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Bundesgerichtshof
Urt. v. 22.06.1973, Az.: V ZR 146/71

Anforderungen an die gesetzlich vorgeschriebene Form eines Grundstückskaufvertrages; Voraussetzungen der nachträglichen Heilung des Formmangels; Folgen des Formmangels bei einem Grundstückskaufvertrages

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
22.06.1973
Aktenzeichen
V ZR 146/71
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1973, 11725
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Köln - 25.06.1971
LG Aachen

Fundstellen

  • MDR 1973, 1011 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1973, 1455-1457 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

1. Kaufmann Alexander F.

2. Ehefrau Elisabeth F., geb. H.

beide in S.-B., H.straße ...

Prozessgegner

1. Rentnerin Agnes J. geb. B. in S.-B., B.

2. Rentner Johann B. in S., B.

Amtlicher Leitsatz

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein formnichtiger Grundstücksveräußerungsvertrag nach Treu und Glauben als wirksam zu behandeln ist.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 1973
durch
den Vorsitzenden Richter Hill und
die Richter Dr. Rothe, Dr. Mattern, Offterdinger und Dr. Grell
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Juni 1971 wird mit der Maßgabe auf Kosten der Kläger zurückgewiesen, daß diese auch für die ihnen in dem genannten Urteil auferlegten Teile der Kosten erster und zweiter Instanz nicht als Gesamtschuldner, sondern nach Kopfteilen haften.

Tatbestand

1

Mit privatschriftlichem Vertrag vom 1. Februar 1953 "verkaufte" der bisherige Beklagte Peter B. - der während des Revisionsverfahrens verstorben und von den jetzigen Beklagten beerbt worden ist (er wird im folgenden weiter als "der Beklagte" bezeichnet) - sein Hausgrundstück B.straße ... in S. an die klagenden Eheleute. Als Kaufpreis vereinbarten die Vertragschließenden 13.000 DM, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von 100 DM; ferner wurde für den Beklagten und seine Ehefrau auf Lebenszeit ein Wohnrecht im Hause ausbedungen. Besitz, Nutzungen und Lasten des Grundstücks sollten am 1. Februar 1953 auf die Kläger übergehen, und "zur Entlastung der Käufer" sollte der Beklagte die bestehenden Grundpfandrechte tilgen. Der Vertrag, so hieß es im Schlußabsatz,

"hat volle Gültigkeit und wird durch Notariatsurkunde abgelöst. Die Notariatsurkunde wird beantragt nach Löschung der im Grundbuch eingetragenen und vorhandenen Belastungen".

2

Zu der vorgesehenen notariellen Beurkundung kam es in der Folgezeit nicht. Die Kläger leisteten auf den Kaufpreis bis Februar 1967 regelmäßige Teilzahlungen von insgesamt mehr als 19.000 DM; sie machten Aufwendungen für das Haus, ließen sich die Mieten von zwei Wohnungen auszahlen und nutzten Keller und Schuppen. Der Beklagte blieb im Hause wohnen. Nachdem zwischen den Parteien Meinungsverschiedenheiten entstanden waren, schrieb er den Klägern im Juli 1967, daß er den Vertrag für ungültig halte und zu einem Verkauf des Grundstücks an sie nicht mehr bereit sei. Er veräußerte es im Jahre 1968 an einen Dritten.

3

Die Kläger haben den Beklagten auf Auflassung und Herausgabe des Grundstücks verklagt; hilfsweise fordern sie 30.000 DM nebst Prozeßzinsen abzüglich eines vom Beklagten nach Klageerhebung gezahlten Betrages von 9.805,24 DM. Sie sind der Ansicht, der Beklagte könne sich, ohne arglistig zu handeln, nicht auf das Fehlen eines notariell beurkundeten Kaufvertrages berufen, weil er sie trotz ihres wiederholten Drängens, mit ihnen zum Notar zu gehen, immer wieder vertröstet und ihnen versichert habe, sie könnten sich auf seine Vertragstreue verlassen. Zur Begründung ihres Hilfsantrages machen sie geltend, der Beklagte schulde ihnen für ihre im Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertragsverhältnisses insgesamt erbrachten Leistungen unter Abzug empfangener Mietbeträge mehr als 30.000 DM. Der Beklagte, der Klageabweisung beantragt hat, ist den Behauptungen und Rechtsausführungen der Kläger entgegengetreten und hat die Richtigkeit ihrer Forderungsberechnung bestritten.

