Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.04.1980, Az.: III ZR 59/79
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 10.04.1980
- Aktenzeichen
- III ZR 59/79
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1980, 20608
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- KG Berlin - 20.03.1979
Rechtsgrundlage
- § 138 Bc BGB
Fundstellen
- MDR 1980, 827-828 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1980, 2062-2065 (Urteilsbesprechung von Dr. Karl-Heinz Weber)
- NJW 1980, 2074-2076 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1980, 642-645
Amtlicher Leitsatz
Zur Gesamtbeurteilung, ob ein Darlehensvertrag wegen unangemessener Bedingungen sittenwidrig ist.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 1980 durch die Richter Dr. Krohn, Dr. Tidow, Dr. Peetz, Lohmann und Kröner
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 20. März 1979 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die vorher als Arbeitnehmer tätig gewesenen Kläger betreiben seit dem Jahre 1976 eine Gaststätte. Um deren Erwerb zu finanzieren, hatten sie zunächst ein Darlehen in Höhe von 60. 000 DM aufnehmen wollen. Zu diesem Zweck wandten sie sich an den Makler R., der ihnen die Vermittlung eines Kredits in dieser Höhe in Aussicht stellte und sie an die Maklerfirma S. verwies. Diese vermittelte den Klägern ein Darlehen der Beklagten über 25. 000 DM für - wie es im Kundengesprächsblatt der Beklagten heißt - "Einrichtung und Renovierung".
Die Beklagte gewährte das Darlehen nach den Bestimmungen des schriftlichen Kreditvertrages vom 27. April 1976. Danach waren bei einer "Antragssumme" von 25. 000 DM und einer Laufzeit von 60 Monaten Kreditgebühren in Höhe von 0,95 % monatlich, insgesamt 14. 250 DM, und eine Bearbeitungsgebühr von 3 % ( 750 DM) zu zahlen.
Die sich daraus ergebende effektive Zinsbelastung entsprach nicht den Angaben im damaligen Preisaushang der Beklagten für Kredite mit einer Laufzeit von 60 Monaten. Diese Angaben waren auf sog. Direktkredite zugeschnitten, während die Beklagte das den Klägern zu gewährende Darlehen als sog. vermittelten Kredit behandelte. Für diesen verlangte sie eine um das von ihr an den Makler zu zahlende "packing" - hier 0,2 % pro Monat - erhöhte Kreditgebühr.
Die Makler beanspruchten von den Klägern ein Honorar von zusammen 5 % der Darlehenssumme, insgesamt - mit der Mehrwertsteuer - 1.387,50 DM. An den Makler R. hatten die Kläger schon 666 DM gezahlt, die auf das Honorar anzurechnen waren. Den von der Maklerfirma S. geforderten Betrag von 721,50 DM behielt die Beklagte von der Darlehenssumme ein und brachte ihn dem bei ihr geführten Konto dieser Maklerin gut. Zwischen der Beklagten und der Maklerin bestand seinerzeit ein Vertrag, nach dem sich die Beklagte bereit erklärt hatte, von der Maklerin vermittelte Kreditanträge anzunehmen und abzurechnen, soweit hierfür die von der Beklagten in ihren Jeweiligen Richtlinien verlangten Voraussetzungen für die Kreditgewährung gegeben waren. Die Maklerin nahm die für die Kreditgewährung erforderlichen Daten der Kreditinteressenten auf und teilte sie der zuständigen Zweigstelle der Beklagten mit. Ihr standen keine Antragsformulare der Beklagten zur Verfügung. Ferner war vereinbart, daß die Maklerin bei erfolgreicher Vermittlung von der Beklagten ein Honorar ("packing") in Höhe von 0,2 % der Antragssumme je Laufzeitmonat erhielt. So verfuhren die Beteiligten auch hier.
