Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.03.1981, Az.: V ZB 2/81
Antrag auf Eintragung einer Dienstbarkeit beim Grundbuchamt; Verlegung und Betrieb einer unterirdischen Gasrohrleitung; Notwendigkeit einer ergänzenden Erklärung hinsichtlich des genauen Verlaufs der Leitung und der entsprechenden Bauverbotszone; Beigefügte Skizze als Bestandteil deröffentlich beglaubigten Urkunde; Ausübungsstelle der Dienstbarkeit als zwingender rechtsgeschäftlicher Inhalt der Belastung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 06.03.1981
- Aktenzeichen
- V ZB 2/81
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1981, 12060
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm
- LG Siegen - 27.06.1980
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DNotZ 1982, 228-230
- MDR 1981, 834-835 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1981, 1781-1782 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit für die Westfälische F.-Aktiengesellschaft in D. auf den im Grundbuch von H. Blatt ... eingetragenen Grundstücken Flur 30, Flurstücke ... und ...
Amtlicher Leitsatz
Wird die Ausübungsstelle einer Dienstbarkeit rechtsgeschäftlich bestimmt, muß diese Stelle als Inhalt des Rechts in den Eintragungsunterlagen eindeutig bezeichnet werden.
Soll dies durch Bezugnahme auf eine Skizze geschehen, dann muß die beglaubigte Bewilligung selbst auf diese Skizze Bezug nehmen; die bloße Verbindung der Bewilligungserklärung mit der Skizze über Schnur und Siegel und ein entsprechender notarieller Vermerk auf der Skizze (die Skizze sei "Anlage zur notariellen Urkunde") genügen nicht.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
am 6. März 1981
durch
den Vorsitzenden Richter Hill und
die Richter Dr. Eckstein, Prof. Dr. Hagen, Linden und Dr. Vogt
beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 27. Juni 1980 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer hat zugunsten der Beteiligten zu 2 mit notariell beglaubigter Erklärung vom 8. Mai 1980 die Eintragung einer Dienstbarkeit folgenden Inhalts auf seinen Grundstücken in H. bewilligt und beantragt:
"Die Westfälische F.-Aktiengesellschaft, D., ist berechtigt, eine unterirdische Gasrohrleitung nebst Zubehör in dem o.g. Grundstück zu verlegen, zu betreiben und zu unterhalten.
Auf dem 6 m breiten Schutzstreifen, dessen Außengrenzen beiderseits der Rohrachse in einem Abstand von 3 m verlaufen, dürfen für die Dauer des Bestehens der Leitung keine Gebäude errichtet oder sonstige Einwirkungen vorgenommen werden, die den Bestand der Leitung und des Zubehörs gefährden oder den Betrieb der Leitung und des Zubehörs behindern. Zu den gefährdenden Einwirkungen gehören auch Bodenauf- und -abträge.
Es ist der Westfälischen F.-Aktiengesellschaft zu D. gestattet, die Ausübung der Dienstbarkeit Dritten zu überlassen."
Die Rückseite dieser Erklärung enthält den Beglaubigungsvermerk. Verbunden durch Schnur und notarielles Siegel ist eine kopierte Zeichnung (Teil der Flurkarte; Grundakte Bl. 48) als zweites Blatt beigefügt, in der auf den Grundstücken des Beschwerdeführers ein dunkler Strich (etwa rechtwinklig verlaufend) und auf beiden Seiten hiervon eine breitere hellere Schraffierungszone eingezeichnet sind. Ein notarieller Vermerk vom 2. Juni 1980 auf der Rückseite bezeichnet die Kopie als Anlage zur notariellen Urkunde vom 8. Mai 1980.
Unter Vorlage dieser Unterlagen hat der Notar beim Grundbuchamt die Eintragung der Dienstbarkeit beantragt. Der Rechtspfleger hat mit Zwischenverfügung vom 6. Juni 1980 darauf hingewiesen, daß sich aus der Eintragungsbewilligung der Verlauf der Gasrohrleitung nicht ergebe, weil sie mit keinem Wort auf die beigefügte Flurkarte Bezug nehme. Es sei daher eine ergänzende Erklärung des Eigentümers in grundbuchmäßiger Form erforderlich, die über den genauen Verlauf der Gasrohrleitung Auskunft gebe, zu ihrer Beibringung werde eine Frist von einem Monat gesetzt.