4

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen den Beklagten zur Zahlung von 1.172,29 DM nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht den vom Beklagten zu zahlenden Betrag auf 4.933,06 DM erhöht und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der im Berufungsurteil zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den Zahlungsanspruch, soweit er ihnen aberkannt wurde, mit der Maßgabe weiter, daß der Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Kaufpreisteilbeträge, soweit er zusammen mit den übrigen Ansprüchen 30.000 DM übersteigt, nur hilfsweise geltend gemacht wird. Die jetzigen Beklagten, die nach dem Tode ihres Rechtsvorgängers in den Prozeß eingetreten sind, möchten das Rechtsmittel zurückgewiesen haben.

Entscheidungsgründe

5

1.

Da die Parteien den Grundstückskaufvertrag vom 1. Februar 1953 nur privat schriftlich, also unter Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form (notarielle Beurkundung, § 313 Satz 1 BGB) geschlossen haben und der Formmangel auch nicht nachträglich durch Auflassung und Grundbucheintrag geheilt wurde (Satz 2 a.a.O.), ist der Vertrag nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Die Kläger vertreten indessen den Standpunkt, der Beklagte müsse sich gleichwohl an dem vertraglich Vereinbarten festhalten lassen, weil Treu und Glauben es ihm verböten, sich auf die Formnichtigkeit zu berufen (§ 242 BGB). Auf dieses Argument ist der Berufungsrichter mit Recht eingegangen und hat es auf seine Stichhaltigkeit geprüft. Er war einer solchen Prüfung nicht dadurch enthoben, daß die Kläger, nachdem ihr Haupt ansprach auf Auflassung und Räumung des Grundstücks vom Landgericht abgewiesen worden war, im zweiten Rechtszug nur noch den - teilweise ebenfalls abgewiesenen - Hilfsanspruch auf Zahlung weiterverfolgt haben und damit die Abweisung des Hauptantrags rechtskräftig geworden ist (BGHZ 41, 38, 41). Denn die Frage, ob der Kaufvertrag trotz mangelnder Form nach Treu und Glauben so zu behandeln sei, als wäre er wirksam zustandegekommen, war nicht bloß für den inzwischen aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen Übereignungs- und Räumungsanspruch bedeutsam. Von ihrer Beantwortung hing zugleich die Art der finanziellen Abrechnung zwischen den Parteien ab, insbesondere die Höhe der den Klägern gebührenden Geldbeträge; sollte der Beklagte, indem er ihnen jahrelang das Grundstück vorenthielt und es schließlich an einen Dritten weiterveräußerte, sich schuldhaft die Erfüllung eines als wirksam zu behandelnden Kaufvertrages unmöglich gemacht haben, dann könnte gemäß § 325 BGB eine weitergehende Haftung in Betracht kommen, als wenn nach Bereicherungsvorschriften (§§ 812 ff BGB) oder nach den Grundsätzen über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 987 ff BGB) abzurechnen ist.

