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Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.12.1975, Az.: VI ZR 175/73

Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen einer polnischen Staatsangehörigen; Anmeldung von Verfolgungsansprüchen; Schadensersatzanspruch gegen einen Rechtsanwalt aus pflichtwidriger Vertretung der Interessen eines Mandanten

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
09.12.1975
Aktenzeichen
VI ZR 175/73
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1975, 12720
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Frankfurt am Main - 27.06.1973
LG Frankfurt/Main - 04.07.1972

Fundstelle

  • IPRspr 1975, 128

Prozessführer

Pensionärin Eugenia S.-M., W., M. m ... Polen

Prozessgegner

Rechtsanwältin Nathalia R., F./M., L.straße ...

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 1975
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Weber und
die Richter Prof.Dr. Nüßgens, Scheffen, Dr. Steffen und Dr. Ankermann
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 27. Juni 1973 aufgehoben, soweit die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 4. Juli 1972 in Höhe eines Teilbetrages von 91.850 DM nebst 4 % Zinsen hierauf seit Klageerhebung (geltend gemachter Eigentums- und Vermögensschaden sowie Berufsschaden) zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an den 8. (Entschädigungs-)Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision überlassen bleibt.

Tatbestand

1

Die Klägerin, polnische Staatsangehörige und jüdischer Abstammung, kam im Jahre 1966 aus Polen in die Bundesrepublik. Sie beauftragte alsbald die Beklagte mit der Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen. Dabei brachte sie zum Ausdruck, daß sie sich auch als Erbin ihres Bruders Isaak M. ansah, der bis November 1938 in Berlin gelebt habe, von dort mit seiner Ehefrau als Jude nach Polen abgeschoben worden und 1941 im Konzentrationslager Auschwitz umgekommen sei. Seine Ehefrau sei im Jahre 1942 im Konzentrationslager Treblinka ums Leben gekommen. Die Tochter Mathilde der Eheleute M. sei zusammen mit den Eltern ihrer Mutter 1943 ebenfalls deportiert worden und seitdem verschollen.

2

Die Beklagte hat 1967 die Wiedergutmachungsansprüche, die der Klägerin wegen ihrer eigenen Verfolgung zustanden, bei der Wiedergutmachungsbehörde angemeldet und insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anmeldefrist erwirkt. Hingegen hat sie Wiedergutmachungsansprüche, die die Klägerin als Erbin ihres Bruders wegen dessen Verfolgung zu haben meint, nicht angemeldet.

3

Die Klägerin, die unter Bezugnahme auf einen Beschluß des Kreisgerichts Warschau vom 3. Februar 1961 meint, sie sei die alleinige Erbin ihres Bruders, begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung des Anwaltsvertrages. Sie behauptet, der Auftrag der Beklagten habe auch die Geltendmachung ihrer Wiedergutmachungsansprüche als Erbin ihres Bruders umfaßt. Die Beklagte habe es versäumt, diese Ansprüche rechtzeitig anzumelden. Dadurch sei ihr, der Klägerin, eine Wiedergutmachungsentschädigung in Höhe von 150.000 DM entgangen, die sie mit der Klage verlangt.

4

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die Klägerin sei nicht Erbin ihres Bruders, einen Auftrag zur Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen der Klägerin als Erbin ihres Bruders bestritten und Einwendungen gegen die Höhe des angeblichen Schadens erhoben.

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

6

Mit der Revision verfolgt sie ihre Klageansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

7

I.

Das Berufungsgericht stellt fest, der Auftrag der Klägerin an die Beklagte habe auch die Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen als Erbin ihres Bruders umfaßt. Die Beklagte habe pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt, indem sie ihre Tätigkeit auf die Wiedergutmachungsansprüche der Klägerin aufgrund deren eigener Verfolgung beschränkt habe. Es verneint indessen die Entstehung eines Schadens der Klägerin, weil diese nicht Erbin ihres Bruders geworden sei. Das führt das Berufungsgericht unter Anwendung und Auslegung polnischen Erbrechtes im einzelnen aus. Der Beschluß des Kreisgerichtes Warschau vom 3. Februar 1961 ändere, so meint es, an dieser Beurteilung nichts. Er sei zwar mit einem deutschen Erbschein zu vergleichen und in Deutschland anzuerkennen.

8

Nach dem auch insoweit anzuwendenden polnischen Recht stelle er jedoch nur eine widerlegbare Vermutung des Erbrechts der Klägerin auf. Der Gegenbeweis, daß die Klägerin Erbin ihres Bruders nicht geworden sei, sei jedoch nach dem unstreitigen Sachverhalt geführt.