Im Kreditvertrag erklärte der Kläger zu 2) sein Einverständnis damit, daß die Beklagte eine Restschuldversicherung für den Fall seiner Arbeitsunfähigkeit sowie seines Todes abschließe. Die Kläger hatten die Kosten der Versicherung zu tragen. Die Darlehenssumme erhöhte sich nach dem Kreditvertrag um die Versicherungskosten nebst Mehrwertsteuer sowie die hierfür von der Beklagten berechneten Kredit- und Bearbeitungsgebühren in Höhe von insgesamt 2. 825 DM.
Später erfuhren die Kläger, daß andere Kreditinstitute wesentlich günstigere Darlehen vergaben. Sie kündigten deshalb das Darlehen vertragsgemäß zum 27. April 1977 und ließen es durch eine andere Bank (die Berliner Commerzbank AG) gemäß der von der Beklagten erstellten Rechnung ablösen.
Die Kläger führen aus, der Kreditvertrag sei sittenwidrig. Sie haben Rückzahlung von 4.484,70 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. März 1978 begehrt.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.
Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat den Klägern den geltend gemachten Bereicherungsanspruch zuerkannt und ausgeführt:
Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien sei sittenwidrig. Zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe ein Mißverhältnis. Die von der Beklagten festgelegten, in ihrer Höhe für sich allein noch nicht zu beanstandenden Kreditgebühren von 0,95 % je Monat entsprächen mit der Bearbeitungsgebühr von 3 % bei einer Kreditlaufzeit von 60 Monaten einem effektiven Jahreszins von (aufgerundet) 23,61 %. Die Kläger hätten ein Darlehen in gleicher Höhe zwar nicht bei einem anderen Teilzahlungsinstitut, wohl aber bei einer Geschäftsbank oder einer Sparkasse weitaus preiswerter - zu einem effektiven Jahreszins von 8,5 % - erhalten können. Sie hätten zunächst, bei der Kreditaufnahme, die günstigeren Kreditmöglichkeiten nicht in Anspruch genommen, weil sie geschäftlich unerfahren gewesen seien. Die Beklagte habe diese Unerfahrenheit in verwerflicher Weise ausgenutzt. Sie arbeite mit dem Makler S. zusammen, der ihr Kunden gegen ein Honorar ("packing") von 0,2 % der Kreditsumme monatlich für die Laufzeit des Kredits zuführe. Der Makler, mit dem die Beklagte zusammenarbeite, habe die Kläger falsch beraten. Er habe sie an die Beklagte verwiesen, obwohl sie für ihn erkennbar die Voraussetzungen dafür geboten hätten, unter denen auch die Geschäftsbanken und Sparkassen zur weit preiswerteren Kreditgewährung bereit gewesen seien, dem ersten Anschein nach deshalb, weil die Beklagte ein höheres "packing" geboten habe als die Geschäftsbanken und Sparkassen, soweit diese bei Krediten der vorliegenden Art überhaupt mit Vermittlern zusammenarbeiteten. Die Beklagte nutze die ihr bekannte Tatsache aus, daß ein erheblicher Teil der Kreditsuchenden nicht von allein den Weg zu den Geschäftsbanken und Sparkassen finde, obwohl er auch nach den von diesen angelegten Maßstäben kreditwürdig sei, und spekuliere darauf, daß die mit ihr zusammenarbeitenden Makler die Kreditsuchenden schlecht berieten, um in den Genuß eines höheren "packing" zu kommen. Die Beklagte habe dieses "packing" durch eine entsprechende Erhöhung der Kreditgebühr auf die Kläger abgewälzt, ohne dies in ihrem Preisaushang zu offenbaren. Die sich allein durch das "packing" ergebende Mehrbelastung der Kläger lasse sich, berechnet auf das ausgeliehene Nutzkapital, rechnerisch mit effektiven Jahreszinsen von 4,72 % ausdrücken. Eine weitere Mehrbelastung sei den Klägern dadurch entstanden, daß die Beklagte ihnen nicht die Möglichkeit gegeben habe, den Vertrag über die Restschuldversicherung im eigenen Namen zu schließen. Die Kläger hätten den dadurch entstehenden Mehrwertsteuerbetrag (11 % der Versicherungsprämie) nebst dem Zinsaufwand hierfür tragen müssen. Ihnen sei durch diese Vertragsgestaltung ferner der Anspruch auf die statt dessen der Beklagten zufließende Gewinnausschüttung entgangen.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten jedenfalls im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
1.