6

Nach Ansicht des Berufungsgerichts liegt hier aber keiner jener seltenen Ausnahmefälle vor, in denen es mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, den Vollzug vertraglicher Abmachungen an einem Formverstoß scheitern zu lassen (vgl. über derartige Fälle das Urteil des erkennenden Senats BGHZ 48, 396, 398, mit weiteren Nachweisen): Beiden Parteien sei, wie auch die "Gültigkeitsfloskel" in dem Schriftstück vom 1. Februar 1953 zeige, von vornherein klar gewesen, daß der Vertrag, um wirksam zu sein, notarieller Beurkundung bedurfte. Wenn die Kläger trotzdem ihre vertraglichen Leistungen erbrachten, sei dies in Kenntnis des damit verbundenen Risikos geschehen. Daß sie nicht darauf bestanden, klare Verhältnisse zu schaffen, rechtfertige den Schluß, sie selbst seien von einer echten Übereignungsbereitschaft des Beklagten nicht ganz überzeugt gewesen. Trage mithin ihre eigene Vertragserfüllung "spekulative Züge", die man im Rahmen der Gesamtwürdigung berücksichtigen müsse, so lasse das die Kläger weniger schutzwürdig erscheinen als die Grundstückskäufer in anderen Fällen, in denen die Gerichte bei Formmängeln zugunsten des Käufers entschieden hätten. Auch die von den Klägern behaupteten und unter Beweis gestellten wiederholten Vertröstungen des Beklagten änderten an dieser Beurteilung nichts. Ebensowenig könne vom gesetzlichen Formzwang deswegen abgesehen werden, weil die Parteien den Vertrag viele Jahre hindurch als wirksam behandelt hätten; denn es fehle hier an einem zusätzlichen besonderen Moment, das nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dem späteren Hinweis des Beklagten auf den Formmangel erst das Gepräge der Treuwidrigkeit geben würde.

7

Die Revision bekämpft diese Urteilsausführungen als fehlerhaft. Sie halten jedoch der rechtlichen Nachprüfung stand. Gesetzliche Formvorschriften sind, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat und woran er festhält, grundsätzlich einzuhalten, und die aus einem Formmangel folgende Nichtigkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts (§ 125 BGB) darf mit Rücksicht auf die notwendige Rechtssicherheit in aller Regel nicht auf Grund von Billigkeitserwägungen außer acht gelassen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Nichtigkeitsfolge für einen Vertragspartner zu einem harten Ergebnis führt. Nur in ganz besonders liegenden Fällen kann das Gebot von Treu und Glauben sich dahin auswirken, daß der Formzwang zurückzutreten hat (Urteil vom 21. April 1972, V ZR 42/70, NJW 1972, 1189 = WM 1972, 685). Ein solcher Ausnahmetatbestand ist hier nach den tatrichterlichen Feststellungen nicht gegeben.

8

Da die Kläger unstreitig die Formbedürftigkeit von Grundstücksverkäufen kannten, kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, ob sie in Kenntnis des Beklagten "darauf bauten", sie würden das Grundstück nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen erhalten. Ebensowenig rechtfertigt ihr Einwand, daß sie laut Kaufvertrag erst nach Löschung der eingetragenen Grundpfandrechte einen "Anspruch auf die Beurkundung" haben sollten, die Anwendung des § 242 BGB; denn anderenfalls würde durch formlos vereinbartes Hinausschieben des Beurkundungszeitpunktes der Formzwang des § 313 BGB, der einen Hauptgrundsatz des gesamten Liegenschaftsrechts bildet, auf dem Umweg über Treu und Glauben praktisch ausgeschaltet (LM BGB § 313 Nr. 37). Die von der Revision vermißte Begründung dafür, daß das Berufungsgericht die volle Überzeugung der Kläger von einer "echten Übereignungsbereitschaft" des Beklagten verneint hat, findet sich in der vorangehenden Urteilsfeststellung, sie hätten trotz wirtschaftlichen Verständnisses und geschäftlicher Praxis, wie sie mindestens bei dem Erstkläger als Kaufmann vorauszusetzen seien, nicht auf Schaffung klarer Verhältnisse bestanden. Auch steht die Bejahung "spekulativer Züge" im Gesamtverhalten der Kläger - im Sinne des Eingehens eines gewissen Risikos - in keinem Widerspruch zu ihrem Vortrag über ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien, da eines das andere nicht notwendig ausschließt. Wenn es im Urteil heißt, daß die Kläger angesichts des Ausweichens und der darin zum Ausdruck kommenden Bindungsscheu des Beklagten an seiner Verläßlichkeit und an der Zuverlässigkeit seiner Absichten zweifeln "mußten", so bedeutet dies nach dem Zusammenhang ersichtlich nichts anderes als die Feststellung, sie hätten in der Tat derartige Zweifel gehabt.

