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Bundesgerichtshof
Urt. v. 08.10.1975, Az.: VIII ZR 81/74

Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mietvertrages; Anforderungen an ein Leasinggeschäft; Finanzierung der Gebrauchsnutzung durch den Mieter

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
08.10.1975
Aktenzeichen
VIII ZR 81/74
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1975, 12840
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Stuttgart - 20.11.1973
LG Stuttgart

Fundstellen

  • DB 1975, 2366-2368 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1976, 216-217 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1977, 195-197 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Firma T. Leasing-Corporation AG in W./Schweiz, Deutsche Repräsentanz, L. S. GmbH,
vertr. d.d. Geschäftsführer Dr. Wolfgang A. in S., Im K.

Prozessgegner

Hilde W., kaufmännische Angestellte in S., B. Straße ...

Sonstige Beteiligte

Firma Kiddie R., Automatengesellschaft GmbH,
vertreten d.d. Geschäftsführer R. und B. in S., H.weg ...

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Zur Frage der Wertung eines Leasingvertrages als Mietvertrag.

  2. b)

    Zur Frage der Wirksamkeit eines Gewährleistungsausschlusses des Vermieters in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines solchen Vertrages.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 1975
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Haidinger und
die Richter Claßen, Dr. Hiddemann, Hoffmann und Merz
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. November 1973 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 5/6 und die Beklagte 1/6.

Tatbestand

1

Die Beklagte - früher Inhaberin einer kleinen Gaststätte und während des hier streitigen Zeitraums als Büroangestellte beschäftigt - unterschrieb am 12. Dezember 1970 ein Vertragsformular, nach dessen weitgehend vorgedrucktem Inhalt sie von der Klägerin einen zum Verkauf von Heißgetränken bestimmten und im Baurechtsamt der Stadtverwaltung S. aufzustellenden Kaffeeautomaten für die Dauer von 60 Monaten zu einem monatlichen Mietzins von 44 DM zuzüglich Mehrwertsteuer mietete. Als Lieferant des Automaten sowie als Montagefirma war in dem Formular die Firma "K. R. Automatengesellschaft mbH" - die Streitgehilfin der Klägerin im ersten Rechtszug - angegeben, deren Außendienstmitarbeiter Schmid im Dezember 1970 die Vertragsverhandlungen mit der Beklagten geführt sowie das Vertragsformular in ihrer Gegenwart ausgefüllt und nach Unterzeichnung entgegengenommen hatte. Auf dem Formular war auf die umseitig abgedruckten "Allgemeinen Mietbedingungen" der Klägerin Bezug genommen, in denen in insgesamt 22 kleingedruckten, die Rückseite des DIN A 4 - Bogens zweispaltig voll ausfüllenden Ziffern das Risiko der Vertragsdurchführung fast ausschließlich der Beklagten als Mieterin auferlegt war. Unter anderem enthielten die Mietbedingungen folgende Bestimmungen:

"2.
Die Anlieferung und die Montage an dem vereinbarten Standort erfolgen auf Gefahr des Mieters ... Soweit der Vermieter die Mietsache auf Verlangen des Mieters von einem Dritten erwirbt, ist es Sache des Mieters, dafür Sorge zu tragen, daß die Mietsache vom Lieferanten nur nach vorheriger Prüfung auf ihre Ordnungsmässigkeit entgegengenommen wird ... Gewähr für mangelhafte Lieferung leistet der Vermieter nur in der Weise, daß er sich verpflichtet, bestehende Mängelansprüche gegenüber dem Lieferanten auf schriftlichen Wunsch des Mieters und auf dessen Kosten beim Vermieter (?) geltend zu machen ... Eine darüber hinausgehende Haftung des Vermieters wegen Sachmängeln besteht in keinem Fall.