Die als Beschwerde behandelte Erinnerung des Notars gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts hat das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Hamm möchte die weitere Beschwerde ebenfalls zurückweisen, weil wegen der Auswirkungen des Bauverbots die Ausübungsstelle für die Grunddienstbarkeit zwingend rechtsgeschäftlich festgelegt werden müsse. Das setze eine Bezugnahme auf die beigefügte Karte in der Bewilligung voraus; sie könne durch eine bloße Verbindung von Zeichnung und Urkunde mit Schnur und Siegel und durch den Vermerk auf der Zeichnung selbst nicht ersetzt werden. Es sieht sich jedoch an dieser Entscheidung gehindert im Hinblick auf den Beschluß des Oberlandesgerichts Bremen vom 13. August 1965, 1 W 88/65 = NJW 1965, 2403 und hat deshalb die weitere Beschwerde dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Vorlage ist zulässig (§ 79 Abs. 2 Satz 1 GBO). Das Oberlandesgericht hält für entscheidungserheblich (und insoweit ist der Senat für die Zulässigkeitfrage an die Auffassung des Oberlandesgerichts gebunden; BGHZ 7, 339, 341; ständige Rechtsprechung des Reichsgerichts vgl. RGZ 136, 402, 405), ob bei der hier gegebenen Leitungsdienstbarkeit mit Bauverbotszone die Ausübungsstelle der Dienstbarkeit zwingend zum rechtsgeschäftlichen Inhalt der Belastung gehöre und demgemäß in der Bewilligungserklärung in grundbuchmäßiger Form eindeutig bezeichnet werden müsse. Diese die Auslegung von Grundbuchrecht betreffende Frage möchte es bejahen. Das Oberlandesgericht Bremen hat sie für eine Dienstbarkeit entsprechenden Inhalts in dem bezeichneten Beschluß verneint.
III.
Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet. Das Grundbuchamt hat die notariell beglaubigte Bewilligungserklärung zu Recht beanstandet, weil sie die Ausübungsstelle der Dienstbarkeit nicht mit hinreichender Bestimmtheit bezeichne.
Das Oberlandesgericht versteht offenbar den Eintragungsantrag mit Bewilligung zutreffend dahin, daß nicht nur ein Grundstücksteil belastet werden soll (vgl. § 7 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 GBO), sondern eine Gesamtbelastung des Grundstücks mit Ausübungsbeschränkung auf einen realen Streifen beabsichtigt ist (vgl. auch § 1023 BGB).
Bei der Gesamtbelastung mit Ausübungsbeschränkung sind zu unterscheiden die Dienstbarkeiten, in denen die Ausübungsstelle rechtsgeschäftlich festgelegt ist (vgl. § 1023 Abs. 1 Satz 2 BGB) von den Fällen, in denen dies nicht vereinbart ist, die Ausübungsstelle mithin nicht rechtsgeschäftlicher Inhalt der Grundstücksbelastung ist, sondern der tatsächlichen Ausübung überlassen bleibt. In beiden Fällen ergeben sich auch keine Zweifelsfragen hinsichtlich der nötigen Bestimmtheit der Eintragungsunterlagen. Ist die Ausübungsstelle Inhalt der Belastung, muß sie in der Bewilligung eindeutig bezeichnet werden, bleibt dagegen die Festlegung der Ausübungsstelle der tatsächlichen Ausübung überlassen, ist dieses Eintragungserfordernis nicht gegeben (vgl. BGH Urteil vom 17. Januar 1969, V ZR 162/65 = NJW 1969, 502, 503; KG NJW 1973, 1128 ff m.w.N.; BGB-RGRK 12. Aufl. § 1023 Rdn. 1). Das zieht auch das Oberlandesgericht nicht in Zweifel, meint aber, im vorliegenden Fall dürfe die Bestimmung der Ausübungsstelle nicht der tatsächlichen Ausübung überlassen bleiben, sondern gehöre nach der Art der Dienstbarkeit zwingend zum rechtsgeschäftlichen Inhalt. Ein Bauverbot sei von so wesentlicher Bedeutung für die Dienstbarkeit, daß die Ausübungsstelle insoweit in der Eintragungsbewilligung klargestellt werden müsse. weil sonst mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Bebauung des Grundstücks ein unerträglicher Zustand der Rechtsunsicherheit geschaffen werde. Ohne Festlegung der Ausübungsstelle werde hier das Wesen der Grunddienstbarkeit nicht erkennbar (vgl. auch OLG Hamm OLGZ 67, 456, 457 ff; KG a.a.O. S. 1029, 1130; OLG Celle Nds. Rpfl 1978, 57).