9

Der Beklagte ist bei der hier gegebenen Sachlage auch nicht deshalb, weil die Parteien den Kaufvertrag lange Zeit hindurch - insgesamt 14 Jahre - als wirksam behandelt haben und die vom Beklagten zurückzuerstattenden Kaufpreisraten infolge eines gewissen Geldwertschwundes nicht mehr völlig dem Wert zur Zeit der Zahlung entsprechen mögen, nach § 242 BGB gehalten, das formlos Vereinbarte gegen sich gelten zu lassen. Das Urteil des erkennenden Senats vom 27. Oktober 1967 (BGHZ 48, 396; vgl. zum damaligen Sachverhalt auch WM 1967, 1174), auf das sich die Revision zur Rechtfertigung ihres gegenteiligen Standpunktes beruft, betraf einen besonders gearteten Fall, der dem hier zur Entscheidung stehenden nicht gleichgestellt werden kann. Dort hatte ein bedeutendes wirtschaftliches Unternehmen unter Mißbrauch seines geschäftlichen Ansehens und der persönlichen Autorität des Geschäftsinhabers einen früheren Angestellten, dem es ein Grundstück verkaufen wollte, dazu veranlaßt, von der Einhaltung der Formvorschrift des § 313 BGB abzusehen; ausdrücklich geäußerte Bedenken des Käufers, zur wirksamen Veräußerung sei doch wohl die Zuziehung eines Notars erforderlich, waren von dem Geschäftsinhaber durch den Hinweis zerstreut worden, daß für sein Unternehmen ein privat schriftlicher Vertrag genau so viel Gewicht habe wie ein notariell beurkundeter. Hier dagegen fehlt es an einer solchen oder irgendeiner sonstigen Einwirkung auf den Willen des Vertragspartners; die Kläger begründen ihren Arglisteinwand lediglich damit, sie hätten dem Beklagten wegen der freundschaftlichen Beziehungen der Parteien sowie wegen seiner Zusage, erst noch die Grundstücks lasten tilgen zu wollen, uneingeschränktes Vertrauen geschenkt; das aber hat das Berufungsgericht als richtig unterstellt (vgl. auch die Urteile des Senats vom 2. Oktober 1970, V ZR 15/68, S. 11, und vom 19. März 1971, V ZR 143/69, WM 1971, 618, 620). Unter diesen Umständen erübrigte sich ein Eingehen auf die von der Revision als übergangen gerügten Beweisanträge der Kläger dafür, daß zwischen ihnen und dem Beklagten das beste Einvernehmen geherrscht, daß man sich gegenseitig bei Familienfesten besucht und daß der Beklagte dem Erstkläger gegenüber eine väterliche Haltung an den Tag gelegt habe.

10

2.

Scheidet mithin, da der Beklagte sich nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) an dem formnichtigen Kaufvertrag festhalten lassen muß, § 325 BGB als Anspruchsgrundlage aus, so war der Zahlungsanspruch der Kläger ferner unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) zu prüfen. Der Berufungsrichter hat insoweit eine Haftung des Beklagten nur in Höhe von 100 DM bejaht; hierbei handelt es sich um die den Klägern 1963 durch Fühlungnahme mit einem Notar erwachsenen Kosten, deren Aufwendung der Beklagte laut tatrichterlicher Feststellung dadurch verursacht hat, daß er mit seinem Verhalten vorübergehend den Eindruck erweckte, zum Abschluß eines notariellen Vertrages bereit zu sein, während eine solche Bereitschaft in Wirklichkeit nicht bestand. Über jene 100 DM hinaus haftet er aber nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht aus dem genannten rechtlichen Gesichtspunkt, weil dies voraussetzen würde, daß er - woran es hier fehle - die Formnichtigkeit des Grundstückskaufvertrages schuldhaft herbeigeführt hätte; sein bloßes Hinhalten der Käufer gereiche, da es klar erkennbar gewesen sei, dem Verkäufer nicht zum Schuldvorwurf. Diese Urteilsausführungen enthalten keinen Rechtsverstoß; zu ihrer Widerlegung vermag auch die Revision, obgleich sie an sich von culpa in contrahendo ausgeht, nichts ins Feld zu führen.