9.
Der Mieter ist verpflichtet, alle dem Vermieter zustehenden Rechte aus Garantie- und Servicezusagen, positiver Vertragsverletzung, Verzug u.a. gegenüber dem Lieferanten bzw. der Montagefirma ... auf eigene Kosten geltend zu machen. Kommen (derartige) Ansprüche zur Entstehung, so entbindet dies den Mieter nicht von irgendeiner seiner Verpflichtungen aus diesem Vertrag, insbesondere nicht von seiner Verpflichtung zur Entrichtung der vereinbarten Miete.

12.
Die Gefahr des zufälligen Untergangs, Verlustes oder Diebstahls und der Unterschlagung bzw. Beschlagnahme, der Beschädigung und des vorzeitigen Verschleisses u.ä. der Mietsache trägt der Mieter. Derartige Ereignisse entbinden den Mieter nicht von seiner Verpflichtung, die vereinbarte Miete zu zahlen ..."

2

Nach Nr. 18 sollte sich die Miete, wenn der Vertrag über die normale Mietzeit hinaus verlängert wurde, auf 1/12 des vereinbarten Mietzinses ermäßigen.

3

Die Firma K.-R. reichte das von der Beklagten unterschriebene Vertragsformular an die Klägerin weiter, die nach Einholung einer Auskunft über die Beklagte den Vertrag ihrerseits am 4. Januar 1971 unterzeichnete. Sie hatte mit der Firma K.-R. eine Vereinbarung dahingehend getroffen, daß sie von ihr jeweils einen Automaten kaufte, wenn diese ihr einen passenden Mieter bindend vermitteln konnte. Demgemäß kaufte die Klägerin den hier streitigen Automaten zum Preise von 1.687,20 DM. Das Gerät wurde von der Lieferantin im Baurechtsamt aufgestellt, mußte jedoch schon nach kurzer Benutzung wegen Betriebsstörungen wiederholt repariert werden und blieb mit den Einnahmen von Anfang an erheblich unterhalb der Rentabilitätsgrenze und insbesondere hinter den Gewinnvorstellungen zurück, von denen die Beklagte bei Vertragsabschluß ausgegangen war. Seit Anfang April 1971 ist der Automat wegen einer Störung außer Betrieb.

4

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte, die lediglich die im Januar 1971 fällige Monatsmiete bezahlt hat, auf Zahlung von insgesamt 1.660,50 DM - 34 Monatsmieten von je 48,84 DM für die Zeit vom 15. Februar 1971 bis zum 14. Dezember 1973 - nebst Zinsen in Anspruch. Die Beklagte hat die Zahlung mit dem Hinweis verweigert, der Vertrag sei angesichts der Sittenwidrigkeit der Allgemeinen Mietbedingungen von Anfang an insgesamt nichtig gewesen, jedenfalls aber von ihr wegen arglistiger Täuschung angefochten worden, weil der Vertreter S. ihr einen mit dem - überdies technisch unbrauchbaren - Kaffeeautomaten nicht erzielbaren Reingewinn von monatlich 150 bis 200 DM vorgespiegelt habe.

5

Das Landgericht hat den Vertrag vom 12. Dezember 1970/4. Januar 1971 im Hinblick auf die Sittenwidrigkeit der Allgemeinen Mietbedingungen als nichtig angesehen und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage - unter Abweisung im übrigen - in Höhe von 268,62 DM nebst Zinsen stattgegeben. Gegen dieses Urteil richten sich die zugelassenen Revisionen beider Parteien. Die Klägerin hält an ihrem ursprünglichen Klagebegehren fest, während die Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang erstrebt.