9

II.

Soweit das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin schon aus diesem Grunde verneint, halten seine Ausführungen den Angriffen der Revision nicht stand.

10

1.

Die Feststellung des Berufungsgerichts der Auftrag der Beklagten habe auch die Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen der Klägerin als Erbin ihres Bruders umfaßt, und die Beklagte habe deren rechtzeitige Anmeldung verabsäumt und insoweit schuldhaft den Anwaltsvertrag mit der Klägerin verletzt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

11

Die Revision macht sich die ihr insoweit günstigen Ausführungen des Berufungsgerichts zu eigen. Auch die Revisionserwiderung hat insoweit nichts erinnert.

12

2.

Die Annahme des Berufungsgerichts jedoch, der Klägerin sei dadurch kein Schaden entstanden, weil sie nicht Erbin ihres Bruders Isaak geworden sei, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

13

a)

Wird ein Schadensersatzanspruch gegen einen Rechtsanwalt aus pflichtwidriger Vertretung der Interessen des Mandanten vor Gericht - oder wie hier vor einer Behörde - hergeleitet, dann ist bei der Prüfung, welcher Schaden dadurch entstanden, ist, darauf abzustellen, wie das Gericht bzw. die Behörde bei ordnungsgemäß vorgetragenem Sachverhalt nach der Auffassung des jetzt mit dem Schadensersatzanspruch befaßten Gerichts hätte entscheiden müssen (BGH Urt.v.14. November 1964 - III ZR 144/61 - VersR 64, 161; Senatsurteil v. 25. Juni 1974 - VI ZR 18/73 - VersR 74, 108 m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hätte mithin das Vorbringen der Klägerin dahingehend würdigen müssen, ob die Anmeldung ihrer Wiedergutmachungsansprüche nach ihrem in Polen umgekommenen Bruder mit den von ihr der Beklagten zur Verfügung gestellten Informationen und Beweismitteln zum Erfolg geführt haben würde. Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei dieser Prüfung nicht die besonderen Verfahrensregeln des Bundesentschädigungsgesetzes beachtet.

14

Die Klägerin hätte, insoweit ist dem Berufungsgericht zu folgen, im Wiedergutmachungsverfahren in erster Linie ihre Erbberechtigung nachweisen müssen. Dazu hätte es aber, wie die Revision mit Recht hervorhebt, möglicherweise zunächst einmal ausgereicht, wenn die Beklagte der Wiedergutmachungsbehörde den Beschluß des Kreisgerichts Warschau vorgelegt hätte, wonach die Klägerin Alleinerbin ihres Bruders geworden war. Nach der Beweiserleichterungsvorschrift des § 181 Abs. 1 BEG, mit der sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt hat, soll nämlich im Entschädigungsverfahren von der Vorlage eines Erbscheins abgesehen werden, wenn die Erbberechtigung auch ohne Vorlage eines Erbscheines nachweisbar ist. Die Vorschrift dient der Erleichterung und Beschleunigung des Verfahrens. Ob und wann danach die Entschädigungsorgane eine Vorlage des Erbscheines verlangen oder nicht, liegt in derem pflichtgemäßen Ermessen. Da es sich nur darum handelt, ob das Erbrecht nachweisbar ist, und da die Entschädigungsorgane diese Frage in freier Beweiswürdigung entscheiden können, kann ein Antragssteiler im Entschädigungsverfahren nach allgemeiner Meinung den ihm obliegenden Nachweis auch durch Vorlage etwa eines ausländischen Zeugnisses führen, das einem deutschen Erbschein entspricht, sofern nur Klarheit darüber besteht, nach welchem Recht sich die Erbfolge richtet (Blessin/Giessler, Bundesentschädigungsgesetz, § 131 BEG Anm. II 1; Blessin/Ehrig/Wilden, Bundesentschädigungsgesetz, 3. Aufl. § 181 BEG Rdnr. 2; Winkelmair, Bundesentschädigungsgesetz [WEK-Reihe], § 181 BEG Anm. 1).