11

Eine Zahlungspflicht des Beklagten läßt sich ferner aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB), wie im Berufungsurteil rechtsirrtumsfrei und seitens der Revision unangefochten dargelegt wird, ebensowenig herleiten wie aus einem "vertraglichen Rückabwicklungsverhältnis", für dessen Vorhandensein der Sachverhalt im übrigen keinerlei Anhalt bietet.

12

3.

Hiernach vollzieht sich der Ausgleich der zwischen den Parteien infolge des nichtigen Kaufvertrages eingetretenen Vermögensverschiebungen auf gesetzlicher Grundlage. Empfangene Leistungen sind gemäß §§ 812 ff BGB zurückzugewähren, und für Grundstücksverwendungen ist nach Maßgabe der §§ 994 ff BGB Ersatz zu leisten. Das Berufungsgericht hat in diesem Rahmen eine "Saldierung" vorgenommen und ist dabei unter Berücksichtigung der verschiedenen Einzelposten zu einem Guthaben der Kläger in Höhe von 14.738,30 DM gelangt. Zieht man davon die nach Klageerhebung gezahlten 9.805,24 DM ab, so verbleibt zugunsten der Kläger noch eine Restforderung von 4.933,06 DM, wie sie ihnen im angefochtenen Urteil zugesprochen wird.

13

Gegen diese Abrechnung wendet sich die Revision. Sie rügt Verletzung der Vorschriften, nach denen die erbrachten Leistungen und Gegenleistungen abzuwickeln seien, sowie Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Tatsachenstoffes. Ihre Rügen bringen jedoch das Berufungsurteil nicht zu Fall.

14

4.

Die das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis regelnden §§ 987 ff BGB hat der Berufungsrichter, soweit die Kläger ihre Kaufpreiszahlungen aus den Jahren 1953 bis 1967 zurückfordern, mit Recht nicht angewendet, sondern die Anspruchsgrundlage in dem hier unmittelbar zum Zuge kommenden § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB erblickt. Er hat insoweit den Klägern - Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) war seitens des Beklagten nicht geltend gemacht worden - unverkürzt alles gutgebracht, was sie nachgewiesenermaßen während des genannten Zeitraums gezahlt hatten, nämlich 19.487 DM. Hinsichtlich ihrer geringfügigen Mehrforderung von 120 DM sind die Kläger beweisfällig geblieben; gegen die Aberkennung dieses Teilbetrages erhebt auch die Revision keinen Einwand.

15

Ob die Pflicht der Kläger, sich die von ihnen gezogenen Nutzungen - Mieteinnahmen, wirtschaftliche Vorteile der Keller- und Schuppenbenutzung - anrechnen zu lassen, unmittelbar aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2, 818 Abs. 1 BGB entspringt oder ob etwa hier die §§ 987 ff BGB anzuwenden sind, hat das Oberlandesgericht unentschieden gelassen, weil die letztgenannten Vorschriften auf diejenigen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung Bezug nähmen (§ 988 BGB) und daher das Ergebnis im einen wie im anderen Falle das gleiche bleibe. Dem ist beizutreten. Entgegen der Meinung der Revision spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, welche besitzrechtliche Stellung die Kläger innehatten, insbesondere ob sie, nachdem ihnen der Beklagte das Grundstück im Hinblick auf eine beabsichtigte spätere Übereignung zur Eigennutzung überlassen hatte. Besitzmittler waren (§ 868 BGB) oder Eigenbesitzer (§ 872 BGB). Denn abgesehen davon, daß die Voraussetzungen des Eigenbesitzes nicht festgestellt sind, wäre auch bei seiner Annahme der Schluß der Revision nicht stichhaltig, mangels unberechtigten Besitzes greife § 993 BGB ein und die Kläger brauchten infolgedessen, von ordnungswidrig gezogenen Früchten abgesehen, überhaupt keine Nutzungen herauszugeben. Hierbei wird verkannt, daß diese Vorschrift nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut dann auszuscheiden hat, wenn die Voraussetzungen des § 988 BGB erfüllt sind. Das aber ist, wie das angefochtene Urteil zutreffend ausführt, hier der Fall, da die Kläger den Besitz am Grundstück in Ermangelung eines wirksamen Kaufvertrages ohne Rechtsgrund erlangt haben und ein solcher rechtsgrundloser Besitzerwerb nach höchst richterlicher Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, als "unentgeltlich" anzusehen ist (RGZ 163, 348, 357 ff; BGHZ 10, 350, 356 f; 32, 76, 94).