6

Beide Parteien beantragen,

die Revision des Gegners zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der streitige Vertrag als Mietvertrag zwischen den Parteien rechtswirksam zustandegekommen ist. Zwar seien die auf der Rückseite des Vertragsformulars abgedruckten Allgemeinen Mietbedingungen der Klägerin angesichts ihrer komplizierten Fassung sowie im Hinblick auf ihren - und das gelte vor allem für die Regelung über die Sach- und Preisgefahr (Nr. 12) - weitgehend unverständlichen Inhalt insgesamt unwirksam gewesen; das berühre jedoch die Wirksamkeit des Mietvertrages selbst nicht. Daß der Vertreter S. die Beklagte über den erzielbaren Reingewinn arglistig getäuscht habe, sei nicht erwiesen. Die Beklagte sei daher bis einschließlich Juni 1971 zur Mietzinszahlung verpflichtet gewesen. Von diesem Zeitpunkt an entfalle jedoch eine dahingehende Verpflichtung, weil die Klägerin am 30. Juni 1971 von der Betriebsstörung an dem Automaten erfahren habe, gleichwohl aber ihrer Instandsetzungspflicht nicht nachgekommen sei und zudem die Beklagte - gestützt auf diese schwerwiegende Gebrauchsbeeinträchtigung - mit Schriftsatz vom 26. November 1971 den Vertrag wirksam gekündigt habe.

8

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Revisionsangriffen beider Parteien stand.

9

1.

Das Berufungsgericht sieht in dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag einen Mietvertrag i.S. der §§ 535 ff BGB; so hätten die Vertragspartner ihre Vertragsbeziehungen aufgefaßt und den Vertragstext entsprechend formuliert. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Richtig ist allerdings, daß die Klägerin ersichtlich bemüht gewesen ist, mit ihren dem eigentlichen Vertragstext beigefügten Allgemeinen Mietbedingungen dem Vertrag den Charakter eines sogen. Leasing-Geschäftes zu geben. Das für derartige Leasingverträge typische Dreiecksgeschäft zwischen Hersteller, Vermieter und dem zumeist vom Hersteller angeworbenen Mieter, die Beschränkung der Funktionen des Vermieters in wirtschaftlicher Hinsicht auf die bloße Finanzierung der Gebrauchsnutzung durch den Mieter, die typischerweise damit verbundene Abwälzung der Sach- und Preisgefahr von dem Vermieter auf den Mieter nach kaufrechtlichem Vorbild (Nr. 2, 9 und 12) und schließlich die Ermäßigung des Mietzinses nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Mietzeit auf einen Bruchteil des anfangs maßgeblichen Betrages (Nr. 18) sprechen in der Tat dafür, daß jedenfalls die Klägerin den Abschluß eines Leasingvertrages angestrebt hat (vgl. dazu Flume Betr. 1972, 1 ff, 52 ff; Mezger in RGRK 12. Aufl., vor § 433 Anm. 24; Palandt/Putzo 34. Aufl. Einf. vor § 535 Anm. 4; Larenz Schuldrecht 10. Aufl. II, § 63 III; BFH, Urteil vom 26. Januar 1970 - IV R 144/66 = BStBl. 1970, II, 264). Im Schrifttum ist umstritten, wie derartige Leasingverträge rechtlich einzuordnen sind, - insbesondere ob es sich, wie jetzt überwiegend angenommen wird, um eine besondere Form der Miete handelt (zum Meinungsstand vgl. Flume a.a.O. S. 3 ff sowie Larenz a.a.O.). Die Frage bedarf hier keiner grundsätzlichen Erörterung; denn jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Vertragspartner durch die Formulierung des Vertragstextes eindeutig zu verstehen gegeben haben, daß sie den Vertrag als Mietvertrag in dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Sinn verstanden wissen wollen, wenn zudem der Vertrag für die Zeit nach Ende der ursprünglich vorgesehenen Laufzeit nicht eine Kaufoption für den Leasingnehmer, sondern lediglich die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung zu einem reduzierten Mietzins vorsieht, wenn mithin die schuldrechtliche entgeltliche Gebrauchsüberlassung auf Zeit den Inhalt des Vertrages bildet, bestehen gegen die Einordnung eines derartigen Leasingvertrages als Mietvertrag keine rechtlichen Bedenken. Für die Rechtsbeziehungen der Parteien sind daher in erster Linie die §§ 535 ff BGB maßgebend.

10

2.