Ein Darlehensvertrag ist nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den von ihm durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers ein auffälliges Mißverhältnis besteht und der Darlehensgeber die schwächere wirtschaftliche Lage des Darlehensnehmers, seine "Unterlegenheit", bei der Festlegung der Vertragsbestimmungen bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt. Dem steht es gleich, wenn sich der Darlehensgeber als der objektiv sittenwidrig Handelnde zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschließt, daß sich der Darlehensnehmer nur auf Grund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Darlehensbedingungen einläßt. Für die Prüfung der Sittenwidrigkeit kommt es dabei auf eine zusammenfassende Würdigung des Inhalts und des Zwecks des Geschäfts und der gesamten sonstigen Geschäftsumstände an (vgl. die Senatsurteile vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 = NJW 1979, 805 = WM 1979, 225; vom 11. Januar 1979 - III ZR 119/77 = NJW 1979, 808 = WM 1979, 270; vom 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = NJW 1979, 2089 = WM 1979, 966).
2.
Bei der Gesamtbeurteilung, ob der Darlehensvertrag zwischen den Parteien sittenwidrig ist, sind nach den Grundsätzen der o.a. Senatsurteile zunächst die vertraglich festgelegten Leistungen des Darlehensnehmers mit den dafür gewährten Gegenleistungen des Darlehensgebers zu vergleichen.
Die monatlichen Kreditgebühren stellen eine laufzeitabhängige Vergütung für die Kapitalnutzungsmöglichkeit, also Zinsen im Rechtssinne dar. In die Kreditgebühren von 0,95 % monatlich rechnete die Beklagte die von ihr an den vertraglich mit ihr verbundenen Kreditvermittler zu zahlende Maklerprovision (das "packing") von monatlich 0,2 % aus der Kreditsumme ohne besondere Aufschlüsselung ein. Hinzu kommt jedenfalls als (pauschalierte) Vergütung für die Kapitalbeschaffung und -überlassung die Bearbeitungsgebühr von 3 % aus der Antragssumme. Sie ist wegen ihrer den Darlehensnehmer belastenden Wirkung in den Vergleich einzubeziehen.
Ohne Berücksichtigung der als solche ausgewiesenen Kreditvermittlungs- und Restschuldversicherungskosten entsprechen diese den Klägern aufgebührdeten Leistungen einem effektiven Jahreszins von annäherungsweise 23,61 %.
3.
In den Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch die Kreditvermittlung und die Restschuldversicherung aufzunehmen (vgl. die o.a. Senatsurteile sowie das Senatsurteil vom 7. Februar 1980 - III ZR 141/78 = NJW 1980, 1155 = WM 1980, 327). Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit Kreditvermittlung und Restschuldversicherung dem einen oder anderen Vertragsteil zugute kommen.
a)
Die den Klägern aufgebürdete Verpflichtung zur Zahlung der Vermittlungsgebühren an die beiden Kreditvermittler (5 % aus der Antragssumme von 25. 000 DM mit Mehrwertsteuer = 1.387,50 DM unter Anrechnung der schon gezahlten 666 DM Bearbeitungsgebühr) entstand erst mit der erfolgreichen Vermittlung des von der Beklagten gewährten Kredits.