16

Rechtlich bedenkenfrei (vgl. die Entscheidungen des Senats in BGHZ 41, 157, sowie vom 2. März 1973, V ZR 57/71, WM 1973, 560, 562 f) beurteilt das Berufungsgericht den Anspruch der Kläger auf Ausgleich ihrer Verwendungen ausschließlich nach den §§ 994 ff BGB. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Besitzes konnte auch hier offen bleiben; gelten diese Vorschriften auch grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen Eigentümer und unberechtigtem Besitzer, so sind sie gleichwohl, da man den rechtmäßigen nicht schlechter stellen darf als einen gutgläubigen unrechtmäßigen Fremdbesitzer, mindestens entsprechend in solchen Fällen anzuwenden, in denen es - wie im vorliegenden - an einer vertraglichen Grundlage für den Verwendungsersatz fehlt (BGH NJW 1955, 340, 341; BGHZ 27, 317, 321). Die Revision greift diese für sie günstige Rechtsanwendung verständlicherweise nicht an. Soweit sie indessen darzutun versucht, daß eine Reihe von näher bezeichneten Verwendungen der Kläger keine "gewöhnlichen Erhaltungskosten" im Sinne des § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB gewesen und infolgedessen nicht vom Verwendungsersatz ausgeschlossen seien, gehen ihre Ausführungen ins Leere, da auch das Berufungsgericht nichts Gegenteiliges annimmt; es hat vielmehr jene Gesetzesbestimmung schon deshalb außer Anwendung gelassen, weil den Klägern keine Nutzungen verblieben, und es hat ihnen - von einigen nicht nachgewiesenen Posten abgesehen - sämtliche Verwendungen gutgebracht. Nicht zu den Verwendungen zählt allerdings das kostenlose Wohnen des Beklagten in seinem Hause, wofür die Revision 4.561,40 DM in Anschlag bringen möchte (anscheinend unter Zusammenrechnung der 9 Zahlungsposten auf Seite 6 oben des Schriftsatzes der Kläger vom 27. Mai 1970; richtig: 4.661,40 DM); denn insoweit haben die Kläger keine Leistung erbracht, und den Beklagten verpflichtet auch der Umstand, daß die Parteien im Kaufvertrag vom 1. Februar 1953 zu seinen Gunsten ein Wohnrecht "gegen eine monatliche Miete von 10 DM" vereinbart hatten, zu keinem Wertersatz, weil diese Vereinbarung ebenso nichtig ist wie der übrige Vertrag.

17

5.

Auch alle weiteren Revisionsrügen sind unbegründet.