Auch die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, der Vertrag sei zunächst rechtswirksam zustandegekommen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

11

a)

Daß nach Ansicht des Berufungsgerichts die Beklagte für ihre Behauptung, sie sei bei Vertragsschluß über den erzielbaren Reingewinn arglistig getäuscht worden, beweisfällig geblieben ist, nimmt diese hin. Insoweit lassen die Ausführungen des Berufungsgerichts auch keinen Rechtsfehler erkennen.

12

b)

Der von der Beklagten im Revisionsrechtszug vertretenen Ansicht, angesichts der Sittenwidrigkeit und Unwirksamkeit der Allgemeinen Mietbedingungen sei der Vertrag selbst von Anfang an nichtig gewesen, vermag der Senat nicht zu folgen. Es kann hier - unbeschadet der an sich vorrangigen, unten noch zu behandelnden Frage, in welchem Umfang die Mietbedingungen überhaupt in den Vertrag einbezogen worden sind - dahingestellt bleiben, ob einzelne Bedingungen wegen der in ihnen enthaltenen unangemessenen Regelung gemäß § 242 BGB unwirksam waren. Auch wenn dies in größerem Umfang der Fall sein sollte und angesichts der Verflochtenheit der einzelnen Bedingungen untereinander erhebliche Teile der Allgemeinen Mietbedingungen als unwirksam anzusehen wären, würde dies den Bestand des Vertrages selbst nicht berühren. Die Parteien haben einen Vertrag abgeschlossen, der in seinen wesentlichen Bestandteilen - Mietobjekt, Laufzeit, Mietzins, Ort und Art der Lieferung und Montage - individuell ausgehandelt war und als Mietvertrag einem Vertragstyp angehört, der vom Gesetzgeber in allen Einzelheiten durch dispositives Recht geregelt ist (§§ 535 ff BGB). Die nach der Vorstellung der Klägerin ergänzend heranzuziehenden Allgemeinen Mietbedingungen betrafen im wesentlichen nur Einzelheiten der Vertragsdurchführung, - mochten sie auch für die Rechtsstellung der Beklagten von entscheidender Bedeutung sein. In einem derartigen Fall besteht aber, wie der Senat in Abgrenzung zu seiner Entscheidung BGHZ 51, 55 in seinem Urteil vom 19. April 1972 (VIII ZR 30/71 = WM 1972, 770) im einzelnen dargelegt hat, nach dem rechtspolitischen Sinn der verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Auflösung des gesamten Vertrages kein schutzwürdiges Bedürfnis. Den Belangen der Beklagten, die an sich mit der Miete des Automaten einverstanden war und sich lediglich durch die allgemeinen Mietbedingungen beeinträchtigt fühlt, wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, daß der Vertrag als Mietvertrag aufrechterhalten bleibt und an die Stelle der unangemessenen Bedingungen das dispositive Recht tritt. Ob u.U. in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen dann etwas anderes gelten könnte, wenn der ganz überwiegende Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als sachlich unangemessen anzusehen ist (vgl. Senatsurteil vom 19. April 1972, a.a.O. S. 770, 772), bedarf auch hier keiner Entscheidung; denn diese Voraussetzungen liegen ersichtlich schon deswegen nicht vor, weil die von der Beklagten in erster Linie beanstandete Abwälzung der Sach- und Preisgefahr auf den Mieter für das Leasinggeschäft typisch und ihre Normierung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen jedenfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.

13

c)

Schließlich läßt sich die Nichtigkeit des Vertrages auch nicht aus § 6 i.V.m. § 1 a AbzG herleiten; denn wenn auch aus wirtschaftlicher Sicht die Beklagte nach Ablauf der normalen Mietzeit den "Kaufpreis" für den Automaten beglichen haben würde, so war doch im vorliegenden Fall die Möglichkeit eines Eigentumserwerbs durch die Beklagte - anders als etwa beim sogen. Mietkauf (Senatsurteil vom 12. Dezember 1973 - VIII ZR 183/72 = WM 1974, 96) - gerade nicht vorgesehen, sondern der Beklagten lediglich die Möglichkeit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses unter erleichterten Bedingungen eingeräumt. An diesem sachenrechtlich entscheidenden Unterschied in der Vertragsgestaltung scheitert eine Heranziehung der Vorschriften des Abzahlungsgesetzes (§ 6 AbzG).