Bei diesen von den Klägern zu tragenden Kosten handelt es sich nicht um eine Vergütung für die Kapitalnutzungsmöglichkeit, sondern um Kosten der Kreditbeschaffung und -überlassung. Diese Kosten verteuern den Kredit für die Kreditnehmer. Unerheblich ist, daß der Kreditvermittler hier einen eigenen Anspruch auf eine Vermittlungsprovision gegen die Kläger hat (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = NJW 1979, 2089 = WM 1979, 966). Dieser Umstand ändert nichts daran, daß die Kreditnehmer die Vermittlungsprovision als Teil der Kosten des Kredits im Rahmen eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts tragen sollten. Die wirtschaftliche Einheit des Geschäfts drückt sich hier darin aus, daß die Beklagte die mit der Kreditgewährung entstehende Vermittlungsprovision finanzierte und den erforderlichen Betrag an den mit ihr vertraglich verbundenen Kreditvermittler auszahlte, ohne daß die Kläger nach der Gestaltung und Handhabung des Vertrags eine freie Verfügungsbefugnis über diesen Teil der Kreditsumme erlangten.
Die geschäftlich häufig unerfahrenen Kreditbewerber versprechen sich - so nimmt das Berufungsgericht an durch die Einschaltung eines Kreditvermittlers eine für sie vorteilhafte, rasche Kreditgewährung. Eine Bank erspart sich, auch wenn sie, wie hier die Beklagte, mehrere Filialen unterhält, durch die vertraglich geordnete Zusammenarbeit mit Kreditvermittlern erhebliche Organisations-, insbesondere Werbungskosten. Wie hoch die Beklagte die in ihrem Interesse erbrachten Leistungen des Kreditvermittlers bewertet, zeigt sich daran, daß sie ihm - über die den Klägern abverlangte und von ihr finanzierte Provision - ein "packing" von 0,2 % monatlich aus der ursprünglichen Kreditsumme für die Laufzeit des Kredits zahlt.
b)
Entsprechend ist die Restschuldversicherung zu berücksichtigen.
Die Beklagte legte als Versicherungsnehmerin die Verpflichtung der Kläger zur Vergütung der Versicherungsprämie (mit Mehrwertsteuer und Finanzierungskosten insgesamt 2. 825 DM) in dem von ihr mustermäßig verwendeten Kreditvertrag fest. Die Restschuldversicherung kommt nicht nur den versicherten Kreditnehmern, sondern auch der kreditgebenden Bank zugute. Sie enthebt die Bank in den Fällen der Arbeitsunfähigkeit oder des Todes der Kreditnehmer des Risikos der Uneinbringlichkeit der Forderung und ist daher allgemein geeignet, das Kreditrisiko für die Bank zu mindern.
Die Beklagte bot hier den Kreditvertrag mit dem durch eine Restschuldversicherung vermittelten Schutz an. Die vorgedruckte Erklärung, daß der "1. Kreditnehmer" mit dem Abschluß einer Restschuldversicherung einverstanden ist, ist hier Bestandteil des von der Beklagten ausgearbeiteten Kreditvertrags. Dieser enthält die weiteren vertraglichen Bestimmungen über die Finanzierung des Versicherungsschutzes. Entsprechend sind die wichtigsten Bestimmungen des von der Beklagten geschlossenen Restschuldversicherungsvertrages zusammen mit den Kreditbedingungen der Beklagten auf der Rückseite des Kreditvertragsformulars abgedruckt. Nach der Gestaltung und Handhabung des Vertrages schloß die Beklagte die Kreditnehmer auch von einer freien Verfügung über den Kredit für den Versicherungsschutz aus.
