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Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.09.1980, Az.: VIII ZR 291/79

Wirksamkeit eines in einer Bürgschaftsurkunde erklärten formularmäßigen Vorausverzichts auf Einwendungen; Missbräuchliche einseitige Interessenverfolgung zugunsten der Kredit gewährenden Bank; Unangemessene Benachteiligung des Bürgen; Willkürliche Aufgabe von Sicherheiten zum Schaden des Bürgen

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
24.09.1980
Aktenzeichen
VIII ZR 291/79
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1980, 11996
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Frankfurt am Main - 10.10.1979
LG Frankfurt am Main - 10.11.1978

Fundstellen

  • BGHZ 78, 137 - 144
  • DB 1981, 156-157 (Volltext mit amtl. LS)
  • JZ 1980, 766-767 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1981, 135-136 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1981, 748 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1980, 968-970

Prozessführer

D. Bank Aktiengesellschaft,
gesetzlich vertreten durch ihren Vorstand Dr. Hans F. und Rolf D., G. A.7-8 in F.

Prozessgegner

Kaufmann Peter B., B. platz 4 in F.

Amtlicher Leitsatz

Ein gegenüber einer Bank formularmäßig erklärter Verzicht des Bürgen auf seine Rechte aus § 776 BGB bei einer Kreditbürgschaft hält der richterlichen Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen stand.

In dem Rechtsstreit
hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 1980
durch
den Vorsitzenden Richter Braxmaier und
die Richter Wolf, Merz, Treier und Dr. Brunotte
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile der 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 1978 und des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Oktober 1979 aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.000 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Bank, stand in Geschäftsverbindung mit der Firma A. Marketing- und Werbe-Kommanditgesellschaft (Gemeinschuldnerin). Der Beklagte war Geschäftsführer von deren Komplementär-GmbH und gleichzeitig Kommanditist. Die Gemeinschuldnerin hatte zur Sicherung aller Ansprüche aus der Geschäftsverbindung der Klägerin am 1. April 1969 ihre sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus Agenturprovisionen, Insertionen, Werbung aller Art und aus Leistungen gegen namentlich bezeichnete Auftraggeber abgetreten. Unter diese Globalabtretung fielen seit Januar 1971 auch Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Firma B.-Werke R. S. und Co., M. (im folgenden: "B.").

2

Der Beklagte hatte am 25. November 1968 auf einem Formular der Klägerin eine Bürgschaft bis zur Höhe von 300.000 DM für alle Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung der Klägerin zur Gemeinschuldnerin übernommen. In dem Bürgschaftsformular heißt es:

"Alle Maßnahmen und Vereinbarungen, welche die Bank in Ansehung der verbürgten Forderungen für nützlich erachtet, ferner Änderungen in der Person des Inhabers oder der Inhaber, der Rechtsverhältnisse oder Rechtsform der Firma des Hauptschuldners berühren den Umfang meiner Bürgschaftsverpflichtung nicht. Insbesondere bleibt meine Bürgschaftsverpflichtung bis zur Befriedigung der Bank in der vollen ursprünglichen Höhe bestehen, wenn die Bank dem Hauptschuldner Stundung gewähren oder ein etwa ihre Forderungen gegen den Hauptschuldner sicherndes Recht, insbesondere ein Pfandrecht oder das Recht gegen einen etwaigen Mitbürgen oder sonstige Sicherheiten und Vorzugsrechte aufgeben sollte, mögen diese schon jetzt bestehen oder erst später entstehen. Auch sollen daraus, daß die Bank etwa dem Hauptschuldner neue Kredite gewähren, die Einziehung der verbürgten Forderungen verzögern, einem gerichtlichen Vergleich zustimmen oder dem Hauptschuldner außergerichtlich einen Nachlaß gewähren sollte, Einwendungen gegen die Bürgschaft für mich nicht erwachsen."

3

Nachdem über das Vermögen der Gemeinschuldnerin im Oktober 1971 das Konkursverfahren eröffnet worden war, nahm die Klägerin den Beklagten am 28. Dezember 1971 aus seiner Bürgschaft in Anspruch. Zur Zeit der Konkurseröffnung war ein Rechtsstreit der Gemeinschuldnerin gegen die Firma B. auf Zahlung von nahezu 700.000 DM anhängig, den der Konkursverwalter nicht aufnahm. Ein anderes Unternehmen, die Firma L. an der der Beklagte als Gesellschafter beteiligt war und die ebenfalls aufgrund einer angeblichen Abtretung Ansprüche auf die Forderungen gegen die Firma B. erhob, wurde mit einer Zahlungsklage rechtskräftig abgewiesen. Die Klägerin schloß wegen der von der Firma B. der Höhe nach bestrittenen, ihr nach ihrer Meinung in der Globalabtretung abgetretenen Ansprüche mit dieser unter Beteiligung des Konkursverwalters einen Vergleich, aufgrund dessen die Firma B. im März 1977 an die Klägerin 130.000 DM und an den Konkursverwalter 284.488,47 DM bezahlte. Unter Berücksichtigung dieser Zahlung und weiterer Eingänge aus der Globalzession der Gemeinschuldnerin blieb eine Forderung der Klägerin in Höhe von 123.382,62 DM offen, mit der die Klägerin im Konkurs ausfiel.