15

Hätte mithin, wovon im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin auszugehen ist, die Beklagte auf Nachfrage, welche Beweismittel die Klägerin habe, von dieser den Beschluß des Kreisgerichts Warschau erhaltten, so hätte sie ihn der Entschädigungsbehörde vorlegen müssen. Ob diese sich mit einem solchen Nachweis begnügt haben würde, ist freilich offen, nach der durch § 181 Abs. 1 BEG geschaffenen Rechtslage aber zum mindesten nicht ausgeschlossen. Feststellungen darüber wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Sollte es schon dabei zu dem Ergebnis kommen, daß die Klägerin mit der Vorlage des polnischen Erbscheins allein die Entschädigungsbehörde von ihrem Erbrecht überzeugt hätte, so käme es nicht darauf an, daß der Beschluß des Kreisgerichts Warschau, wie das Berufungsgericht in Anwendung des (nicht revisiblen) polnischen Rechts angenommen hat, widerlegbar war. Bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung der Interessen der Klägerin war die Beklagte jedenfalls verpflichtet, deren Wiedergutmachungsansprüche als Erbin ihres Bruders zunächst auf dem einfachsten Wege geltend zu machen.

16

b)

Allerdings könnte einem Schadensersatzanspruch der Klägerin trotzdem entgegenstehen, daß die Wiedergutmachungsbehörde aufgrund ihres tatsächlichen Vorbringens zu dem richtigen Ergebnis hätte kommen müssen, der polnische Erbschein sei materiell unrichtig. Das Berufungsgericht, das das unter Anwendung und in Auslegung des polnischen Heimatrechts des verstorbenen Bruders der Klägerin feststellt, verkennt indessen auch insoweit, daß die Klägerin nur unter den erleichterten Beweiserfordernissen des Bundesentschädigungsgesetzes die Wiedergutmachungsbehörde von ihrem Erbrecht hätte überzeugen müssen. Mithin war zu prüfen, ob die Entschädigungsbehörde (und ggfs. das Entschädigungsgericht) die Klägerin als rechtmäßige Erbin hätte ansehen müssen. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, die Beerbung des Bruders der Klägerin habe sich nach polnischem Recht gerichtet. Sein in Anwendung dieses Rechts gewonnenes Ergebnis, Erbin sei (zunächst) die Tochter der Eheleute Isaak und Jutta M. geworden, ist von der Revision hinzunehmen und wird von ihr auch nicht in Zweifel gezogen. Das schließt indessen nicht aus, daß die Klägerin sodann ihre Nichte (allein oder zusammen mit ihrem noch lebenden Bruder) beerbt haben kann und deshalb als Erbeserbin ihres in Polen verstorbenen Bruders zur Geltendmachung der Wiedergutmachungsansprüche legitimiert ist. Das Berufungsgericht verkennt das an sich nicht, meint jedoch, die Klägerin behaupte nicht, daß ihre Nichte verstorben oder für tot erklärt worden sei; die "bloße Verschollenheit genüge nach keinem der in Frage kommenden Rechte, um den Erbgang zu eröffnen. An dieser Stelle hätte jedoch das Berufungsgericht erwägen müssen, daß die von der Klägerin vorgetragenen Umstände, nämlich die Verschleppung der Nichte zusammen mit ihren Großeltern aus rassischen Gründen im Jahre 1943 und die Tatsache, daß seitdem alle verschollen sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß auch sie umgekommen sind. Das hätte Anlaß geben müssen zu prüfen, ob nicht doch der Tod der Nichte und damit die Legitimation der Klägerin als Erbeserbin für die Entschädigungsbehörde ausreichend glaubhaft gewesen wäre oder mittels weiterer Beweismittel hätte glaubhaft gemacht werden können. Diese Prüfung wird nachzuholen sein.

17

3.

Dem läßt sich nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entgegenhalten, daß die Klägerin ihre Ansprüche erst nach deren Ablauf der Anmeldefrist am 31. Dezember 1965 angemeldet hat und keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Anmeldefrist erhalten hätte. Als sie im Jahre 1966 in der Bundesrepublik ihren Wohnsitz gründete, konnte sie unter den Voraussetzungen des § 4 BEG, die möglicherweise vorliegen, noch einen Entschädigungsantrag stellen, wie sie es für eigene Verfolgungsschäden mit Erfolg getan hat. Selbst wenn sie dabei Antragsfristen versäumt hätte, muß das Revisionsgericht zu ihren Gunsten davon ausgehen, daß ihr unter den im Entschädigungsrecht anerkannten, großzügigeren Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden wäre (vgl. dazu BGH Urt.v. 25. November 1964 - IV ZR 26/64 - RzW 65, 166 m.w.Nachw.).