Unerheblich ist, daß die Beklagte nicht nur, wie im Kreditvertrag vorgedruckt, Kredite mit Versicherungsschutz, sondern unter Umständen auch Kredite ohne Versicherungsschutz gewährt. Schon der Text des Kreditvertragsformulars legt dem Kreditbewerber den Abschluß eines Vertrags mit Versicherungsschutz zumindest nahe. Die Kläger nahmen hier eine Restschuldversicherung Jedenfalls nicht "auf eigene Faust", also selbständig ohne vorangehendes Angebot der Beklagten. Die Abreden über die Kreditgewährung, den Versicherungsschutz und dessen Finanzierung bilden hier einen einheitlichen Vertrag, so daß sich insgesamt aus den Regelungen des Vertrags, soweit sie den Kreditnehmern nachteilig sind, ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den Leistungen und den Gegenleistungen ergeben kann (vgl. für wirtschaftlich einheitliche Vertragswerke das Senatsurteil vom 7. Februar 1980 aaO).
c)
In die nach § 138 Abs. 1 BGB gebotene Gesamtbeurteilung sind daher die von der Beklagten zu dem vorgesehenen Verwendungszweck gewährte Kapitalnutzung (nach Abzug der von der Bank an den Kreditvermittler gezahlten Vermittlungsgebühr eines Kapitals von 24.278,50 DM), die für die Kläger erbrachte Leistung der Kreditvermittler und der Versicherungsschutz auf der einen Seite und die vom Kreditnehmer zu tragenden gesamten Kosten (einschließlich Vermittlungs- und Versicherungskosten) auf der anderen Seite einzubeziehen. Hätte die kreditgebende Bank (mit dem Kreditvermittler) diese Kosten den Klägern in Gestalt von Jahreszinsen auferlegt, so hätte sich (unter Berücksichtigung aller, auch der vorausgezahlten Maklerkosten) eine Verzinsung von, annäherungsweise berechnet, 32 % ergeben.
4.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Teilzahlungsbanken wie die Beklagte bildeten einen "eigenen Markt". Sie stellten geringere Anforderungen an die wirtschaftliche Leistungskraft ihrer Kunden und an die von ihnen zu beschaffenden Sicherheiten. Aufgrund der historischen Entwicklung, der auch heute noch größeren Risikobereitschaft sowie ihrer Werbung stellten sich die Teilzahlungsbanken als Institute dar, von denen leichter und reibungsloser Kredit zu erhalten sei als von anderen Kreditinstituten. Die von den Teilzahlungsbanken festgelegten Kreditgebühren könnten daher nicht mit den Kreditgebühren anderer Kreditinstitute für Ratenkredite verglichen werden.
Der Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht in allen Punkten gefolgt werden. Das Berufungsgericht hat den Begriff des "eigenen Markts" nicht näher bestimmt. Es hat der Annahme eines "eigenen Markts" eine Bedeutung beigemessen, die ihr für die Beurteilung der Frage der Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags nicht zukommt.
Für die Beurteilung der Frage der Sittenwidrigkeit kommen insgesamt die gebräuchlichen, als wirtschaftlich tragbar angesehenen Bedingungen für Ratenkredite und für Darlehen der Teilzahlungsbanken in Betracht (vgl. BGH Urteil vom 4. Juli 1975 - V ZR 14/75 = MDR 1975, 1010 = WM 1975, 889). Der gesamte "Markt" für Ratenkredite in vergleichbarer Höhe für vergleichbare Laufzeiten ist zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = NJW 1979, 2081 = WM 1979, 966). Hieran ändert auch der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand nichts, daß viele Kreditbewerber die Verhältnisse des "Kapital- und Kreditmarkts" und die sich für sie bietenden günstigen Kreditmöglichkeiten nicht zu überschauen vermögen. Teilzahlungsbanken und andere Kreditinstitute wenden sich mit ihren Ratenkreditangeboten jedenfalls zum Teil an Interessenten in gleicher Lage und treten insoweit als Mitbewerber um Kunden auf. Nach den Darlegungen des Berufungsgerichts können entsprechend die gleichen Kreditbewerber von Teilzahlungsbanken oder anderen Kreditinstituten Ratenkredite erhalten. Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Ratenkreditvertrages kann schon deshalb nicht auf den Vergleich zwischen Ratenkrediten bestimmter Kreditinstitute oder bestimmter Gruppen von Kreditinstituten beschränkt werden. Bei einer Gesamtbetrachtung können im übrigen allgemein auch sonstige preisbestimmende Größen auf dem "Kapital- und Kreditmarkt" (und damit auch die Höhe der Refinanzierungskosten) und vor allem auch die allgemeinen und besonderen Darlehensrisiken erheblich werden.
