Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.05.1981, Az.: III ZR 2/79

Anspruch auf Zahlung rückständiger Beträge aus Kreditvertrag wegen Übernahme der Verpflichtungen auf Grund einer selbst schuldnerischen Bürgschaft; Nichtigkeit des Kreditvertrages wegen Verstoßes gegen die guten Sitten; Messen von Ratenkreditverträgen über hochverzinsliche Darlehen an den Grundsätzen für wucherähnliche Rechtsgeschäfte; Sittenwidrigkeit , wenn zwischen Leistung und durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegte Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht; Erfordernis, dass der Darlehensgeber die wirtschaftlich schwächere Lage des Darlehensnehmers, dessen Unterlegenheit, bei der Festlegung der Darlehensbedingungen bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt; Erfordernis der Gesamtwürdigung der Geschäftsumstände; Ansprüche auf vertraglich vereinbarte Zinsen oder auf Vergütung der von den Darlehensnehmern gezogenen Nutzungen; Anspruch auf Rückgewähr des dargeliehenen Kapitals von dem Zeitpunkt an, der bei Gültigkeit des Geschäfts für die Rückzahlung maßgebend wäre

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
07.05.1981
Aktenzeichen
III ZR 2/79
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1981, 13007
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 15.11.1978

Prozessführer

1. Frau Charlotte M., L. straße ..., H.

2. Herr Werner M., wohnh. ebenda.

3. Herr Ralf M., wohnh. ebenda.

Prozessgegner

KKB-K.-Kredit-Bank Deutsche Haushaltsbank KGaA.,
vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter Dr. Günter S. und Willy W., D.

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Ein Darlehensvertrag ist wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, wenn zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers ein auffälliges Missverhältnis besteht und der Darlehensgeber die wirtschaftlich schwächere Lage des Darlehensnehmers, dessen Unterlegenheit, bei der Festlegung der Darlehensbedingungen bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt.

  2. 2.

    Dem steht es gleich, wenn sich der Darlehensgeber als objektiv sittenwidrig Handelnder zumindest leichtfertig der Einsicht verschließt, dass sich der Darlehensnehmer nur auf Grund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Darlehensbedingungen einlässt.

  3. 3.

    Inhalt und Zweck des Darlehensgeschäfts und die gesamten sonstigen Geschäftsumstände sind zusammenfassend zu würdigen.

In dem Rechtsstreit hat
der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 1981
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Nüßgens und
die Richter Dr. Krohn, Dr. Tidow, Boujong und Dr. Scholz-Hoppe
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Sprungrevision der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 15. November 1978 unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten zur Zahlung von mehr als 9.108 DM nebst 4 % Zinsen hieraus ab 1. Mai 1981 verurteilt sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Landgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Kundenkreditbank, begehrt die Zahlung rückständiger Beträge aus einem mit den Beklagten zu 1) und 2) am 9. September 1976 geschlossenen Kreditvertrag. Der Beklagte zu 3) hat für die Verpflichtungen aus diesem Vertrag die selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen.

2

Die Kreditantragssumme (Nettokredit) betrug 22.077,50 DM, die Kreditgebühr 0,95 % pro Monat, was für eine Laufzeit von 60 Monaten einen Betrag von 12.584,50 DM ergab. Hinzu kam eine Bearbeitungsgebühr von 662,35 DM (3 % der Kreditantragssumme), so daß sich die Gesamtkreditsumme auf 35.324,35 DM belief.

3

Nach dem Zahlungsplan sollten am 1. Oktober 1976 573,35 DM entrichtet und ab 1. November 1976 59 monatliche Raten a 589,- DM geleistet werden.

4

Die Parteien hatten weiter die Geltung der sog. KKB-Kreditbedingungen in der Fassung vom 1. Dezember 1975 sowie der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vereinbart.

5

Die Nettokreditsumme sollte teilweise zum Umschulden bestehender Verbindlichkeiten verwendet werden. Weisungsgemäß zahlte die Klägerin einen Betrag von 11.500,- DM an die P.-Kreditbank in Ka. aus, welche diesen Betrag jedoch am 15. November 1976 an die Klägerin zurücküberwies, weil der Beklagte zu 3) sich entschlossen hatte, den ursprünglichen Vertrag dort fortzuführen.

6

Nach Ziffer 5 der KKB-Kreditbedingungen waren bei Rückzahlung des Restsaldos vor der im Kreditvertrag vereinbarten Fälligkeit den Kreditnehmern so viel an Kreditgebühren zurückzuerstatten, wie sie bei Aufnahme eines neuen Kredites in Höhe des Nettorestkreditbetrages für die Restlaufzeit unter Zugrundelegung des zuletzt berechneten Gebührensatzes aufzuwenden gehabt hätten. In Anwendung dieser Regelung schrieb die Klägerin den Beklagten zu 1) und 2) am 30. August 1977 einen Betrag von 1.874,25 DM gut.