4

Sie macht einen Teilbetrag hiervon gegen den Beklagten als Bürgen geltend und beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von 50.000 DM zu verurteilen.

5

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

6

Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg.

8

I.

1.

a)

Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei von seiner Bürgschaftsverpflichtung nach § 776 BGB frei geworden, weil die Klägerin bei Abschluß des Vergleichs mit der Firma B. eine ihr dem Beklagten gegenüber bestehende Obliegenheit verletzt habe; denn die Klägerin habe unter Verzicht auf ihr aufgrund der Globalzession bestehendes Absonderungsrecht dem Konkursverwalter erlaubt, einen erheblichen Teil der Forderungen gegen B. einzuziehen. Hierdurch habe die Klägerin den Beklagten mindestens in Höhe des eingeklagten Betrags geschädigt.

9

b)

Der in der Bürgschaftsurkunde formularmäßig erklärte Vorausverzicht des Beklagten auf Einwendungen nach § 776 BGB halte, so führt das Berufungsgericht aus, der bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen Inhaltskontrolle nicht stand; denn dieser vollständige und uneingeschränkte Verzicht sei unangemessen und daher gemäß § 242 BGB unwirksam. Der Interessenausgleich, der in § 776 BGB seinen Ausdruck finde, gebe dieser Dispositivnorm einen so hohen Gerechtigkeitsgehalt, daß es nicht zugelassen werden dürfe, dieses "Grundrecht des Bürgen" durch Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verdrängen. Nach dem auf diesen Fall noch nicht anwendbaren AGB-Gesetz würde die Bestimmung des Bürgschaftsformulars der Klägerin gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 verstoßen und daher unwirksam sein.

10

c)

Die Klägerin habe, so meint das Berufungsgericht weiter, völlig freiwillig dem Konkursverwalter einen Teil der ihr abgetretenen Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die Firma B. überlassen; denn die Globalzession zu ihren Gunsten sei umfassend gewesen. Daß außervertragliche Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Firma B. bestanden hätten, die der Globalabtretung nicht unterfallen wären, sei nicht erkennbar.

11

2.

a)

Die Revision verweist darauf, daß zwischen der Klägerin und dem Konkursverwalter umstritten gewesen sei, ob der Klägerin auch etwaige Schadensersatzansprüche der Gemeinschuldnerin gegen B. mit der Globalzession abgetreten worden seien, und daß in dem erfolglosen Rechtsstreit der Firma L. das Berufungsgericht die Auffassung vertreten habe, Ansprüche der Gemeinschuldnerin auf Verzugsschaden gegen die Firma B. seien von der Globalzession an die Klägerin nicht erfaßt worden. Bei dieser Sachlage sei es vernünftig gewesen, wenn die Klägerin auf den Vergleich zwischen ihr, B. und dem Konkursverwalter eingegangen sei. Die Klägerin habe hier nicht bewußt ihr zustehende Sicherheiten aufgegeben, sondern der unsicheren Rechtslage Rechnung getragen.

12

b)

Im kaufmännischen Verkehr sei die umstrittene Bürgschaftsklausel nicht unzumutbar. Sie lasse nur diejenigen Maßnahmen, insbesondere auch die Aufgabe einer Sicherheit zu, die die Bank für nützlich erachte. Daraus folge, daß die Bank niemals einen Bürgen durch die willkürliche Aufgabe von Sicherheiten vorsätzlich schädigen dürfe. Die Bank solle durch die streitige Klausel bei der Verwertung von Sicherheiten beweglich sein und im Streitfalle auch sich vergleichen können.

13

II.

Der Meinung des Berufungsgerichts, der formularmäßige Ausschluß der Rechte aus § 776 BGB in der einer Bank gegenüber übernommenen Bürgschaft für einen Kredit halte einer Inhaltskontrolle wegen einer unzumutbaren Belastung des Bürgen nicht stand (§ 242 BGB), kann der Senat nicht folgen.

