten der Verkäuferin dazu führen können, daß sie sich nach einem evtl. Scheitern der Verhandlungen aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (pactum de non petendo, § 242 BGB) nicht auf Verjährungsablauf hätte berufen können, wenn dann unverzüglich eine Verjährungsunterbrechende Maßnahme getroffen worden wäre.
Da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, wann sich die Verkäuferin zu einer Besichtigung des Hauses eingelassen hat, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die Verjährung bereits vor Vergleichsabschluß eingetreten war.
War die Verjährung eingetreten, dann haben die Beklagten ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag bereits dadurch schuldhaft verletzt, daß sie jede Kontrolle darüber verloren hatten, ob die Verkäuferin überhaupt auf den Vorschlag eingegangen war, Baumängel festzustellen, bzw. daß sie nicht für eine Verjährungsunterbrechung durch Beantragung eines Beweissicherungsverfahrens sorgten. Da nur eine sehr kurze Hemmung der Verjährung eingetreten bzw. ein pactum de non petendo für kurze Zeit abgeschlossen sein konnte, vielleicht nur von 1-2 Tagen, hätten sie besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen und mit dem Kläger oder seiner Ehefrau vor allem absprechen müssen, ob, wie und mit welcher Begründung gegebenenfalls kurzfristig ein Beweissicherungsverfahren hätte durchgeführt werden können.
War die Verjährung bei Abschluß des Vergleichs noch nicht eingetreten (etwa auch deshalb, weil nach dem Verständnis der Kaufvertragsparteien der § 6 des Kaufvertrages dennoch die Anwendung des § 13 Nr. 5 VOB/B zugelassen haben mag), dann sind allerdings die vorerwähnten Pflichtverletzungen der Beklagten nicht schadensursächlich geworden, da der Schaden dann erst durch den Abschluß des Vergleiches entstanden ist.
b)
Die Revision rügt für diesen Fall aber ferner mit Recht, daß das Berufungsgericht die Anforderungen an die Betreuungspflichten eines Rechtsanwalts zu gering bemißt, wenn es ausführt, der Schaden sei auch nicht auf ein sonstiges schuldhaftes Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen.
aa)
Das Berufungsgericht stellt dazu - von der Revision und der Revisionserwiderung nicht beanstandet - fest, der Kläger habe sich bereits am 15. Dezember 1976 ohne Mitwirkung der Beklagten oder ihres Bürovorstehers persönlich mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Verkäuferin abschließend dahin geeinigt, daß ihm die Verkäuferin zur Abgeltung aller bis dahin erkennbarer Mängel nur einen Betrag von 1.500 DM zahlte. An diese Feststellung ist der Senat gebunden.
bb)
Der Senat vermag dem Berufungsgericht nicht zu folgen, wenn es meint, den Beklagten könnte kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß sie bzw. ihr Bürovorsteher dem Kläger geraten haben, sich mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH seiner Verkäuferin in Verbindung zu setzen und zu sehen, was er selbst erreichen könne.
Die Beklagten traf allerdings nicht die Pflicht, sich selbst den Schaden anzusehen oder, wie der Kläger im Berufungsverfahren einmal gemeint hat, ihren Bürovorsteher zu diesem Zwecke zum Haus des Klägers zu schicken. Eine wichtige Pflicht des Anwaltes ist es zwar, den Sachverhalt genau zu klären (vgl. Borgmann/Haug, Anwaltspflichten - Anwaltshaftung, S. 62). Die Pflicht zur persönlichen Ermittlung beschränkt sich jedoch im allgemeinen auf die Beiziehung und Lektüre von Korrespondenzen (OLG Düsseldorf, NJW 1971, 1614), Gerichtsakten (Borgmann/Haug, aaO, S. 64) oder sonstiger schriftlicher Unterlagen, gegebenenfalls noch auf die Inaugenscheinnahme sonstiger Beweisstücke, die ihm in seiner Kanzlei vorgelegt werden können.