7

Von dieser Rücküberweisung der P.-Kreditbank abgesehen leisteten die Beklagten keine Zahlungen. Sie wurden deshalb bereits im Oktober 1976 jedenfalls zweimal gemahnt. Weitere Mahnungen ergingen ab März 1977. Für die Mahnungen sowie Umlegungsgebühren und Kosten für eine Lohnabtretungsanzeige und ein Telegramm an den Bürgen berechnete die Klägerin einen Betrag von 106,80 DM. Hinsichtlich ihres Rechtes zur Berechnung dieser Gebühren beruft sich die Klägerin auf eine Gebührenvereinbarung und auf Ziffer 14 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

8

Nach Ziffer 6 der KKB-Kreditbedingungen wird ein Restsaldo zur sofortigen Zahlung fällig, wenn der Kreditnehmer mit einer Rate länger als 20 Tage in Verzug gerät. Entsprechend dieser Vereinbarung stellte die Klägerin den Restsaldo zum 1. Mai 1977 zur Rückzahlung fällig.

9

Nach Ziffer 6 der KKB-Kreditbedingungen war die Klägerin weiter berechtigt, auf den Zeitpunkt dieser Fälligkeit eine Berechnung nach Ziffer 5 dieser Bedingungen vorzunehmen und von diesem Zeitpunkt ab auf den sich ergebenden Nettorestkreditbetrag Verzugsgebühren in Höhe von 1,8 % monatlich zu berechnen. Die Rückrechnungsgutschrift ergab einen Betrag von 5.522,55 DM.

10

Die Klägerin berechnet die Klageforderung wie folgt:

Bruttokreditsumme35.324,35 DM
+ Mahnkosten usw.106,80 DM
35.431,15 DM
./. Rücküberweisung Pfalz-Kreditbank11.500,- DM
./. Gutschrift wegen vorzeitiger Teilrückzahlung1.874,25 DM
./. Rückerstattung wegen vorzeitiger Fälligstellung5.522,55 DM
16.534,35 DM
11

Sie hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung dieses Betrages nebst 1,8 % monatliche Zinsen ab 2. Mai 1977 zu verurteilen.

12

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Sie haben die Auffassung vertreten, der Kreditvertrag verstoße gegen die guten Sitten und sei deshalb nichtig.

14

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Sprungrevision der Beklagten, mit der diese ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgen. Die Klägerin, die in die Übergehung der Berufungsinstanz eingewilligt hat (§ 566 a Abs. 2 ZPO), bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

15

1.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Weder der errechenbare Zinssatz noch sonstige Vertragsbestandteile verstießen gegen die guten Sitten. Ein möglicher Verstoß gegen § 1 Abs. 4 der Preisangabeverordnung (Angabe des effektiven Jahreszinses) mache den Vertrag nicht unwirksam. Auch die Höhe der vereinbarten Verzugszinsen sei nicht sittenwidrig. Die Klageforderung entspreche im übrigen der in Ziff. 5 und 6 der KKB-Bedingungen getroffenen Regelung. Danach sei die Klägerin berechtigt gewesen, die zurückgezahlten 11.500 DM vom Gesamtkreditbetrag - nicht, wie die Beklagten begehrten, von der Antragssumme - abzusetzen.

16

Die hiergegen gerichtete Sprungrevision (§ 566 a ZPO) hat zum Teil Erfolg, weil das angefochtene Urteil die materielle Rechtslage in entscheidenden Punkten unzutreffend würdigt.

17

2.

Der erkennende Senat mißt in ständiger Rechtsprechung Ratenkreditverträge über hochverzinsliche Darlehen an den Grundsätzen für wucherähnliche Rechtsgeschäfte (§ 138 Abs. 1 BGB). Danach ist ein Darlehensvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, wenn zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers ein auffälliges Mißverhältnis besteht und der Darlehensgeber die wirtschaftlich schwächere Lage des Darlehensnehmers, dessen Unterlegenheit, bei der Festlegung der Darlehensbedingungen bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt. Dem steht es gleich, wenn sich der Darlehensgeber als objektiv sittenwidrig Handelnder zumindest leichtfertig der Einsicht verschließt, daß sich der Darlehensnehmer nur aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Darlehensbedingungen einläßt. Inhalt und Zweck des Darlehensgeschäfts und die gesamten sonstigen Geschäftsumstände sind zusammenfassend zu würdigen. Für diese Gesamtwürdigung sind die vertraglich festgelegten Leistungen und Gegenleistungen sowie die sonstigen vertraglichen Regelungen, auch die der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Darlehensgebers, heranzuziehen. Besonderes Gewicht kommt hierbei dem Verhältnis zwischen dem Darlehensentgelt, dem Zins, und der Hauptleistung des Darlehensgebers, der Übertragung der Kapitalnutzungsmöglichkeit auf Zeit, zu (Senatsurteil vom 12. März 1981 - III ZR 92/79 - NJW 1981, 1206 = WM 1981, 353 - ZIP 1981, 369 m.w.Nachw., zum Abdruck in BGHZ vorgesehen).