18

Dafür spricht schon die Tatsache, daß sie eine solche für ihre eigenen Ansprüche erreicht hat.

19

Das alles bedarf indessen nach abschließender tatrichterlicher Aufklärung.

20

III.

Danach führt die Revision der Klägerin zur Aufhebung des Berufungsurteils, sofern nicht ihre Schadensersatzklage bereits deswegen unbegründet ist, weil ihr - von ihrer Legitimation als Erbin abgesehen - nach dem eigenen Sachvortrag keine Entschädigungsansprüche als Erbin ihres Bruders zustehen könnten, demnach auch bei rechtzeitiger Anmeldung durch die Beklagte von den Entschädigungsbehörden nicht zugebilligt worden wären. Insoweit entfällt ein von der Beklagten verursachter Schaden der Klägerin.

21

1.

Dazu führt das Berufungsgericht in einer Hilfsbegründung aus:

22

a)

Für den von der Klägerin mit dem nach dem Bundesentschädigungsgesetz vorgesehenen Höchstbetrag von 75.000 DM geltend gemachten Vermögensschaden, den ihr Bruder angeblich durch Verlust seiner wertvollen Wohnungseinrichtung in Berlin und des von ihm betriebenen Übersetzungsbüros erlitten habe, fehlten die gesetzlichen Voraussetzungen. Sie habe nicht vorgetragen, was mit der Wohnungseinrichtung geschehen sei. Es kämen Ansprüche nach dem Rückerstattungsgesetz in Betracht, für die es ohne Bedeutung gewesen sei, daß die Beklagte die Anmeldung von Ansprüchen nach dem Bundesentschädigungsgesetz verabsäumt hätte. Wiedergutmachungsansprüche nach dem Bundesentschädigungsgesetz waren nur dann gegeben, wenn das Vermögen seinerzeit geplündert worden wäre. Das habe die Klägerin nicht behauptet.

23

b)

Eine Entschädigung für den von ihrem Bruder erlittenen Freiheitsschaden (von ihr mit 8.100 DM beziffert) habe der Klägerin schon deshalb nicht zugestanden, weil dieser Anspruch nur auf Abkömmlinge der ersten Ordnung oder Ehegatten vererblich sei.

24

c)

Der von der Klägerin mit 16.850 DM berechnete Berufsschaden ihres Bruders wäre im Verhältnis 10: 2 umzustellen gewesen. Selbst wenn alle anderen Anspruchsvoraussetzungen bewiesen worden wären, hätten ihr mithin hierfür nur 3.370 DM zugesprochen werden können.

25

d)

Für den Eintritt eines Gesundheitschadens ihres Bruders (von ihr mit 20.000 DM beziffert) habe die Klägerin überhaupt nichts an Tatsachen vorgetragen.

26

e)

Soweit der Bruder der Klägerin Geld nach Belgien verbracht und dort bei einer Bank deponiert habe, kämen Entschädigungsansprüche nicht in Betracht; die Erben des Bruders könnten allenfalls Ansprüche gegen diese Bank erheben.

27

2.

Diese Ausführungen tragen die Abweisung der Klage insoweit, als es um die Entschädigung für den vom Bruder der Klägerin erlittenen Freiheitsschaden (oben 1 b), um die Entschädigung für seinen Gesundheitsschaden (oben 1 d) und um die Entschädigung für die angeblich auf ein belgisches Konto verbrachten Gelder (oben 1 e) geht.

28

Der Anspruch auf Entschädigung für Freilheitsschäden" ist nach § 46 Abs. 1 BEG nur auf die nächsten Angehörigen (Ehegatten, Kinder, Enkelkinder oder Eltern) vererblich, ein Personenkreis, zu dem die Klägerin nicht gehört. Für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz von Gesundheitsschäden hat die Klägerin, wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, keine Tatsachen vorgetragen, die ihn rechtfertigen könnten. Es fehlt jede Darlegung darüber, daß ihr Bruder vor seinem Tode nach dem Bundesentschädigungsgesetz ersatzfähige Schäden an seiner Gesundheit erlitten hat und worin eine solche Gesundheitschädigung gegebenenfalls hätte bestehen sollen. Was das (angebliche) Guthaben in Belgien anbelangt, so hat die Klägerin ebenfalls nichts vorgetragen, was die Voraussetzungen eines Entschädigungstatbestandes nach dem Bundesentschädigungsgesetz erfüllen könnte. Das angefochtene Urteil ist auch insoweit richtig. In allen diesen Fällen hat die Revision nicht darzutun vermocht, welche Rechtsfehler dem Berufungsgericht insoweit unterlaufen sein sollten.