Andererseits entfällt eine Haftung der Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht bereits deswegen, weil sie dem Kläger nicht geraten haben, sich anläßlich der Unterredung mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Verkäuferin auf einen bestimmten Betrag zu einigen. Die Beklagten waren vielmehr verpflichtet, dem Kläger eingehend die rechtliche Tragweite und das Risiko einer solchen Vereinbarung darzulegen. Dazu hätte nicht nur gehört, ihm klar zu machen, daß er dabei eine Unterbrechung der Verjährung erreichen könne, wenn die Verkäuferin ausdrücklich anerkennt, zur Beseitigung bestimmter Mängel verpflichtet zu sein. Vor allem mußten sie aber den Kläger eindringlich davor warnen, in dem damaligen Zeitpunkt - in dem noch kein richtiger Überblick über die vorhandenen Schäden und deren weitere Entwicklung bestand - sich durch Annahme eines bestimmten Geldbetrages endgültig wegen aller oder auch nur der bis dahin sichtbaren Schäden abfinden zu lassen. Sie mußten ihn insbesondere auch darauf hinweisen, daß gerade dann eine besondere Gefahr bestand, wenn er nur eine endgültige Einigung bezüglich der damals feststellbaren Schäden traf. Denn die Verjährung bezüglich der unbekannten Mängel lief dann weiter, es sei denn, diese seien arglistig verschwiegen worden (vgl. dazu BGH, Urteile vom 3. Dezember 1964 - VII ZR 61/63 = VersR 1965, 245, 246 und vom 4. Mai 1970 - VII ZR 134/68 = VersR 1970, 744, 745). Ein Beweissicherungsverfahren wegen solcher unbekannter Mängel, das die Verjährung hätte unterbrechen können, war aber kaum möglich.
Die Beklagten haben auch diese Pflichten schuldhaft verletzt. Sie können sich insbesondere nicht darauf berufen, daß ihr Bürovorsteher, der bis zum Abschluß des Vergleichs ausschließlich mit dem Kläger bzw. dessen Ehefrau verhandelt und diese beraten hat, und für dessen Verschulden sie gemäß § 278 BGB haften, nicht die erforderlichen Kenntnisse besaß. Ein Anwalt muß grundsätzlich sowohl die Anhörung und Befragung der Mandanten (vgl. Borgmann/Haug, aaO, S. 62) als auch die eigentliche juristische Beratungstätigkeit (Borgmann/Haug, aaO, S. 35) persönlich ausüben und darf dies nicht dem Bürovorsteher überlassen. Begnügt er sich mit der Mandatsannahme oder Rechtsberatung durch den Bürovorsteher, dann geschieht dies auf sein eigenes Risiko (Borgmann/Haug, aaO, S. 164).
2.
Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch der Widerklage stattgegeben.
Die Beklagten haben allerdings gegen den Kläger für ihre Tätigkeit in dem Beweissicherungsverfahren zunächst einmal eine Honorarforderung in Höhe des Widerklagebetrages erlangt. Die Beklagten sind jedoch verpflichtet, im Wege des Schadensersatzes auf diese Forderung zu verzichten.
a)
Die Beklagten schulden dem Kläger indes nicht Schadensersatz in Höhe ihrer Gebührenforderung, wie die Revision meint, weil die Verkäuferin verpflichtet gewesen wäre, die Kosten eines vor Vergleichsabschluß beantragten Beweissicherungsverfahrens zu tragen. Haben die Beklagten ihre Anwaltspflichten dadurch verletzt, daß sie nicht vor dem 10. Dezember 1976 ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet haben, so haben sie dem Kläger den ihm daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Dazu gehören aber nicht Kosten, die erst später nach vergleichsweisem Abschluß der Sache nur deshalb noch entstehen, weil der Geschädigte in Verkennung der mittlerweile durch Verjährung bzw. den Vergleich geschaffenen Sachlage die verjährten bzw. erledigten Ansprüche geltend macht.
b)
Die Beklagten haben sich jedoch dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, daß sie im Jahre 1977 überhaupt noch ein für den Kläger nutzloses Beweissicherungsverfahren eingeleitet haben, dazu noch gegen den Geschäftsführer der Komplementärin der Verkäuferin.
aa)
Der Ersatzanspruch entfällt nicht dadurch, daß das Berufungsgericht nicht feststellen konnte, den Beklagten sei erkennbar gewesen, daß in dem Beweissicherungsverfahren lediglich Mängel festgestellt werden sollten, die bereits durch den Vergleichsabschluß erledigt waren. Die Beklagten hätten spätestens damals erkennen müssen, daß ein Beweissicherungsverfahren der von ihnen beantragten Art keinen Wert für den Kläger hatte.
bb)
Fehlerhaft war es ferner, daß die Beklagten den Antrag auf Beweissicherung nicht gegen die Verkäuferin selbst, sondern gegen den Geschäftsführer von deren Komplementärin gerichtet haben, jedenfalls dann, wenn sie glaubten, dadurch noch die Verjährung bzgl. der Gewährleistung unterbrechen zu können. Denn nur ein gegen den Vertragspartner gerichteter Antrag konnte diese Wirkung haben (BGH, Urt. v. 13. März 1980 - VII ZR 80/79 = BauR 1980, 364, 365).