Diese Frage muß jedoch nicht beantwortet werden, weil es für die Entscheidung über die weitere Beschwerde auf sie nicht ankommt. Aus den Eintragungsunterlagen ergibt sich nämlich gerade, daß die Ausübungsstelle zum Inhalt der Grunddienstbarkeit gemacht und rechtsgeschäftlich festgelegt werden soll. Da die Eintragungsbewilligung hier über Schnur und Siegel mit der Kopie einer Flurkarte verbunden war (§ 44 BeurkG), auf der der Verlauf der Rohrleitung mit Bauverbotszone eingezeichnet ist (eine andere Bedeutung der geschilderten Zeichnung kommt nicht in Betracht) und der Notar mit gesondertem Vermerk diese Zeichnung auch noch ausdrücklich als Anlage zur Bewilligungsurkunde feststellt, bedeutet dies, daß über die Einzeichnung in der Flurkarte die Ausübungsstelle für die Dienstbarkeit rechtsgeschäftlich festgelegt werden sollte. Ein anderer Sinn (§ 133 BGB) für die Beifügung der Zeichnung auf die vorgeschilderte Art ist nicht erkennbar. Dann aber verlangen das Grundbuchamt und im Ergebnis auch das Oberlandesgericht zu Recht, daß die Bewilligung als maßgebliche Eintragungsunterlage den Verlauf der Gasleitung umfassen muß. Das kann in der Form geschehen, daß auf die beigefügte Flurkarte und die darauf erfolgte Einzeichnung Bezug genommen wird (vgl. auch BGHZ 59, 11 ff [BGH 09.05.1972 - V ZB 19/71]). An einer solchen Bezugnahme (auf die Skizze) fehlt es hier in der beglaubigten Bewilligung. Auf diese kommt es an (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO). Es genügt weder die bloße Verbindung der Zeichnung mit Schnur und Siegel noch der auf der Zeichnung befindliche Vermerk, sie bilde eine "Anlage zur notariellen Urkunde". Der Senat (BGHZ aaO) hat auch schon für die Rechtslage vor Erlaß des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung beurkundungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Februar 1980 (BGBl I, 157) betont, daß in der Bewilligung auf die Skizze Bezug genommen werden müsse, und dies in anderem Zusammenhang für den Fall der Beurkundung wiederholt (BGHZ 74, 346). Daran ist festzuhalten.
Das Oberlandesgericht verweist noch auf § 9 Abs. 1 Satz 3 des Beurkundungsgesetzes neuer Fassung. Diese Bestimmung ist allerdings nicht unmittelbar einschlägig, da nicht die Beurkundung einer Willenserklärung, sondern nur eine Unterschriftsbeglaubigung in Frage steht (§ 39 BeurkG). Für die öffentlich beglaubigte Erklärung kann aber nichts anderes gelten. Die Skizze wird nur dann Bestandteil der öffentlich beglaubigten Urkunde (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO), wenn auf sie darin Bezug genommen wird und diese Bezugnahme somit Teil der Erklärung wird, deren Unterschrift der Notar beglaubigt (vgl. auch Keidel/Kuntze/Winkler, FG, Teil B 11. Aufl. § 40 BeurkG Rdn. 21; Jansen, FGG 2. Aufl. § 40 BeurkG Rdn. 15 m.w.N.).
Streitwertbeschluss:
Der Beschwerdewert wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Dr. Eckstein
Hagen
Linden
Vogt