18

Daß das Berufungsgericht die 100 DM, die es den Klägern für die ergebnislose Inanspruchnahme eines Notars gutgebracht hatte (vgl. oben Nr. 2), dann bei der endgültigen Abrechnung "vergessen" habe, trifft nicht zu; das Gegenteil ergibt sich aus Seite 52 seines Urteils. Für den durch die zwischenzeitliche Geldentwertung verursachten Minderwert der zurückzugewährenden Kaufpreiszahlungen können die Kläger keinen Ausgleich verlangen, da ihnen der Beklagte, wie bereits ausgeführt, weder aus Verschulden bei Vertragsabschluß noch aus einem sonstigen Rechtsgrunde schadensersatzpflichtig ist und sie auch die Voraussetzungen für eine Bereicherung seinerseits, wofür ihnen die Beweislast oblag, nicht dargetan haben; ob sie das Geld, wenn sie es nicht an ihn gezahlt hätten, gewinnbringend angelegt haben würden, ist bereicherungsrechtlich ohne Belang. Daß eine solche Geldanlage der Erhaltung von Werten dienen mag und daher keine Spekulation zu sein braucht, widerlegt entgegen der Meinung der Revision nicht den Standpunkt des Berufungsgerichts in der Frage der Arglist einrede (vgl. oben zu Nr. 1); "spekulativen" Charakter kann ein zweckgerichtetes Verhalten auch dann haben, wenn das verfolgte Ziel selbst davon frei ist.

19

Einen Zinsanspruch aus § 256 BGB versagt das angefochtene Urteil den Klägern, weil sie die ihnen zu ersetzenden Aufwendungen im vollen Umfang aus den Grundstückseinnahmen bestritten hätten und ihnen daher keine Zinsvorteile entgangen seien. Diese Ansicht, welche die Revision als nicht billigenswert bezeichnet, gegen die sie aber sachlich nichts vorzubringen weiß, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 256 BGB soll der Ersatzberechtigte möglichst vollständigen Ausgleich dafür erhalten, daß er eigene Vermögenswerte aufgeopfert hat. Daran fehlt es aber bei den Klägern hinsichtlich der Verzinsung.

20

Als Entschädigung für ihre Unkosten bei der Verwaltung des Grundstücks hat das Berufungsgericht den Klägern im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) lediglich 100 DM gutgebracht, während insoweit das Landgericht für Arbeitsaufwand 480,77 DM eingesetzt hatte. Die Revision rügt Verletzung der §§ 525, 536 ZPO, weil der Beklagte das landgerichtliche Urteil nicht angefochten habe. Dabei übersieht sie jedoch, daß es sich hier um einen bloßen Rechnungsposten innerhalb einer einheitlichen Gesamtforderung und nicht um einen selbständigen Einzelanspruch handelt und daß der Endbetrag, den das Oberlandesgericht den Klägern zugesprochen hat, nicht etwa hinter der Verurteilungssumme des Landgerichts zurückbleibt, sondern sie um ein Mehrfaches übersteigt (BGHZ 36, 316, 321; LM ZPO § 536 Nr. 6; Baumbach/Lauterbach, ZPO 31. Aufl. § 536 Anm. 2 G). Eine verfahrenerechtlich unzulässige Schlechterstellung der Kläger (reformatio in pejus) liegt also nicht vor. Die Herabsetzung auf 100 DM erweist sich auch sachlich als bedenkenfrei, da höhere Unkosten oder ein ins Gewicht fallender Arbeitsaufwand nicht festgestellt sind. Was den geforderten höheren Zinssatz als 4 % anbetrifft, so hat das Berufungsgericht, wie sich aus seiner Auflage im Beschluß vom 10. Juli 1970 ergibt, das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen der Kläger im Schriftsatz vom 27. Februar 1970 als nicht hinreichend substantiiert angesehen; diese Ansicht begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

21

6.

Da das Berufungsurteil auch im übrigen keinen sachlichrechtlichen Fehler zum Nachteil der Kläger erkennen läßt, muß die Revision mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden. Richtigzustellen ist lediglich die vom Oberlandesgericht getroffene Kostenentscheidung dahin, daß die Kläger auch für die Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges, soweit sie innen auferlegt worden sind, nach Kopfteilen haften; denn für eine gesamtschuldnerische Haftung (§ 421 BGB, § 100 Abs. 4 ZPO) ist kein Grund ersichtlich.

Hill
Rothe
Mattern
Offterdinger
Dr. Grell