cc)
Ein Beweissicherungsverfahren war zu dieser Zeit jedoch ohnehin sinnlos gewesen, da dem Kläger bzw. seiner Ehefrau überhaupt keine Gewährleistungsansprüche mehr zustanden. Alle diesbezüglichen Ansprüche waren entweder durch den Vergleich abgegolten oder - soweit sie Mängel hätten betreffen können, die im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht bekannt waren - inzwischen verjährt. Da die Verjährung nicht unterbrochen war, hätte sie - wie bereits ausgeführt - nur insoweit nicht eingetreten sein können, als die Verkäuferin Mängel arglistig verschwiegen haben sollte. Die Beklagten tragen aber selbst nicht vor, daß sie bei Beantragung des Beweissicherungsverfahrens von dieser Voraussetzung ausgegangen sind.
Wenn also auch der Kläger wegen neu aufgetretener Mängel die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens gewünscht haben sollte, so hätten die Beklagten ihm die Sinn- und Nutzlosigkeit eines solchen Verfahrens darlegen müssen. Da sie dies unterlassen haben, beruht die Entstehung ihrer Gebührenforderung auf diesem Unterlassen.
III.
Bei dieser Sachlage muß das Berufungsurteil in vollem Umfange aufgehoben werden. Der Senat kann im wesentlichen auch schon abschließend in der Sache entscheiden, und zwar dahingehend, daß unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils der bezifferte Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und zugleich festgestellt wird, daß die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren, aus ihrer Pflichtverletzung entstandenen Schaden zu ersetzen, und daß die Widerklage abgewiesen wird.
1.
Auch ohne weitere tatrichterliche Aufklärung steht bereits jetzt fest, daß die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist, daß er zur Beseitigung der Baumängel nur 1.500 DM erhalten hat.
a)
Sollte sich die Verkäuferin erst nach dem 10. Dezember 1976 bereiterklärt haben, im Haus des Klägers zu überprüfen, ob Mängel vorhanden waren, zu deren Beseitigung sie verpflichtet war, und sollte, wie es dem Vertragswortlaut entspricht, die Anwendung von § 13 Nr. 5 VOB/B ausgeschlossen gewesen sein, so daß bereits im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses sämtliche Gewährleistungsansprüche verjährt waren, dann haften die Beklagten schon deshalb auf Schadensersatz, weil sie nicht kontrolliert haben, ob rechtzeitig die Verjährung gehemmt wurde oder ein pactum de non petendo zustande kam bzw. keinen Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens gestellt haben.
b)
Sollte den Beklagten nur zur Last fallen, daß sie dem Kläger nicht das Risiko eines Vergleichsabschlusses verdeutlicht haben, dann steht zwar nicht fest, wie sich der Kläger verhalten hätte, wenn die Beklagten ihn ordnungsgemäß belehrt und auch vor der eintretenden Verjährung gewarnt hätten, wenn kein Beweissicherungsantrag gestellt werde. Insoweit träfe jedoch die Beklagten die Beweislast dafür, daß der Kläger die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens abgelehnt hätte. Wenn nämlich ein Vertragspartner den anderen vor der Übernahme bestimmter Risiken zu warnen hatte, trifft regelmäßig ihn als den Aufklärungspflichtigen die Beweislast dafür, daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, weil sich der Geschädigte über jeden Rat oder Hinweis hinweggesetzt hätte (BGHZ 61, 118, 122; vgl. auch Senatsurteil vom 5. März 1974 - VI ZR 222/72 = VersR 1974, 782, 783). Die Beklagten haben einen diesbezüglichen Beweis jedoch nicht angetreten.
c)
Da bisher noch keine Feststellungen dazu getroffen sind, welche Schäden dem Kläger und seiner Ehefrau entstanden sind, und inwieweit sie hätten vermieden werden können, wenn die Beklagten ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag nicht verletzt hätten, konnte bezüglich des bezifferten Anspruches zunächst nur ein Grundurteil erlassen werden. Dem Feststellungsantrag konnte jedoch schon jetzt stattgegeben werden, und zwar schon allein deshalb, weil mit weiteren Setzungsschäden am Haus zu rechnen ist.
2.
Da sich die Widerklage endgültig als unbegründet erwiesen hat, war sie schon jetzt abzuweisen.
IV.
Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruches war die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wurde.
Dr. Steffen
Dr. Kullmann
Dr. Ankermann
Dr. Deinhardt