14

3.

Die Beklagte war somit zunächst zur Zahlung des vereinbarten Mietzinses verpflichtet. Diese Verpflichtung entfiel jedoch gemäß § 537 Abs. 1 i.V.m. § 545 BGB mit dem Monat Juli 1971; denn mit Zugang des Widerspruchsschreibens vom 23. Mai 1971 - also am 30. Juni 1971 - erfuhr die Klägerin von der Beklagten, daß der unstreitig seit April 1971 defekte Kaffeeautomat nach wie vor nicht betriebsbereit, seine Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch also aufgehoben war.

15

a)

Auf den in Nr. 2 und 12 der Allgemeinen Mietbedingungen enthaltenen Gewährleistungsausschluß kann sich die Klägerin demgegenüber nicht berufen; denn diese Bedingungen sind jedenfalls insoweit, als sie dem Mieter das ausschließliche Risiko für die während der Mietzeit auftretenden Betriebsstörungen aufbürden, nicht Vertragsinhalt geworden. Zwar haben die Parteien - als Voraussetzung für die Maßgeblichkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen überhaupt (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 1973 - VIII ZR 143/72 = WM 1973, 1198 m.w.Nachw.) - die auf der Rückseite des Vertragsformulars abgedruckten Allgemeinen Mietbedingungen durch ausdrückliche Bezugnahme im Vertragstext zum Vertragsinhalt gemacht. Eine solche vertragliche "Einbeziehung" erfaßt aber grundsätzlich diejenigen Klauseln nicht, die - mögen sie auch sachlich nicht unangemessen sein - überraschend sind, mit denen also eine Vertragspartei bei Billigung der vom Gegner aufgestellten Geschäftsbedingungen redlicherweise nicht zu rechnen braucht (BGHZ 51, 55, 59; Senatsurteil vom 24. Februar 1971 - VIII ZR 22/70 = WM 1971, 447; Mattern WM 1974, 762, 763 und 770 m.w.Nachw.). Diese Einschränkung trägt dem Umstand Rechnung, daß ein Vertragspartner bei Vertragsabschluß vielfach nicht in der Lage ist, die vom Gegner vorformulierten, meist umfangreichen, abstrakt gefaßten und eine Fülle von Einzelpunkten unterschiedlichen Gewichts regelnden Geschäftsbedingungen sorgfältig durchzulesen, ihren Zusammenhang zu erfassen und ihre mögliche Auswirkung gerade für das konkret abzuschließende Rechtsgeschäft sachgerecht einzuschätzen; das gilt insbesondere dann, wenn die Bedingungen - wie auch hier (vgl. etwa Nr. 2) - auf verschiedene, wahlweise in Betracht kommende Möglichkeiten der Vertragsgestaltung abstellen und zudem nicht nur die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien untereinander, sondern auch zu Dritten (Lieferant, Montagefirma) regeln. In solchen Fällen, in denen die betroffene Vertragspartei auch bei ernsthaftem Bemühen um ein Verständnis der Geschäftsbedingungen erfahrungsgemäß schon bald bei der Lektüre erlahmen und resignieren wird, muß sie darauf vertrauen können, daß die von ihr pauschal gebilligten gegnerischen Geschäftsbedingungen nicht allzu weit von den bei Rechtsgeschäften dieser Art üblichen und für sie vorstellbaren Bedingungen abweichen.

16

Der Grundsatz, daß derjenige, der eine Vertragsurkunde ungelesen unterzeichnet, den durch die Unterschrift gedeckten Vertragstext gegen sich gelten lassen muß, gilt bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen daher insoweit nicht, als es sich um sogenannte überraschende Klauseln handelt.