18

Das Landgericht hat seiner materiell-rechtlichen Beurteilung nicht diese - im wesentlichen erst nach der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug entwickelten - Grundsätze zugrunde gelegt. Insbesondere hat es die gebotene Gesamtwürdigung der Geschäftsumstände nicht vorgenommen. Diese fehlerhafte sachlich-rechtliche Würdigung führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils.

19

3.

Neben den Kreditgebühren von monatlich 0,95 % der Antragssumme (insgesamt 12.584,50 DM) erhob die Klägerin eine Bearbeitungsgebühr von 3 % (622,35 DM). Diese Gebühr ist als (pauschalierte) Vergütung für die Kapitalbeschaffung und -überlassung in die effektive Zinsbelastung des Darlehensnehmers einzurechnen (Senatsurteil vom 10. April 1980 - III ZR 59/79 = NJW 1980, 2074 = WM 1980, 892). Das ergibt hier einen effektiven Jahreszins von annäherungsweise 23,60 %. Das Landgericht hat nicht, wie sachlichrechtlich geboten, einen "Marktvergleich" dahin angestellt, welche Zinssätze im September 1976 auf dem gesamten Markt für Ratenkredite in vergleichbarer Höhe für vergleichbare Laufzeiten verkehrsüblich waren (vgl. dazu die Senatsurteile vom 12. März 1981 a.a.O. und vom 10. Juli 1980 - III ZR 177/78 - NJW 1980, 2301 = WM 1980, 1111). Der erkennende Senat vermag daher nicht auszuschließen, daß die im zu prüfenden Fall erhobenen - jedenfalls - hohen Zinsen bei der anzustellenden Gesamtschau der Geschäftsumstände zur Annahme der Sittenwidrigkeit des Vertrages entscheidend beitragen können.

20

a)

Das Kreditantragsformular weist nicht, wie es § 1 Abs. 4 der Verordnung über Preisangaben vom 10. Mai 1973 (BGBl I S. 461, in Kraft seit dem 1. Juli 1973) vorsieht, den "effektiven Jahreszins" aus. Dieser Verstoß berührt zwar für sich allein die Rechtswirksamkeit des Darlehensvertrages nicht. Er erschwert es jedoch den Darlehensnehmern, ihre Belastung zuverlässig zu beurteilen, und fällt damit bei der Bewertung der (gesamten) Vertragsumstände ins Gewicht (Senatsurteile vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 - WM 1979, 225; vom 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = WM 1979, 966; vom 10. Juli 1980 aaO).

21

b)

Erhebliche Belastungen legt die Klägerin den Kreditnehmern nach den von ihr gestalteten Vertragsbedingungen auch auf, wenn diese das Darlehen vorzeitig zurückzahlen wollen oder mit der Zahlung der Raten in Rückstand geraten. Die Klägerin hat sich diese Belastungsmöglichkeiten in den auf der Rückseite des Kreditvertragsformulars aufgedruckten Kreditbedingungen vorbehalten. An dieser Stelle erwarten geschäftlich nicht erfahrene oder rechtsunkundige Kreditbewerber keine ihnen nachteilige Bedingungen dieser Art.

22

Von Ziff. 5 der KKB-Kreditbedingungen wird ausdrücklich nur die Rückzahlung des gesamten Restsaldos vor der vereinbarten Fälligkeit (der restlichen Raten) erfaßt. Ob diese Bestimmung auch für eine teilweise vorzeitige Rückzahlung des Restsaldos Bedeutung hat, ist zumindest sehr unklar, wie auch das Landgericht nicht verkennt. Zweifelhaft ist auch der Regelungszusammenhang zwischen Ziff. 4 (Kündigungsrecht bei hohem Zinssatz) und Ziff. 5. Falls die vorzeitige Rückzahlung nach Ziff. 4 als eine vorzeitige Ablösung im Sinne von Ziff. 5 Abs. 3 anzusehen wäre - was nach der Wortbedeutung naheliegt -, würde dies wegen des von der Klägerin in Anspruch genommenen "Ausgleichs" der dadurch entstehenden Kosten in Höhe von maximal 3 % des Nettokreditbetrages eine gemäß § 247 Abs. 1 Satz 2 BGB unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts darstellen (BGH Urteil vom 12. Dezember 1980 - V ZR 115/79 = WM 1981, 222). Die in ihrer Auslegung nicht zweifelsfreie Vertragsbestimmung ist darüber hinaus geeignet, rechtsunkundige Darlehensnehmer von der Wahrnehmung ihrer Rechte aus § 247 BGB abzuhalten.