5.
Es kann dahingestellt bleiben, ob nach diesen Grundsätzen hier schon das Verhältnis der Kreditgebühren und sonstigen Kosten zu den dafür übernommenen Gegenleistungen die Annahme der Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages zwischen den Parteien rechtfertigt. Denn der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt und das unstreitige Vorbringen der Parteien ergeben, daß der Kreditvertrag sittenwidrig ist, weil zu der hohen Verzinslichkeit des Darlehens und den hohen Kosten für die Kreditvermittlung und für den von der Beklagten angebotenen Versicherungsschutz weitere Umstände hinzutreten. Durch sie erhält der gesamte Vertrag ein sittenwidriges Gepräge.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kreditvermittler - wie das Berufungsgericht annimmt - gegenüber den Klägern pflichtwidrig verhielt. Es kommt auch nicht darauf an, ob das von der Beklagten gewährte "packing" entsprechend ihrem vom Berufungsgericht festgestellten Zugeständnis in der mündlichen Verhandlung höher war als das von Geschäftsbanken und Sparkassen gezahlte und ob der Kreditvermittler überhaupt mit Geschäftsbanken oder Sparkassen vertraglich verbunden war und von ihnen ein Honorar zu erwarten hatte.
Es bedarf ferner nicht der Entscheidung, ob die Beklagte, wie das Berufungsgericht annimmt, darauf "spekuliert", daß die mit ihr vertraglich durch eine Honorarzusage verbundenen Kreditvermittler die Kreditsuchenden falsch beraten, weil sie ein "packing" von 0,2 % monatlich aus der Kreditsumme verdienen möchten.
a)
Die Kläger hätten nach den vom Berufungsgericht als unstreitig festgestellten Umständen von einer Geschäftsbank oder einer Sparkasse ein Darlehen zu wesentlich günstigeren Bedingungen - zu 8,5 % Jahreszinsen - erhalten können, statt zu Kredit- und Bearbeitungsgebühren, die einer annäherungsweise berechneten Jahresverzinsung von 23 % entsprechen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht diese Feststellung rechtsfehlerfrei getroffen. Die Kläger haben eine entsprechende Behauptung schon im ersten Rechtszug aufgestellt und diese Behauptung auch im Berufungsrechtszug nicht fallenlassen. Die Beklagte ist ihr nicht entgegengetreten. Das Berufungsgericht hat entsprechend in seinen schriftlichen Hinweisen und Auflagen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung u.a. ausgeführt, "unstreitig hätten die Kläger den begehrten Kredit auch von einer Geschäftsbank erhalten". Die Beklagte hat gleichwohl keine gegenteiligen Behauptungen aufgestellt. Das Berufungsgericht hat die Behauptungen der Kläger deshalb rechtsfehlerfrei als unstreitig angesehen. Die Revision hat demgegenüber nicht dargetan, daß das Berufungsgericht insoweit Behauptungen der Beklagten übergangen hat.
b)
Die Kläger nahmen den erheblich teueren, für sie ungünstigen Kredit der Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit auf, nachdem sie der erste von ihnen in Anspruch genommene Kreditvermittler an einen anderen verwiesen hatte. Auch diese Feststellung des Berufungsgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und daher bindend.