14

1.

a)

Davon, daß ein Bürge auf die Rechte aus § 776 BGB verzichten kann (vgl. BGH Urteil vom 17. Dezember 1959 - VII ZR 194/58 = WM 1960, 371, 373), geht auch das Berufungsgericht aus. Bei der Prüfung, ob ein solcher Verzicht formularmäßig nach den von den Banken einseitig ausgearbeiteten Bürgschaftsbedingungen vorgenommen werden kann, ist zu prüfen, ob durch die vom Aufsteller verwendete Klausel mißbräuchlich einseitig Interessen durch vom gesetzlichen Vertragstyp abweichende Regelungen auf Kosten des Vertragspartners verfolgt werden, die bei Abwägung der beiderseitigen Interessen der Billigkeit widersprechen (BGHZ 60, 377, 380;  63, 256, 258) [BGH 27.11.1974 - VIII ZR 9/73].

15

b)

Hier liegen jedoch gewichtige Gründe vor, die den in dem von der Klägerin verwendeten Bürgschaftsformular vorgesehenen Verzicht des Bürgen auf seine Rechte aus § 776 BGB als mit Recht und Billigkeit vereinbar erscheinen lassen (BGHZ 63 aaO).

16

Zweck einer Bürgschaft, die gegenüber einer Bank übernommen wird, ist es in aller Regel, eine Kreditschuld des Hauptschuldners zu sichern und diesem die Ausnutzung des gewährten Kredits - vielfach im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit - zu ermöglichen. Weder der Bürge, noch die Bank als Gläubigerin wollen in aller Regel den Hauptschuldner in seiner geschäftlichen Tätigkeit einschränken. Nach Nr. 19 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken dienen alle irgendwie in den Besitz oder die Verfügungsgewalt der Bank gelangten oder noch gelangenden Sachen und Rechte eines Kunden als Pfand für alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen ihn. Das besagt, daß alle Vermögenswerte eines Kreditnehmers, die dieser bei einer Bank unterhält (z.B. Sparbücher, sonstige Guthaben), der Bank auch als Sicherungsmittel neben einer für den Kredit gegebenen Bürgschaft dienen (vgl. auch BGH Urteil vom 20. Dezember 1955 - I ZR 171/53 = LM BGB § 610 Nr. 1). Diese Werte müßten blockiert werden, wenn die Bank ohne Ausschluß der Rechte des Bürgen aus § 776 BGB nicht der Sicherheit aus der Bürgschaft insoweit verlustig gehen wollte; denn jede von der Bank als Gläubigerin zugelassene Verfügung des Kunden über solche Werte würde das Aufgeben eines Sicherungsmittels für die verbürgte Kreditschuld bedeuten. Will die Bank eine solche, im Regelfalle auch nicht im Interesse des Kreditbürgen liegende Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Hauptschuldners vermeiden, dann muß sie in dem Vertrag mit dem Bürgen dessen Verzicht auf die Rechte aus § 776 BGB herbeiführen. Es ist also bei der Bürgschaft zur Absicherung eines Bankkredits in aller Regel gerade nicht vertragstypisch, daß dem Bürgen die Rechte aus § 776 BGB zustehen. Jedenfalls, und das verkennt das Berufungsgericht, sprechen besonders gewichtige Gründe, nämlich die sonst zu starke Einschränkung des Hauptschuldners und Kreditnehmers, in einem solchen Fall dafür, einen Verzicht auf die Rechte aus § 776 BGB durch den Bürgen nicht als der Billigkeit widersprechend anzusehen, zumal hiermit nicht etwa einseitige Interessen des Gläubigers, sondern auch Interessen des Hauptschuldners gewahrt werden, die wiederum der Interessenlage des Bürgen entsprechen, der dem Hauptschuldner die möglichst freie Nutzung des mit der Bürgschaft von ihm gesicherten Kredits in aller Regel gewährleisten will.

17

c)

Hiervon ausgehend kann aber auch in einer formularmäßigen Klausel über den Verzicht des Bürgen auf die Rechte nach § 776 BGB eine mißbräuchliche einseitige Interessenverfolgung durch den Gläubiger oder ein Widerspruch gegen den Gerechtigkeitsgehalt der gesetzlichen Regelung der Bürgschaft nicht gesehen werden. Auch überraschend kann für den Bürgen eine solche Klausel nicht sein; denn die Bürgschaft wird in solchen Fällen regelmäßig nicht nur zur Absicherung der Rückführung eines Kredits gegeben, sie soll also nicht lediglich einen dauernden Rückfluß der Kreditsumme an die Bank gewährleisten, sondern sie soll dem Hauptschuldner die wirtschaftliche Betätigung unter Ausnutzung seines Kredits während dessen ganzer Laufzeit unbeeinträchtigt sichern. Die streitige Klausel in dem von der Klägerin verwendeten Bürgschaftsformular hält demnach entgegen der Meinung des Berufungsgerichts der richterlichen Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen stand.