29

3.

Mit Recht rügt die Revision allerdings, daß die Klägerin zur Begründung eines Vermögensschadens ihres Bruders (oben zu 1 a) nach Ansicht des Berufungsgerichts nichts Ausreichendes vorgetragen hat, und hält insoweit die Vorschrift des § 51 BEG für verletzt.

30

Es geht dabei zunächst einmal im wesentlichen nicht um einen eigentlichen Vermögens-, sondern um einen sog. Eigentumsschaden nach § 51 BEG, soweit es sich um die Wohnungseinrichtung und die Einrichtung des Übersetzungsbüros handelt, wie das Berufungsgericht offenbar auch erkannt hat. Nach Abs. 1 der Vorschrift hat ein Verfolgter Anspruch auf Entschädigung für Schäden an Eigentum, wenn eine ihm im Zeitpunkt der Schädigung gehörende Sache im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 zerstört, verunstaltet oder der Plünderung preisgegeben worden ist. Das Berufungsgericht vermißt einen Vortrag der Klägerin dahin, was mit der Wohnungseinrichtung des Bruders geschehen sei. Indessen ist den Darlegungen der Klägerin jedenfalls zu entnehmen, daß sie behaupten will, das Eigentum des Bruders sei verlorengegangen. Sicherlich scheidet damit die vom Berufungsgericht erwogene Möglichkeit aus, anzunehmen, die Klägerin habe behaupten wollen, ihrem Bruder sei es noch gelungen, die Einrichtung zu verkaufen und den Erlös ins Ausland zu schaffen. Die Klägerin hat bisher nicht vorgetragen, das Vermögen ihres Bruders sei beschlagnahmt worden. Vielmehr dürfte die Behauptung, ihr Bruder und dessen Ehefrau seien plötzlich verhaftet und nach Polen abgeschoben worden, im Zusammenhang damit, daß die Vermögensgegenstände in seiner Wohnung und in dem von ihm betriebenen Übersetzungsbüro verlorengegangen seien, entweder auf den Tatbestand der Plünderung oder auf den vom Berufungsgericht nicht in Betracht gezogenen Tatbestand des § 51 Abs. 3 BEG hindeuten. Danach hat ein Verfolgter auch dann Anspruch auf Entschädigung, wenn er ihm gehörende Sachen ohne eine seine Interessen wahrende Aufsicht hat im Stich lassen müssen.

31

Das Berufungsgericht hätte, wie die Revision mit Recht rügt, zur Klarstellung dessen, was gemeint war, von seiner Fragepflicht nach § 139 ZPO Gebrauch machen müssen.

32

4.

Das Berufungsgericht hat letztlich von dem nach Ansicht der Klägerin auf sie übergegangenen Entschädigungsanspruchs ihres Bruders für Berufsschäden (oben 1 c), ihre Erbberechtigung unterstellt, nur 3.370 DM, nämlich 1/5 von den geltend gemachten 16.850 DM als schlüssig angesehen, weil nach § 11 BEG eine Umstellung von Reichsmark auf D-Mark im Verhältnis von 10: 2 vorzunehmen sei. Das beruht auf einem Irrtum des Berufungsgerichts bei der Berechnung der Höhe der Klageforderung. Die Klägerin hat nämlich ein entgangenes Diensteinkommen ihres verstorbenen Bruders in Höhe von 18.726 Reichsmark jährlich behauptet und für 4 1/2 Jahre eine Forderung von 84.267 RM errechnet, die sie selbst bereits im Verhältnis 1: 5 auf 16.850 DM umgestellt hat.

33

IV.

Der Klägerin stehen mithin nach ihrem eigenen Sachvortrag allenfalls 75.000 DM (Eigentums- und Vermögensschäden) und weitere 16.850 DM (Berufsschäden), insgesamt mithin 91.850 DM zu. Nur in dieser Höhe führt ihre Revision zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. In Höhe von abgewiesenen 58.150 DM nebst Zinsen (150.000 DM - 91.850 DM) bleibt ihre Revision ohne Erfolg.

34

Da es im Rechtsstreit jetzt nur noch um Rechtsfragen aus dem Entschädigungsrecht geht, hat der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an einen für Entschädigungssachen zuständigen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen.

Dr. Weber
Nüßgens
Scheffen
Dr. Steffen
Dr. Ankermann