Eine Teilzahlungsbank wie die Beklagte und die mit ihr durch eine Honorarvereinbarung verbundenen Kreditvermittler wenden sich mit ihren Kreditangeboten auch an geschäftsunerfahrene und rechtsunkundige Kreditbewerber. Diese können die sich auf dem Kreditmarkt bietenden Kreditmöglichkeiten häufig nicht überschauen. Sie mögen vom Kreditvermittler die rasche Beschaffung eines Kredits erwarten. Es geht aber auch ihnen nicht um einen Kredit "um jeden Preis".
Die Kläger gehörten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags zu diesem nichtkaufmännischen Personenkreis. Nach dem "Kundengesprächsblatt" der Beklagten war die Klägerin zu 1) als Hauswartin, der Kläger zu 2) als Gerüstbauer tätig. Ihre Absicht, eine Gaststätte zu übernehmen, sie mit Darlehensmitteln zu renovieren und danach zu eröffnen, ordnet die Kreditaufnahme mit den dazugehörigen Rechtsgeschäften noch nicht in den kaufmännischen Geschäftsverkehr ein (zu den für diesen geltenden Beurteilungsgrundsätzen vgl. das Senatsurteil vom 25. Oktober 1979 - III ZR 182/77 = NJW 1980, 445 = WM 1980, 10).
Der von der Beklagten festgelegte Text des Kreditvertragsformulars gab den Klägern gleichwohl keinen hinreichenden Aufschluß über die Bedeutung einzelner Bestandteile des gesamten "Kreditbetrags". Geschäftlich unerfahrene und rechtsunkundige Kreditbewerber wie die Kläger konnten deshalb die ihnen ungünstigen Kreditbedingungen der Beklagten nicht in ihrer vollen Bedeutung erfassen oder sie jedenfalls nicht hinreichend bedenken.
c)
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bietet das Kreditvertragsformular einer Bank die Möglichkeit, die nach § 1 Abs. 4 der - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Preisangabenverordnung erforderlichen Angaben zu verlautbaren (vgl. BGH Urt. v. 16. Januar 1980 - I ZR 25/78 = WM 1980, 305). Ein vermittelter Kreditvertrag, wie ihn die Parteien geschlossen haben, gehört nach dem Vorbringen der Beklagten nicht zu den standardisierten Mengengeschäften. § 1 Abs. 4 der Verordnung gilt auch für Einzelangebote ("Individualangebote", vgl. Gelberg, Kommentar zur Preisangabenverordnung S. 8, 19), bei denen nur die Pflicht zum Preisaushang (§ 3 der Verordnung) entfallen kann. Der vorgedruckte und noch weiter auszufüllende Text des Kreditvertrags, der ohne die Unterschrift des Kreditbewerbers nur die vom Kreditgeber vorformulierten Kreditbedingungen wiedergibt, enthält bei vollständiger Ausfüllung durch die Bank deren schriftliches "Angebot" zur Leistung im Sinne der Verordnung. In diesem Formular kann die kreditgebende Bank, unbeschadet ihrer sonstigen Möglichkeiten zur Erfüllung ihrer Pflichten nach der Preisangabenverordnung, gegenüber dem Kreditbewerber den sich nach § 1 Abs. 4 der Verordnung ergebenden "Preis in vom Hundert des Kredits" unter der Bezeichnung "effektiver Jahreszins" angeben.
d)
Es kann Jedoch dahingestellt bleiben, ob die Beklagte ihre sich aus der Preisangabenverordnung ergebenden Pflichten erfüllt hat, ebenso, ob eine Ausnahme von der Preisangabenpflicht nach § 7 der Verordnung eingreift, weil die Kläger beabsichtigten, den Kredit für ihre künftige "selbständige gewerbliche Tätigkeit" zu verwenden (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung). Entscheidend ist vielmehr, daß die Beklagte zu ihrem Vorteil die geschäftliche Unerfahrenheit der Kläger durch eine für diese nicht durchschaubare Vertragsgestaltung ausnutzte.