18

d)

Das Gesetz bezieht sich in § 776 BGB zwar nur auf bestimmte Sicherungsrechte, die vom Gläubiger nicht aufgegeben werden dürfen, weil sie nach §§ 774, 401 BGB kraft Gesetzes auf den zahlenden Bürgen übergehen. Andere Sicherungsrechte, wie die Sicherungsübereignung und - wie hier - Sicherungsabtretungen (vgl. BGH Urteil vom 17. Dezember 1959 - VII ZR 194/58 = WM 1960, 371, 373; RGZ 89, 193, 195; 91, 277, 280), gehen nicht unmittelbar kraft Gesetzes auf den Bürgen über. Für sie wird aber, sofern nicht eine Abrede des Sicherungsgebers mit dem Gläubiger entgegensteht, in analoger Anwendung der Grundgedanken von §§ 774, 401 BGB eine schuldrechtliche Verpflichtung des Gläubigers zur Übertragung auf den zahlenden Bürgen angenommen (vgl. BGHZ 42, 53, 56; BGH Urteil vom 25. Januar 1967 - VIII ZR 124/64 = WM 1967, 213, 214 = LM BGB § 401 Nr. 5).

19

2.

Ein formularmäßiger Verzicht des Bürgen auf die Rechte aus § 776 BGB könnte auch nicht nach dem hier nicht anwendbaren § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz als unwirksam angesehen werden, wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 3. Aufl. Anhang §§ 9-11 Rdn. 260 f meint, weil die dadurch getroffene Regelung keine unangemessene Benachteiligung des Bürgen im Sinne dieser Bestimmung enthält.

20

3.

Allerdings bedeutet ein Verzicht des Bürgen auf seine Rechte aus § 776 BGB nicht eine Freizeichnung des Bürgschaftsgläubigers, durch die auch willkürliche Freigaben von Sicherheiten zum Schaden des Bürgen gedeckt würden. Der Gläubiger darf aber unter Berücksichtigung seiner Interessenlage bei der Verwertung von neben einer Bürgschaft bestehenden Sicherheiten wirtschaftlich sinnvoll handeln, insbesondere etwa bei zweifelhafter Sach- und/oder Rechtslage hinsichtlich seiner Sicherungsrechte Vergleiche abschließen. Er braucht nicht - entgegen der Meinung der Revision - nach Eintritt des Bürgschaftsfalles vor der Verwertung einer Sicherheit dies etwa dem Bürgen anzuzeigen, um diesem durch eigene Zahlung den Erhalt der Sicherheit zu ermöglichen. Eine besondere Verpflichtung, die Interessen des Bürgen zu wahren, besteht für ihn nicht. Er darf nur nicht willkürlich zum Schaden des Bürgen bei einer Verwertung oder Freigabe von Sicherheiten handeln (§ 242 BGB).

21

III.

1.

Ist der formularmäßige Verzicht auf die Rechte aus § 776 BGB durch den Beklagten als Bürgen wirksam, dann konnte die Klägerin Sicherheiten aufgeben, als sie im März 1977 vergleichsweise auf einen Teil der Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen B. zugunsten des Konkursverwalters verzichtete, wenn dieser Vergleich wegen einer Unklarheit der Rechtslage geboten erschien. Dann handelte sie nämlich nicht willkürlich zum Nachteil des Beklagten. Darauf, ob die Klägerin vielleicht einen besseren Vergleich mit voller Befriedigung ihrer Ansprüche gegen die Gemeinschuldnerin hätte erzielen können, kommt es dann nicht an, weil allein von ihrer Interessenlage bei der Beurteilung ihres Verhaltens auszugehen ist (Senatsurteil vom 13. November 1968 - VIII ZR 207/66 = WM 1968, 1391, 1392).

22

2.

Einer weiteren Sachaufklärung bedarf es nicht, nachdem das Berufungsgericht festgestellt hat, daß der Klägerin mindestens noch der hier eingeklagte Betrag gegenüber der Hauptschuldnerin zusteht, für den sie keinen Ausgleich aus anderen Sicherheiten oder im Konkurs erlangt hat. Daß der Konkursverwalter bei dem Vergleich zwischen B. und der Klägerin nach dem Villen von B. beteiligt werden mußte, stellt das Berufungsgericht in Würdigung der von ihm erhobenen Beweise fest. Die gegen B. bestehenden Forderungen waren der Höhe nach streitig. Die Gemeinschuldnerin selbst hatte vor Konkurseröffnung eine Klage erhoben. Unter diesen Umständen kann von einem willkürlichen Aufgeben von Sicherheiten zum Schaden des Beklagten als Bürgen keine Rede sein, wenn die Klägerin zur Vermeidung weiteren Streites mit B. einen Vergleich abschloß und wenn sie, wovon die Vergleichsbereitschaft von B. abhing, den Konkursverwalter beteiligte.

23

Der Klage war daher unter Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen stattzugeben.

24

IV.

Die Kosten des Verfahrens treffen den Beklagten (§ 91 ZPO).

Braxmaier
Wolf
Merz
Treier
Dr. Brunotte