23

c)

Nach Nr. 6 der KKB-Kreditbedingungen wird der Restsaldo zur Zahlung fällig, wenn der Darlehensnehmer mit einer Rate länger als 20 Tage in Verzug gerät. Das ist - zumal bei wirtschaftlich schwachen Schuldnern - eine auffallend kurze Frist, die das Risiko des Darlehensnehmers, mit den Verzugsfolgen belastet zu werden, nicht unwesentlich erhöht.

24

Bei Ratenverzug ist die Klägerin berechtigt, nicht aber verpflichtet, eine Rückrechnung gemäß Ziffer 5 vorzunehmen, also nicht verbrauchte Kreditgebühren zu erstatten. Die Verzugsgebühren selbst werden mit 1,8 % p. M. berechnet (Ziff. 6). Die Anknüpfung der Verzugszinsen an den nach Ziff. 5 Abs. 1 Satz 2 zu berechnenden "Nettorestkreditbetrag" gestattet es der Klägerin, Verzugszinsen auch von Kreditgebühren (Zinsen im Rechtssinne) zu erheben. Dies verstößt gegen das Zinseszinsverbot (§ 248 Abs. 1, § 289 Satz 1 BGB).

25

d)

Bei gerichtlicher Beitreibung des Restsaldos hat die Klägerin Anspruch auf Zahlung bis zu 4 % der anhängig gemachten Hauptforderung zur Abgeltung des ihr hierdurch entstandenen Aufwandes (Ziff. 7). Diese Gebühr ist ersichtlich für die Verwaltungskosten (Gemeinkosten) der Klägerin zu entrichten. Sie wird ohne Rücksicht auf die tatsächlichen, durch die gerichtliche Beitreibung verursachten Kosten berechnet, überschreitet die in § 91 Abs. 2 ZPO bestimmten gesetzlichen Grenzen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs und hängt allein von der Höhe der fälliggestellten Restschuld ab (vgl. Senatsurteil vom 9. November 1978 aaO). Darüber hinaus soll die Klägerin von dem Kreditnehmer auch den Ersatz von Gebühren eines Inkassoinstituts sowie ihrer erstattungsfähigen Kosten einer Rechtsverfolgung gegen andere Kreditnehmer verlangen dürfen (Ziff. 7 Abs. 2).

26

Hinzu treten Mahngebühren, die sich für die erste Mahnung auf 3,50 DM, für die zweite auf 8 DM und für die dritte auf 12 DM belaufen, jeweils zuzüglich 1 % p. M. aus der rückständigen Rate.

27

4.

Bei dieser Vertragsgestaltung kann der gesamte Kreditvertrag sittenwidrig und daher nichtig sein (§ 138 Abs. 1 BGB; vgl. Senatsurteile vom 10. April 1980 - III ZR 59/79 = NJW 1980, 2074 - WM 1980, 892; vom 17. April 1980 - III ZR 96/78 = NJW 1980, 2076 - WM 1980, 860; vom 10. Juli 1980 - III ZR 177/78 = NJW 1980, 2301 = WM 1980, 1111). Die Annahme des Landgerichts, der Vertrag sei wirksam, läßt sich deshalb auf der Grundlage der bisher getroffenen tatrichterlichen Feststellungen nicht rechtfertigen.