Den Klägern blieb insbesondere verborgen, daß auch die Beklagte dem vertraglich mit ihr verbundenen Kreditvermittler ein erhebliches Honorar zahlt, das sie in voller Höhe auf die Kreditnehmer abwälzt. Das "packing" verteuert den Kredit für die Kläger allein um einen Betrag, der annäherungsweise 4,72 % an effektiven Jahreszinsen entspricht. Insgesamt mußten die Kläger für die Inanspruchnahme der Kreditvermittlung Beträge aufwenden, die etwa 8,41 % effektiven Jahreszinsen entsprechen. Das ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, fast soviel, wie sie bei der Aufnahme eines Kredits (ohne Kreditvermittlung) bei einer Geschäftsbank oder bei einer Sparkasse hätten zahlen müssen.
e)
Hinzu kommen noch folgende Umstände:
aa)
Den Klägern blieb nach der von der Beklagten gewählten Art der Vertragsanbahnung auch verborgen, wie sich der Betrag für die Restschuldversicherung zusammensetzt. Nur der aus "Prämie/MWSt/Kreditgebühr/Bearbeitungsgeb." bestehende Gesamtbetrag wird im Text des Kreditvertrages ausgewiesen.
bb)
Durch die von der Beklagten festgelegte Vertragsgestaltung, bei der sie selbst als Versicherungsnehmerin auftritt, werden die Kreditnehmer nach den rechtsirrtumsfreien Ausführungen des Berufungsgerichts zusätzlich mit der Mehrwertsteuer belastet. Der Anspruch auf Gewinnausschüttung entgeht ihnen. Den Kreditnehmern bleibt verborgen, daß diese zusätzlichen Nachteile durch eine für sie günstigere Vertragsgestaltung hätten vermieden werden können. Geschäftsunerfahrene und rechtsunkundige Darlehensbewerber werden deshalb auch nicht die Möglichkeit wahrnehmen, sich auf andere Weise eine günstigere Restschuldversicherung zu beschaffen.
f)
Erhebliche Belastungen legt die Beklagte den Kreditnehmern nach der von ihr festgelegten Vertragsgestaltung auch auf, wenn diese das Darlehen vorzeitig zurückzahlen wollen oder wenn sie mit der Zahlung der Raten in Rückstand geraten. Die Beklagte hat sich diese Belastungsmöglichkeiten in den auf der Rückseite des Kreditvertrags aufgedruckten Kreditbedingungen vorbehalten. Dort erwarten geschäftsunerfahrene oder rechtsunkundige Kreditbewerber keine ihnen nachteiligen Bedingungen dieser Art. Die Beklagte muß damit rechnen, daß sie diese Bedingungen vor der Unterzeichnung des Vertragstextes nicht einmal durchlesen.
aa)
Im Falle der vorzeitigen Ablösung des Kredits soll die Beklagte berechtigt sein, bis zu 3 % des Netto-Restkreditbetrages in Rechnung zu stellen.
bb)
Die Beklagte hat nach diesen Bedingungen bei einer gerichtlichen Beitreibung zur Abgeltung des ihr hierdurch entstehenden Aufwandes einen Anspruch auf Zahlung von "bis zu 4 % der anhängig gemachten Hauptforderung". Darüber hinaus kann sie von Jedem Kreditnehmer auch Ersatz von Gebühren eines Inkassoinstituts sowie ihrer erstattungsfähigen Kosten einer Rechtsverfolgung gegen andere Kreditnehmer verlangen.
Der Beklagten waren diese Umstände bekannt. Sie hat danach die geschäftliche Unerfahrenheit der Kläger in sittenwidriger Weise zu ihrem Vorteil ausgenutzt oder sich zumindest in einer nach § 138 Abs. 1 BGB vorwerfbaren Weise der Einsicht verschlossen, daß sich die Kläger nur aufgrund ihrer "Unterlegenheit" auf die für sie ungünstige Kreditaufnahme bei der Beklagten eingelassen haben.