17

Ob eine Klausel im Einzelfall überraschend ist, bemißt sich in erster Linie nach dem für den maßgeblichen Geschäftskreis üblichen, nach dem Grad des Abweichens von dem durch das dispositive Recht geprägten Leitbild des Vertrages sowie nach der Ausgestaltung der Klauseln und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen insgesamt, wobei auch den Erörterungen bei Vertragsabschluß entscheidende Bedeutung zukommen kann. Abzustellen ist dabei auf die Kenntnis und Erfahrung, die der Klauselaufsteller bei dem typischerweise an Rechtsgeschäften dieser Art beteiligten Personenkreis voraussetzen kann.

18

Vorliegend hatte die Klägerin den Vertrag - und zwar durch die Formulierung in dem eigentlichen Vertragstext - eindeutig als Mietvertrag ausgestaltet. Zu den Grundzügen eines solchen Mietvertrages gehört aber die Verpflichtung des Vermieters, während der Mietzeit die Sache in einem für den vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (§ 535 Satz 1, § 536 BGB). Mit der Möglichkeit, daß die Klägerin diese dem Leitbild des Mietvertrages entsprechende, gerade bei der Miete von technischen und störanfälligen Geräten für den Mieter bedeutsame Verpflichtung in den Allgemeinen Mietbedingungen ausschließen und das Risiko einer Gebrauchsbeeinträchtigung ausschließlich auf sie abwälzen würde, brauchte die Beklagte nicht zu rechnen; dies um so weniger, als die Klägerin es unterlassen hat, etwa durch einen entsprechenden schriftlichen bzw. mündlich bei Vertragsabschluß gegebenen Hinweis oder zumindest durch Verwendung von Überschriften als Orientierungshilfe auf diese Klausel, die an verhältnismäßig versteckter Stelle in den besonders umfangreichen und in ihrer drucktechnischen Ausgestaltung kaum lesbaren Allgemeinen Mietbedingungen abgedruckt ist, aufmerksam zu machen. Aus dem Umstand allein, daß die Firmenbezeichnung der Klägerin und ihrer deutschen Repräsentantin den Bestandteil "Leasing" enthielt, brauchte die Beklagte - als Kleingewerbetreibende an der Anmietung derartiger Kaffeeautomaten zu Nebenerwerbszwecken typischerweise beteiligt - schon deswegen keine Rückschlüsse auf einen derart weitgehenden Gewährleistungsausschluß zu ziehen, weil bei ihr die Kenntnis von der rechtlichen Ausgestaltung eines Leasingvertrages nicht vorausgesetzt werden kann. Daß schließlich die Beklagte bei Vertragsabschluß über diesen Punkt aufgeklärt worden sei, behauptet die Klägerin selbst nicht.

19

Der Gewährleistungsausschluß in dem hier streitigen Umfang ist mithin schon nicht Vertragsinhalt geworden. Eines Eingehens auf die weitere Frage, ob er in seiner konkreten Ausgestaltung inhaltlich zu beanstanden ist, oder ob - wofür allerdings vieles spricht - die Allgemeinen Mietbedingungen wegen ihrer ungewöhnlich unübersichtlichen Fassung und ihrer kaum lesbaren drucktechnischen Ausgestaltung insgesamt unwirksam sind, bedarf es daher nicht.

20

b)

Schließlich läßt auch die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe mit ihrem Schriftsatz vom 26. November 1971 den Vertrag wegen der anhaltenden Vorenthaltung des Gebrauchs gemäß § 542 Abs. 1 BGB rechtswirksam fristlos gekündigt, einen Rechtsfehler nicht erkennen. Der Setzung einer Nachfrist (§ 542 Abs. 1 Satz 2 BGB) bedurfte es angesichts der Berufung der Klägerin auf den Gewährleistungsausschluß und der beharrlichen Weigerung, den Automaten in einen betriebsbereiten Zustand zu setzen, nicht.

21

III.

Beide Revisionen haben mithin keinen Erfolg. Sie waren daher - mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO - zurückzuweisen.

Dr. Haidinger
Claßen
Dr. Hiddemann
Hoffmann
Merz