28

a)

Für die revisionsrechtliche Würdigung muß hiernach davon ausgegangen werden, daß die Klägerin keine Ansprüche auf vertraglich vereinbarte Zinsen oder auf Vergütung der von den Darlehensnehmern gezogenen Nutzungen zustehen (§§ 817 Satz 2, 818 Abs. 1 BGB). Bei Nichtigkeit des Kreditvertrages wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB muß die Klägerin den Darlehensnehmern das Kapital so lange ohne die anstößige Gegenleistung (Zinsen) belassen, wie es bei Gültigkeit des Geschäfts der Fall gewesen wäre. Das gilt entgegen der Auffassung der Klägerin auch, wenn - wie hier - das Sittenwidrigkeitsurteil nach § 138 BGB nicht allein an die Zinshöhe geknüpft ist, sondern sich erst aus einer Gesamtwürdigung der Umstände unter Einschluß der Zinsvereinbarung ergibt. Allerdings können verschiedene Leistungen des Darlehensgebers voneinander abweichende Zwecke verfolgen und in Ansehung des § 817 Satz 2 BGB unterschiedlich zu beurteilen sein (BGH Urteil vom 18. April 1962 - VIII ZR 245 = NJW 1962, 1148). Hieran fehlt es indessen im vorliegenden Fall. Als die für die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB maßgebende Leistung des Darlehensgebers kommt hier allein die Hingabe des Darlehenskapitals in Betracht. Sie diente - für das Revisionsverfahren unterstellt - dem Zweck, der Klägerin eine insgesamt anstößige Gegenleistung zu verschaffen, zu der ganz wesentlich die Zinsen gehörten. Der Klägern ist es hiernach auch bei einer durch die Gesamtheit der Geschäftsumstände begründeten Sittenwidrigkeit des Vertrages durch § 817 Satz 2 BGB verwehrt, nach Bereicherungsgrundsätzen eine Vergütung für die Nutzung des Darlehenskapitals zu verlangen.

29

Die Klägerin hat andererseits Anspruch auf Rückgewähr des dargeliehenen Kapitals von dem Zeitpunkt an, der bei Gültigkeit des Geschäfts für die Rückzahlung maßgebend wäre (BGB-RGRK 12. Aufl. § 817 Rdn. 26 m. w. Nachw.).

30

Nach dem Kreditvertrag sollten die Darlehensnehmer das Darlehenskapital nicht über die vollen 60 Monate nutzen dürfen, sondern in 60 gleichen Raten (zuzüglich Kreditgebühren) zurückzahlen. Sie sind daher gemäß § 812 BGB verpflichtet, zumindest die vom 1. Oktober 1976 bis 1. Mai 1981 fällig gewordenen 56 Raten zu je rund 368 DM (22.977,50: 60), also 20.608 DM abzüglich der bereits zurückgezahlten 11.500 DM = 9.108 DM der Klägerin zurückzuerstatten.

31

Ob und gegebenenfalls in welchem Zeitpunkt das gesamte Darlehenskapital vorzeitig fällig geworden (vgl. RGZ 161, 52, 57) und etwa Verzug der Darlehensnehmer eingetreten ist, kann der erkennende Senat nicht abschließend beurteilen. Dies bedarf im Hinblick auf die (im Falle der Nichtigkeit des Vertrages) verminderte Höhe der Raten (368 DM statt 589 DM) und die bereits im November 1976 geleistete Rückführung von 11.500 DM der tatrichterlichen Würdigung.

32

Der Betrag von 9.108 DM, den die Darlehensnehmer per 1. Mai 1981 in jedem Falle zu zahlen haben, ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB in der gesetzlichen Höhe zu verzinsen. In welchem Umfang der Klägerin darüber hinaus weitere Zinsen aus dem Gesichtspunkt des Verzuges oder der Rechtshängigkeit zustehen, ist in dem anschließenden Verfahren zu klären.

33

5.

Falls das Landgericht - was nach dem Inhalt des Kreditvertrages allerdings nicht naheliegt - wiederum zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß der Vertrag nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB verstößt, wird jedenfalls die Art und Weise der von der Klägerin vorgenommenen "Rückrechung" der zurückgeführten 11.500 DM nicht gebilligt werden können. Die Darlehensnehmer haben diesen Betrag ersichtlich nicht als vorzeitige Sonderzahlung angeboten, sondern damit eine Verminderung der Gesamtsumme auf (22.077,50 ./. 11.500 =) 10.577,50 DM begehrt. Das ergibt schon der nahe zeitliche Zusammenhang zwischen Auszahlung und Rückführung dieses Teils des Darlehenskapitals. Wenn die Klägerin diesen Betrag annahm, ohne das mit der Leistung verbundene (schlüssige) Angebot der Darlehensnehmer auf Vertragsänderung abzulehnen, müßte sie sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als hätte sie seinerzeit dem Angebot der Darlehensnehmer zugestimmt. Andernfalls wäre sie gehalten gewesen, das Angebot abzulehnen und die ihr zugeflossenen 11.500 DM wieder an die Darlehensnehmer zurückzuleiten, um ihnen wenigstens die Nutzung dieses Teils des Darlehenskapitals zu ermöglichen.

Nüßgens
Krohn
Tidow
Boujong
Scholz-Hoppe